Protocol of the Session on May 28, 2003

Deshalb ist es konsequent, dass wir in Baden-Württemberg dem ökologischen Landbau schon seit vielen Jahren eine besondere Bedeutung zumessen. Gerade das Lehrangebot – und das ist in der Stellungnahme des Ministeriums zu dem Antrag klar dargestellt worden – ist in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg noch einmal ausgebaut worden. Ich nenne zwei Bereiche: die Fachhochschule Nürtingen – hier bestehen entsprechende Forschungs- und Lehreinrichtungen – und die Universität Hohenheim; das ist ja wohl der Schwerpunkt des Grünenantrags. Die Uni Hohenheim hat beim ökologischen Landbau nicht nur ein national und international hohes Renommee, sondern sie hat auch bei den Forschungsschwerpunkten den richtigen Ansatz gewählt, Stichwort: integrativer Ansatz.

Der eigentliche Kern des Grünenantrags ist offensichtlich: Es sollen neue Stellen oder jedenfalls eine Professur an der Uni geschaffen werden.

(Abg. Teßmer SPD: So ist es!)

Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist: Die Uni schafft im Rahmen ihrer Hochschulautonomie durch Mittelumschichtung eine eigene Professur mit Drittmitteln – wie beispielsweise in Kassel. Das ist dann aber Sache der Universität und nicht des Landtags und nicht des Landes.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Die zweite Möglichkeit ist: Das Land Baden-Württemberg zahlt aus allgemeinen Haushaltsmitteln eine zusätzliche Professur. Sie wissen aber selbst, dass das im Augenblick völlig unrealistisch ist.

Daher ist derzeit von der Sache her allein entscheidend, dass die Universität Hohenheim den Stellenwert des ökolo

gischen Landbaus erkannt hat und auch entsprechende Schritte unternommen hat. Das zeigt der Struktur- und Entwicklungsplan der Universität Hohenheim. Nun den Vorwurf zu erheben oder anklingen zu lassen, dass das Angebot landesweit nicht ausreiche, ist sicherlich nicht gerechtfertigt.

Abschließend eine Anmerkung zur Lage des ökologischen Landbaus: Im Jahr 2003 hat der Landesverband der Bauernvereinigung Bioland bei der Bewertung der Bilanz für das Jahr 2002 mitgeteilt, dass dem Biolandbau neben der damaligen Nitrofenkrise vor allem die allgemeine wirtschaftliche Lage zu schaffen macht. Wenn sich also die allgemeine wirtschaftliche Lage wieder bessert, dann hilft dies dem ökologischen Landbau generell, und dann haben wir vielleicht auch die finanziellen Mittel, um eine wünschenswerte Einrichtung zusätzlich zu fördern. Im Augenblick ist das aber nicht realistisch. Die Rahmenbedingungen für diese finanzielle Entwicklung setzt nicht das Land, sondern weitgehend der Bund. Helfen Sie deswegen von Ihrer Seite aus mit, dass es weiter aufwärts geht. Dann können wir auch in diesem Bereich mehr machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Teßmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schüle, ich fange gleich einmal mit Ihnen an. Was Sie gesagt haben, war zwar nicht falsch, aber auch nicht richtig, und zwar vor folgendem Hintergrund – ich sage das, damit das nicht wie eine falsche Kritik klingt –: Es geht ja darum, dass wir die Ausbildung für ökologischen Landbau forcieren, und nicht um das, was der Minister gerade erst am 22. Mai von sich gegeben hat – das war inhaltlich korrekt –, als er sagte, wie gut der ökologische Landbau in Baden-Württemberg sei. Aber schauen wir einmal, warum er so gut ist: Das sind fast alles Autodidakten, die sich das selbst beigebracht haben, aber keine Fachleute, die das lange und richtig studiert haben.

Deswegen müssen Sie, Herr Dr. Frankenberg, einmal schauen, ob man das anders organisieren kann als bisher. Bisher heißt es immer, in Hohenheim finde am Rande der Ausbildung auch etwas Ökologie statt, und die könnten auch eine Professur haben; sie müssten sie bloß umwidmen. Na ja! Kriegen Sie das in diesem starren Bau einmal hin, dass ein ganzer Zweig auf eine Professur verzichtet, damit ein neuer Zweig entsteht.

Das halte ich für wünschenswert. Deshalb schaue ich nach links zum Landwirtschaftsminister und sage: Herr Minister, das müssen Sie dann auch entsprechend forcieren. Ökologischer Landbau kommt – so, wie wir ihn wollen – nur dann, wenn er in der Ausbildung perfekt und auch gut gelehrt und gelernt worden ist.

