Protocol of the Session on October 30, 2003

(Beifall bei den Grünen – Abg. Seimetz CDU: Die SPD klatscht nicht!)

Ich fasse das zusammen mit dem Hinweis, dass Schiene und Wasserstraße davon genauso betroffen sind, damit Sie sehen, dass es hier nicht um grüne Polemik gegen den Fernstraßenbau geht. Es gab Fehler bei der Politik, bei der Vergabe. Sicherlich ist in den letzten Monaten auch im Handling einiges schief gegangen.

(Abg. Rech CDU: Es ist überhaupt nichts gegan- gen!)

Das hat sicherlich eine verheerende Außenwirkung; das müssen wir auf unsere Kappe nehmen. Solche Fehler sind aber schon an verschiedenen Stellen vorgekommen.

Bei Ihnen hingegen müssen wir festhalten: Sie – der Ministerpräsident vornan – haben keine Ahnung von der Technik. Herr Minister Müller hat vor allem dafür gesorgt, dass die Mauteinnahmen 600 Millionen € pro Jahr niedriger ausfallen als der Betrag, der sich ohne seine Intervention ergeben hätte. Und was Ihre Fraktion angeht, so ist Ihnen außer hämischer und inkompetenter Kritik nicht viel eingefallen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Seimetz CDU: Ach wie gut, dass jeder weiß, dass der Palmer alles weiß!)

Das Wort erteile ich dem Minister für Umwelt und Verkehr, Herrn Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein paar kleine Mosaiksteinchen möchte ich noch ergänzen, wie es auch Herr Kollege Palmer zum Schluss gerade getan hat.

Erstens: Man sollte bei dem Stichwort Toll Collect nicht nur an das schwäbische Unternehmen denken, sondern auch an den anderen Partner, nämlich die Telekom, die eigentlich gerade für die EDV-Seite besonders verantwortlich ist. Bei aller Kritik an der Industrie sollte man wissen, wohin man sich da wendet.

Zum Zweiten ist – von Ihnen, Herr Kollege Birzele – einmal gefragt worden: „Welchen Vertrag hätten Sie unterschrieben?“ Wir kennen den Vertrag ja nicht;

(Zuruf von der SPD: Was?)

deswegen kann man das schlecht sagen. Er ist uns ja auch monatelang vorenthalten worden.

(Zuruf von der SPD: Was heißt „vorenthalten“? – Abg. Birzele SPD: Herr Müller, warum ist er Ihnen denn vorenthalten worden? Würden Sie das auch dazusagen! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜ- NE – Unruhe)

Ich habe in der Verkehrsministerkonferenz genau diese Frage gestellt; und ich habe eben keine Antwort bekommen. Das ist bedauerlich. Ich habe vor acht Wochen aber zu Herrn Mangold gesagt: „Herr Mangold, ich weiß nicht genau, was in dem Vertrag steht, aber einen solchen hätte ich nie unterschrieben.“ Daraufhin hat er gesagt: „Dann hätte ich ihn auch nicht unterschrieben.“

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Sie sehen, dass das offensichtlich ein Vertrag war, der die Rechte und Pflichten beider Seiten in einer sehr unausgewogenen Weise formuliert hat. Man wollte auf jeden Fall einen Vertragsabschluss, weil man auf das Geld scharf war. Deswegen hat man die Risiken, von denen hier die Rede ist, in Kauf genommen.

(Abg. Schmid SPD: Sie sprechen über einen Ver- trag, den Sie nicht kennen!)

Herr Birzele, Sie können jetzt ja erzählen, was Sie wollen, aber die Tatsache, dass wir keinen vollen Schadenersatz bekommen und dass überhaupt von Neuverhandlungen die Rede ist, zeigt doch, dass der alte Vertrag offensichtlich untauglich ist. Das kann man drehen und wenden, wie man will.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rech CDU: Das stinkt doch zum Himmel! – Abg. Birze- le SPD: Es zeigt, dass die Zusagen des Unterneh- mens nicht erfüllt wurden, die vertraglich verein- barten Zusagen!)

Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen: Dort oben sitzt der Präsident.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! – Abg. Birzele SPD: Geniale Antwort!)

Zum Dritten, was die Projekte in Baden-Württemberg anbelangt: Wir haben nicht gesagt, dass bestimmte Straßenbauprojekte wegfallen, sondern wir haben darauf verwiesen, welche nach der Auffassung des Bundesverkehrsministeriums, die es in einer Besprechung am 8. September geäußert hat, im nächsten Jahr begonnen werden sollen. Jetzt kann man logischerweise im Wesentlichen die Projekte wegfallen lassen, die begonnen werden sollen. Die sind in Gefahr. Ich weiß aber nicht, inwieweit das der Fall ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Also!)

Mich würde es brennend interessieren. Wenn wir aber keine zusätzlichen Haushaltsmittel bekommen und wenn wir keinen Schadenersatz bekommen – und dafür, dass wir vollen Schadenersatz bekommen, spricht zurzeit nichts; in Berlin pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass wir keinen vollen Schadenersatz bekommen –, wird es einen massiven Ausfall geben.

Jetzt kann man natürlich sagen: Was sind schon 1 Milliarde €? Das ist ja harmlos! Ich sage Ihnen dazu bloß: Die 100 Millionen € für das Jahr 2004 – wir haben im nächsten Jahr vielleicht 25 Millionen € für neue Maßnahmen frei – sind schon relativ viel. Das löst sich nicht in Luft auf; das kann man einfach so nicht sagen.

