Protocol of the Session on December 17, 2003

(Zurufe von der SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Von vorgestern!)

Das ist doch ein Bild von vorgestern. Wir müssen Dienstleistungen für erneuerbare Energien anbieten. Wir müssen dafür sorgen, dass die EnBW jetzt neue Maßnahmen ergreift. Das ist die Zukunft und nicht, an einer alten Technologie festzuhalten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Wo leben Sie eigentlich?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zurück in die Ver- gangenheit!)

Im Sommer dieses Jahres ist ein Viertel der USA ohne Strom gewesen wegen alten Kernkraftwerken und zentralistischen und alten Leitungssystemen. Das Gleiche ist in Dänemark passiert, weil man dort an einem alten Atomreaktor in Schweden hing. Und Sie reden von längeren Laufzeiten! Wollen Sie eigentlich einen Blackout in diesem Land? Ich verstehe das nicht. So kann man doch nicht Regierungspolitik machen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir alle von Ihnen immer aufgefordert werden, beim Erneuerbare-Energien-Gesetz etwas für Baden-Württemberg zu tun: Können Sie sich noch an das Thema „Große Wasserkraft“ entsinnen?

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Das war doch vor ein paar Monaten das Thema. Wir sind von allen Seiten aufgefordert worden: „Herr Drexler, Herr Kretschmann, machen Sie doch etwas!“

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was ist passiert? – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Es ist etwas passiert: Der Umweltminister hat das eingesetzt, und wir haben alles dafür getan, dass NordrheinWestfalen das nicht wieder herauszieht. Das war ein schwieriges – –

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja und?)

Was heißt „Ja und?“? Jetzt will ich Ihnen etwas sagen: Sie – FDP und CDU – sollten diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Bundestag auch zustimmen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Bun- desrat!)

Sie haben bisher alle Gesetze für Energiesparmaßnahmen abgelehnt. Sie sind im Mittelalter.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Sie brauchen es doch gar nicht! Sie haben doch die Mehrheit! – Gegenruf des Abg. Stickelberger SPD)

Anfang 1999 haben Sie das 100 000-Dächer-Programm abgelehnt, Sie haben im März 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz abgelehnt, Sie haben im Juli 2000 die Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse abgelehnt, Sie haben die Vereinbarung zum Atomausstiegsgesetz abgelehnt,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ich denke, wir sind in Ba- den-Württemberg!)

Sie haben im November 2001 die Energiesparverordnung abgelehnt – das gilt alles für Baden-Württemberg, weil wir ja in Deutschland leben, Herr Kollege –, Sie haben im März 2000 das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz abgelehnt, Sie haben 2001 das Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz abgelehnt.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: So viele Gesetze!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten jetzt einmal etwas für die erneuerbaren Energien machen. Jetzt geht es um Baden-Württemberg. Sorgen Sie dafür, dass Ihre beiden Fraktionen im Bundestag für dieses Gesetz stimmen! Machen Sie das, Herr Oettinger und Herr Pfister!

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Zum Schluss müssen wir uns natürlich auch mit dem Wahlergebnis von 77 % beim CDU-Landesparteitag beschäftigen, weil das Auswirkungen auf die Landespolitik hat.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Das muss jetzt nicht sein!)

Ja, natürlich. Dass Ihnen das wehtut, ist mir schon klar.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Mir? – Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Wenn zum Beispiel der Herr Ministerpräsident im Fernsehen auf die Frage „Gibt es eigentlich eine Nachfolgediskussion?“ sagt: „Die ist mir gar nicht bekannt“,

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen)

dann kann es nur sein, dass er fünf Tage lang keine Zeitungen gelesen hat, obwohl er früher im Landtag immer aus den Zeitungen vorgelesen hat.

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen)

Dann kann er wirklich keine Zeitungen gelesen haben.

Ich lese Ihnen einfach einmal vor, was uns jetzt Sorgen macht.

(Abg. Scheuermann CDU: Das ist aber nicht ehr- lich! – Heiterkeit)

Doch, doch, das ist ehrlich. Denn diese Nachfolgediskussion hat bei der Verwaltungsreform und allen anderen Dingen Auswirkungen auf konkrete Politik in Baden-Württemberg.

(Abg. Capezzuto SPD: Aha!)

Das werde ich Ihnen nachher auch noch beweisen.

Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt:

Vordergründig wird die CDU nun zur Normalität zurückkehren, zu ihrem Glück ist bald Weihnachtspause. Doch nach Böblingen kann es keine echte Normalität mehr geben. Bis die Machtfrage geklärt ist, wird die Landespolitik zu einem Hochamt der Heuchelei.

(Oh-Rufe von der SPD – Zurufe von der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Aha, Herr Scheuermann!)

... In den nächsten Wochen und Monaten werden die potenziellen Nachfolger höllisch aufpassen,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Höllisch!)

bloß keinen falschen Schritt zu tun. Wer sich zuerst bewegt, hat verloren – getreu der Mikado-Regel wird sich in Partei und Fraktion gar nichts mehr bewegen.

(Abg. Dr. Caroli SPD zur CDU: Bleiben Sie ruhig sitzen! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sagen Sie das?)

Selbst dort, wo es nach ihrer Überzeugung geboten wäre, werden die Abgeordneten Teufel nicht mehr Paroli bieten – weil jede Sachfrage sofort zur Machtfrage wird. Ein aktuelles Beispiel: Wie die FDP hält auch die Landtags-CDU das Landeserziehungsgeld für überkommen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Krippenspiel! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Aber ein gemeinsamer Vorstoß würde Oettinger sofort als Attacke auf den Premier ausgelegt. Solche Fälle werden sich häufen. Dem Land droht eine quälende Phase der Lähmung.

(Zurufe von der SPD: Oi! – Zuruf von der CDU: Hat der Drexler Sorgen! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

So ist es. – Die Heuchelei beginnt schon.

Im Übrigen, Herr Ministerpräsident, darf ich Ihnen ein altes deutsches Sprichwort sagen: Furcht vor Kritik und Verlangen nach Lob sind ein Zeichen von Schwäche.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)