Protocol of the Session on December 17, 2003

Stellenstreichungen vornehmen müssen. Also 3,8 Millionen € Landesstiftung. Auf der anderen Seite streicht das Land 400 Millionen € bei der Nachbarschaftshilfe zur Pflege der Älteren.

(Abg. Birzele SPD: 400 000! – Abg. Pfister FDP/ DVP: Ein bisschen viel!)

Dann streicht man 500 Millionen € bei der Suchtkrankenhilfe.

(Abg. Birzele SPD: 500 000!)

Was habe ich gesagt?

(Abg. Birzele SPD: 500 Millionen!)

Das ist ein bisschen viel.

(Heiterkeit)

Ich nehme das zurück. Ich habe der CDU etwas unterstellt, was sie nicht macht. 400 000 € bei der Nachbarschaftshilfe, 500 000 € bei der Suchtkrankenhilfe und 400 000 € bei der Gefährdetenhilfe; da sind 15 Bahnhofsmissionen dabei.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Unglaublich! – Abg. Capezzuto SPD: Dass die FDP/DVP das mit- macht, ist das Schlimmste!)

Das machen Sie alles, obwohl Sie wissen, welche Auswirkungen es hat.

Deswegen sind wir der Meinung, dass die Landesstiftung aufgelöst werden sollte. Wir wollen mit den Erlösen aus der Veräußerung des Bankenanteils und der Auflösung der Landesstiftung Schulden tilgen und mit den eingesparten Schuldzinsen etwas anfangen. Wir sind der Meinung, dass wir mit dem Betrag aus der Privatisierung von Rothaus eine Stärkung von Wachstum und Beschäftigung erreichen. Wir wollen mit dem Geld kommunale Investitionen verstetigen. Wir wollen die Kürzungen, die Sie im Straßenbau und im ÖPNV vorschlagen, rückgängig machen, und wir wollen Mittel für die Altbaumodernisierung bereitstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen auch ein Wohnungsbauprogramm auflegen. Wir machen jetzt schon zum x-ten Mal den Vorschlag, den Lothar Späth in den Achtzigerjahren gemacht hat: Wir wollen aus Forderungsverkäufen bei Wohnungsbaudarlehen im nächsten Jahr 200 Millionen € aktivieren, um sie in den Wohnungsbau zu stecken. Die Eigenheimzulagereduzierung wird eine Abflachung beim Neubau bewirken. Und wir haben ein Wohnungsbauprogramm im Land, das nichts bringt. Deswegen brauchen wir die 200 Millionen €, um den Wohnungsbau anzuheizen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie alle sagen, 2004 sei ein Schlüsseljahr für das Wachstum, dann sollten wir im Lande auch etwas für das Wachstum tun und sollten im Lande etwas machen, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben.

Wir wollen im Übrigen die Zinseinnahmen anders verwenden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben überhaupt keine Schwerpunkte in dem Haushalt. Sie haben

querbeet rasiert. Man kann überhaupt nicht erkennen, was in Baden-Württemberg wichtig ist. Wir wollen im Grunde genommen mit den besseren Zinseinkünften erstens die Ganztagsbetreuung in Baden-Württemberg unterstützen, einmal für unter Dreijährige, wo wir ganz schlecht sind.

Herr Ministerpräsident, auch Sie müsste die Betreuung der Kinder in dieser Gesellschaft, in der Bundesrepublik Deutschland berühren. Sie sind immer jemand, der ein kinderfreundliches Baden-Württemberg will. Wir stellen nun fest, dass wir inzwischen an viertletzter Stelle in der EU sind. Wir sind mit unserer Geburtenrate an 180. Stelle von 199 Staaten auf der Welt. Wir laufen jetzt also auf eine Gesellschaft ohne Kinder zu. Das ist keine Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir stellen fest, dass das Kindergeld nur ein Teil der Wahrheit ist. Überall dort, wo Kinderbetreuung für unter Dreijährige, wo Ganztagsbetreuung, wo Ganztagsschulen angeboten sind, ist die Geburtenquote höher als bei uns. Lernen wir doch von anderen Staaten und organisieren wir das anders, damit die Frauen und Männer Beruf und Familie in Einklang bringen können. Warum machen wir das nicht jetzt? Das wollen wir mit diesem Geld machen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Gut!)

Wir wollen auch – die Frau Kultusministerin sitzt ja gerade hinten auf einer Abgeordnetenbank; sie kann jetzt auch einen Zwischenruf machen, was von der Regierungsbank aus nicht möglich wäre – die Ganztagsschulen pädagogisch ausstatten.

