Protocol of the Session on November 26, 2003

Jetzt lassen Sie das doch einfach einmal zu. Jetzt lassen Sie uns doch erst einmal feststellen: Freiland- und Bodenhaltung, okay, hat Mängel, und diese Mängel müssen wir überwinden.

Zweitens: Selbst in Schweden – so heißt es in einer Nachricht von heute – ist man im Moment dabei, die Gruppentierhaltung im ausgestalteten Käfig zumindest einmal zu untersuchen. Und im Bundesrat wollen wir ja nichts anderes – übrigens länderübergreifend, sowohl in SPD- als auch in CDU-regierten Ländern. Wir wollen ja nichts anderes, als dass wir ein bisschen denken dürfen und dass das Problem konsequenterweise jetzt einmal wissenschaftlich untersucht und evaluiert wird, damit wir entweder Ja oder Nein dazu sagen können. Aber das ist offenbar ein Problem.

Ich weiß ja, die Käfige sind plötzlich zum Symbol für eine gesinnungsbestimmte Tierschutzpolitik geworden. Wer den Begriff „Käfig“ in den Mund nimmt, ist schon ein Sünder der Nation, der ganzen Weltgemeinschaft geworden.

(Zurufe der Abg. Carla Bregenzer SPD und Boris Palmer GRÜNE)

Es geht doch darum, dass wir sagen: Aus den verschiedenen Möglichkeiten müssen wir den richtigen, den tierschutzgerechten Weg finden. Und nichts anderes – und hier spreche ich auch für die SPD-regierten Bundesländer – wollen wir am Freitag erreichen.

Ich sage Ihnen hier und heute – und damit ist Ihr Antrag schon fast erledigt –: Es wird am Freitag keine Verlängerung der herkömmlichen Käfighaltung bis 2009 beschlossen.

(Beifall des Abg. Alfred Winkler SPD – Abg. Ma- rianne Wonnay SPD: Was?)

(Minister Stächele)

Wenn Sie mich dies heute Morgen gefragt hätten, hätten Sie den Antrag zurückziehen können. Es war aufgrund einer anstehenden Bundesratssitzung berechtigt, diesen dringlichen Antrag zu stellen.

(Beifall des Abg. Teßmer SPD)

Ich bin überzeugt, dass wir uns am Freitag auf das verständigen werden, was Mecklenburg-Vorpommern vorbringt.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das ist aber nicht der Inhalt des Antrags!)

Das ist immerhin ein Land, das nicht einmal schwarz regiert wird, sondern im Moment rot-rot regiert wird.

(Abg. Fleischer CDU: Dafür können ja die Hühner nichts!)

Ich finde es aber ganz vernünftig, Folgendes zu sagen – und das ist im Grunde genommen ein verzweifelter Versuch, Frau Künast dazu zu zwingen, dass sie unser Denken in die eine Richtung noch einmal zulässt –: Man sagt nämlich – und jetzt komme ich zu dieser angeblich unsittlichen Verbindung zwischen der Schweinehaltungsverordnung und der Legehennenverordnung –: Wenn du zu den Haftungsbedingungen

(Abg. Fischer SPD: „Haftung“! Das ist gut! – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Freud lässt grüßen!)

Entschuldigung, zu den Haltungsbedingungen – –

(Heiterkeit)

Sie wissen doch noch gar nicht, was ich sagen will. Vielleicht rede ich von Politikern, und da sind wir dann wieder bei den Haftungsbedingungen.

Wenn du zu den Haltungsbedingungen in Sachen Schweine jetzt eh eine Verordnung erlässt, dann wollen wir erzwingen, dass du hierin entweder einen Dispens bei der Mindesthöhe von zwei Metern aufnimmst oder in anderer Weise eine Prüfmöglichkeit aufnimmst, damit wir zumindest all das, was jetzt an wertvollen Prüfaufträgen auf den Weg gebracht worden ist, entgegennehmen und diskutieren dürfen. Mehr nicht.

Deswegen sehen Sie: Die Unsittlichkeit, die hier angesprochen ist, bricht in sich zusammen. Jetzt muss man sich vorstellen: Die deutschen Bundesländer müssen förmlich darum bitteln und betteln, dass Frau Künast das zulässt. Nichts anderes als dies soll am Freitag erreicht werden. Diesem Antrag von Mecklenburg-Vorpommern werden wir auch im Bundesrat zustimmen.

