Wir Grünen haben in zahlreichen Anträgen versucht, Beispiele zu benennen und deutlich zu machen, was möglich ist. Wir sind dabei nicht auf Zustimmung der Koalition gestoßen. Aber ich möchte trotzdem einige Beispiele vortragen.
Derzeit haben wir doch folgende Situation, Frau Netzhammer: Weil der Staat meint, er müsse Messen fördern, sind wir bundesweit in einen Subventionswettlauf geraten, der für die öffentliche Hand nur ruinös enden kann. Das Volumen der überregionalen Messen ist seit einigen Jahren konstant. Die Messeflächen sind aber deutlich gestiegen – seit 1998 um über 10 %. Das führt dann zu Subventionskriegen um bestehende Veranstaltungen. Das beste Beispiel dafür ist die Messe Popkomm, die von Köln nach Berlin umzieht. Die Ursache dafür sind jedoch nicht Standortfragen, sondern ist das Geld des Steuerzahlers, das Geld, das das Land Berlin dieser Messe zahlt, damit sie nach Berlin kommt.
Das zeigt doch: Der Staat soll nur das machen, wofür er im Kern zuständig ist. Bei allem anderen neigt er zu wenig effizienten Entscheidungen, die am Ende den Steuerzahler unnötiges Geld kosten und die auch im ökologischen Sinn zur Verschwendung von Ressourcen führen.
Deshalb soll das Land auf Subventionen für die Messe Stuttgart verzichten. Wenn die Wirtschaft wirklich sagt: „Wir brauchen die Messe“, dann soll die Wirtschaft die Messe auch finanzieren. Dem Land würde das dann 24,8 Millionen € sparen.
Neben der Messe Stuttgart geht es auch um das Thema Regionalmessen. Herr Birk hat es angesprochen. Ich gestehe zu: Ich habe mich an dieser Stelle auch hingestellt und gesagt: Regionalmessen sind eine wichtige Sache; wir brauchen sie als Schaufenster für die Regionen des Landes. Aber angesichts der prekären Haushaltslage, in der wir derzeit sind, haben wir Grünen auch diesen Posten noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Wir haben dann gefragt, ob es Zusagen oder Verpflichtungen des Wirtschaftsministeriums gibt, dieses Geld zu zahlen. Die Antwort, die darauf Ende letzten Jahres aus dem Wirtschaftsministerium kam, lautete klar und eindeutig: Es gibt noch keine definitiven Verpflichtungen. Daraufhin kam unsere Fraktion zu dem Schluss, zu sagen: Angesichts der derzeitigen Haushaltssituation müssen wir die Förderung der Regionalmessen einstellen.
Der Wirtschaftsminister hat zudem gesagt, es gebe drei Runden zur Regionalmesseförderung und danach sei sowieso Schluss. Wir sagen: Wir holen diesen Schluss, den der Wirtschaftsminister sowieso feststellt, eine Runde vor und sagen: Es tut uns Leid, auch die Regionen müssen ihren Beitrag zu den notwendigen Einsparungen leisten. Das bringt uns über die Jahre 11,2 Millionen € Einsparungen bei den Regionalmessen.
Ich darf wiederholen: Der Bau von Messen ist keine Kernaufgabe des Landes. Deshalb haben wir beantragt, dass sich das Land aus diesem Geschäft zurückzieht.
Herr Kollege Witzel, stimmen Sie mir zu, dass es aber doch einen Wortbruch seitens des Landes bedeutete, wenn wir jetzt auf die Kommunen, die seinerzeit ihre Planung und auch ihre Anträge beim Land eingereicht haben, um an diese Mittel zu kommen,
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Es gibt viele Wort- brüche des Landes! – Abg. Schmiedel SPD: Frei- burg!)
