Protocol of the Session on November 26, 2003

Bereits vor eineinhalb Jahren hat der Bundesrat klargestellt, dass der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf nicht praktikabel ist und weder Verbrauchern noch Produzenten nützt. Hinzu kommt, dass die Behörden nicht in der Lage sind, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.

Meine Damen und Herren, es hilft nichts, wenn die Verbraucherministerin, Frau Künast, in regelmäßigen Abständen die Länder kritisiert, sie würden im Lebensmittelbereich nicht hart genug durchgreifen. Es ist nämlich eine Binsenweisheit, dass dies nur im Rahmen der geltenden Gesetze möglich ist. Deshalb hat der Bundesrat auch die Bundesregierung aufgefordert, entsprechende bundeseinheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wir brauchen die bundeseinheitliche Regelung. Es kann aber nicht sein, dass sich die Bundesregierung auf die Position zurückzieht: Wenn die Länder nicht so handeln, wie wir wollen, kriegen sie gar nichts.

(Abg. Birzele SPD: Dann machen wir doch ein ei- genes Gesetz! Selber stark!)

Daran hat sich auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nichts geändert, Herr Birzele.

Ich möchte nur einige Feststellungen aus der damaligen Bundesratsdebatte wiederholen: Das Gesetz geht nicht auf die EU-Gesetzgebung ein, was ein großer Fehler ist.

(Abg. Walter GRÜNE: Beispiele!)

Es fehlt eine Gesamtkonzeption in diesem Gesetz. Es regelt auch nicht, welche Behörden zuständig sein sollen.

Meine Damen und Herren, das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung war schlichtweg nicht umsetzbar,

(Abg. Birzele SPD: Das können doch die Länder selber machen! – Abg. Walter GRÜNE: Warum habt ihr dann keine Änderungsanträge gestellt?)

weil es handwerklich schlecht gemacht war. Damals, kurz vor der Bundestagswahl, musste wohl schnell irgendetwas vorgelegt werden.

(Abg. Walter GRÜNE: Es musste etwas schnell ab- gelehnt werden!)

Offensichtlich ist es aber der Bundesregierung bis heute nicht gelungen, die Mängel zu beseitigen, obwohl vonseiten der Länder, Herr Birzele, konkrete Vorschläge vorliegen.

(Abg. Birzele SPD: Dann kann das Land es selber machen!)

Auch im Vermittlungsausschuss war es damals nicht möglich, eine rechtssichere praktikable Regelung zu schaffen, weil die Bundesregierung eine Beratung abgelehnt hat. Die Landes-SPD sollte deshalb nicht mit Krokodilstränen in den Augen nach einer gesetzlichen Regelung rufen, sondern vielmehr ihren Einfluss in Berlin geltend machen, damit dort endlich etwas geschieht. Wir brauchen nicht nur auf Länderebene einheitliche Regelungen, sondern EU-weit gleiche Standards. Der Futtermittelskandal hat diese europaweite Dimension deutlich gezeigt.

Als Fazit möchte ich nochmals feststellen: Das Gesetz ist notwendig. Der Verbraucherschutz muss weiterentwickelt werden. Die Bundesregierung ist jetzt am Zug, und sie muss endlich handeln.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/ DVP: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

(Abg. Mappus CDU: Keine Krawatte!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zeit ist weit fortgeschritten. Die Zwischenrufe von der Enzkreis-Bank werden schon etwas dürftiger.

(Abg. Mappus und Abg. Scheuermann CDU: Pforzheim!)

Pforzheim gehört ja auch zum Enzkreis.

Erfreulich an der heutigen Diskussion ist: Eigentlich sind wir uns alle einig – ich hoffe, auch die Herren von der Enzkreis-Pforzheim-Front –,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Waldorf und Statler!)

dass wir ein Verbraucherinformationsgesetz brauchen.

Es nützt auch nichts mehr, wenn man sich gegenseitig Vorwürfe macht. Der Kollege Drautz hat angeführt, kurz vor der Bundestagswahl habe man unbedingt ein Gesetz haben wollen. Man könnte auch andersherum argumentieren und sagen: Kurz vor der Bundestagswahl wollte man Frau Künast keinen Erfolg gönnen, und deswegen hat man dieses Gesetz – es hätte aussehen können, wie es will – abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Kollege Drautz, wenn Sie unbedingt ein Verbraucherinformationsgesetz hätten verabschieden wollen, hätten Sie einfach die entsprechenden Änderungsanträge stellen können, und dann hätte das Ganze verabschiedet werden können. Das haben Sie nicht getan.

Ich möchte auch noch an die Argumentation erinnern. Der Kollege Stächele hat damals immer gesagt, dieses Gesetz bräuchten wir ganz schnell, und als der Gesetzentwurf dann auf dem Tisch lag, hat er gesagt: Das geht nur in europäischem Format. So kann man natürlich nie ein Gesetz verabschieden.

Zum aktuellen Stand kann ich Ihnen sagen: Sie leben ja auch nicht im politikfreien Raum. Sie bekommen doch auch mit, welche Mehrheiten wo bestehen. Es ist nicht so einfach, dass man sich jetzt hinstellen und sagen könnte: Hier haben wir wieder ein Gesetz. Vielmehr muss es die entsprechenden Vorgespräche geben, auch mit den Ländern. Deswegen dauert es auch ein bisschen länger.

Aus Berlin habe ich erfahren, dass der Kollege Stächele eine für die B-Länder positive Rolle übernommen hat. Das gilt es natürlich zu loben. Ich hoffe, das Lob führt nicht dazu, dass Sie jetzt diese Rolle aufgeben, sondern dazu, dass Sie sie weiter ausfüllen, vielleicht sogar noch etwas stärker.

(Zuruf von der SPD: Stächele ist der eindeutige König! – Heiterkeit bei der SPD – Gegenruf des Abg. Dr. Steim CDU: Lob von der falschen Seite!)

Meine Damen und Herren, es gab in den letzten Monaten auch Gespräche mit der Wirtschaft darüber, inwieweit sie bereit wäre, Selbstverpflichtungen zu übernehmen. Diese Gespräche sind völlig erfolglos gewesen, sie sind gescheitert. Deswegen muss jetzt eine gesetzliche Vorgabe auf den Tisch gelegt werden.

Es nützt nun nichts mehr, zu sagen: Wir brauchen die europäische Ebene. Wir sind zunächst für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher selbst verantwortlich. Deswegen muss es unser gemeinsames Interesse sein, dass ein Gesetz vorgelegt wird,

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sage ich doch!)

das klar regelt, Kollege Drautz, dass die schwarzen Schafe beim Namen genannt werden können. Alles andere nützt den Verbraucherinnen und Verbrauchern nichts. Da sind wir alle gefordert. Da nützt es nichts mehr, sich gegenseitig Schuldzuweisungen zu machen.

(Beifall der Abg. Boris Palmer und Renate Rastät- ter GRÜNE)

Noch ein weiterer Punkt, Kollege Drautz: Wenn dem Land etwas sehr wichtig ist, startet es in der Regel eine Bundesratsinitiative. Wenn Ihnen das Verbraucherinformationsgesetz so wichtig ist, muss ich fragen: Wer hat Sie daran gehindert, vielleicht gemeinsam mit den anderen B-Ländern eine Bundesratsinitiative zu starten oder zumindest ein Eckpunktepapier vorzulegen, sodass man hätte darüber abstimmen können? Wenn dieses Eckpunktepapier etwas getaugt hätte, hätte man das Vorhaben im Bundestag einbringen können.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sind wir hier vor Gericht? Sie verteidigen sich ständig!)

Nein. – Niemand hat Sie daran gehindert. Deswegen keine Krokodilstränen! Wenn Sie von CDU und FDP/DVP Ihre eigenen Aussagen ernst nehmen, dann spielen Sie eine aktive Rolle, damit dieses Verbraucherinformationsgesetz kommen kann!

Wir alle wissen, dass das Gesetz, das damals nach dem Birkel-Skandal auf Landesebene gemacht wurde, seine Schwächen hat. Es ist aufgrund des Birkel-Urteils vielleicht mit heißer Nadel gestrickt worden. Aber seither hat es kaum Warnungen gegeben.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Drautz FDP/DVP: Aber wir haben wenigstens eines!)

Ja, wir haben eines. Aber das nützt uns auch nichts, weil der Spielraum sehr eingeschränkt ist, wann gewarnt werden darf und wann nicht. Die Fragen der konkreten oder abstrakten Gesundheitsgefahr sind entscheidende Punkte.

Interessanterweise hat der Freistaat Sachsen „konkret“ durch „abstrakt“ ersetzt. Wenn wir das hier auf Landesebene machen würden, wäre das schon ein Fortschritt. Dann wäre es etwas einfacher, zu warnen. Ich denke, wir sollten uns aber im Moment nicht mehr mit diesem Landesgesetz aufhalten, sondern gemeinsam versuchen, dass auf Bundesebene ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Spätestens wenn der nächste Lebensmittelskandal kommt – und wir wissen, der kommt – –

(Abg. Drautz FDP/DVP: Aber dann nicht mit Ei- ern!)

Nein, jetzt geht es nicht um die Eier, Herr Kollege Drautz. Aber die sind natürlich sehr gefährdet. Erst diese Woche hatten wir wieder Antibiotika in Eiern von Hühnern aus Käfighaltung in Mecklenburg-Vorpommern. Man sieht, wozu das führt, wenn man weiterhin diese Haltungsformen hat.

Mein Appell an alle hier: Wenn es stimmt, dass wir gemeinsam ein Verbraucherinformationsgesetz wollen, dann lasst es uns gemeinsam machen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Stächele.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kipfer, wenn alles so stimmen würde, wie Sie es vorgetragen haben oder wie Sie versucht haben, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auszulegen, dann könnte man fast die 12 Millionen DM von Birkel wieder zurückholen. Damit sind wir am entscheidenden Punkt der Verbraucherinformation. Verbraucherinformation will jeder von uns. Ich glaube, da sind wir uns einig.