Selbst die Industrie beklagt sich darüber. Ich zitiere: „Kompetenzverlust“, „noch mehr externe Gutachten mit höheren Kosten“, „sehr hoher Abstimmungs- und Koordinationsbedarf“, „die gesamten Anstrengungen der letzten Jahre zur Beschleunigung und Optimierung von Genehmigungsverfahren werden damit zum Teil konterkariert“. Das sind Zitate aus der Industrie.
Hinzu kommt dann noch, dass Sie Fachteile aus der Gewerbeaufsicht herausbrechen und in die Regierungspräsidien eingliedern. Den Beweis dafür, wie da noch umweltgerechte Fachaufsicht stattfinden soll, bleiben Sie völlig schuldig.
Ich kann zum Schluss kommen: Nicht wir müssen nachweisen, dass diese Reform besser ist. Nicht unsere Reform wird ja durchgeführt, sondern Ihre. Sie – alle Redner von Ihrer Seite – sind diesen Nachweis schuldig geblieben.
Dem entspricht auch das Verfahren, das wir erlebt haben: Der Ministerpräsident gibt eine Regierungserklärung ab, in der das, was wir dann über eine Presseerklärung bekommen, nicht enthalten ist. Wir als Parlament werden also stückchenweise über die Presse informiert. Wie das Verfahren, so das Ergebnis: „Gwalttätig!“
Meine Damen und Herren, bevor ich weiter das Wort erteile, will ich noch den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2267, aufrufen.
Dann will ich noch darauf hinweisen, dass der Herr Ministerpräsident Kolleginnen und Kollegen des Landtags den vom Bundespräsidenten verliehenen Bundesverdienstorden heute in der Mittagspause ausgehändigt hat. Der Kollege Gerd Teßmer erhielt das Verdienstkreuz Erster Klasse. Das Verdienstkreuz am Bande erhielten die Kolleginnen und Kollegen Jörg Döpper, Richard Drautz, Peter Hauk, Hans Heinz, Ursula Lazarus, Max Nagel, Dr. Wolfgang Reinhart, Dr. Dieter Salomon, Claus Schmiedel, Christa Vossschulte, Jürgen Walter, Dr. Walter Witzel und Marianne Wonnay. Meine Damen und Herren, ich gratuliere Ihnen im Namen des ganzen Hauses zu dieser hohen Auszeichnung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Verwaltungsreform ist zweifellos eine große und natürlich teilweise auch eine komplizierte Aufgabe, aber sie lohnt sich.
Wir haben uns ja im Landtag schon oft über das Thema Verwaltungsreform unterhalten. Die Grundausgangsfrage lautet: Welche Verwaltungsstruktur wollen wir in BadenWürttemberg, einen zweistufigen oder einen dreistufigen Verwaltungsaufbau? Ich habe an die Adresse der Opposition immer gerne zugestanden – Sie erinnern sich sicherlich daran –: Auch der zweistufige Verwaltungsaufbau ist ein in sich schlüssiges Modell. Wir haben uns dann aber in der Abwägung – nicht 100 : 0, aber nach einem Abwägungsprozess – für den dreistufigen Verwaltungsaufbau entschieden. Die CDU war in ihrer großen Mehrheit schon immer dafür, und die FDP/DVP, Herr Kollege Hofer, hat sich – –
Richtig. Das ist übrigens auch der Grund, Herr Kollege Drexler. Als die FDP/DVP noch nicht den Auffassungen von Herrn Hesse gefolgt war, haben wir natürlich zunächst einmal sagen müssen: Dann können wir die Strukturen in dieser Periode nicht verändern; das ist ja ganz klar.
So ist es. Daraus braucht man auch überhaupt kein Geheimnis zu machen. Aber nachdem sich die FDP/DVP, Hesse folgend, dem dreistufigen Verwaltungsaufbau angeschlossen hat, konnten wir an diese große Verwaltungsreform herangehen.
(Heiterkeit – Abg. Stickelberger SPD: Sie kennen mich noch nicht! – Abg. Drexler SPD: Er redet nachher! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist wie bei Ihnen mit der Verwaltungsreform, Herr Minis- ter!)
die Frage Zwei- oder Dreistufigkeit – diese Grundsatzfrage können wir noch 100 Jahre lang diskutieren – außen vor lassen und den dreistufigen Verwaltungsaufbau als gegeben annehmen, wenn wir so weit sind, dann bitte ich doch ganz herzlich von aller Logik her gesehen,
uns in dem weiteren Schluss zu folgen, nämlich dass wir diesen dreistufigen Verwaltungsaufbau optimieren müssen und die bisherigen Sonderbehörden in die Regierungspräsidien und in die unteren Verwaltungsbehörden möglichst hineinnehmen müssen, damit diese ausgewucherte Sonderbehördenlandschaft zurückgestutzt wird. Das ist einfach logisch.
in kollegialer Verbundenheit präventiv –: Es ist schon so – das hat der Ministerpräsident damals in der ersten Debatte im Rahmen der Nachtragshaushaltsberatungen und auch bei der Regierungserklärung gesagt; das hat auch immer der Kollege Vetter gesagt, der ähnlich wie der Kollege Hofer große persönliche Erfahrung bei Verwaltungsreformen hat –: Mit diesem Modell – Dreistufigkeit und Integration, Einräumigkeit und Einhäusigkeit – entsprechen wir auch dem großen Teil der verwaltungswissenschaftlichen Literatur, nicht nur Professor Hesse.
Wir stehen also keinesfalls allein, sondern es gibt kaum jemanden, der Ihren Gedankengängen folgt, meine Damen und Herren.
Nun ist mit Recht gesagt worden – ich glaube von Ihnen, Herr Kollege Drexler –: Wenn wir die Verwaltung aufbauen, wenn wir sie organisieren und wie jetzt, in diesem Fall, reformieren, müssen wir dies aus der Sicht des Bürgers sehen. Die entscheidende Frage ist also: Was braucht der Bürger? Was ist gut für ihn? Was ist auch gut für die Wirtschaft, für den Mittelstand? Wenn man diese Fragen stellt, ist die Antwort doch eigentlich ganz klar: Aus der Sicht des
Bürgers, der Wirtschaft und der Verwaltung ist es doch geradezu ideal und ein großer Fortschritt, wenn die Behörden integriert sind,
wenn in einem Landratsamt möglichst alle Fachrichtungen vorhanden sind und wenn der Bürger, der Hilfe suchende Mittelständler sich nicht an x Sonderbehörden wenden muss, wenn er nicht von Pontius bis Pilatus laufen muss, sondern alles unter einem Dach vorfindet.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: So ein Unsinn! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)
Wir sollten das zweifellos notwendige Spezialistenwissen und Spezialistentum – manchmal nicht ganz ohne Grund auch kritisch „Fachbruderschaften“ genannt – sich nicht immer stärker auswachsen lassen, sondern wir sollten in Deutschland und in Baden-Württemberg künftig auch den Generalisten wieder etwas stärker fördern. Das ist aus der Sicht des Bürgers richtig und notwendig.
(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Die Gewerbeaufsicht! – Zurufe der Abg. Drexler und Stickelberger SPD)
Das ist bei jedem Genehmigungsverfahren so. Es ist doch viel besser, wenn bei einem Behördentermin, bei dem hochkomplizierte Fragen zu erörtern sind, nicht acht oder neun Sonderbehörden ins Spiel kommen und die Wiesen voll stehen von Dienstwagen. Wenn das integriert und in den Landratsämtern wie auch in den Regierungspräsidien gebündelt wird, dann kann doch kein Mensch im Grundsatz etwas dagegen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.