Ich weiß nicht, ob das, was wir bisher für die Ausbildung auf dem Gebiet ökologischer Landbau tun, reicht. In Nürtingen haben wir gerade einmal eine Stelle einer Assistenz und einen Hektar Versuchsfläche. Da wird nicht allzu viel demonstriert werden können. In Hohenheim – das habe ich

ja schon gesagt – kommt das natürlich vor. Es spielt dann aber beim Abschluss gar keine große Rolle mehr, und vor allem gibt es dafür keinen eigenen Lehrstuhl. Herr Kollege Walter hat das schon sehr schön gesagt: Es ist ein Unterschied, ob ich deutlich mache, dass das ein Teil der Ausbildung ist, oder ob ich das nicht deutlich mache.

Weil wir hier sonst immer NRW um die Ohren gehauen kriegen – weil Hessen schon genannt worden ist, will ich Hessen nicht wiederholen –: Nordrhein-Westfalen hat immerhin eine Fachschule für ökologischen Landbau. Da wird das ganz gezielt gemacht: Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung.

Wenn Sie, Herr Minister, auch in Zukunft noch solche guten Zahlen haben wollen, was den biologischen Landbau betrifft – in puncto Gesundheit und Minimum an Spritzmitteln und Ähnlichem –, dann müssen wir auch in der Ausbildung etwas dafür tun.

Deswegen bitte ich Sie, dass Sie nicht nur verbal loben, dass es sie gibt, und betonen, wie hochprozentig wir da sind, sondern dass Sie auch die Ausbildung forcieren. Insofern hat der Antrag der Grünen, auch wenn er schon fast ein Jahr alt ist, immer noch Aktualität. Wir sollten mehr tun.

Vielleicht habe ich nachher noch die Gelegenheit, eine kurze Bemerkung zu machen, wenn etwas vergessen worden ist. Aber im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass wir sowohl in Nürtingen als auch in Hohenheim Nachholbedarf haben, dass wir aber irgendwann vielleicht auch ein echtes grünes Zentrum in Boxberg haben, damit man die Lehre auch mit Versuchsflächen experimentell begleiten kann. In diesem Sinne sollten wir nicht nur davon sprechen, wie gut diese Marktnische ist, sondern auch dafür sorgen, dass dafür sinnvoll ausgebildet wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Das Wort erhält Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab möchte ich mich als Familienfrau outen, die, wo immer es möglich ist, Produkte aus ökologischem Landbau einkauft

(Abg. Teßmer SPD: Davon gehen wir aus!)

und deshalb auch ein gewisses Fachwissen mitbringt.

(Abg. Teßmer SPD: Das ist wohl ein Minimum für einen Abgeordneten!)

Die Forderung der Fraktion der Grünen, dass an der Universität Hohenheim ein spezielles Zentrum für Forschung und Lehre eingerichtet werden soll und dafür zusätzliche Mittel in den Landeshaushalt eingestellt werden, geht allerdings doppelt in die falsche Richtung.

Zum einen betonen gerade die Grünen immer wieder, dass sie genau wie die FDP/DVP eine weit stärkere Autonomie für unsere Hochschulen wollen. Zu der Freiheit von Forschung und Lehre gehört für mich aber auch, dass man frei entscheiden kann, wie man die Mittel einsetzt und wie man

sie – nicht nur nach Marktgesichtspunkten, sondern ebenso nach wissenschaftlichen Bedürfnissen – effizient einsetzt.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig! – Heiterkeit)

Dass die Universitäten ihre Schwerpunkte dort setzen, wo sie selbst die größten Zukunftschancen sehen, ist für uns Liberale ein ganz wesentlicher Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts der Hochschulen. Der Struktur- und Entwicklungsplan der Universität Hohenheim für die Jahre 2002 bis 2006 sieht ja auch die Einrichtung einer Forschungsstelle vor. Dass man aber bei der gegenwärtigen Finanzsituation im Bund und in den Ländern – das muss man bitte betonen – einen zusätzlichen Lehrstuhl herauskitzeln will, halte ich für extrem unfair gegenüber allen anderen Hochschulen.

Zum Zweiten tut der Antrag so, als gäbe es bisher in diesem Bereich nichts. Die Stellungnahme der Landesregierung zeigt deutlich, dass das nicht stimmt, sondern dass der ökologische Landbau sowohl im wissenschaftlichen wie übrigens auch im schulischen Bereich bereits ein breites Spektrum einnimmt.

Die Forschungs- und Lehrtätigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass diese agrarökonomische Betrachtungsweise den ökologischen Landbau ganzheitlich einbezieht. Das halte ich für ein ganz, ganz wichtiges Vorgehen, das weit mehr im Sinne der ökologischen Landwirtschaft ist. Wenn wir da Fronten aufbauen, tun wir der Sache mit Sicherheit nichts Gutes.

