Protocol of the Session on November 26, 2003

Man hat nicht erkannt, welcher ökonomische Nutzen dahinter steckt.

Herr Minister, wenn ich vergleiche, was Sie an Zielen formuliert haben und wo wir heute stehen – natürlich haben wir in kleinen Bereichen Erfolge erzielt, das will ja niemand in Abrede stellen –, wenn man die großen Ziele nimmt, dann ist dieser Umweltplan bisher ein Symbol für das Scheitern der Umweltpolitik dieser Landesregierung.

(Beifall bei den Grünen)

Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele. Erstens: Klimaschutz und Energiewende. Hier wird doch ganz deutlich, wie weit wir hinter den im Umweltplan formulierten Erwartungen zurückgeblieben sind. Im Umweltplan steht: „Der Klimaschutz ist wohl eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte.“ Das kann man voll unterstreichen. Die Landesregierung hat sich vorgenommen, dass die CO2Emissionen bis 2005 auf 70 Millionen Tonnen sinken sollen. Die Realität ist: Wir verharren bis heute bei den 78 Millionen Tonnen, die wir auch schon ungefähr 1990

hatten. Das Statistische Landesamt hat erst diese Woche erklärt: „Im langjährigen Verlauf ist noch keine Tendenzumkehr zu niedrigeren CO2-Emissionen erkennbar.“ Diese Feststellung wurde getroffen, obwohl wir bei den privaten Haushalten oder auch bei den größeren Kraftwerken durchaus einen Rückgang hatten. Dagegen haben wir – Kollege Palmer wird dazu nachher noch einiges sagen – eine massive Zunahme beim Verkehr.

Wenn Sie, Herr Minister, den Umweltplan wirklich verinnerlicht hätten, dann könnten Sie, um ein Beispiel aus dem Verkehrsbereich zu nennen, nicht im laufenden Haushalt 45 Millionen € beim ÖPNV streichen, beim Straßenbau dagegen gar nichts. Das ist das Gegenteil der Nachhaltigkeit, die Sie in Ihrem Umweltplan fordern.

(Beifall bei den Grünen)

Das nächste Beispiel: Ausbau der regenerativen Energien. Dazu ist viel gesagt worden; deshalb muss ich nicht alles wiederholen. Aber ich frage mich: Herr Minister, wo bleibt eigentlich Ihr persönliches Engagement, wenn der Ministerpräsident in seinem geradezu religiösen Eifer durch das Land rennt und gegen Windmühlen kämpft?

(Oh-Rufe von der CDU)

Wir hätten von Ihnen deutliche Worte für mehr Windkraft, für mehr Biomasse und für mehr Solarenergie erwartet. Immerhin gibt es mittlerweile ein Bekenntnis von Ihnen, dass das EEG eine segensreiche Erfindung der Bundesregierung ist.

(Abg. Blenke CDU: Fragen Sie mal die Menschen, ob sie die Windkraft wollen!)

Immerhin haben Sie sich zu diesem Bekenntnis durchgerungen.

(Beifall bei den Grünen und eines Abgeordneten der SPD)

Dabei ist, meine Damen und Herren, allen Beteiligten klar, dass die Klimaveränderung auch für Baden-Württemberg massive Auswirkungen haben wird. Ich möchte noch einmal stichwortartig wiederholen, was das Ministerium selbst gesagt hat: Wir bekommen ein Klima wie in Norditalien. Das hat auf Flora und Fauna massive Auswirkungen. Wir werden kaum mehr ein Grünland haben, wie wir es heute kennen. Gerade das reiche Baden-Württemberg – ich kann es nicht oft genug sagen – muss deswegen einen erkennbaren eigenen Beitrag zu dem leisten, was die Bundesregierung in Sachen CO2-Reduzierung tut.

Erst gestern wurde ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung in Berlin zu dem Thema „Globale Umweltveränderungen“ bekannt gemacht. Dieses Gutachten kommt zu dem Schluss, das, was bisher getan wurde, reiche bei weitem nicht aus. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken. Auch da sind Sie besonders gefordert, Herr Minister Müller.

Jetzt zum Thema Flächenverbrauch: Alle sind sich offensichtlich einig, hier muss sich etwas tun. Als der Umweltplan verabschiedet wurde – die darin formulierten Ziele sind ja die Ziele der Light-Version; die ursprünglichen Ent

würfe, die auf dem Tisch lagen, hatten noch ganz andere Vorgaben; aber das nur nebenbei –, waren 10 Hektar der tägliche Flächenverbrauch in Baden-Württemberg. Mittlerweile sind wir bei über 12 Hektar.

(Abg. Schebesta CDU: Wir sind wieder bei 11 Hektar!)

Jetzt sind wir wieder bei 11 Hektar, aber das ist letztendlich egal.

(Abg. Schebesta CDU: Da gebe ich Ihnen Recht!)

Wir sind also keinen Schritt weitergekommen. Wir haben nichts erreicht. Der Antwort der Landesregierung kann ich nicht entnehmen, was in dieser Hinsicht zukünftig getan werden soll.

Ein Punkt, den ich nicht verstehe: Wenn man das Problem erkannt hat und wenn die Bundesregierung, wie sie das im letzten Jahr getan hat, sagt: „Wir modifizieren die Eigenheimzulage dahin gehend, dass Neubau und Altbau gleichgestellt werden“, und das ein Signal wäre, dass dort, wo bereits gebaut wurde, wieder mehr investiert wird – Frau Berroth hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das auch ein Konjunkturprogramm für das lokale Handwerk ist –, und wenn man dann als CDU und FDP dagegen stimmt, dann muss man sich nicht wundern, wenn der Flächenverbrauch weiter zunimmt.