Herr Birk, es ist natürlich so: Wir haben die Kommunen gebeten, Anträge vorzulegen, und wir haben gesagt, die würden dann geprüft. Aber die Auskunft aus dem Wirtschaftsministerium war klar und eindeutig: Es gibt noch keine verpflichtenden Zusagen. In dieser Situation, in der die Haushaltslage dramatisch ist, wird man wirklich prüfen müssen, ob es Verträge gibt, die wir einhalten müssen, oder ob es lediglich Andeutungen oder Ähnliches waren. Wir sehen, dass Letzteres zutrifft, und deshalb haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Das fiel auch uns nicht leicht, Herr Birk, aber in dieser Situation müssen wir irgendwo einmal zu Einschnitten bereit sein. Deshalb sind wir zu dieser Entscheidung gekommen.
Meine Damen und Herren, es gibt im Bereich des Wirtschaftsministeriums auch andere Beispiele, wo sich der Staat zurückziehen und etwas an die Wirtschaft zurückgeben muss. Ich nenne dafür nur noch ein kleines Beispiel, das wir auch in Haushaltsanträgen behandelt haben. Das ist der Dienstleisterwettbewerb. Dafür will der Wirtschaftsminister 150 000 € ausgeben. Das ermöglicht dann zwar zwei schöne Pressetermine, bei denen der Minister glänzen kann, aber, meine Damen und Herren, wir müssen uns doch wirklich fragen, ob eine solche Preisverleihung irgendeinen messbaren Einfluss auf die Modernisierung der Wirtschaftsstruktur dieses Landes hat. Wir jedenfalls wollen diese 150 000 € einsparen. Wenn die Wirtschaft einen solchen Wettbewerb für wichtig befindet, dann kann und soll sie ihn auch selbst finanzieren.
Neben diesem ersten Ziel, dem Rückzug des Staats auf Kernaufgaben, wird es auch darauf ankommen, die verbleibenden Aufgaben effizient zu erledigen. Auch in dieser Hinsicht gibt es im Bereich des Wirtschaftsministeriums einiges zu tun. Ich möchte auch das an zwei Beispielen erläutern.
Da ist zum Ersten die Wirtschaftsförderung. Sie ist schon verschiedentlich angesprochen worden. Es gibt hier im Land ineffiziente Doppelstrukturen. Es gibt das Landesgewerbeamt, die GWZ, das Tourismus-Marketing, die Steinbeis-Stiftung und die L-Bank. Deren Aufgaben überschnei
den sich vielfältig. Da wird Doppelarbeit gemacht, und wir Grünen haben dies schon in der Mittelstandsenquetekommission moniert und gefordert, eine übersichtliche und schlanke Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Form einer GmbH zu gründen, damit Existenzgründer und Mittelständler nicht mehr von Pontius zu Pilatus hetzen müssen, sondern dort eine klare Anlaufstelle für Anliegen vorfinden.
Von Ihrer Seite wird jetzt angekündigt, das sei in Arbeit und solle kommen. Es werde alles besser gebündelt, wie Herr Birk sagte. Aber, Herr Birk, wenn Sie es im laufenden Jahr besser bündeln wollen, muss sich das auch irgendwie im Haushalt niederschlagen. Wir haben daher Haushaltsanträge vorgelegt, die Mittel für das Landesgewerbeamt zu kürzen, damit vom Haushalt her ein Zwang entsteht, dass diese Bündelung tatsächlich in diesem Jahr erfolgt. Sie haben das abgelehnt.
Ich komme zum zweiten Beispiel, zum Landesbetrieb Vermessung. Der Zuschuss für den Landesbetrieb Vermessung beträgt laut Haushaltsentwurf 84 Millionen €. Meine Damen und Herren, wir meinen, dass man hier viel sparen kann; denn zum Beispiel gibt es viele Überschneidungen zwischen der Verwaltung für Flurneuordnung und Landentwicklung sowie der Vermessungsverwaltung, und zudem sind die großen Aufgaben der Flurneuordnung aus den vergangenen Jahren bereits bewältigt. Das heißt, man könnte diese beiden Institutionen fusionieren und damit Effizienzgewinne erzielen. Leider ist es so, dass dies zwar vom MLR und vom Wirtschaftsministerium geprüft wurde, die Prüfung aber zu keinem Ergebnis geführt hat. Jetzt will der Ministerpräsident im Rahmen der Verwaltungsreform die guten Ansätze, die es hier gibt – bei der Vermessungsverwaltung wurde ja die kameralistische Buchführung schon abgeschafft, dort ist die Einführung der kaufmännischen Buchführung ja schon erfolgt; die Vermessungsverwaltung soll jetzt in die Landratsämter eingegliedert werden und damit zur Kameralistik zurückkehren –, zerstören.