Natürlich soll beiden Richtungen die Möglichkeit gegeben werden, Vor- und Nachteile beider Produktionsverfahren darzustellen. Wichtig ist aber auch die Integration, weil es – auch das muss man sehen – die reine Form inzwischen in gar nicht mehr vielen Betrieben gibt. In der Produktion findet da eine starke Vermischung statt, und das ist richtig.

Die im landwirtschaftlichen Beruf in Wissenschaft und Produktion Tätigen sollen in einer breiten und umfassenden Ausbildung beides kennen lernen, um später die bevorzugte Anbaumethode frei wählen zu können. Ich gehe davon aus, dass da im Laufe eines Berufslebens durchaus auch Änderungen stattfinden. Deswegen darf man nicht singulär laufen, sondern muss beide Felder kennen und muss wissen, wie sie vernetzt sind.

Dass wir mit dieser Betrachtungsweise auf dem richtigen Weg sind, wird uns von der Wissenschaft bestätigt.

(Abg. Teßmer SPD: Von welcher?)

Die noch stärkere Vernetzung ist durch den Koordinator für ökologischen Landbau ja bereits erfolgt.

Wir halten es im Übrigen für wichtig, dass die ganzheitliche Lehre auch an den Fach- und Berufsschulen für Landwirtschaft praktiziert wird, weil die Landwirte ja so ausgebildet sein müssen, dass sie die hohen Erwartungen erfüllen können, die Verbraucherinnen und Verbraucher heute zu Recht an Lebensmittel stellen.

Die Glaubwürdigkeit einer tier- und umweltgerechten Produktion ist hier eine wesentliche Voraussetzung. Der ökologische Landbau in Deutschland hat sich mit seinen klaren

und stringenten Richtlinien ein hohes Maß an Vertrauen bei den Verbrauchern erworben.

Die Vereinheitlichung des Biosiegels für Produkte aus dem ökologischen Landbau auf der Grundlage der EG-Ökoverordnung und damit leider die Absenkung der bisherigen bewährten Standards der deutschen Ökoverbände wird mit Sicherheit zu einer Ausdehnung führen. Ob diese allerdings mittel- und langfristig den deutschen Biolandwirten nützt, bleibt abzuwarten. Ich beobachte in diesem Feld aber gerade in letzter Zeit ein immer professionelleres wirtschaftliches Vorgehen und Handeln, und das stimmt mich positiv.

Zusammenfassend: Für die Ausbildung der Menschen, die die Zukunft unserer Landwirtschaft und damit auch die gesunde Ernährung unserer Bevölkerung gestalten, halten wir die in Baden-Württemberg bewährte duale Ausbildung, die konventionellen und ökologischen Landbau gleichermaßen berücksichtigt und vernetzt, für den richtigen Weg. Wo künftig in Forschung und Lehre, aber auch in der Produktion die Schwerpunkte gesetzt werden, wird vor allem die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher bestimmen.

Als Köchin und als Betriebswirtin sehe ich für den ökologischen Landbau gute Chancen. Diese Chancen werden auch die Universitäten und die Ausbildungsstätten mit wachsendem eigenem Freiraum weit mehr berücksichtigen, wenn der Markt es verlangt.

Zusätzliche Mittel im Landeshaushalt werden hierfür nicht benötigt, da Umschichtungen ohne politische Einflussnahme im Rahmen des Solidarpakts vor Ort möglich sind. Drittmittel, zum Beispiel auch vonseiten der Ökoverbände oder anderer Interessierter, könnten davon unabhängig jederzeit gezielt für einen weiteren Ausbau sorgen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält der Herr Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herr Professor Dr. Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bedeutung des ökologischen Landbaus ist von allen Rednerinnen und Rednern herausgestellt worden, und sie ist unstrittig. Entsprechend hat der ökologische Landbau einen hohen Stellenwert in unseren Hochschulen, und zwar in Lehre und Forschung an der Universität Hohenheim und an der Fachhochschule Nürtingen. Die Universität Hohenheim setzt auf den schon von Herrn Kollegen Schüle genannten integrativen Ansatz.

Ökologischer Landbau ist nicht eine Frage der Spezialisierung, sondern eine Frage in allen Bereichen der Agrarwissenschaften: von der Bodenkunde als Grundlagenwissenschaft über den Pflanzenbau und die Tierhaltung bis hin zu den Fragen der Vermarktung. Insofern müssen alle Lehrstühle der Agrarfakultät – bis hin zu dem Institut für Lebensmitteltechnologie, bis hin zu den Instituten für Pflanzenernährung, für Pflanzenbau und für Phytomedizin – diesen Aspekt des ökologischen Landbaus mit berücksichtigen

(Minister Dr. Frankenberg)