Protocol of the Session on March 27, 2003

Schule, Jugend und Sport, veranschlagt haben. Dies ist auch mit der Tatsache verbunden, dass wir allein seit dem Jahr 2001 3 000 neue Lehrerstellen zusätzlich geschaffen haben. Das ist ein finanzpolitisches Dokument für den Schwerpunkt unserer Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode.

(Beifall bei der CDU)

Es ist wirklich an der Zeit – und ich versuche, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen; vielleicht gelingt es mir ein Stück weit –, an Sie zu appellieren, die ideologischen Grabenkämpfe zu beenden.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich kann Ihnen einige Zitate aus der PISA-Studie nicht vorenthalten.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Ihre Aussagen, lieber Herr Zeller, waren keine Angaben aus authentischen Quellen, sondern lediglich Fehlinterpretationen.

(Beifall bei der CDU)

Ich mache das an einigen Beispielen deutlich.

Nach Veröffentlichung der internationalen PISA-Studie hat Professor Baumert auf Vortragsveranstaltungen mehrfach gesagt, dass sich die Ergebnisse der internationalen PISAStudie nicht für eine Strukturdebatte eignen. Nach Veröffentlichung des Ländervergleichs, der PISA-E-Studie, hat Professor Baumert noch einmal in dieser Frage Position bezogen und ausdrücklich gesagt, dass man mit einem gegliederten Schulsystem auch Exzellenz in der Qualität erreichen könne. Dennoch haben Sie den Versuch unternommen, nach Veröffentlichung des Ländervergleichs – beispielsweise auf Ihrer Pressekonferenz am 21. Januar dieses Jahres – die Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems unter Maßgabe einer sechsjährigen Grundschule zu fordern.

Meine Damen und Herren, das ist keine Gesamtschule in der ursprünglichen Definition.

(Abg. Fischer SPD: Das haben wir auch nicht ge- sagt!)

Nein, aber ich glaube, Herr Fischer, dass ich Sie jetzt präzise wiedergegeben habe.

(Abg. Wintruff SPD: Ja!)

Aber, meine Damen und Herren, in dem Moment, in dem Sie eine einheitliche Sekundarschule I schaffen wollen, haben Sie einheitliche Gesamtschulstrukturen, nur unter Ausnahme des gymnasialen Bildungsgangs. Dies lässt sich nicht ohne weiteres mit dem dreigliedrigen Schulsystem vergleichen.

(Abg. Wintruff SPD: Zweigliedrig ist nicht drei- gliedrig! Oder?)

Insofern müssen Sie sich in diesem Zusammenhang den Vergleich mit der Gesamtschule schon gefallen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Kollege Zeller sagte beispielsweise in derselben Pressekonferenz:

Eine frühe Auslese ist ein Modell der Vergangenheit.

(Abg. Wintruff SPD: Das sagen alle! – Abg. Zeller SPD: Schauen Sie doch einmal nach Frankreich!)

Dazu sage ich: Gerade der differenzierte Ländervergleich hat bewiesen, dass die Differenziertheit in Baden-Württemberg im Grunde ein Modell erfolgreicher Schulpolitik,

(Beifall bei der CDU)

Ihre Aussage aber eine alte ideologische These der Siebzigerjahre ist.

(Abg. Alfred Haas CDU: Herr Zeller kann nicht le- sen!)

Sie haben noch einmal die Chance, daraus zu lernen. Deswegen kann ich es mir nicht verkneifen, nochmals einige zentrale Befunde aus dem differenzierten Ländervergleich, nämlich der dritten PISA-Studie – dreimal haben wir die Fakten auf den Tisch gelegt bekommen –, zu unterbreiten.

Wir haben uns zu Recht die Mühe gemacht, zwischen Kindern aus Familien ohne Migrationshintergrund und solchen mit Migrationshintergrund zu differenzieren. Die PISA-Studie hat auch von Anfang an Wert darauf gelegt, sowohl den einen Bereich als auch den anderen differenziert zu untersuchen. Insofern ist es legitim, auch einen Vergleich dieser Gruppen vorzunehmen.

