Ich habe keine einzige Kollegin, keinen einzigen Kollegen namentlich angesprochen. Die Neigung, so zu agieren, ist auf allen Seiten überall vorhanden – so habe ich es gesagt –, und das bringt uns nicht weiter.
Deshalb ist die eigentliche Problematik – und das gilt vermutlich für den Haushalt des Innenministeriums in besonderem Maße, weil eben bei uns die innere Sicherheit angesiedelt ist –: Wie können wir in so schwierigen Zeiten, in denen niemand den finanziellen Zwängen entgehen kann, noch in ausreichendem Maße dafür sorgen, dass wir unsere Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen?
Das ist der entscheidende Punkt, und darauf sollten wir uns konzentrieren. Wir sollten erkennen, dass es uns nicht weiterführt, wenn wir so argumentieren, wie ich es gerade beschrieben habe. Wir sollten auch erkennen, dass auf allen Ebenen, zuvörderst aber auf der Bundesebene, kein Weg daran vorbeiführt, dass durch entsprechend bekannte, aber auch notwendige Reformen der Karren aus dem Dreck gezogen wird. Sonst werden alle Haushaltsdiskussionen über den Einzelplan 03, das Innenministerium und natürlich über andere Einzelhaushalte von Jahr zu Jahr nicht leichter, sondern immer schwerer werden. Aus dieser Abwärtsspirale müssen wir wieder herauskommen.
Vor diesem Hintergrund will ich beginnen mit einem Dank an alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in BadenWürttemberg, mit einem Dank an alle Feuerwehrleute und an alle die, die in meinem Bereich für die Sicherheit sorgen, mit einem Dank dafür, dass sie trotz der schwierigen Lage,
trotz – und das will ich ausdrücklich auch so festhalten – verschiedener Zumutungen, die wir ihnen „angedeihen“ lassen mussten, auch im vergangenen Jahr ihre Aufgaben hervorragend erfüllt haben. Das verdient allen Respekt und alle Anerkennung.
Glauben Sie mir, verehrte Kolleginnen und Kollegen in diesem hohen Hause sowohl von den Regierungsfraktionen als auch von den Oppositionsfraktionen: Für mich als einen Mann, der seit 1996 Innenminister ist, der sich in vielen Gesprächen auch mit der Gewerkschaft der Polizei bei aller Unterschiedlichkeit der Interessenlage immer um ein einvernehmliches Miteinander und nicht um ein Gegeneinander bemüht hat, waren die Auseinandersetzungen, die mit den Zumutungen gerade auch im besoldungsrechtlichen Teil – Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, alles, was die Beamten, also nicht nur die Polizei, erdulden mussten – verbunden waren, mehr als schmerzlich. Da und dort – und das ist unvermeidlich, aber tut einem dann besonders weh – hat dann, wie ich ganz offen sagen muss und wie ja auch Sie wissen, das Verhältnis leiden müssen.
Ich hätte gern insbesondere die Polizei von Sparmaßnahmen verschont. Aber es war nicht möglich, die Polizei von den allgemeinen Sparmaßnahmen, die jeden Beamten treffen, zu verschonen.
Es ist aber wenigstens gelungen, dass polizeispezifische Sonderbelastungen bisher außen vor bleiben konnten.
Einfach die finanziellen Zwänge, Herr Kollege Oelmayer. Es gibt wohl niemanden in diesem hohen Hause, der so etwas gern tut. Jeder – um es anders auszudrücken – sieht, glaube ich, sogar auch die sozialpolitische Problematik, die damit verbunden ist. Aber aufgrund der Finanzlage war es bedauerlicherweise nicht anders möglich.
Herr Präsident, ich frage mich, ob, nachdem Herr Kollege Oelmayer gerade einen Zwischenruf gemacht hat und ich darauf eingehe, sein Fraktionsvorsitzender ausgerechnet in dieser Sekunde mit ihm sprechen muss.
(Abg. Kretschmann GRÜNE begibt sich auf einen Abgeordnetenplatz. – Abg. Kretschmann GRÜNE: Das geht wirklich nicht, Herr Minister! – Verein- zelt Heiterkeit)
Ich befürchte, so sehr es ja richtig ist, solche Zumutungen, so gut es geht, sozialverträglich zu gestalten, dass die notwendige Sparsumme angesichts der relativ geringen Zahl der Beamten im höheren Dienst nicht zustande gekommen wäre, wenn man den mittleren Dienst von den Sparmaßnahmen ausgenommen hätte. Das ist leider Gottes so.
(Abg. Blenke CDU zu Abg. Oelmayer GRÜNE: So ist es! – Abg. Oelmayer GRÜNE schüttelt den Kopf. – Abg. Blenke CDU: Doch!)
Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Mir als Innenminister tut es weh. Ich habe mich immer um ein gutes Verhältnis zu der Polizei bemüht; ich habe es zu großen Teilen auch noch. Das Verhältnis zu den Gewerkschaften hat sich natürlich in einer solchen Situation nicht verbessern, sondern nur verschlechtern können – auch das ist wahr –, aber, und damit komme ich auf meine Eingangsbemerkung zurück, niemand – und wer etwas anderes sagt, lügt – kommt an den finanziellen Zwängen, in denen wir uns in ganz Deutschland derzeit befinden, vorbei. Sie, Herr Kollege Oelmayer, haben ja auch einiges Richtige dazu gesagt.
Jetzt möchte ich darauf eingehen – was ja auch angesprochen worden ist, etwa von Herrn Kollegen Dr. Glück, aber auch von anderen Kollegen –, was noch an ungeheueren Investitionsmaßnahmen bei der Polizei bevorsteht. Ich nenne nur das Stichwort IuK. Wir werden gewaltige Übungen, sogar Klimmzüge machen müssen, damit wir in der folgenden Zeit nur die finanziellen Mittel aufbringen, um bei der Informations- und Kommunikationstechnik im Geleitzug von Hessen und Hamburg bleiben zu können.
Hinzu kommt das große Thema Digitalfunk, das auch Sie angesprochen haben. Auf der einen Seite brauchen wir ihn – darüber besteht Einigkeit in Deutschland, und zwar allgemein –, auf der anderen Seite – und auch insoweit besteht leider Einvernehmen, weil die Lage halt so ist, wie sie ist – weiß jeder, wie schwer die Investition schulterbar ist. Deshalb ist man immer irgendwo – ich sage das auch wieder ganz ehrlich – hin- und hergerissen. Wenn man darüber nachdenkt, wie man in Baden-Württemberg die dafür notwendigen Gelder zusammenbekommen kann, dann ist man einerseits froh, wenn die Investition noch nicht gleich auf einen zukommt; denn man müsste das ja bezahlen, wenn man sich in den Zug der anderen Länder und des Bundes eingliedern würde. Andererseits – und das kann ich auch nicht verschweigen – braucht ein moderner Staat wie die Bundesrepublik Deutschland natürlich einen Digitalfunk.
Die Situation ist die – und das muss man jetzt einfach sagen, damit wir für die kommenden Jahre wissen, was auf uns zukommt; der nächste Haushalt wird ja ein Doppelhaushalt sein –: Bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz kurz vor Weihnachten hat man den Vorschlag des Bundesinnenministers Schily angenommen und ist übereingekommen – die Finanzpolitiker, die Finanzminister sind bisher immer dagegen gewesen –, zunächst einmal auszuschreiben, damit man überhaupt weiß, über welche Summen man spricht. Nur: Sobald die Ausschreibung durchgeführt sein und das Ergebnis vorliegen wird, wird es zum Schwur kommen: Dann muss jedes einzelne Land für sich entscheiden, ob es mitmacht. Dann wird es Kämpfe in finanzieller Hinsicht zwischen dem Bund und den Ländern geben, weil natürlich auch hier das gleiche Spiel, das man ja bis zur Oberkante Unterlippe langsam satt hat, stattfindet, dass der Bund zu den Ländern sagt, sie sollten mehr bezahlen, und die Länder zum Bund sagen, er solle mehr bezahlen. Dem Steuerzahler ist das, nebenbei bemerkt, relativ wurst.
Zusätzlich wird, nebenbei bemerkt, Folgendes auf uns zukommen: Sobald zwischen Bund und Ländern, was heute noch ungewiss ist, hinsichtlich der Kostenregelung ein Einvernehmen erzielt werden sollte, werden die Länder untereinander wieder streiten, wie viele Anteile dann auf die einzelnen Bundesländer – in Klammern: Königsteiner Schlüssel, ja oder nein? – entfallen sollen. Darin steckt also ein ungeheurer Sprengstoff.
Wenn dann aber alles klar ist, dann kommt für uns die Gretchenfrage. Heute sage ich wiederum ganz offen: Darauf gibt es momentan keine Antwort. Die Gretchenfrage lautet: Wie können wir dann, wenn in etwa einem Jahr die Fakten auf dem Tisch liegen, sagen, so und so viele zig Millionen Euro werden jetzt in Baden-Württemberg für den digitalen Funk zur Verfügung gestellt? Das nur am Rande.
Jetzt zurück zur Eingangsbemerkung. Wenn es nicht gelingt, durch die notwendigen Reformmaßnahmen vor allem auf der Bundesebene den Karren aus dem Dreck zu ziehen, dann wird vieles in dieser Republik und damit auch in Baden-Württemberg nicht mehr möglich sein, was wir bisher für selbstverständlich gehalten haben. So ist die Realität.
