Herr Kollege Hofer, trifft es nicht zu, dass die für Ausbildung Verantwortlichen in den Betrieben, wenn man mit ihnen redet, sehr viel häufiger fragen: „Was tut ihr dafür, dass wir endlich solche jungen Leute in die Betriebe bekommen, mit denen wir eine Ausbildung erfolgreich durchführen können?“ Wir hören sehr häufig: „Wir würden gerne ausbilden, aber wir finden die Leute nicht!“ Das ist eine Frage, die an die Landesregierung geht, an die Frau Kultusministerin. Wir sollten keine Scheindebatten führen, sondern endlich diese landespolitische Aufgabe lösen.
Deshalb haben wir in der Vergangenheit in mehreren Debatten ausführlich über diese Punkte gesprochen. Aber Sie haben sich wieder um die Antwort gedrückt,
ob Sie für eine gesetzliche Ausbildungsplatzabgabe sind oder nicht. Wenn das so stehen bleibt, stelle ich fest, dass sich die SPD hier um eine Antwort drückt. Dass Sie das tun, kann ich ja verstehen, denn das ist bei Ihnen höchst umstritten. Aber wir hätten es schon gerne einmal gewusst. Gestern ist andauernd gesagt worden, zu welchen Punkten wir von der FDP doch initiativ werden könnten in Berlin. Aber mit einem Mal gilt das bei dieser Frage nicht. Da wird gesagt: „Leute: Augen zu, Ohren zu, Mund zu! Das hat hier im Parlament nichts zu suchen“ – obwohl es die Leute bewegt. Das sehe ich nach meinem demokratischen Verständnis anders.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)
Jetzt will ich – bloß, damit man nicht in den falschen Geruch kommt – sagen: Wir haben ein Problem, das außerordentlich schwierig ist. Das stand übrigens neulich auch in allen Zeitungen. Bei uns ist das nicht so sehr das Problem der Plätze. Davon sind relativ viele da. Es wird zwar ein dauerndes Problem sein, sodass man da wachsam sein muss. Aber bei uns ist eine starke Rückläufigkeit der Übernahme von ausgebildeten Lehrlingen festzustellen. Da haben wir eine außerordentliche Schwierigkeit. Nun könnte ja jemand auf die Idee kommen, auch noch eine Übernahmeabgabe einzuführen und die Arbeitslosigkeit dadurch zu beseitigen, dass die Betriebe, die keine Arbeitsplätze schaffen, eine Abgabe bezahlen, damit woanders Arbeitsplätze geschaffen werden können. Daran merkt man den ganzen Irrsinn dieser Diskussion.
Ich kann nur feststellen, dass ich von der einen Seite eine klare Antwort bekommen habe, aber von der SPD nicht. Darauf mag sich jeder selbst seinen Reim machen.
Jetzt noch einige Punkte. Ich kann und will nicht alles wiederholen, was von Frau Weckenmann angestoßen wurde und sehr breit und mit einigen Forderungen ergänzt vom Wirtschaftsminister noch einmal ausgeführt worden ist. Diese Punkte habe ich mir auch alle aufgeschrieben. Da sind in Baden-Württemberg noch viele Hausaufgaben zu erledigen.
Übrigens will ich hier einmal sagen: Ich würde mich auch freuen, wenn die Kultusministerin auch einmal bei einem solchen Thema da wäre.
Entschuldigung. Es war nämlich vorhin, als Sie noch nicht da waren, die Frage, warum die Kultusministerin nicht da ist. Meine Damen und Herren, dann nehme ich das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück und freue mich außerordentlich, dass deutlich wird, dass dieses Thema auch eine ganz wichtige Frage der schulischen Ausbildung ist.
Ich möchte nur noch zwei oder drei Punkte ergänzend sagen. Wir müssen – das ist nicht nur eine Aufgabe der Tarifpartner – ganz eindeutig auch mehr für Ausbildungsverbünde tun. Das ist auch eine Forderung, die hier gemeinsam erhoben wird.
Sie wollen ja gar nicht wissen, was wir tun. Sie wollen nur dazwischenschreien. Ich mache eine kurze Pause, bis Sie sich beruhigt haben.
