Die Erhöhung der Arbeitszeit der Lehrer im höheren Dienst hat weder mit Missachtung des Lehrerberufs zu tun noch mit der Bestrafung irgendeiner Berufsgruppe.
Einziger Grund für diese Deputatserhöhung, meine Damen und Herren, ist die desolate Lage der öffentlichen Haushalte, die aus einem wirtschaftlichen Nullwachstum resultiert.
Doch zurück zur Frage, wie Lehrerarbeitszeit gerechter ausgestaltet werden kann. Dazu fordern Sie, Frau Rastätter – in Ihrem Antrag so dargelegt –, die Erprobung verschiedener Arbeitszeitmodelle. Wir bedauern es außerordentlich, dass die Lehrerverbände in diesem Zusammenhang ihre Mitarbeit bei den laufenden Gesprächen über Modellversuche aufgekündigt haben. Mehrbelastungen können aber nach Meinung unserer Fraktion nicht am grünen Tisch minutiös genau berechnet werden, sondern sie müssen an der jeweiligen Schule dokumentiert und mit der nötigen Transparenz dort auch ausgeglichen werden.
Die Höhe der Stundenzuweisung an die betreffende Schule muss sich vor allem auch an der Attraktivität des schulischen Angebots orientieren. Die Verteilungsmechanismen müssen an der jeweiligen Schule transparent und nachvollziehbar sein.
Eine spannende Frage bleibt für uns – es wurde vorhin angesprochen –, ob Erkenntnisse aus den Modellversuchen zu einer Diskussion um so genannte Spreizdeputate führen werden. Wir sind bereit, diese Diskussion zu führen. Wir werden uns auch dem damit verbundenen Problem der Fächeregoismen stellen.
Aber diese Diskussion, meine Damen und Herren, muss von den Lehrerverbänden und den zahlreichen Lehrerfachverbänden initiiert und auch ausgehalten werden, um das in aller Deutlichkeit zu sagen.
Lassen Sie mich neben allem Neuen, das wir jetzt angehen, auch noch einmal das Selbstverständliche in Erinnerung rufen, das auch zukünftig gelten muss: Ein „Kerngeschäft Unterricht“ gibt es an den Schulen Baden-Württembergs nicht.
Deswegen kann sich auch niemand wegen der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf eben dieses Kerngeschäft berufen,
Es wird auch zukünftig klare Dienstverpflichtungen geben, die von jedem Lehrer erfüllt werden müssen. Zu diesen gehört nach meinem Selbstverständnis als Lehrer mehr als das Unterrichten. Lehrer sein ist auch kein Halbtagsjob, wie in der Begründung des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/1166, richtig dargelegt wird. Im Interesse einer pädagogisch und fachlich notwendigen Zusammenarbeit
Nach Maßgabe des Landesrechnungshofs geht es dabei insbesondere auch um das Schuljahresdeputat. Dabei müssen – das möchte ich an dieser Stelle kritisch anmerken – alle Ungereimtheiten in diesem Bereich einer sehr kritischen Überprüfung unterzogen werden, damit alle Facetten der Lehrerarbeit mit der gebotenen Sorgfalt berücksichtigt werden.
Die baden-württembergischen Lehrer haben ein Anrecht darauf, dass ihnen in der Öffentlichkeit nicht nur Fehlzeiten vorgehalten werden, sondern dass auch das Mehr an außerunterrichtlichem Engagement, das unsere Schulen in Baden-Württemberg auszeichnet und dadurch zu einem lebendigen Ganzen werden lässt, sich im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert.
Die neuen schulischen Organisationsstrukturen eröffnen unseren Schulen zusätzliche Perspektiven, auch bei der Arbeitszeitgestaltung der Lehrer neue, eigene Wege zu gehen. In diesem Sinne gilt es auch, das Potenzial der neuen Kontingentstundentafeln im G 8 als schulinternes Gestaltungsinstrument zu erkennen und zu nutzen.
Zur Vorbereitung und Umstellung auf G 8 stehen unseren Schulen im kommenden Jahr erfreulicherweise genügend Stunden zur Verfügung, mit denen diejenigen entlastet werden können, die sich bei der Umsetzung über das übliche Maß hinaus engagieren.
Wir müssen aber – und das ist heute für mich das Allerwichtigste – zielstrebig daran arbeiten, dass der Lehrerberuf im gesamtgesellschaftlichen Interesse wieder ein anerkannter und erstrebenswerter Beruf wird.
Ich bin der Meinung, dass wir dieses Ziel erreichen können, wenn Politiker rein ideologisch motivierte Streitereien in der Bildungspolitik vermeiden, wenn Eltern ihrer Erziehungsverantwortung in vollem Umfang gerecht werden und wenn Lehrer Beruf und Berufung ernst nehmen.
Wenn wir vom Lehrerberuf reden, sollten wir uns alle in Erinnerung rufen, dass es eine große und eine großartige Aufgabe sein kann, der öffentlichen Sache zu dienen,
Meine Damen und Herren von der Opposition – ich möchte einige wenige von Ihnen ausnehmen; Sie wissen, wer gemeint ist –: Sie sollten endlich damit aufhören, unsere Schulen schlechtzureden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Wer macht das denn?)