Das muss man einfach sagen. Herr Kollege Junginger, deshalb ist mein Vorschlag der – Sie sind ja, wenn Sie nicht gerade irgendwelche Pressemitteilungen verfassen, ein vernünftiger Mann – –
(Heiterkeit – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das war aber keine Pressemitteilung, das war eine Rede im Parlament! – Weitere Zurufe, u. a. des Abg. Jun- ginger SPD)
Mit dem Satz „Sicherheit darf nicht nach Kassenlage erfolgen“ macht man es sich leider ein bisschen zu einfach. Das gilt zum Beispiel auch für das Thema „Finanzausstattung der Feuerwehr“. Ich will wiederum ganz offen gestehen: Bei diesem Thema haben wir Glück. Wir haben deshalb Glück, weil entgegen den Erfahrungen der letzten Jahre das Feuerschutzsteueraufkommen nach einem jahrelangen Rückgang jetzt plötzlich wieder ganz erfreulich sprudelt.
Wäre dies nicht der Fall, würden wir bei der Finanzausstattung der Feuerwehren in eine ganz andere Bredouille kommen. Aber durch das sehr erfreuliche Aufkommen bei der Feuerschutzsteuer – das, wie gesagt, erheblich gestiegen ist und vermutlich und hoffentlich dieses Niveau in der nächsten Zeit weiterhin halten wird – sind wir in der Lage, ohne wesentliche Zusätze aus dem Landeshaushalt – das ist ja das zentrale Problem bei dem Punkt – den Feuerwehren die 46 Millionen € zu geben, die immer als Planungssicherheit zwischen dem Landtag, dem Innenministerium und dem Landesfeuerwehrverband ins Auge gefasst worden waren.
Da haben wir eigentlich Glück. Ich sage ganz offen: Natürlich wäre mehr immer schöner. Aber ich bin Gott dankbar, dass wir diese jetzt schon vor einem Jahr gegebene Planungssicherheit von 46 Millionen € Finanzzuwendungen an die Feuerwehren dank des glücklichen Zufalls des höheren Aufkommens der Feuerschutzsteuer geben können. Mehr sollte man hier in diesem hohen Haus gar nicht mehr in die Diskussion einführen. Denn dann würden wir wieder Hoff
Ich darf zu dem Thema, das Herr Junginger angesprochen hat, noch eine Bemerkung machen. Durch die Verwaltungsreform liegt bei uns keine Arbeitskapazität frei, sondern wir haben dieses, allerdings sehr intensive Thema im Innenministerium vorbildlich geschultert, indem durch die Stabsstelle für Verwaltungsreform, angereichert durch hauseigene Kräfte, eine Art „eigene Abteilung“ geschaffen worden ist, die diese Aufgabe – so denke ich, und dafür bin ich der Abteilung auch dankbar – bisher arbeitsmäßig ganz hervorragend gemeistert hat. Andere Abteilungen sind natürlich auch, aber lange nicht in demselben Maße belastet.
Jetzt ganz konkret – darüber können wir auch nächste Woche noch einmal sprechen – zu dem Beispiel, das ich genannt habe: Thema Gemeindeordnung:
Es liegt nicht am Innenministerium und seiner Bürokratie. Unsere Entwürfe sind mehr oder weniger schubladenreif. Wie Herr Kollege Glück vorhin gesagt hat, hat man sich in diesem hohen Hause – jedenfalls bei der Mehrheit – darauf verständigt, nach den Kommunalwahlen die Gemeindeordnung umfassend zu novellieren – mit welchen Ergebnissen auch immer.
Dann kann man aber nicht sagen, das Ministerium schlafe jetzt. Es ist eine politische Entscheidung, die Sie hier treffen. Ich muss mich ausdrücklich schützend vor meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen. Wir könnten jederzeit die entsprechenden Entwürfe liefern.
Nur ist es aus meiner Sicht politisch richtig, die Kommunalwahlen abzuwarten. Das hat aber nichts damit zu tun, dass im Ministerium keine Arbeitskapazität mehr zur Verfügung gestanden hätte.
Schauen Sie einmal, Herr Kollege Junginger: Beim Thema „Lex Föll“ habe ich damals im Landtag als einer von relativ wenigen gesagt, worum es eigentlich geht. Dazu stehe ich auch.
Entschuldigung, die Entscheidung für Föll wurde im Rathaus von den meisten Fraktionen mitgetragen. Es ist doch richtig, einer Stadt eine solche Entscheidung zu ermöglichen, wenn es deren politischer Wille ist. Dazu stehe ich; und dazu sollten auch Sie stehen und nicht darum herumreden.
Ein Thema ist nur kurz angesprochen worden: Flüchtlinge und Ausländer. Ich will nur darauf hinweisen – ich tue das nicht nur an die Adresse des hohen Hauses, sondern auch an die Adresse des Finanzministeriums gerichtet –: Durch