Kollege Palmer, Sie haben davon gesprochen, dass es hier ja nur um den Wegfall der ausgefallenen UMTS-Mittel gehe. Das ist richtig. Aber: Als man, um Verkehrsprojekte zu finanzieren, Mittel verwendet hat, die aufgrund der UMTSErlöse nicht für Zinszahlungen aufgebracht werden müssen, sind zwei Drittel dieser Summe dafür verwandt worden, Kürzungen von Haushaltsmitteln auszugleichen, und im Übrigen dauert der UMTS-Zinseffekt noch an. Dieses Geld behält jetzt der Bundesfinanzminister.

Insofern gibt es bei der ganzen Operation einen Gewinner – und zwar unabhängig davon, ob die Maut kommt oder nicht –, und das ist der Bundesfinanzminister. Es gibt auch einen Verlierer; und das ist der Bundesverkehrshaushalt.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Thema Harmonisierung: Es ist richtig, dass wir uns dafür verwandt haben, dass das Harmonisierungsvolumen 600 Millionen € betrifft.

(Minister Müller)

Die Bundesregierung hat 300 Millionen € versprochen. Die Bundesregierung hat ihre 300 Millionen € nicht erbracht. Wir haben, wie wir das im Bundestagswahlkampf versprochen haben – wir erinnern uns selbst in der Opposition gelegentlich noch an die Versprechungen, die wir vor einer Bundestagswahl machen –, gesagt: 600 Millionen €.

Wir haben ferner – dazu bekenne ich mich; das war eine relativ intelligente und relativ faire Lösung – gesagt: Eigentlich dürften wir euch, solange ihr die Harmonisierung mit dem Brüsseler Gütesiegel nicht bringt, überhaupt keine Maut durchgehen lassen. Aber was hätten wir anschließend für eine Diskussion? Es würde dann heißen: Weil die Maut nicht kommt – und die CDU hat sie verhindert –, wird die Straße X und wird die Schiene Y nicht gebaut. Deswegen sagten wir: Wenn ihr es nicht zustande gebracht habt, rechtzeitig das Brüsseler Gütesiegel für irgendeine Harmonisierungsmaßnahme zu erreichen, dann sind wir bereit, im Interesse eines zügigen Zu-Ende-Bringens des ganzen Projekts auf das Gütesiegel zu verzichten.

Und natürlich sind wir unter zeitlichen Druck gesetzt worden, Herr Kollege Haller; das will ich nur einmal sagen. Der Bundesverkehrsminister hat nie und insbesondere nicht vor den allerletzten Julitagen für eine Verzögerung plädiert, sondern hat uns zeitlich unter Druck gesetzt, und zwar aus zwei Gründen: Erstens wollte er es zum 1. September haben, und zweitens hat er gesagt, aus Brüssel werde eine neue Wegekostenrichtlinie kommen, und bevor die komme, müssten wir mit unserer Maut noch schnell fertig werden. Deswegen sollten wir um Gottes willen bis zum 31. Mai fertig sein. Das war die These des Bundesverkehrsministers.

Jetzt zurück zur Harmonisierungsgeschichte: Weil wir unter Zeitdruck standen, haben wir gesagt: Wir sind einverstanden; wir verzichten auf das Gütesiegel der Harmonisierung in Brüssel, aber wir wissen nicht, ob ihr das durchbekommt, und wenn ihr es nicht durchbekommt, zum Beispiel deshalb, weil ihr euch gar nicht sehr darum bemüht, dann sollt ihr wenigstens nicht auch noch finanzieller Gewinner bei der Geschichte sein. Dann soll das Ding wenigstens ein Nullsummenspiel sein. Denn wenn es zu keiner Harmonisierung kommt, aber die Mauteinnahmen trotzdem fließen, dann gibt es wieder einen Gewinner, und der heißt Bundesfinanzminister. Dann wäre von der Harmonisierung gar nichts übrig geblieben.

Deswegen haben wir gesagt: Jetzt senken wir die Maut, und wenn die Harmonisierung kommt, erhöhen wir sie wieder. Das war ein faires Angebot, um die Maut überhaupt noch bis zum 31. Mai über die Rampe zu bekommen.

Sie mögen daran sehen: Wenn es darum geht, im Bundesrat sinnvollen Vorhaben eine Mehrheit zu verschaffen, und wenn Sie nach Alternativen fragen, sage ich: Wir von der Union haben unseren Job getan. Ich betone: wir.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Punkt 2 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

a) Bericht und Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses „Fehler der Atomaufsicht in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit den meldepflichtigen Ereignissen und dem Fehlverhalten im Kernkraftwerk Philippsburg Werk 2 und die daraus zu ziehenden Konsequenzen“ – Drucksache 13/2500

Berichterstatter: Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Abg. Knapp

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Arbeit der Atomaufsicht in Baden-Württemberg – Drucksache 13/422

c) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Aufarbeitung gravierender sicherheitstechnischer Defizite im Atomkraftwerk Philippsburg II – Drucksache 13/445

d) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Unzureichende fachliche Qualifikation auf der Leitungsebene des Atomkraftwerks Philippsburg – Drucksache 13/483

e) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Atomaufsicht in Baden-Württemberg – Drucksache 13/1381

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aussprache freie Redezeit vereinbart.

Ich frage die Berichterstatter, ob sie das Wort nehmen wollen. – Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich das Wort Herrn Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen im Kernkraftwerk Philippsburg hat seine Arbeit beendet, und es ist Zeit, Bilanz zu ziehen.

Herr Kollege Scheuermann, Sie haben vorhin fast prophetisch vorhersehen wollen, wessen Rücktritt wir fordern werden.

(Abg. Seimetz CDU: Den von Schröder hat er ge- meint!)

Uns hat er gemeint. Da muss ich noch ein wenig um Geduld bitten.