Sie! – Wer unsere Schulen aus parteitaktischen Gründen permanent schlechtredet, schadet damit vor allem auch dem Ansehen des Lehrerberufs und der Lehrer, deren Interessen Sie doch immer so leidenschaftlich vertreten wollen.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Wintruff SPD und Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Gut gesprochen! – Abg. Röhm CDU zu Abg. Wintruff SPD: Sie sind ausgenommen!)
Meine Damen und Herren, ich will zunächst zusätzlich noch den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/2181, sowie den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2199, aufrufen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch eine kurze Nachbemerkung zur gestrigen Sitzung machen. Sie, Frau Schavan, haben ausweislich des Protokolls gesagt:
Können Sie mir erklären, warum... der Bremer Bürgermeister Scherf und sein Bildungssenator Lemke, beide Sozialdemokraten, jetzt in ihrem Koalitionsvertrag mit dem Koalitionspartner vereinbaren, die Grundschule von sechs Jahren auf vier Jahre zu verkürzen?
Im Entwurf der Bremer Koalitionsvereinbarung, die am kommenden Wochenende verabschiedet werden wird, steht:
Die bestehenden Modelle der sechsjährigen Grundschule (Alter Postweg und Grambke) werden fortgesetzt. Im Rahmen eines Schulversuchs werden auf Antrag der Schulen bei entsprechender deutlicher Nachfrage der Eltern bis zu vier weitere Schulen als sechsjährige Grundschulen eingerichtet. Der Schulversuch wird evaluiert. Alle sechsjährigen Grundschulen sollen sich im Hinblick auf die dann folgenden Übergänge der Schüler besonders mit den in der Nachbarschaft liegenden Integrierten Stadtteilschulen, den Hauptund Realschulen oder auch den Gymnasien (ein- schließlich in Schulzentren) pädagogisch abstimmen. Die Entscheidung, welche Schullaufbahn die Eltern für ihre Kinder nach der sechsten Grundschulklasse wählen, bleibt davon unberührt.
Ich stelle fest, Frau Schavan: Entweder haben Sie hier bewusst die Unwahrheit gesagt, oder aber Sie haben sich falsch beraten lassen. Beides wäre gleich schlimm. Für problematisch halte ich es auch, dass Sie nicht wissen, dass es in Bremen bisher gar keine sechsjährige Grundschule gibt. Wahrscheinlich haben Sie Bremen mit Berlin verwechselt.
Nun zum Thema Lehrerarbeitszeiten. Auch hier wollen Sie ja immer Spitze sein. Bei der Frage einer neuen, gerechten Arbeitszeitregelung für Lehrkräfte nehmen Sie jedoch die Bremserrolle ein. Sie wurden aufgrund eines Rechnungshofberichts verpflichtet, im nächsten Schuljahr die Unterrichtsverpflichtung versuchsweise als Schuljahresdeputat zu dokumentieren. Wohlgemerkt, meine Damen und Herren: Sie machen diesen Schritt nicht freiwillig oder gar aus innerem Antrieb, sondern Sie wurden dazu verpflichtet.
Schon in zahlreichen Sitzungen im Schulausschuss und auch hier im Landtag habe ich immer wieder die Ungerechtigkeit der Lehrerarbeitszeit angesprochen. Herr Röhm, Sie haben das ja ebenfalls noch einmal deutlich gemacht. Ich will das an einigen wenigen Beispielen aufzeigen.
In der Sekundarstufe I haben Sie die Situation, zum Beispiel an der Hauptschule: Eine Klasse – sei es eine fünfte oder eine zehnte Klasse – hat acht Kinder, die Unterrichtssituation ist relativ gut, das Deputat umfasst 27 Wochenstunden, die Bezahlung erfolgt nach A 12. In Großstädten oder größeren Städten gibt es aber auch Klassen mit 32 Kindern aus 17 Nationen – gleiche Bezahlung, gleiches Gehalt. Es gibt Realschulen, die ähnliche Schwierigkeiten haben – auch 27 Deputatsstunden, aber eine Gehaltsstufe höher. Für die Lehrkräfte an den Gymnasien wird jetzt das Deputat auf 25 Stunden erhöht; die Gehaltsstufe ist hier eine oder zwei Stufen höher.
Hinzu kommt eine unterschiedliche Arbeitsbelastung, nicht nur durch die Schüler-Lehrer-Relation, sondern auch durch den unterschiedlichen Zeitaufwand, den die Fächer verursachen. Bis heute gibt es in Baden-Württemberg leider keine Studie über die Arbeitszeitbelastung der Lehrkräfte. Sie, Frau Schavan – das haben Sie ja in der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 13/2038 deutlich gemacht –, stellen lediglich Schätzungen an und sagen, dass die Arbeitszeit der Lehrkräfte der Arbeitszeit eines Beschäftigten der Verwaltung im öffentlichen Dienst entspricht. Das sei in der Vergangenheit so gewesen und sei wohl auch weiterhin so. Das ist wohl auch Ihr Argument dafür, dass Sie an der Lehrerarbeitszeit nichts verändern wollen.