Protocol of the Session on June 25, 2003

(Abg. Walter GRÜNE: Eine gute Sache! Eine sehr gute Sache!)

Sie wissen, dass wir nicht gegen die Modulation sind. Wir sind aber konsequent gegen eine nationale Modulation von 2 %, obwohl das Signal gegeben worden ist, das komme von der EU. Jetzt werden uns 2 % einkommenswirksam abgezogen, den anderen aber nicht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Teßmer SPD: Das kommt doch zurück!)

Das ist der Schlag Nummer 1 ans Schienbein.

(Abg. Teßmer SPD: Die kommen aber wieder zu- rück!)

Bis jetzt kommt gar nichts zurück, bis jetzt kostet das noch Geld, und wir wissen nicht, wo das Geld hinkommt.

Ein zweiter Punkt: das neue Baurecht. Wenn das neue Baurecht so kommt – vorhin haben wir von der Atomenergie gesprochen –, dann ist das der Super-GAU für die Landwirtschaft hier in Baden-Württemberg. Sie wissen das, und ich muss dies kurz erwähnen, wenn ich dies so hart formuliere. Es geht um den berühmten § 35 des Baugesetzbuchs: Bauen im Außenbereich. Wenn er so kommt, wird er praktisch die Privilegierung der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Bauvorhaben im Außenbereich aufheben. Dann gibt es Vorranggebiete und Eignungsgebiete. Wir werden sehen, was am Ende herauskommt. Bei den Vorranggebieten werden die Agrarfabriken angesiedelt wie verrückt. Das werden Belastungsgebiete hoch zehn werden. Bei den Eignungsgebieten weiß kein Mensch, was geschehen wird. Dort soll man etwas tun können oder auch nicht.

(Abg. Walter GRÜNE: Abwarten!)

Außerhalb dieser Gebietskategorien gibt es nichts mehr. Das sind, je nachdem, 60 bis 70 % oder 80 % des Außenbereichs. Was glauben Sie, wie das den Bodenmarkt durcheinander wirft? Der Boden wird außerhalb dieser Vorrangoder Eignungsgebiete nichts mehr wert sein. Sein Wert wird in den Vorranggebieten, wo sich Agrarfabriken ansiedeln, und auch in den Eignungsgebieten steigen. Das wird nicht nur für die bäuerliche Landwirtschaft alles schwieriger machen, sondern das wird das ganze Gesicht des ländlichen Raums durcheinander bringen. – So viel zum Baurecht.

Agrardiesel: Ich hoffe, dass er bleibt. Aber selbst wenn die Regelung bleibt, haben wir einen Wettbewerbsnachteil: In Frankreich kostet er 5 Cent und bei uns 50 Cent oder wie auch immer. Darauf könnten wir jetzt viele Hochrechnungen aufbauen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ich bringe das letzte Beispiel, um das zu verdeutlichen. Ich hätte noch eine Latte von Beispielen.

(Abg. Birzele SPD: Das haben wir befürchtet!)

Zur Schweinehaltungsverordnung: Frau Künast – jetzt muss ich es halt wieder personifizieren – sagt, die EU-Verordnung werde nicht 1 : 1 umgesetzt. Sie sattelt national wieder etwas drauf. Das heißt – um damit jetzt in der ersten Runde den letzten Satz zu sagen –: Überhöhte Standards oder nationale Alleingänge zahlt der Markt nicht.

(Abg. Birzele SPD: Sie haben keine zweite Runde! – Abg. Walter GRÜNE: Es gibt keine zweite Run- de, wenn die Redezeit abgelaufen ist! – Abg. Birze- le SPD: Herr Kollege, Sie haben keine zweite Run- de!)

Wenn wir mehr Marktwirtschaft wollen, dann müssen wir bei diesen Punkten ansetzen, die für die Wettbewerbskraft der heimischen Landwirtschaft ausschlaggebend sind.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drautz.

(Abg. Walter GRÜNE: Es gibt bloß eine Runde, gell! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Wieso? Ich habe noch zwei Minuten!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abkehr von Preisstützungen und Interventionen bei landwirtschaftlichen Produkten und damit die Beseitigung der Überproduktion ist seit langem Bestreben der FDP auf Bundes- und Landesebene. Seit langem fordern wir eine Honorierung der Landwirtschaft für Leistungen, die sie selbst am Markt nicht abgegolten bekommt, anstelle von Prämien, die die Landwirtschaft lediglich in höhere Produktionszahlen bringen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Gut! Das ist richtig!)

