Ich finde, das ist legitim. Jeder Träger, jede Einrichtung kann ihr eigenes Konzept entwickeln. Aber es müsste auch legitim sein, dass all diese Einrichtungen die Möglichkeit hätten, an den so genannten HSL-Mitteln zu partizipieren.
Es gibt beim Sozialministerium einen Haushaltstitel für Maßnahmen der vor- und außerschulischen Hausaufgabenhilfe. Das sind 4,1 Millionen €. Davon fließen ungefähr ein Drittel in die Sprachförderung im Vorschulbereich. Aber es können nur die Träger die Mittel abrufen, die mit ehrenamtlichen Sprachhelferinnen arbeiten. Ich finde, die betreffenden Richtlinien müssten erweitert werden, damit auch die Möglichkeit bestünde, für vielfältige Modelle und vielfältige Konzepte an Gelder zu kommen. Das ist eine relativ einfache Forderung. Ihre Erfüllung kostet nicht mehr Geld. Dazu muss man einfach die betreffenden Richtlinien ändern.
Zum Zweiten: Über die Reform der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher haben wir heute Vormittag schon geredet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man den Bildungsauftrag des Kindergartens wirklich ernst nimmt, muss man aus dem gegenwärtigen Reförmchen eine richtige Reform machen, damit das Berufsbild der Erzieherin wieder attraktiver wird – vielleicht auch attraktiver für Männer, weil wir in der Tat auf einen Erzieherinnennotstand zugehen.
Darüber hinaus: Für die Erzieherinnen, die schon jetzt im Kindergarten arbeiten, ist eine Fort- und Weiterbildungs-, eine Qualifizierungsoffensive notwendig, und zwar unter Einbeziehung von Elternarbeit und vor allem im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Sprachförderung in der Alltagspraxis.
Meine Damen und Herren, die Sprachförderung ist im Kindergartengesetz rechtlich verankert. Deshalb, finde ich, steht die Landesregierung auch in der Pflicht, ein Sprachförderkonzept für die Kindertageseinrichtungen vorzulegen.
Nicht nur in Bayern, sondern in der Zwischenzeit auch in Berlin und in Nordrhein-Westfalen gibt es Bildungsziele und Bildungspläne,
in denen das Sprechenlernen für deutsche Kinder wie für Kinder mit Migrationshintergrund im ganz normalen pädagogischen Alltag im Mittelpunkt steht.
Wir haben heute Vormittag gehört, dass auch Baden-Württemberg an Richtlinien für Bildungspläne arbeitet. Es wäre interessant, zu erfahren,
wie die Zeitplanung aussieht, wie ein solcher Bildungsplan erstellt werden soll. Es geht jetzt nicht nur um ein Sprachförderkonzept, sondern es geht um die Bildungspläne.
Zum Abschluss: Dieser Modellversuch der Landesstiftung – 5 Millionen € für zwei Jahre – ist natürlich eine Möglichkeit. Aber die Teilnahme ist freiwillig. Außerdem stellt sich die Frage: Wer übernimmt die Mittel in zwei Jahren?
In zwei Jahren läuft das aus. Das heißt letztlich, dass das Land auf Kosten der Kommunen Konzepte entwickelt. Dabei finanziert das Land zwei Jahre, und anschließend müssen die Kommunen für die Mittel selbst aufkommen. Das ist keine verlässliche Politik.
Wenn man die Sprachförderung ins Kindergartengesetz aufnimmt, wenn man sie in den Mittelpunkt stellt, dann müssen auch die Mittel für die Kommunen bereitgestellt werden, um Sprachförderkonzepte an ihren Einrichtungen durchführen zu können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war jetzt bei diesem Punkt so ähnlich wie heute Morgen: Mit großer Unschuldsmiene wird gesagt, es müsse doch unbedingt zur Pflichtaufgabe werden; es wird gesagt, dass 5 Millionen irgendwie gar nichts seien und dass es höchste Zeit werde, jetzt einmal anständige Summen in den Haushalt einzustellen.