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Wir befürchten – dazu haben Sie bisher im Übrigen noch keine Aussage gemacht – – Sie sagen immer nur, für die Ganztagsschulen in sozialen Brennpunkten gebe es zusätzliche Lehrer. Wir sagen Ihnen: Wir wollen auch zusätzliche Lehrerstellen für ganz normale, andere Ganztagsschulen – als normales Angebot.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen nicht die „Ganztagsschule light“. Wir vermuten, dass die Koalition sagt: „In sozialen Brennpunkten gibt es zusätzliche pädagogische Unterrichtseinheiten vom Land“, während man bei den anderen lediglich ein Mittagessen und anschließend über Vereine und andere Organisationen eine Betreuung anbietet.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Das wollen wir nach PISA nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch in diesem Haushalt ist für die Sprachförderung in den Kindergärten nichts vorgesehen. Wir haben uns hier zwei Jahre lang über die Frage unterhalten, warum in Baden-Württemberg nach der PISA-Studie 20 % der 15-Jährigen nicht richtig Deutsch können oder das, was sie auf Deutsch lesen, nicht verstehen – 20 %, ein Fünftel der 15-Jährigen an unseren Schulen!

Wir haben uns jetzt doch darauf verständigt, dass das, was an Sprachvermittlung betrieben wird, im Kindergarten geschehen muss. Dazu ist kein Schwerpunkt im Haushalt vor

gesehen. Wir haben gerade einmal 60 Kindergärten, die die Landesstiftung bei der Sprachstandsdiagnose unterstützt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Freiwillig!)

Freiwillig. Das ist doch kein gezieltes politisches Programm zur Reduzierung der Sprachunfähigkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Deswegen wollen wir das über den Staat erreichen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Wir wollen, dass Kinder ab drei Jahren auch im Kindergarten die Sprache erlernen, dass alle Kinder bei ihrem Eintritt in die Grundschule mit sechs Jahren auf dem gleichen Niveau sind, gleiche Ausgangschancen haben. Wenn Sie da nicht mitziehen, sind Sie selbst schuld. Aber dann können Sie nicht mehr darüber reden, Sie seien für ein gutes Bildungssystem. Das Bildungssystem muss unten ausgebaut werden; unten muss die Grundlage gelegt werden. Das haben alle Sachverständigenanhörungen im zuständigen Ausschuss gezeigt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Der zweite Bereich: Sie, Herr Kollege Pfister, streichen in dramatischer Weise im Forschungsbereich. Forschung ist das, was wir jetzt machen können, damit wir künftig gute Arbeitsplätze und Innovationen bekommen. Das legen wir jetzt für die nächsten 10 bis 15 Jahre fest. Wir leben heute von Forschungsergebnissen aus den letzten 10 bis 15 Jahren. Jetzt muss man Forschung betreiben, damit wir in Baden-Württemberg in den kommenden Jahren Wertschöpfung haben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen werden wir als zweiten Schwerpunkt beantragen, aus den Verbesserungen im Zinsbereich Mittel einzusetzen, um die Forschung in diesem Land zu verstärken.

(Beifall bei der SPD)

Drittens: Wir wollen, dass Streichungen im sozialen und kulturellen Bereich rückgängig gemacht werden. Es kann doch nicht sein, dass wir jetzt bei den Ärmsten und Schwächsten 400 000 € streichen. Ich kann Ihnen vorlegen, was uns zum Beispiel die Diakonie, die Caritas schreiben.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Die müssen in all diesen Bereichen insgesamt 800 Stellen streichen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Unabhängig von unseren Verbesserungsvorschlägen sage ich Ihnen noch: Sie geben 6 Millionen € für die Kampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ aus. Da werden wir Sie stellen, ob Sie bei der Suchtkrankenhilfe und bei den Mitteln für ältere Menschen 400 000 € kürzen und dafür die angesprochene Kampagne machen, anstatt diese Werbung zu streichen und das Geld dort einzusetzen, damit die Schwächsten in unserem Land noch eine Chance haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch etwas sagen. Der Herr Ministerpräsident hat bei seiner 45Minuten-Saga wiederum über die Kernkraft philosophiert. Er ist im Fernsehen nach seiner Niederlage, muss man fast sagen, oder nach seinem Ergebnis von 77 % auf dem CDULandesparteitag ja interviewt worden.

(Zurufe von der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Wie viel hat eigentlich der Generalsekretär der SPD bekommen?)

52 %; den hätte man auch nicht wählen sollen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das sage ich ihm aber! – Weitere Zurufe)

Ja, das geht bei mir kurz und schmerzlos. Das kann man kurz und schmerzlos machen.

Ich sage noch einmal: 77 %, Fernsehauftritt. Dabei hat der Ministerpräsident auf Nachfrage wiederum über die Kernkraft philosophiert. Also, Herr Ministerpräsident, wenn Sie oder die Koalitionsfraktionen nicht verstehen, dass es keine Frage mehr ist, ob an der Kernenergie festgehalten werden soll – – Frau Schavan hat ja gesagt: „Wir brauchen neue Kernkraftwerke.“

(Zurufe von der SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Von vorgestern!)