Protocol of the Session on October 29, 2003

Kollege Wieser, bei künftigen Maßnahmen – um eine solche handelt es sich jetzt –, bei denen es um die Frage geht, ob solche Kürzungen, solche Übertragungen und solche Dynamisierungen, wie Sie sie bei der Sonderzahlung vornehmen, in Zukunft ruhegehaltsfähig sein sollen, sagen wir: In Anbetracht der massiven Ausgaben, die auf uns zukommen, können wir als Verantwortliche und auch als verantwortliche Opposition diese Ausgaben so nicht mehr schultern. Wenn wir Ausgaben streichen müssen – da komme ich zum Punkt, da schließt sich der Kreis –, ist es immer sinnvoller, bei den Menschen zu streichen, die auf ihren Lebensabend zugehen, die in das Pensionärsalter eingetreten sind, als bei den Menschen, die noch etwas vorhaben, die noch etwas finanzieren müssen, die Familien gründen und das Geld dringend brauchen.

Wir sind der Meinung, dass dieser Vorschlag im Sinne einer Generationengerechtigkeit ausgewogen ist. Er ist schwierig zu vermitteln, keine Frage, aber man könnte natürlich auch noch einen Schritt weiter gehen – Kollege Scheffold, das wissen Sie – und überlegen, bei den Pensionen größere Beträge zu kürzen. Wir wollen es dabei belassen und sagen: keine Ruhegehaltsfähigkeit dieser Sonderzahlungen. Deswegen würden wir dem Gesetzentwurf zustimmen, wenn Sie diese Änderungen in den Gesetzentwurf, den Sie selber als Regierung und als sie tragende Fraktio

nen eingebracht haben, einbauten. Dann wäre er sozial ausgewogen und würde die haushalterischen Notwendigkeiten des Landes berücksichtigen und wäre den Menschen, die tagtäglich an ihren verschiedenen Stellen in der Landesverwaltung ihren Dienst für das Land tun, auch vermittelbar. Deshalb hoffe ich auf Unterstützung unseres Änderungsantrags im Sinne dieser Vorgaben und Maßgaben, die ich vorgetragen habe.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und noch viel mehr für Ihre vielleicht noch folgende Unterstützung.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Minister Stratthaus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute ist schon mehrfach gesagt worden, dass der Gesetzentwurf bei der ersten Lesung genügend begründet worden ist. Ich möchte mich deswegen wirklich ganz kurz fassen, was die Begründung betrifft, und danach auf einige wenige Argumente eingehen, die heute hier gebracht worden sind.

Sie wissen, dass es darum geht, die Öffnungsklauseln, die zum ersten Mal für die Sonderzahlungen in das Bundesrecht eingeführt worden sind, für uns in Anspruch zu nehmen. Es war in der Tat so, dass wir mit die Ersten waren, die sich dazu entschlossen und dies auch öffentlich bekannt gemacht haben. Ich will dazu gleich einige Sätze sagen.

Dass wir sparen müssen, ist klar, denn wir haben in diesem Jahr eine Verschuldung wie noch nie. Dass wir auch bei den Personalkosten sparen müssen, ist ebenso klar. Wir haben im Haushalt einen direkten Personalkostenanteil von 42 %, indirekt sind es über 50 %. Es muss auch hier etwas geschehen.

(Abg. Wieser CDU: Wer hat denn die Leute einge- stellt?)

Wer die Leute eingestellt hat? In gewisser Beziehung können wir sogar stolz darauf sein, denn wir haben unser Personal in erster Linie in der Bildung, in der Ausbildung und bei den Universitäten, und da sind wir der Überzeugung, dass dort die entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt werden. Deswegen haben wir noch mehr Personal als die anderen Länder.

Irgendjemand hat eben gesagt, wir hätten heute Morgen gehört, wir würden hier in einem Land mit goldenen Verhältnissen leben. Das ist richtig, aber nicht weil wir mehr Geld haben, sondern weil mir mehr aus weniger Geld machen.

(Beifall bei der CDU)

Nach dem Finanzausgleich hat Baden-Württemberg auch nicht mehr Geld als alle anderen Länder.

(Abg. Birzele SPD: Das hat nur Sie überzeugt, die anderen nicht!)

Ich muss noch einmal darauf hinweisen: Nach dem Finanzausgleich hat Baden-Württemberg weniger Geld als die meisten anderen Länder. Wenn es bei uns also besser aus

(Minister Stratthaus)

sieht, rührt das nicht daher, dass wir mehr Geld haben, sondern daher, dass wir besser mit dem Geld umgehen.

