Der Punkt ist aber ein ganz anderer. Ich habe Ihre Rede gehört, Frau Bauer, und ich habe die Rede der Kollegin Bregenzer gehört, und ich stelle fest: Sie mogeln sich um die Frage der Studiengebühren herum.
Sie mogeln sich seit Jahr und Tag um die Frage der Studiengebühren herum, obwohl zum Beispiel auch der Stifterverband – übrigens nicht der Stifterverband der deutschen Wirtschaft, sondern der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft – ganz eindeutig gesagt hat: Wenn wir auf Qualität unserer Hochschulen setzen – und das müssen wir unbedingt tun –,
(Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Haben Sie meiner Kollegin nicht zugehört?)
werden wir auf Sicht gesehen nicht um Studiengebühren herumkommen. Sie mogeln sich um diese Frage herum. Ich sage Ihnen: Ich bin bereit, auch in einem Alleingang von Baden-Württemberg eine solche nachlaufende Studiengebühr einzuführen.
Allerdings: Voraussetzung ist natürlich, dass die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen werden. Diese rechtlichen Möglichkeiten sind bis zur Stunde nicht gegeben; das wissen Sie. Wir sind in dieser Frage handlungsunfähig. Wir können eine solche Gebühr nicht einführen, selbst wenn wir wollten. Voraussetzung ist – jetzt komme ich auf einen grundsätzlichen Punkt –, dass der Kollege Kretschmann und der Kollege Drexler
und ich selbst sowie die Kollegen Vertreter der Union sich nicht nur auf dem Föderalismuskonvent in Lübeck in Sonntagsreden – übrigens gut gemeint, hervorragend gemacht, Kollege Kretschmann; das ist nicht der Punkt – für einen Wettbewerbsföderalismus in der Bundesrepublik aussprechen, sondern dass wir auch die Föderalismuskonvente, die jetzt am laufenden Band stattfinden, wirklich nutzen, um zu einem Föderalismus zu kommen, der den Namen Wettbewerbsföderalismus verdient. Das sollten wir gemeinsam tun. Eine Voraussetzung dafür ist, dass unnötige Beschränkungen der Landespolitik aufgehoben werden.
Ja, vorher möchte ich aber noch den Satz sagen: Dazu gehört die Frage, ob wir in BadenWürttemberg, in der Bundesrepublik Deutschland ein Hochschulrahmengesetz brauchen, das uns zum Beispiel vorschreibt, wie wir mit den Hochschulgebühren und wie wir mit Juniorprofessuren umzugehen haben. Ich sage Ihnen: Wir brauchen dieses Hochschulrahmengesetz nicht. Deshalb, Frau Bauer und Frau Bregenzer: Sorgen Sie bei Ihren grünen und roten Brüdern und Schwestern in Berlin dafür, dass dieses Hochschulrahmengesetz endlich dahin kommt, wo es hingehört, nämlich in den Papierkorb. Dann wären wir ein Stück weiter.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Pfisterer CDU: Jawohl! Bei denen liegt nämlich die Zuständigkeit!)
Herr Pfister, Sie scheinen mir ja ein wahrer Selbstfesselungskünstler zu sein. Sie stellen es so dar, als seien Ihre Hände stärker gebunden, als sie dies in Wirklichkeit sind. Ist Ihnen bekannt, dass das HRG schon jetzt die Möglichkeit gibt, Bildungsfinanzierungskonzepte einzuführen? Für Studienkonten, für Bildungsgutscheine ist der Weg schon jetzt freigegeben.
Zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die FDP auf Bundesebene nicht die Abschaffung des HRG fordert?
Sie fordert auf Bundesebene vielmehr ein schlankes HRG. Ich denke, Sie müssen selber Ihre Brüder auf Bundesebene einfangen.
Nein, nein. Ich sage gleich etwas dazu. Erstens: Es ist klar, was wir wollen. Kollege Dr. Schüle von der CDU hat klar erklärt, dass er auch für die nachlaufenden Studiengebühren ist. Ich habe das jetzt auch erklärt. Sie wissen, wie es zu funktionieren hat – CHE-Modell; ich habe es gesagt.
Ich behaupte nach wie vor – da können Sie nicht widersprechen –: Im Augenblick sind uns die Hände gebunden, wenn wir in Baden-Württemberg ein solches Modell einführen wollten, weil wir eben das Hochschulrahmengesetz haben. Das ist eindeutig so.
Deshalb die Forderung an Sie – noch haben Sie die Mehrheit in Berlin –: Sorgen Sie dafür, dass dieser Unsinn endlich verschwindet. Punkt 1.
Punkt 2: Ich kann Ihnen versichern, dass erst vor 14 Tagen auf einer Fraktionsvorsitzendenkonferenz über diese Frage gesprochen worden ist, auch mit den Vertretern des Bundes. Wir waren uns völlig darin einig, dass substanzielle Bereiche – ich habe das Beispiel Juniorprofessur genannt, wo es auch Fesseln gibt –, die gegenwärtig im Hochschulrahmengesetz geregelt werden, in der Zukunft auf jeden Fall in die Obhut und die Verantwortung der Länder gestellt werden sollen. Das ist die übereinstimmende Meinung sowohl der Bundes- als auch der Landespolitiker der FDP. Insofern kann ich Sie da beruhigen; da brauchen Sie sich überhaupt keine Sorgen zu machen.