Ich werde mich gegen keinerlei anständige Summe wehren. Wie Sie wissen, bin ich dafür bekannt, alles Geld zu nehmen, das man mir bietet.
Aber jetzt erinnere ich einmal an unsere allererste Debatte zu diesem Thema im Historischen Kaufhaus in Freiburg. Jetzt haben wir, glaube ich, die vierte Variante der damaligen Debatte. Es hat sich überhaupt nichts verändert.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist doch gerade das Problem! – Abg. Dr. Caroli SPD: Das Problem ist geblieben! – Weitere Zurufe von der SPD – Bei- fall bei der SPD)
Sie tun erstens so, als gäbe es in Baden-Württemberg keine Sprachförderung im vorschulischen Bereich. Das ist Teil Ihrer Ignoranz bezüglich der Arbeit von Kindergärten. Ich könnte mit Ihnen in eine Reihe von Kindertagesstätten gehen, in denen seit Jahren längst interessante Ansätze
(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Mari- anne Wonnay SPD: Es hat doch auch niemand das Gegenteil behauptet!)
Zweitens: Wer jetzt sagt, man müsse die verschiedenen Ansätze und die Erfahrungen, die mit diesen Ansätzen gemacht werden, in ein Gesamtkonzept bringen, der muss auch die Geduld haben, mit den Trägern der Kindertagesstätten zu sprechen. Das ist eben die Aufgabe der interministeriellen Arbeitsgruppe; denn es hat doch überhaupt keinen Sinn, einfach drei Ministerien zusammenzusetzen und zu sagen: Jetzt macht doch einmal irgendein Konzept. Nein, all das, was hier für den Bereich der Fortbildung der Erzieherinnen, für die ganz unterschiedlichen möglichen Segmente von Sprachförderung in den Kindertagesstätten entsteht, muss mit Trägern und mit Einrichtungen besprochen werden. Es muss zu einem Konzept führen, das tatsächliche Arbeit und tatsächliche Erfahrungen aufgreift. Und es ist in der Kommunalpolitik unisono quer durch die Parteien klar: Niemand will ein Konzept des Landes, das überall gleichermaßen umgesetzt werden muss. Alle sagen: Es ist nur sinnvoll, bestimmte Eckdaten, bestimmte Unterstützungsmaßnahmen zu geben
und Rahmenbedingungen zu schaffen, um das weiterzuführen und weiterzuentwickeln, was tatsächlich vor Ort möglich ist.
Drittens – und das meine ich mit der vierten Variante der gleichen Diskussion –: Ich habe in Freiburg sehr freimütig gesagt: Wenn es um 20 000 bis 25 000 Kinder geht – Sie haben diese Zahl wiederholt; das ist die Zahl, die man deutschlandweit annimmt: jedes vierte Kind hat zu Schulbeginn in unterschiedlichem Ausmaß eine verzögerte Sprachentwicklung –, dann nützt es uns überhaupt nichts, das eine oder andere Modell zu schaffen, so wie einige Länder das getan haben. Diese Länder haben einmal 5, einmal 50 oder auch 100 Modellschulen oder Standorte für Modellversuche geschaffen. Ich muss vielmehr überlegen: Wie schaffe ich Rahmenbedingungen, und wie schaffe ich ein finanzielles Fundament für die nächsten Jahre, um an bis zu 25 000 Kinder heranzukommen?
Dieses wird möglich durch die Landesstiftung. 5 Millionen € sind eine Summe, die im Blick auf die Zahl, die da möglicherweise zustande kommen kann, im Blick auf den damit verbundenen Fortbildungsbedarf und im Blick auf das, was damit an Kosten entsteht, genau errechnet wurde. Von einer Begrenzung auf zwei Jahre kann ja keine Rede sein. Das ist eine Geschichte, die auch in den kommenden Jahren weiter
Was die Landesstiftung tut, ist eine Ergänzung – auch eine Zuspitzung im Förderkonzept – dessen, was an unterschiedlichen Sprachförderkonzepten in vielen Städten und Gemeinden läuft. Es ist vor allem zugespitzt auf die Gruppe derer, von denen gesagt wird: Das geht im laufenden Betrieb nicht, sondern da braucht man eine eigene Förderung, einen so genannten Intensivkurs über eine längere Zeit. Das wäre dann also so, wie es einmal geplant ist, jeweils von Januar bis Juli, bis zu einem potenziellen Schuleintritt.
Wer behauptet, dass man das alles eigentlich lösen könne, indem man die Gruppen verkleinert und die Personalzahlen erhöht, tut auch ahnungsloser, als jeder hier im Raum eigentlich sein kann.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das sagen Sie! – Abg. Christine Rudolf SPD: Das hat doch niemand ge- sagt!)
Das Einzige, was Träger von Kindergärten nicht zusagen können – natürlich ist das im Laufe der Diskussionen und auch in den vielen Besprechungen gesagt worden; auch Frau Lösch hat das angesprochen –, ist, dass man jetzt einfach Gruppen verkleinert und mehr Personal einsetzt. Auch dabei bin ich davon überzeugt: Es gibt eine Art der Begleitung von Kindern zur Entwicklung ihrer Sprache, die jeder leisten kann. Es gibt aber auch eine Art der Sprachförderung, die nicht jeder nebenher leisten kann. Dazu ist eine spezifische Professionalität erforderlich. Der Landesstiftung gelingt es in diesen Wochen und Monaten, Lehrbeauftragte, Sprachhelferinnen und Sprachhelfer mit der Professionalität zu bekommen, die erforderlich ist. Das Ganze muss wirken, weil wir erreichen wollen – das ist das Ziel für die nächsten Jahre –, dass kein Kind einen ersten Schultag erlebt, das nicht altersgerecht über die deutsche Sprache verfügt.
Deshalb ist es wichtig, dass die Landesstiftung ein Projekt übernommen hat, das flächendeckend möglich ist und das bis zu 25 000 Kinder trifft
und nicht nur 50 oder 100 Standorte schafft. Das hätten wir im Haushalt nicht geschafft. Deshalb ist das Zusammenspiel zwischen der interministeriellen Arbeitsgruppe und ihren Konzepten zur Fortbildung und Weiterentwicklung institutioneninterner Konzepte und der Arbeit der Landesstiftung wie zwei Seiten einer Medaille. Ich bin davon überzeugt: Genau das ist der Weg, wie wir es gemeinsam mit den Trägern, mit den Kommunen und mit den kommunalen Landesverbänden im Zeitraum der nächsten Jahre schaffen, dass bis zum Schulbeginn wirklich flächendeckend und nicht nur hier und da eine Sprachförderung geschieht, mit der wir der Tatsache Rechnung tragen, dass Sprache der Schlüssel für Bildung ist. Das gilt vor allem für die Grundschule.
Deshalb habe ich die herzliche Bitte: Stellen wir doch nicht das, was mit der Landesstiftung möglich ist, immer wieder infrage. Tun wir doch nicht so, als sei das quasi eine Verweigerung der eigentlichen Aufgabe des Landes. Sie wissen so gut wie ich: Wenn wir diese Möglichkeit nicht flächendeckend hätten, hätten wir keine andere. So geht es übrigens vielen anderen Ländern, die sich entweder auf ausländische Kinder oder auf einzelne Modellstandorte konzentrieren. Wir haben auch hierzu einen Gedankenaustausch in der Kultusministerkonferenz. Das ist für alle schwer zu verankern. Deshalb ist die Landesstiftung ein Glücksfall. Sie bietet uns die Möglichkeit, über Modelle und über diesen und jenen Ansatz hinaus zunächst einmal in den nächsten Jahren eine wirklich dauerhafte flächendeckende Versorgung zu bekommen, und zwar mit entsprechenden Erfahrungen und mit entsprechenden Möglichkeiten der Konzeptentwicklung als starkem Teil eines Netzwerks für Bildung vor dem Schuleintritt.