Jetzt noch einmal die Fakten: Im Bereich der Lesekompetenz bei Kindern ohne Migrationshintergrund haben die geprüften 15-Jährigen in Baden-Württemberg den Mittelwert von 530 Punkten erreicht. Das ist innerhalb Deutschlands Rang 2. In Australien erreichten die getesteten Kinder 531 Punkte – international Rang 4 –, in Kanada erreichten sie 538 Punkte, und in Deutschland liegt der Mittelwert bei 512 Punkten.

Meine Damen und Herren, das ist doch der Beweis dafür, dass wir in Baden-Württemberg einen internationalen Spitzenwert erzielt haben. Wenn Sie hier das Gegenteil behaupten, reden Sie damit die Leistungen dieser Kinder in diesem Zusammenhang schlecht, und das ist unfair.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wintruff SPD: Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen! Die einen filtert man heraus, und dann vergleicht man!)

Diese Beispiele könnte ich jetzt im Bereich der getesteten Kompetenzen Mathematik und Naturwissenschaften fortsetzen.

Lieber Herr Kollege Wintruff, da Sie heute Geburtstag haben, gestehe ich Ihnen zu, auch unqualifizierte Zwischenrufe zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Kinder mit Migrationshintergrund haben im nationalen Vergleich ebenfalls sehr gute Leistungen erzielt, obwohl wir hier nach wie vor einen besonderen Förderbedarf sehen. In diesem Zusammenhang gilt es verschiedene Maßnahmen zu erwähnen.

Fazit: Es reicht nicht mehr aus, blind auf das dreigliedrige Schulsystem zu verweisen. Wir müssen es weiterentwickeln, weiterqualifizieren; aber aufgrund der vorhandenen Fakten besteht überhaupt keine Veranlassung, in der Strukturdebatte weiter zu nörgeln. Deswegen kann ich Sie nur bitten: Lösen Sie sich aus den Fesseln der GEW und steigen Sie in eine gute konstruktive Diskussion um die Weiterentwicklung unseres Schulsystems ein.

(Beifall bei der CDU)

Zum beruflichen Schulwesen kann ich Ihnen wiederum ein Zitat von Professor Baumert nicht verschweigen: „BadenWürttemberg ist ein Musterbeispiel eines modernen Schulsystems im Zusammenhang mit dem beruflichen Schulsystem.“ Warum bringen Sie nicht auch einmal ein solches Zitat? Das gehört doch auch zur Wahrheit. Solche Zitate rücken das Bild zurecht, das Sie in einer Schieflage darzustellen versuchen.

Ich möchte noch folgenden Gesichtspunkt aufführen: In den vergangenen Monaten hatten wir die interessante Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, dass bei unseren Berufsschulen ein starker Zuwachs an Schülern der Vollzeitschulen erfolgte – beispielsweise haben wir im vergangenen Schuljahr gegenüber dem vorigen Schuljahr eine Zunahme um 6 000 Vollzeitschüler –, während wir bei den Teilzeitschulen eine Abnahme um 3 200 Schülern zu verzeichnen hatten. In den nächsten Jahren ist gerade bei den Berufsschulen nach wie vor mit einem weiteren Anwachsen der Schülerzahlen zu rechnen.

Meine Damen und Herren, es fällt auf, dass das Ausbildungsplatzangebot rückläufig ist. Dies hängt natürlich mit der wirtschaftspolitischen Entwicklung in unserem Lande zusammen. Unsere Berufsschulen haben nämlich unter den verfehlten Entscheidungen in der Bundespolitik im Bereich des Arbeitsmarktes zu leiden. Sie müssen dies ausbaden. Deshalb kann es doch nicht sein, dass die Belastungen, die wir dadurch zusätzlich aufgebürdet bekommen, in die Verantwortung des Landes geschoben werden. Das ist ungerecht und geht schlicht und einfach an der Sache vorbei.