Der Landesbetrieb Vermessung wird zerschlagen, und die Chance für eine höhere Effizienz ist damit vertan.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen einige von unseren Vorschlägen vorgestellt, wie das Land durch mehr Effizienz und durch Beschränkung auf seine Kernaufgaben Geld einsparen könnte. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nur als Sparkommissare betätigen und nur kürzen wollten. Die Beschränkung auf Kernaufgaben macht es möglich, diese Kernaufgaben von Kürzungen auszunehmen und ihre Finanzierung zumindest perspektivisch auch zu erhöhen. Im aktuellen Haushalt haben wir uns aber angesichts der Dramatik der Haushaltslage dazu entschlossen, lediglich die Kürzungen der Landesregierung in diesen Bereichen abzulehnen. Ich will drei Beispiele nennen.
Das erste Beispiel sind die überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Bildung ist ohne Zweifel eine Kernaufgabe des Landes. Das Engagement des Landes darf sich aber nicht nur
auf das allgemeine Schulwesen beschränken. Auch die berufliche Ausbildung im dualen System gehört dazu. Angesichts der Spezialisierung vieler Betriebe kommt dabei den überbetrieblichen Ausbildungsstätten große Bedeutung zu. Obwohl die Landesregierung einen mittelfristigen Investitionsbedarf zur Modernisierung der Ausbildungsstätten von über 100 Millionen € konstatieren muss, hat sie die Mittel dafür gegenüber 2003 gekürzt. Das, meine Damen und Herren, lehnen wir ab. Wir fordern, diese Kürzung zurückzunehmen.
Ich komme zum zweiten Beispiel: Das sind die erneuerbaren Energien. Herr Schmiedel hat schon einiges zum Energiestandort Baden-Württemberg gesagt. Offiziell verfolgt die Landesregierung das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 gegenüber dem Niveau vom Jahr 2000 zu verdoppeln.
Dort, wo Windkraftanlagen gebaut werden sollen, wo Leute bereit sind, Geld zu investieren, tut sie bei der Genehmigung alles, um das zu verhindern.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Döp- per CDU: Stimmt doch gar nicht! – Abg. Dr. Birk CDU: Schlechte Standorte!)
Herr Döpper, ich spreche da auch aus Erfahrung. Ich habe die Papiere alle auf dem Schreibtisch liegen gehabt.
Früher gab es auch einmal für die Solarenergie ein Breitenförderprogramm. Dieses wurde aber eingestellt. Jetzt wird ausgerechnet das Demonstrationsanlagenprogramm, also die Förderung von Pilotprojekten, eingestellt, obwohl sonst von Ihrer Seite immer die Forderung kam: „Wir wollen neue Technologien an den Markt bringen. Das ist unser Schwerpunkt.“ Jetzt kürzen Sie das Demonstrationsanlagenprogramm praktisch zur Unkenntlichkeit zusammen. Meine Damen und Herren, das kann man nur ablehnen.
Ich darf einen nächsten Punkt nennen: Das ist das Thema Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Thema ist von meinen Vorrednern in keiner Weise angesprochen worden.
Trotzdem: Das Thema Entwicklungszusammenarbeit ist meines Erachtens das am meisten unterschätzte Thema unserer Zeit. Entsprechendes hat neulich auch unser Kollege Glück in der Zeitschrift „SüdZeit“ festgestellt. Er führte in dieser Zeitschrift aus:
Wenn wir nicht bereit sind, anderen Menschen in den Entwicklungsländern die Chance zur eigenen Entwicklung zu geben, dann werden wir das noch ganz gewaltig büßen müssen.