Protocol of the Session on January 29, 2004

Ich beginne mit dem Thema Privatisierung der Handelsund Genossenschaftsregister. Wir sind dafür, diese Aufgabe zu privatisieren. Nur, liebe Frau Kollegin Haußmann, Sie müssen sich da einmal informieren. Momentan scheitert das an Rot-Grün in Berlin.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Richtig!)

Deshalb fordern wir Sie auf, daran mitzuwirken, dass wir dieses Anliegen recht bald umsetzen können.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das wäre hilfreich! – Weitere Zurufe)

(Abg. Fischer SPD: Sie haben nur die Herren auf- gefordert!)

Wenn ich richtig informiert bin, sprechen bei Ihnen zu diesen schwierigen Rechtsfragen bisher Herren. Aber vielleicht ändert sich das auch noch bei Ihnen, was die Quote angeht.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Vielleicht bei Ihnen auch! Wie ist denn Ihre Quote?)

Lieber Kollege Oelmayer, bei diesem Thema sollten Sie sich dafür einsetzen, dass auf Ebene des Bundes auch die Bundesregierung und der Bundestag mehrheitlich Unterstützung leisten.

Ich will ein Zweites ansprechen, die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe. Wir haben dem mehrheitlich zugestimmt, und im Ministerium wurde jetzt auch mit dem Justizreformgesetz die Grundlage dafür in Aussicht gestellt. Dabei erhoffen wir uns auch Effizienz. Ich zitiere aus den Diskussionsgrundlagen: „Durch ehrenamtliche Arbeit erhofft man sich eine Effizienzrendite.“ Der Versuch der Privatisierung ist übrigens auch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität sinnvoll. Hierbei unterstützen wir das Ministerium und die Regierung.

Drittens: Die Gerichtsvollzieher hatten in Stuttgart ihre Bundestagung. Sie haben mit überwältigender Mehrheit, mit nahezu 100 % einer Privatisierung zugestimmt. Wir waren alle bei der Tagung der Gerichtsvollzieher. Sie wünschen die Privatisierung.

Wir halten die Privatisierung auch ordnungspolitisch für richtig und stehen zu diesem Privatisierungsvorschlag. Die Koalition hat dies mit ihrem gemeinsamen Beschluss unterstützt, als damals der Koalitionsausschuss getagt hat.

Wir unterstützen auch weitere Punkte in diesem Bereich. Ich komme zum Thema Notariate. Nachher werden Sie sich bei dem Thema Justizreform auf diesen Punkt wesentlich einlassen; davon gehe ich aus.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das sollten S i e ma- chen!)

Angesichts dessen, was ich von Ihren Beiträgen im vergangenen Jahr kenne, will ich in weiter Voraussicht die Antwort geben, weil wir nur eine Runde machen wollen.

(Abg. Stickelberger SPD: Da gab es mich ja noch gar nicht!)

Herr Stickelberger, jetzt hören Sie einmal zu! – Sie müssen uns zu der Privatisierung der Notariate nur eines erklären: Wie würden Sie den Einnahmeausfall von 60 Millionen € bei den knappen Kassen derzeit decken?

(Abg. Drexler SPD: Das wollen wir doch gar nicht!)

Dann betrifft es nur diejenigen, die das kritisieren. Dann ist es in Ordnung. Dann sind wir uns ja einig.

(Abg. Drexler SPD: Die Gerichtsvollzieher kritisie- ren die Privatisierung!)

Herr Kollege Drexler, ganz langsam! Bei den Gerichtsvollziehern, Herr Amtsanwalt a. D. – –

(Zuruf von der SPD: Oberamtsanwalt!)

Oberamtsanwalt, ich bitte um Nachsicht. Herr Oberamtsanwalt a. D., ich sage Ihnen Folgendes: Zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherdienstes haben wir eine ganz klare Meinung.

(Abg. Drexler SPD: Was?)

Wir vertreten das, was die Gerichtsvollzieher selbst wollen.

(Abg. Drexler SPD: Und was wollen die? – Abg. Schmiedel und Abg. Schmid SPD: Die wollen mehr Geld!)

Die wollen die Privatisierung. Selbstverständlich.

(Abg. Drexler SPD: Sie können doch staatliche Ge- walt nicht privatisieren!)

Ich empfehle Ihnen, sich die Beschlüsse der Gerichtsvollzieherkongresse selbst anzuhören. Im Gegensatz zu Ihnen war ich dort; das ist der Hintergrund.

(Abg. Stickelberger SPD: Ich auch! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Dr. Reinhart!

