Protocol of the Session on October 30, 2003

Es wäre ja einmal interessant, über diese Dinge zu sprechen, aber Sie haben sie links liegen lassen. Sie sind zu feige, die Dinge aufzugreifen und der Bevölkerung zu sagen, wie Sie die Systeme zukunftsfest machen wollen. Das ist die Wahrheit in der ganzen Geschichte.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Stellen Sie doch einmal Ihren Vorschlag dar! Denken Sie über die Bürgerversicherung nach!)

Das ist übrigens das Grundproblem Ihrer Sozialpolitik überhaupt. Das wissen Sie. Deswegen laufen Ihnen auch die Wähler davon, weil Sie nicht sagen, was Sie wollen, sondern Flickschusterei betreiben.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Was wollen Sie denn, Herr Haas?)

Wir haben ein Konzept. Das können Sie nachlesen.

(Abg. Fischer SPD: Gerade haben Sie gesagt, Sie hätten noch keines!)

Wir sind mitten in der Debatte.

Im Übrigen, Herr Drexler, wenn Sie hier mit Zahlen um sich schmeißen, die ich jetzt gar nicht bewerten will,

(Abg. Drexler SPD: Aha!)

muss ich Ihnen sagen: Es geht bei den Zahlen, die Sie genannt haben – da fehlt auch völlig die Aktualität –, um den Übergang dieses Prämienmodells im Jahr 2013.

(Abg. Drexler SPD: Das ist nicht mehr weit hin!)

Das haben Sie natürlich nicht gesagt. Die Zahlen, die Sie gerade genannt haben, sollen im Jahr 2013 gelten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Die werden dadurch nicht besser!)

Doch, die werden im Jahr 2013 schon in einem anderen Bezug zu sehen sein als in dem, der heute dargestellt worden ist.

Herr Drexler, ich möchte einfach noch einmal sagen: Sie müssen dieses Papier einmal vollständig lesen. Zu dem von Ihnen angesprochenen Steuerausgleich steht nämlich wörtlich in dem Papier: Es muss auch künftig einen sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken,

(Abg. Drexler SPD: Wo?)

Beziehern höherer und niedriger Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Familien geben.

(Abg. Drexler SPD: Wo?)

Das steht in dem Papier.

(Zurufe von der SPD)

Entschuldigung, der zweite Teil, nämlich der Steuerteil, fehlt noch. Das ist Ihnen doch bekannt. Sie haben das auch angesprochen. Dieser Teil wird durch Herrn Merz von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 3. November vorgestellt werden. Das ist Ihnen alles bekannt. Deswegen ist es unfair, jetzt – –

(Lachen bei der SPD – Abg. Drexler SPD: „Un- fair“! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, es geht schlicht und einfach darum, dass Sie einmal aufzeigen sollten, wohin Ihr Weg geht. Wir haben zumindest ein klares Konzept vorgelegt, über das man natürlich diskutieren kann, über das wir auch diskutieren werden.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Birzele: Aber es ist „unfair“, darüber zu reden!)

Nein, ich habe nicht gesagt, das sei unfair. Es ist aber unfair, dass Sie Ihre Position verheimlichen. Das ärgert auch den Bürger. Deswegen läuft er Ihnen weg. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Seimetz CDU: Ja- wohl, Recht hat er! – Abg. Drexler SPD: Ach was!)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns einfach gemeinsam Gedanken machen – das ist meine Auffassung –, wie das jetzt beim Konsens in der Gesundheitsreform auch

möglich gewesen ist. Wir müssen die vor uns stehenden Herausforderungen gemeinsam lösen. Wir müssen dem Bürger auch die unangenehmen Antworten, die es aus der Systematik heraus gibt, geben. Dazu sind Sie einfach nicht in der Lage.

(Abg. Drexler SPD: Doch!)

Sie betreiben Flickschusterei in der gesamten Sozialpolitik.

(Lachen bei der SPD)

Das erkennt der Bürger. Beispielsweise ist das, was Sie bei der Rente machen, eine Katastrophe.

(Abg. Teßmer SPD: Die Katastrophe sind Sie! – Zuruf der Abg. Marianne Wonnay SPD)

Das weiß der Bürger natürlich sehr genau.

Wenn wir am Krankenversicherungssystem, am Sozialversicherungssystem nichts ändern – das wissen Sie; die Zahlen hat die Rürup-Kommission genauso bestätigt wie die Herzog-Kommission –, dann werden wir im Jahr 2030 eine Abgabenbelastung von 54 % haben.

(Abg. Drexler SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zur Gleichheit der Beträge!)

Im Jahr 2050 wird sie 61 % betragen.

Wir brauchen eine Entkoppelung vom Arbeitseinkommen.

(Abg. Drexler SPD: Dann machen Sie doch die Bürgerversicherung!)

Das ist ein uraltes Thema, das Sie auch immer gebracht haben. Deswegen muss man ja, wie die Bertelsmann-Stiftung schon 1997 festgestellt hat, sehr fragen, ob wir noch ein solidarisches Krankenversicherungssystem haben. Sie haben dies gerade in den hellsten Farben dargestellt und gelobt. Die Wirklichkeit ist anders. Wir haben leider Gottes kein solidarisches Krankenversicherungssystem.

(Abg. Drexler SPD: Wir haben doch eines!)

Nein, wir haben keines mehr.

(Zurufe der Abg. Drexler und Ruth Weckenmann SPD)

Das war vielleicht einmal. Heute ist es konkret so, dass der der Dumme ist, der arbeitet.

(Abg. Fischer SPD: Also, Sie haben ein Weltbild, Herr Haas!)

Nein, das ist nicht mein Weltbild,

(Abg. Fischer SPD: Doch!)

das ist die Realität. Schauen Sie sich doch einmal das Rürup-Papier an. Dort ist alles in gleicher Weise dargelegt. Wir haben kein solidarisches System mehr. Deswegen ist es wichtig, umzusteigen und uns neuen Lösungen zuzuwenden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.