Was tut die Bundesregierung? Sie kürzt bei den Förderlehrgängen, bei der Arbeitsverwaltung, was letztlich auch auf die Berufsschulen Auswirkungen hat. Jugendliche, die solche Maßnahmen nicht mehr nutzen können, müssen dann in die Vollzeitschulen. Dies geht zulasten unserer Deputate. Sie wollen die Ausbildungsplatzabgabe einführen. Dazu hat die Frau Ministerin schon deutliche Sätze gesprochen. Sie ist Unsinn. Sämtliche Experten haben das mittlerweile belegt. Die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe bedeutet mehr Bürokratie und führt letztlich zu weniger Bereitschaft der Betriebe, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Berufsschulen sind hinsichtlich der Eigenständigkeit vorbildlich. Das Modell STEBS ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Wir wollen diesen Weg konsequent fortsetzen, auch bei anderen Schularten. Ziel ist es, allen Schulen immer mehr organisatorische Eigenständigkeit zu vermitteln. Die CDU-Fraktion fördert und begleitet den Prozess sehr wohlwollend, den Schulen immer mehr schulbe

zogene Einstellungsverfahren zu ermöglichen. Wir fördern den Prozess, den Schulen – zunächst als Pilotprojekte, später aber auch ausgedehnt – eigenständige Budgets zuzuweisen, innerhalb deren sie auch eigenständige Personalentscheidungen fällen können. Wir fördern den Prozess, die Führungspersönlichkeiten an den Schulen zu stärken; denn wenn die Schulen mehr Eigenständigkeit bekommen, bedeutet das auch, dass die Schulleiter in stärkerem Maße ihre Führungsaufgaben erledigen müssen. Wir wollen die Schulleiter stärken. Die CDU-Fraktion will modellhaft den Schulassistenten als Verwaltungsfachkraft neben dem Schulleiter positionieren und dies an größeren Schulen zur Unterstützung der Schulleitung erproben. Wir wollen mehr Flexibilisierung beim Personalmanagement.

(Abg. Zeller SPD: Deswegen wehren Sie sich ge- gen das Stellenausschreibungsverfahren!)

Insofern bleibt nur, die Personalräte einschließlich des Hauptpersonalrats aufzurufen, eine konstruktive Rolle einzunehmen und diese Wege konstruktiv zu begleiten, anstatt anhand von Einzelfragen zu versuchen, zeitliche Verzögerungen herbeizuführen. Auch die Personalräte sind dazu aufgerufen, diesen Prozess konstruktiv mitzugestalten.

Meine Damen und Herren, bei der Schulverwaltung wollen wir die Beratung vor Ort in stärkerem Maße fördern. Denn Schulen sind in Zukunft darauf angewiesen, nicht nur selbst Evaluation zu betreiben. Die Komponente der Fremdevaluation beginnt immer wichtiger zu werden.

Mit unserer Strukturreform wollen wir Verwaltungsaufgaben auf die mittlere Ebene verlagern, sodass letztlich auf der unteren Ebene die Personalhoheit im Bereich des Personalmanagements – vor allem an den Grund- und Hauptschulen – bleibt, damit im Personalbereich nach wie vor schnelle Entscheidungen vor Ort gefällt werden können.

Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob die Schulamtsebene in die Landratsämter eingegliedert wird. Hierbei handelt es sich nun um eine Verlagerung des Dienstsitzes, aber die Beweglichkeit und die Schnelligkeit können auch bei einer solchen Verwaltungsreform durchaus aufrechterhalten werden. Das schadet unserem Ziel nicht, sondern ist ihm im Grunde dahin gehend förderlich, dass wir sozusagen die Taskforce vor Ort im Bereich der Lehrerversorgung aufrechterhalten.

Nun zum Thema der so genannten Schwachen. Kinder mit Migrationshintergrund erfahren in Baden-Württemberg eine gute Förderung.

(Abg. Wintruff SPD: Welche?)

Das geht auch aus den Ergebnissen des differenzierten Ländervergleichs hervor. Als Beispiel dafür, dass wir mit diesen Reformen den Handlungsansatz schon lange vor PISA erkannt haben, lässt sich aufführen, dass im vorschulischen Bereich schon seit einigen Jahren jährlich 1 000 Projekte gefördert werden. Damit fließen insgesamt 1,3 Millionen € in die vorschulische Sprachenhilfe ein. Das heißt, Sprachförderung wird bereits auf freiwilliger Basis betrieben. Hierbei betreten wir also nicht völliges Neuland.