(Abg. Drexler SPD: Ja, aber er muss es richtig füh- ren! Gerichtsvollzieher sind staatliche Gewalt, die kann man nicht privatisieren!)

Lieber Herr Kollege Drexler, dazu gibt es Verfassungsgutachten, die auch dem Juristen Drexler zugänglich sein können, indem er sie liest. Ich darf Ihnen gleich sagen: Es gibt sehr wohl Auffassungen, nach denen im Wege der Beleihung eine Privatisierung möglich ist.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Selbstverständlich!)

Das sagen renommierte Verfassungsrechtler.

(Abg. Drexler SPD: Ob Sie das wollen, ist eine po- litische Frage!)

Jetzt haben Sie natürlich fein differenziert. Jetzt haben wir uns verstanden. Herr Kollege Drexler, Sie wollen die Privatisierung also politisch nicht. Ich sage Ihnen dazu: Wir wollen sie!

(Beifall der Abg. Hauk CDU und Theurer FDP/ DVP– Abg. Drexler SPD: Wo hören Sie auf bei der Verstaatlichung?)

Lieber Herr Kollege Drexler, ich kann Ihnen eines sagen: Es wird dem Wirtschaftsstandort gut tun, wenn nicht nur

das Erkenntnisverfahren, sondern auch das Vollstreckungsverfahren zeitnah mit Effizienz durchgeführt wird.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Ich bin überzeugt davon, wenn auch andere Rechtspflegeorgane wie Rechtsanwälte gegen Gebührenerstattung privat Aufgaben der Rechtspflege erledigen, dann können auch Gerichtsvollzieher erfolgreich zeitnah die Vollstreckungen vornehmen. Wir stehen hinter diesem Vorschlag.

(Beifall der Abg. Seimetz und Hauk CDU sowie Theurer FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Wo ist die Grenze bei Ihnen?)

Ich will es Ihnen gerade erklären. Wenn Sie in Ruhe zuhören, werden Sie begeistert darüber sein, was bei der Justizreform alles umgesetzt wird.

(Abg. Drexler SPD: Wo ist die Grenze bei der Pri- vatisierung der staatlichen Gewalt?)

Darüber können wir gern einmal in Ruhe ein verfassungsrechtliches Gespräch führen, denn das betrifft nicht nur die Gerichtsvollzieher. Das betrifft auch viele andere Bereiche. Diese Fragen habe ich auch gestellt. Es betrifft auch die Rechtspfleger und das gesamte Buch 8 der ZPO. Dies wird Fragen der Praktikabilität und der Umsetzung betreffen. Aber es würde meine Redezeit von zehn Minuten sicherlich sprengen, wenn ich Ihnen das alles erklären würde. Ich lade Sie aber gerne einmal dazu ein.

Meine Damen, meine Herren, des Weiteren haben wir auch für das Notariat in Baden 25 freie Notare bewilligt. Wir haben die bei der Justiz vorgesehene Stellenkürzung von 5 % auf 2,5 % reduziert. Ab 1. April 2004 wird die Arbeitsgerichtsbarkeit ebenfalls beim Justizministerium angesiedelt sein.

Warum sage ich das? Ich bin davon überzeugt, dass wir bei einer Entlastung der Arbeitsgerichtsbarkeit schnellere Verfahren bekommen. Wir, FDP/DVP und CDU, haben gemeinsam – ich will hier bewusst sagen: auch mit Unterstützung meiner Fraktion – dafür gekämpft, dass wir zehn neue Arbeitsrichterstellen und zusätzlich fünf Stellen von der Verwaltungsgerichtsbarkeit bekommen. Mit 15 neuen Arbeitsrichtern, ergänzend zu den jetzt tätigen 86, wird, so hoffen wir, auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts eintreten, da Verfahren schneller durchgeführt werden können – Stichwort Annahmeverzugsrisiko –, auch für den Arbeitgeber bei Beendigungsprozessen. Wir sind überzeugt davon, dass das sinnvoll zusammenpasst und auch zusammengehört.

Bei der anderen Säule der dezentralen Versorgung haben wir uns für den Erhalt der Amtsgerichte eingesetzt. Dazu stand auch mein Arbeitskreis; das will ich hier bewusst einführen.

(Abg. Drexler SPD: Da kann ich Sie nur beglück- wünschen!)

Wir haben es im Sinne der Bürgernähe, der Versorgung in der Fläche und der dezentralen Struktur dieses Landes als richtig empfunden, dass die Gerichtsstandorte breit und dezentral erhalten bleiben.