Ich will noch zwei oder drei Punkte nennen. Die lernschwachen Lehrlinge und die Lehrlinge aus sozial schwachen Kreisen sind mit Recht angesprochen worden, ebenso das Thema Werkerausbildung. Auch sozialpädagogische Unterstützung ist wichtig, keine Frage. Aber wir müssen auch an die Zukunftsperspektiven der leistungsstärkeren Lehrlinge denken. Zum Beispiel war die Frage, ob man den Meisterbrief mit dem Bachelor gleichsetzen sollte. Das finde ich eine hervorragende Idee. Wir brauchen grenzüberschreitende Ausbildung.
Ich würde zum Schluss sagen: Wir sollten auch das Arbeitsrecht entrümpeln dürfen. Da ist allerdings in erster Linie wieder der Bund angesprochen. Wenn jemand Koch lernen will und ab 21 Uhr als Lehrling nicht mehr beschäftigt werden darf, können Sie in einem Gastronomiebetrieb eben schlecht ausbilden. Auch so etwas sollte man ändern.
Ich darf mich bedanken und bitte noch einmal um Nachsicht, Frau Dr. Schavan, dass ich Sie vermisst hatte. Ich freue mich umso mehr, dass Sie jetzt da sind.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist immer relativ einfach, wenn man nicht mehr weiter weiß, bei dem Thema die Frau Kultusministerin anzugreifen. Mir scheint, dass die Kultusministerin diejenige ist, die bei dem Thema sehr sorgfältig und sehr umsichtig agiert.
Natürlich. Versuchen Sie doch nicht, von Ihren eigenen Problemen mit der Ausbildungsplatzabgabe abzulenken, indem Sie einen plumpen Angriff gegen die Kultusministerin fahren. Um sie geht es doch hier überhaupt nicht.
Im Übrigen kann sich die Frau Kultusministerin jederzeit in diese Debatte einschalten. Ich hoffe, dass sie es tun wird; vermutlich wird sie es auch tun.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Gut! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Oh nein! – Abg. Birzele SPD: Jetzt bin ich gespannt!)
Der Herr Wirtschaftsminister hat darauf hingewiesen, dass es in diesem Jahr in Baden-Württemberg 2 600 unbesetzte Ausbildungsstellen und 1 200 unvermittelte Bewerber gibt. Wenn wir uns das anschauen, liebe Frau Weckenmann, stellen wir fest, dass das nicht nur damit zusammenhängt, dass
vielleicht seitens der Bewerber, die nicht vermittelt werden können, nicht das geeignete Anforderungsprofil vorhanden ist. Ich gebe einfach einmal zu bedenken, dass es leider auch so ist, dass sich viele Ausbildungsplatzsuchende auf zu wenige Ausbildungsberufe konzentrieren. Immerhin 45 % aller männlichen Bewerber und 59 % aller Bewerberinnen konzentrieren sich mit ihren Hauptberufswünschen auf nur zehn Berufe. Da ist es doch nicht verwunderlich, dass mittlerweile viele Betriebe im Handwerk, im Mittelstand resigniert aufgeben und keine weiteren Ausbildungsplätze mehr anbieten.
Da ist es auch nicht verwunderlich, dass wir von Jahr zu Jahr weniger Ausbildungsplätze gemeldet bekommen, wenn in ganz vielen Branchen – Bäcker-, Metzger-, Schneiderhandwerk, dem Einzelhandel usw. – nicht genügend Bewerber gefunden werden können, die bereit wären, dort in die Ausbildung zu gehen.
Nein, aber Frau Weckenmann hat das ja damit begründet, dass es nur aufgrund der schlechten Bildung zu diesen Engpässen kommen würde.
Sie müssen aber auch berücksichtigen, dass wir diesbezüglich ein Vermittlungsproblem haben, das darin besteht, dass Angebot und Nachfrage nicht zur Deckung gebracht werden können, weil sich die Nachfrage sehr selektiv auf ganz bestimmte Branchen und Ausbildungsplätze konzentriert und es dort eine Übernachfrage gibt, die nicht durch ein entsprechendes Angebot abgedeckt ist, sodass nicht alle Jugendlichen dort unterkommen. So einfach ist das.
Es gibt darüber hinaus noch weitere Gründe, die auch in der schulischen Ausbildung, im Schulabschluss liegen; das muss an dieser Stelle zumindest einmal eingebracht werden.
Ein zweiter Punkt: Ich denke, wir wären heute bei der Ausbildung wirklich schon viel weiter, wenn die Ausbildung flexibler wäre. Das Beispiel Modulausbildung, Gehilfenausbildung wurde angesprochen. Es geht um zweijährige Ausbildungsgänge für praktisch orientierte Jugendliche.