Ich bedauere zutiefst – ich sage das jetzt einmal wertfrei bzw. wertneutral –, dass es Frau Künast nicht besser gelingt, diese hehren Ansätze der Tierschutzpolitik in der Europäischen Union umzusetzen. Die Zeit bis 2012 ist einfach zu lang.

(Abg. Kiefl CDU: Das ist die völlig falsche Ant- wort! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Entschuldigung! Schauen Sie sich doch an, wie sie von den Agrarbeschlüssen zurückgekommen ist. Das wissen Sie doch genauso wie ich.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Es ist immer wieder das Gleiche.

Jetzt sage ich aber einmal Folgendes: Es ist auch ganz schwer, in Brüssel mit einer Vorreiterrolle zu landen.

(Abg. Teßmer SPD: Da haben Sie Recht!)

Das ist gar keine Frage. Die Frage ist dann: Welches Gewicht hat eine deutsche Bundesregierung generell in Brüssel?

(Abg. Teßmer SPD: Was heißt das? – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Damit sind wir bei einer anderen Frage: Welches Gewicht wird den entsprechenden Themen auch von Berlin und demzufolge auch vom Kanzler selbst beigemessen?

(Abg. Teßmer SPD: Wollen wir immer hinterher- ziehen?)

Sie müssen einmal genau beobachten, in welchen Themen sich Berlin durchsetzt und in welchen Themen man letztlich klein beigibt, weil man mit dem Prinzip des „do ut des“ nicht alles das machen kann, was man sich gern vorgenommen hätte. Das ist auch klar.

Mir wäre es schon wichtig, dass wir in Sachen Tierschutz vorankommen. Ich sage das jetzt nicht nur wegen der ungleichen Wettbewerbsbedingungen, sondern ich sage das – nehmen Sie mir das bitte ab – der Tiere wegen, weil das Ganze in der Tat – das werfe ich nicht einmal jemandem vor – in dem Moment, in dem wir hier in der Bundesrepublik Deutschland wie auf einer Insel der Seligen etwas Besonderes bieten, links und rechts der bisherigen Nationalgrenzen Deutschlands stattfindet. Das kann es nicht sein.

Deswegen habe ich den dringenden Appell, dass man in Sachen Tierschutz gerade auf europäischer Ebene auch seitens der deutschen Bundesregierung vielleicht einen neuen Schwerpunkt erkennt, dass man dies auch einmal in den Vordergrund rückt und wir vielleicht da und dort etwas erfolgreicher sein können, als dies bisher der Fall war.

Wir in Baden-Württemberg brauchen uns da überhaupt nicht belehren und nichts sagen zu lassen; denn wir sind konsequent dabei, in die Tierhaltung zu investieren. Ich kann Ihnen sagen – diese Zahl zum Schluss –: Immerhin sind 12 Millionen € Fördermittel eingesetzt worden, um die Haltungsbedingungen für landwirtschaftliche Nutztiere zu verbessern. Das hat bei 300 Betrieben Gesamtinvestitionen in Höhe von 35 Millionen € ausgelöst. Ich sage das bewusst zum Schluss, damit man dieses Thema nicht immer nur plakativ diskutiert

(Abg. Walter GRÜNE: Wo stammen denn die Gel- der her, die ihr da verwendet habt? – Abg. Teßmer SPD: Ohne den Druck wäre das doch gar nicht ge- kommen!)

(Minister Stächele)

und dabei ganz verkennt oder auch verkennen will, dass den Tieren am allerbesten geholfen ist, wenn man pragmatisch bleibt, Schritt für Schritt umsetzt – und zwar realistisch umsetzt – und denen, die umstellen sollen, auch entsprechende Hilfe leistet.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2662, abstimmen. Wird dieser Antrag angenommen, ist damit der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2643, erledigt. Das sage ich zur Abstimmungssituation.

Bitte schön, Herr Abg. Fleischer.

Es muss noch eine redaktionelle Änderung vorgenommen werden: In Ziffer 3 des Antrags Drucksache 13/2662 muss es statt „Deutschland“ „Europa“ heißen.

Sie haben das gehört.

Ich lasse nun über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2662, abstimmen. Wer diesem Antrag mit der vorgetragenen redaktionellen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Antrag wurde mehrheitlich zugestimmt.

Damit ist, wie ich bereits gesagt habe, der Antrag Drucksache 13/2643 erledigt.

Tagesordnungspunkt 6 ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – (Was sind) Ganztagsschulen in Baden-Württemberg – Drucksache 13/1498