(Abg. Schmiedel SPD: Stratthaus’ Märchenstun- de!)

Ich darf noch darauf hinweisen, dass der Auslöser der jetzigen Maßnahmen ein überzogener Tarifabschluss am Anfang dieses Jahres war. Ich muss mit aller Deutlichkeit sagen, dass wir uns bemühen, auch in die Tarifverträge Öffnungsklauseln hineinzubekommen. Ich weiß, dass das keine einfache Sache ist, aber immerhin ist auf unsere Aktivitäten hin in der Zwischenzeit die Verhandlungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Gemeinden aufgelöst worden. Das Problem war ja, dass der Bund zu politisch gedacht hat und die Gemeinden zu streikanfällig waren und dass man deswegen am Beginn des Jahres einen Tarifabschluss akzeptiert hat, den man wirtschaftlich einfach nicht verantworten konnte. Wir werden, wenn es sein muss, aus der TdL auch austreten, wenn sich zeigt, dass wir nicht in der Lage sind, Öffnungsmöglichkeiten in die Tarifverträge hineinzubekommen.

Vorhin ist gesagt worden, wir seien die Ersten gewesen, die nach Schaffung der Möglichkeiten der Öffnungsklausel gesagt hätten, im Grunde genommen werde das Beamtenbundmodell umgesetzt. Das ist richtig. Wir waren die Ersten, aber in der Zwischenzeit haben fast alle anderen Länder nachgezogen. Sie sind jedoch meistens härter mit ihren Beamten umgegangen oder werden dies tun, als wir das tun. Vorhin ist zum Beispiel der Bund genannt worden. Ich darf Ihnen sagen, dass der Bund für alle Beamten auf 60 % heruntergeht, während wir nur auf 64 % gehen. Bei seinen Pensionären – das liegt zwar etwas in der Richtung dessen, was die Grünen bedenkenswerterweise hier vorgetragen haben – geht er noch weiter; die bekommen nur 50 %. Der Bund schlägt also, wenn Sie so wollen, härter zu, als das das Land Baden-Württemberg macht. Wir haben einen schonenderen Prozentsatz als die meisten anderen Länder, wir haben eine Dynamisierung, wir haben eine Ruhegehaltsfähigkeit.

Wir haben die gleiche Kürzung für alle. Das war ja heute einer der Hauptpunkte der Diskussion. Ich muss jetzt einmal die Frage stellen, ob Gerechtigkeit und Nivellierung – ich weiß, dass dies ein heißes Thema ist – wirklich das Gleiche ist. Ich bezweifle das.

Wir haben doch in unserer Beamtenbesoldung ganz bestimmte Abstufungen. Nachdem dies ein Bundesgesetz war, gehen wir davon aus, dass sich hier gewisse Leistungsanforderungen und Gerechtigkeitsvorstellungen widerspiegeln.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Wenn wir jetzt bei jeder Veränderung unten weniger kürzen als oben, dann werden wir in der Richtung die Nivellierung erreichen – genau das Gegenteil dessen, was heute in der Privatwirtschaft gemacht wird.

(Abg. Fischer SPD: Aber da müssen Sie lange ni- vellieren!)

Zugegeben. Ich sage nur: in der Richtung, nicht in der Quantität. Da haben Sie sicher Recht.

Dennoch können wir nicht immer soziale Komponenten mit dem Argument einführen, die Nivellierung sei gerecht. Wir werden dann genau das Gegenteil dessen erreichen, was heute in der freien Wirtschaft gefordert wird. Übrigens haben Sie in Ihren Hartz-Vorschlägen zum Teil auch Forderungen, die in Richtung Denivellierung gehen. Ich wollte dies bei dieser Gelegenheit einfach einmal feststellen.

Wir haben allerdings eine soziale Komponente in unserem Gesetz, die sogar der Finanzminister vorgeschlagen hat, obwohl sie uns Geld kostet. Das ist die Kinderkomponente. Ich bin der Meinung, dass diese Komponente notwendig ist. Sie wissen, dass die Gehaltsbestandteile, die gezahlt werden, weil der entsprechende Beamte Kinder hat, von der Kürzung der Sonderzuwendungen ausgenommen sind. Wir glauben deswegen, dass wir einen ausgewogenen Vorschlag gemacht haben.