Meine Damen und Herren, ich muss zum Ende kommen. Ich hätte jetzt gerne noch etwas zum Thema Solidarpakt gesagt. Ich teile Ihre Meinung, dass der Solidarpakt eine Supererfindung war.
Der Solidarpakt hat unseren Universitäten und später auch den Fachhochschulen wirklich sehr geholfen, weil sie damit Planungssicherheit haben. Herr Minister, Sie werden dazu Stellung nehmen. Ich bin bereit, diesen Solidarpakt in allen Formen und mit allen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, so lange und so weit wie irgend möglich fortzuführen. Dieser Solidarpakt ist bundesweit gerühmt worden, und er ist bundesweit ein Vorbild dafür, wie man auch aus finanzieller Sicht den Hochschulen ein hohes Maß an Autonomie gewähren kann. Genau das ist unser Ziel, und genau dieses Ziel werden wir weiterhin verfolgen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist selten, dass unter Tagesordnungspunkt 1 einer Landtagsdebatte die Hochschulpolitik diskutiert wird.
Darauf komme ich gleich zu sprechen. – Das liegt einfach daran, dass im Vergleich zu den Sonntagsreden die Bedeutung der hochschulpolitischen Argumentation im Geschäftsgang geringer ist. Sie hat auch wenig Spektakuläres und nichts Sensationelles. Insofern ist es gut, dass Sie nicht gekleckert, sondern geklotzt und gleich drei Anfragen eingebracht haben. Ob das eine Fleißarbeit wurde, kann dahinstehen. Wenn über Gutes berichtet wird, dann berichtet man darüber gerne. Insofern ist es richtig.
Wir dürfen auch darauf hinweisen, dass wir ebenfalls verschiedene parlamentarische Vorhaben auf den Weg gebracht haben. Wenn man die Ankündigungen des Ministers noch hinzunimmt, dann kann man sagen: Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. In der Tat, die Hochschulpolitik wird uns in den kommenden Monaten, wahrscheinlich über mehr als ein Jahr hinweg, beschäftigen, und das ist auch gut so.
Nun, was ist das Essenzielle der heutigen Debatte? Herr Pfister hat es gesagt: Baden-Württemberg nimmt eine Vorreiterposition ein. Baden-Württemberg steht gut da. Unsere Hochschulen haben in allen Rankings einen hervorragenden Platz. Als ich das bei meiner letzten Wortmeldung sagte, hat ein Kollege von der Opposition gesagt, er könne es nicht mehr hören. Ich meine, man kann das nicht oft genug hören. Positive Dinge sollte man auch wiederholt sagen dürfen.
Wir stehen vor großen Herausforderungen in der Hochschullandschaft. In der Tat sind Wettbewerb, Zukunftsfähigkeit und alle diese Dinge, die in der Debatte heute angesprochen wurden, zentrale Anforderungen, die uns herausfordern. Zwei Dinge will ich ansprechen.
Einmal zur Autonomie: Es ist richtig, dass – wie ich vernommen habe – alle Fraktionen übereinstimmend der Auffassung sind, dass den Hochschulen mehr Autonomie zukommen sollte. Wenn dem aber so ist, dann darf man nicht beklagen, wenn die Autonomie bestimmte Ergebnisse zur Folge hat.
Man kann also dann, wenn einem das Ergebnis der autonomen Entscheidung nicht gefällt, nicht nach Interventionen rufen. Das muss man dann akzeptieren.
Beispielhaft erleben wir das jetzt in Stuttgart bei der Geschichte, die Sie erwähnt haben, Frau Bauer. Aber als Sie geredet haben, wurde ich an Goethes Vorspiel im Theater erinnert, wo es heißt: „Kommst du nur immer anzuklagen?“ Sie haben nicht nur geklagt, Sie haben auch zerredet. Jetzt nehmen Sie doch einmal das Positive. Sie sind doch so eine schmucke Person!
(Heiterkeit – Beifall der Abg. Döpper und Pfisterer CDU – Abg. Stickelberger SPD: Eine Liebeserklä- rung!)
Jetzt seien Sie doch einmal positiv und nehmen Sie das Erfreuliche entgegen, das man feststellen kann.
Auf der anderen Seite muss man bei der Autonomie natürlich auch Folgendes bedenken: Sind Autonomie und die demokratische Hinführung, die eine Autonomie ermöglicht, immer geeignet, die erforderliche Effizienz und die wünschenswerte Zielführung zu garantieren? Nehmen Sie das Verhältnis zwischen Lehre und Forschung. Die große Frage wird sein – und darauf müssen wir auch ein Augenmerk richten –: Ist es den Hochschulen in Zukunft möglich, in dem Spannungsfeld zwischen Forschung und Lehre tatsächlich ein ausgewogenes Verhältnis zu erreichen?
Studiengebühren: Wir sind uns offensichtlich einig, dass unter bestimmten Voraussetzungen Studiengebühren ein sinnvolles Instrument sind.
Auch die Hochschulrektoren haben uns dies bei der Anhörung bestätigt. Ich habe nie verstanden, weshalb man von einem Daimler-Arbeiter verlangt, dass er seine Steuern dafür erbringt, dass jemand gebührenfrei eine A-13-Karriere vorbereiten kann.
Noch vor Jahren wurde man mit der sozialen Keule erschlagen, wenn man überhaupt nur den Gedanken an Studiengebühren gefasst hat.