Wir alle – da nehme ich die SPD nicht aus – wollen doch insbesondere für Baden-Württemberg, aber auch für die gesamte Landwirtschaft einen möglichst effektiven Einsatz der Agrarmittel und, was uns noch wichtiger ist, die Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel und die Pflege unserer Kulturlandschaft.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja! – Abg. Walter GRÜNE: Das unterschreibe ich!)

Wir haben dies in Baden-Württemberg mehr als in allen anderen Bundesländern mit unseren Agrarumweltprogrammen, insbesondere dem MEKA-Programm, nachhaltig unterstützt und dabei nicht nur ökologische Schwerpunkte gesetzt. Ganz entscheidend ist hierbei die Tatsache, dass diese Programme von den Landwirten freiwillig in Anspruch genommen werden können.

Die FDP geht bundesweit mit der von ihr vorgeschlagenen Kulturlandschaftsprämie weg von der bisherigen Kopplung von Prämien und Produktion. Ich bin dankbar, dass der

Bauernverband mit seinen Vorstellungen unserer Position näher rückt. Wir sehen darin auch eine Bestätigung unserer Arbeit.

Meine Damen und Herren, auch auf EU-Seite werden über kurz oder lang – auch wegen des Beitritts der neuen EUStaaten – nur noch dort Fördermittel eingesetzt werden können, wo sie Leistungen honorieren, die über das normale Maß hinausgehen.

Voraussetzung für ein solches einheitliches und damit marktwirtschaftliches Verfahren sind zwei Dinge:

Erstens: Eine Voraussetzung ist, dass die Landwirtschaft sich einerseits zeitlich darauf einrichten kann, dass sie sich andererseits aber auch auf gegebene Zusagen einrichten kann.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Verlassen kann!)

Zweitens: Im speziellen Fall bedeutet das: Die Halbzeitbewertung der Agenda 2000 ist richtig und wichtig. Sie darf aber nicht dazu führen, dass Änderungen vor 2006 bzw. bei der Milchquote vor 2008 herbeigeführt werden. Diesen Vertrauensschutz verdient unsere Landwirtschaft.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Unsere Landwirtschaft braucht europaweit gleiche Rahmenbedingungen, um marktwirtschaftlich auftreten zu können. Auch das ist meines Erachtens ein Teil der Marktwirtschaft.

(Abg. Teßmer SPD: Dann muss man die Grenzen wieder zumachen!)

Unsere Bundesregierung scheint das aber noch nicht begriffen zu haben.

(Abg. Seimetz CDU: Die kapieren überhaupt nichts!)

Beispielsweise würde die von den Grünen geforderte Abschaffung der Agrardieselverbilligung zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas führen.

(Zurufe der Abg. Beate Fauser FDP/DVP und Teß- mer SPD)

Meine Damen und Herren, die FDP/DVP hält es nicht für sinnvoll, betriebsbezogene Förderung von Landwirten auf der Grundlage der vergangenen Produktion durchzuführen. Eine solche Festschreibung ist weder marktwirtschaftlich noch zukunftsorientiert. Letztlich bleibt meines Erachtens für die künftige Ausgestaltung der Agrarförderprogramme eine Kernaussage: Die Politik hat innerhalb der Landwirtschaft für Chancengleichheit zu sorgen. Dort, wo aus klimatischen, topographischen und betrieblichen Gründen uneingeschränkt landwirtschaftlich produziert werden kann, kann der Staat die Kräfte des Marktes wirken lassen. Dort aber, wo dies nicht möglich ist oder wo darüber hinaus von der Politik zusätzliche Standards gefordert werden, sind Förderprogramme auch unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten unumgänglich.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir haben in Baden-Württemberg gezeigt

(Abg. Teßmer SPD: Wer ist „wir“?)

wir, die FDP/DVP –,

(Abg. Teßmer SPD: Da müsste dir ja ein Balken auf den Kopf fallen!)

dass die Erhaltung der Kulturlandschaft nicht nur wünschenswert, sondern auch machbar ist und dass sich die Landwirtschaft auf diese Landesregierung voll verlassen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist natürlich richtig, wenn man sich wünscht und fordert, dass es auch in der Agrarpolitik mehr Marktwirtschaft gibt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Das werden wir aber nicht von heute auf morgen erreichen. Bisher haben wir mehr ein Absurdistan. Wir haben seit vielen Jahrzehnten in diesem Bereich das Gegenteil von Marktwirtschaft aufgebaut. Es wäre trügerisch, den Leuten vorzumachen, dass wir dies bald ändern könnten.