Ich darf noch auf wenige andere Punkte eingehen. Herr Stickelberger, Sie haben gefordert, die Kürzungen erst ab 2004 vorzunehmen. Das würde halt bedeuten, dass wir im Jahr 2003 keine Möglichkeit haben, 194 Millionen € – um diese Größenordnung geht es – als Beitrag zur Haushaltssanierung zu verwenden.

Wir haben heute viele Diskussionen geführt. Ich habe von der Opposition – das nehme ich ihr aber nicht krumm – an jeder Stelle gehört, man hätte dort nicht kürzen dürfen. Jetzt sollten wir auch die 194 Millionen € nicht kürzen. Auf der anderen Seite heißt es, die Kürzung um 1 Milliarde €, die wir vorgenommen haben, sei zu gering. Wie soll man denn weiterkommen, wenn in jedem Einzelfall jeder Posten kritisiert wird und uns auf der anderen Seite vorgeworfen wird,

(Abg. Birzele SPD: Das ist die Methode Teufel!)

wir würden nicht genügend kürzen?

(Abg. Schmiedel SPD: Bei uns sähe der Haushalt anders aus!)

Ich sage Ihnen: Wir haben uns bemüht.

Betrachten Sie übrigens einmal die Haushalte anderer Länder. Wir können uns mit den Einsparungen von 1 Milliarde € sehen lassen. Unsere Milliarde ist eine echte Kürzungsmilliarde. Dies gilt nicht für alle Haushalte. Ich glaube deswegen, dass wir auch hier auf dem richtigen Weg sind.

Sie haben vorgeschlagen, die Pensionäre besser zu behandeln. Sie sagten, man dürfe ihnen das Urlaubsgeld, das sie gar nicht bekommen haben, nicht kürzen.

(Abg. Stickelberger SPD: Machen Sie doch! Ma- chen Sie aber!)

Okay. Das ist natürlich genau das Gegenteil dessen, was zum Beispiel der Bund macht oder die Grünen vorschlagen. Sie sind der Meinung, man sollte die Pensionäre mehr schonen. Die Grünen meinen dagegen, man sollte sie mehr belasten. Ich vermute deshalb, dass wir in der Mitte und deswegen genau richtig liegen.

Sie haben von der Deckelung gesprochen. Dazu muss ich doch noch etwas sagen. Meines Erachtens stimmen da Ihre

(Minister Stratthaus)

Zahlen nicht. Ich habe mir die Zahlen einmal beschaffen lassen. Wir haben rund 16 000 Beamte in den Gruppen von A 2 bis A 8, wir haben rund 37 000 Beamte in den Gruppen von A 9 bis A 11, während wir in den B-, C- und R-Gruppen lediglich 1 933 Beamte über dem Niveau der Besoldungsgruppe A 16 haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Deckelung auf dem Niveau von A 16 für alle, die darüber liegen, so viel bringen würde, dass man die anderen Besoldungsgruppen ernsthaft entlasten könnte.

(Abg. Stickelberger SPD: Das kann man ja aus- rechnen! – Abg. Schmiedel SPD: Das kann man ausrechnen! Lassen Sie doch mal rechnen!)

Ich will hier ganz offen sagen: Wir haben es nicht ausgerechnet, aber wir können das nachholen. Ich bin der festen Überzeugung, das würde einfach nicht ausreichen.

Herr Oelmayer hat ein Plädoyer für eine ganz andere Besoldung gehalten. Darüber kann man auf längerfristige Sicht diskutieren; das ist überhaupt keine Frage. Dass es sehr fragwürdig ist – ich sage das jetzt heute auch einmal ungeschützt –, dass in der Beamtenbesoldung alle zwei oder drei Jahre mehr bezahlt wird, darüber kann man auf langfristige Sicht diskutieren. Man kann darüber diskutieren, ob es nicht vernünftiger wäre, in den Eingangsstufen mehr zu bezahlen und in den Endstufen weniger

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr vernünftig!)

oder die Gehälter langsamer steigen zu lassen. Ich habe das schon mehrfach gesagt. Das ist aber eine grundsätzliche Diskussion, die man einmal führen muss, die man aber meines Erachtens nicht am Urlaubsgeld und am Weihnachtsgeld aufhängen kann.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Irgendwann müssen wir einmal damit anfangen!)

Alles in allem bin ich der Meinung, der Vorschlag der Regierung ist ausgewogen. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Glück FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf.