Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich finde das schon ein bisschen komisch, Frau Schavan:
Sie haben jetzt lange geredet und viel erzählt, aber Sie haben kein Wort darüber verloren, welches Konzept die interministerielle Arbeitsgruppe, die Sie eingesetzt haben, überhaupt erarbeitet hat. Wenn das schon im Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden und mit den Trägern von Kindertagesstätten abgestimmt wird, dann wäre das heute ja auch der Ort gewesen, um einmal etwas Neues von Ihnen zu bringen
und uns vorzustellen, wie sich eigentlich das Kultusministerium und das Land Baden-Württemberg die Sprachförderung in diesem Bundesland vorstellen.
Immer nur allein auf die Landesstiftung zu verweisen und zu sagen, was sie Tolles und Positives tut, das sogar noch flächendeckend, reicht einfach nicht, wenn man weiß, welche Bedeutung die Sprachfähigkeit von Kindern im weiteren Schulverlauf hat.
Ich komme zum Manko beider Einrichtungen. Sie konnten ja leider bei der Anhörung nicht selbst anwesend sein. Aber wenn Sie das Protokoll nachlesen und den Ausführungen von Herrn Spitzer, der ja von Ihrer Fraktion eingeladen worden ist, folgen, stellen Sie sehr deutlich und klar fest, dass wir in der Bundesrepublik, aber vor allem auch hier in Baden-Württemberg überhaupt nicht wissen, wie wir mit Kindern, die Sprachdefizite haben, umgehen sollen, welche Förderung es in den Kindergärten gibt. Die Zahl von
20 000 bis 25 000 Kindern in Baden-Württemberg, die Probleme beim Eintritt in die Schule haben, hat sich in den letzten Jahren überhaupt nicht entscheidend verändert. Dies ist doch ein klares und deutliches Zeichen, dass wir hier bisher zu wenig getan haben.
Auch war bei der Ausschreibung der Landesstiftung eine wissenschaftliche Begleitung vorgesehen. Die Gelder für die Maßnahmen werden seit Juli ausgeschüttet, aber die Vergabe an die wissenschaftliche Begleitung ist noch nicht erfolgt.
Das ist das Grundprinzip: Sie legen ja über die Landesstiftung oder als Kultusministerin irgendwelche Programme und Projekte auf – manchmal modellhaft, in diesem Fall flächendeckend –, bei deren Durchführung überhaupt keine Kontrolle stattfindet und auch keine wirkliche Weiterentwicklung, wie man mit diesem Thema umgehen soll, wie man dabei vorankommen kann. Den Kindern, die Probleme mit der Sprache haben, wird dieses Verfahren einfach nicht gerecht.
Deswegen müssen Sie sich wahrscheinlich nicht nur heute zum vierten Mal, sondern noch viel öfter – zum fünften und zum sechsten Mal, nämlich so lange, bis Sie es gelernt haben; so geht das in der Pädagogik –
anhören, dass man ein ganzheitliches Konzept braucht, dass man eine solide Finanzierung dafür braucht, dass man hierfür Haushaltsmittel zur Verfügung stellen muss, dass die Sprachförderung eben nicht erst mit fünf Jahren beginnt – wenn Sie Herrn Spitzer gelauscht haben, wissen Sie das –, sondern dann schon weitgehend abgeschlossen ist. Man muss bei drei Jahren oder, wenn es geht, sogar schon früher ansetzen, weil die Eltern allein es offensichtlich an dieser Stelle nicht schaffen und nicht leisten können.
Es gibt Familien, in denen das funktioniert – das ist ja dann wunderbar –, aber offensichtlich gibt es in Baden-Württemberg auch viele Familien, bei denen das nicht funktioniert. Diese Kinder dürfen wir nicht alleine im Regen stehen lassen. Dafür brauchen Sie qualifiziertes Personal, auch um Tests durchführen zu können. Wenn Sie die Unterlagen dazu nachlesen, stellen Sie fest, dass das bei jedem Test dabeisteht. Dafür sind unsere Erzieher und Erzieherinnen bisher einfach nicht ausgebildet. Deswegen brauchen wir hier in Baden-Württemberg – ich kann das nur noch einmal betonen, weil es enorm wichtig ist – ein Fortbildungsprogramm und eine solide Ausbildung.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge. Ich gehe davon aus, dass der Antrag Drucksache 13/1447 durch die Aussprache erledigt ist. – Das ist der Fall.
Kann ich gleich über den Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 13/2472, abstimmen lassen? – Wer diesem Antrag zustimmt – –
Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit; dem Antrag ist mehrheitlich zugestimmt.
Dann lasse ich über den Antrag Drucksache 13/2464 abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Die Konkursdiagnose des Wissenschaftsministers für zwei Universitäten unter den gegenwärtigen Finanzierungsbedingungen – Drucksache 13/1497
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung, fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt der heutigen Debatte zum Thema Hochschulfinanzierung ist eine Feststellung von Wissenschaftsminister Frankenberg in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses vom 26. September 2002, bei der es um den Aufgabenabbau in seinem Ministerium ging. Herr Frankenberg wollte damals die Unentbehrlichkeit seines Hauses ganz besonders dramatisch darstellen und stellte fest – ich zitiere aus dem schriftlichen Bericht –:
Schon jetzt hätten sich zwei Universitäten – die Namen wolle er nicht nennen – in Wahrnehmung der Budgetfreiheit, die ihnen im Rahmen des Solidarpakts gewährt worden sei, in den Konkurs gewirtschaftet, ohne es zu merken.
Wir wollen das aber nicht zu den Akten legen, weil unser Antrag aktuelle Bezüge hat, auf die ich im Weiteren eingehen werde. Diese Konkursdiagnose hat uns überrascht; schließlich wird der Minister ja nicht müde, den Segen der Planungssicherheit des Solidarpakts für die Hochschulen zu betonen. Sie hat uns überrascht, weil jeder weiß, dass er die Hochschulen stets an der kurzen Leine führt. An diesem Nachmittag aber hat der Herr Minister seine Contenance gründlich verloren und gleich noch weiteren Einblick in seine handlungsleitenden Grundannahmen ermöglicht. Die Universitäten würden, so führte der Minister aus, die angebotene Autonomie für interne Strukturentscheidungen sogar einhellig ablehnen, weil sie Riesendiskussionen im Inneren befürchteten.
Die Rektoren haben sich damals – dies ist ein nahezu einmaliger Vorgang im Verhältnis zwischen Universitäten und Ministerium – in einem richtig stellenden Schreiben an den Wissenschaftsminister mit Kopie an die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses gewandt. Dieses Schreiben dreht den Spieß um und nimmt den Wissenschaftsminister selbst in die Verantwortung. Ich zitiere daraus den Kernsatz:
Der Hinweis darauf, dass sich die Universitäten im Rahmen der Budgetfreiheit zum Teil in den Konkurs gewirtschaftet hätten, ist unverständlich. Allenfalls kann damit gemeint sein, dass die interuniversitäre Mittelverteilung diejenigen Universitäten in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat, die aufgrund der gesetzten Parameter strukturell im Nachteil sind und starke Verluste erlitten haben.
Ich übersetze: Die Unabwägbarkeiten der leistungsbezogenen Mittelvergabe, die Unzuverlässigkeit der Sondertöpfe des Landes, die Ablieferungspflichten aus dem Solidarpakt usw. haben die freien Spitzen radikal gekappt und die Universitäten an den finanziellen Abgrund getrieben. Dies bestätigt sogar der Minister in seiner Stellungnahme zu unserem Antrag. Ich zitiere aus der Drucksache 13/1497:
Nicht zu bestreiten ist allerdings die Tatsache, dass die Haushaltslage fast aller Universitäten zunehmend angespannt ist und sie über keine Finanzreserven mehr verfügen. Dies liegt zum einen daran, dass die im Haushalt 2002/03 sowie die im Solidarpakt festgelegten Einsparverpflichtungen von bis zu 46 Millionen € pro Jahr nunmehr spürbar werden. Zum anderen sind die Universitäten mit zusätzlichen Kosten belastet, insbesondere durch den Anstieg der Studierendenzahlen, die Einrichtung neuer Studienangebote (etwa im Infor- matikbereich) und Forschungsschwerpunkte sowie die Notwendigkeit, Neubauten ohne zusätzliche Haushaltsmittel ausstatten und bewirtschaften zu müssen. Die Universitäten sind deshalb gezwungen, strukturelle Anpassungen vorzunehmen.
Genau in dieser Situation sehen sich die Hochschulen ein Jahr später mit Einsparvorschlägen der Haushaltsstrukturkommission in Höhe von 15,4 Millionen € konfrontiert. Darüber hinaus sollen Universitäten und Pädagogische Hochschulen eine 5-Millionen-€-Einsparsumme erbringen durch
ich zitiere – „Ressourcengewinne aus der Erhöhung der Lehrverpflichtungen“ und zusätzlich 2 Millionen €, die durch die Heraufsetzung der Altersgrenze bei den C-4-Professoren auf 86, Entschuldigung, 68 Jahre erbracht werden sollen.
Das wäre auch eine Variante, aber das wäre dann kein Ressourcengewinn, sondern wahrscheinlich eine heftige Ressourcenverschwendung.