(Beifall bei den Grünen)

Ein letzter Punkt – damit dem Kollegen Palmer auch noch etwas Zeit bleibt –: zerschnittene Flächen. Es gibt in Baden-Württemberg kaum mehr Flächen, die nicht von irgendwelchen Straßen oder Bebauungen zerschnitten sind. Wir haben kaum mehr Gegenden, die nicht völlig verlärmt sind. Sie haben es angesprochen, Herr Kollege Schebesta. Der Truppenübungsplatz in Münsingen wird bald ein ehemaliger Truppenübungsplatz sein. Jetzt ist die Steilvorlage von der Bundesebene da, nämlich die Zusage, wenn entsprechend kofinanziert wird und geeignete Programme vorliegen, wird es einen größeren Geldbatzen aus Berlin geben. Da kann ich nur sagen: Da sind Sie jetzt gefordert, mehr zu tun, als Absichtserklärungen abzugeben. Da muss die Landesregierung ihre Hausaufgaben machen und klar erklären, mit welchem Betrag sie letztendlich im Boot ist. Dann werden wir dort etwas Vernünftiges hinbekommen.

(Beifall bei den Grünen)

Zum Schluss noch ein Punkt: Herr Minister, in Ihrem Umweltplan wird davon geredet, dass man auch die Akteure vor Ort brauche. Ich frage Sie: Wo sind zukünftig noch Akteure in den Behörden vor Ort, wenn jetzt die BNLs endgültig zerschlagen werden – Herr Kollege Caroli hat darauf hingewiesen –, die Forstverwaltung, das Gewerbeaufsichtsamt? Herr Kollege Schneider hat ja schon angekündigt, man könne das aus Kostengründen alles gar nicht so machen, wie es ursprünglich einmal geplant war.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das heißt: Auch Sie werden entmachtet. Auch Ihnen wird ein wichtiger Teil Ihrer Bürokratie zur Umsetzung des Umweltplans aus der Hand geschlagen. Da hätte ich einfach er

wartet, Herr Kollege Müller, dass Sie dagegen vorgehen und dieser Verwaltungsreform in Ihrem Bereich ein klares Nein entgegensetzen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Herrmann CDU: Das wird auf Kreisebene genauso gut gemacht!)

Auch für Sie, Herr Kollege Herrmann, gilt: Im Umweltplan wird gesagt, die Betrachtung des gesellschaftlichen Umfelds zeigt, dass der Umweltschutz in die Defensive geraten ist. Sie tragen mit Ihrer Politik aktiv dazu bei.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Schebesta CDU: Deshalb haben wir das Thema auch auf die Tages- ordnung gesetzt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Walter, weil wir nicht wollen, dass der Umweltplan bloß ein Buch für den Bücherschrank ist,

(Abg. Walter GRÜNE: Wie der Generalverkehrs- plan!)

und weil wir durch häufigere Diskussionen über Fragen der Umweltpolitik dazu beitragen wollen, dass das Bewusstsein in der Bevölkerung für Umweltthemen nicht noch weiter abnimmt, haben wir diese Debatte als Punkt 1 auf die heutige Tagesordnung gesetzt.

(Abg. Walter GRÜNE: Das ist einmal lobenswert!)

Herr Walter, ich stimme mit Ihnen völlig darin überein: Umweltpolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Auch ich hätte mir gewünscht, dass heute Morgen mehr Minister auf der Regierungsbank sitzen. Aber ich will noch einen Satz dazu sagen: Ein kleiner Trost bei dem, was Sie dazu gesagt haben und was auch meiner Einschätzung entspricht, ist, dass wir wenigstens einen engagierten Umweltminister haben. Das könnte ja auch noch schlechter sein.

(Heiterkeit der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Beifall bei der CDU)

Herr Walter, Sie sollten sich ganz einfach besser informieren. Wir kürzen im GVFG im nächsten Jahr etwa 60 Millionen €, schiedlich-friedlich aufgeteilt: 30 Millionen € beim kommunalen Straßenbau, 30 Millionen € beim ÖPNV.

(Abg. Walter GRÜNE: Ich habe vom laufenden Haushalt gesprochen! – Zuruf der Abg. Heike De- derer GRÜNE)

Die Kürzung ist schlimm genug, aber man soll dann wenigstens keine Märchen aufbauen.

(Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Walter: Ich ha- be vom laufenden Haushalt geredet!)

Dann ist es ja gut. Dann sind wir uns wenigstens darüber einig, dass das im nächsten Jahr in Ordnung gebracht ist.

(Abg. Walter GRÜNE: Es wird im nächsten Jahr besser, wenn man nichts tut!)

Jetzt zu Herrn Dr. Caroli und zu Ihnen, Herr Walter: Ich habe doch überhaupt nichts dagegen, dass Sie hier immer wieder die Fahne der regenerativen Energien hochhalten. Ich tue das auch

(Lachen bei der SPD und den Grünen)

lassen Sie mich doch meinen Satz beenden –, vielleicht mit einer ein klein wenig anderen Akzentsetzung.

(Abg. Walter GRÜNE: Das ist höchstens ein Fäh- nele!)

Sie müssen jetzt bitte einmal folgende Frage beantworten: Wir sind uns doch hoffentlich einig, dass die Grundlast nicht mit regenerativen Energien gedeckt werden kann.