Protocol of the Session on March 27, 2003

Meine Damen und Herren, mit dieser Erweiterung des Filmakademiegesetzes zum Akademiengesetz errichten wir nicht nur die Popakademie, sondern schaffen auch die Grundlage für die Erweiterung des Akademiegedankens für weitere Ausbildungsfelder im Bereich der Medien und medienstützender Berufe, die in einer Berufswelt der öffentlichen medialen Darstellung möglicherweise auch auf weitere Ausbildungsfelder ausgreifen könnte.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu dem Gesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern wurde in Mannheim der tatsächliche Grundstein für ein neues Existenzgründerzentrum gelegt. Dieses Zentrum mit dem Namen „Musikpark“ wird 5,3 Millionen € kosten. Bau und Innenleben einschließlich eines hoch technisierten Tonstudiokomplexes sind in dieser Summe zusammengenommen. Die Europäische Union übernimmt die Hälfte dieser Kosten, weil der Bau in einem so genannten Ziel-2-Gebiet entsteht. Gemeint sind damit strukturschwache Gebiete wie in diesem Fall das Gebiet „Jungbusch“ in Mannheim. 940 000 € der 5,3 Millionen € hat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Wirtschaftsministerium, übernommen. Sie sehen: Unser Bundesland ist unverändert ein Innovationsmotor in Deutschland. Es fördert Zukunftsprojekte, und es steuert die Gestaltung von Zukunftsprojekten. Denn heute setzen wir im Landtag von Baden-Württemberg unseren Grundstein, wenn Sie so wollen. Wir leiten den Gesetzgebungsprozess für den Aufbau der bundesweit allerersten Popakademie ein.

Diese Popakademie wird im wirtschaftlichen und im musikalischen Bereich Ausbildungsstätte für Popularmusik. Aus dieser qualifizierten Ausbildung entstehen dann hoffentlich sehr viele neue, leistungsfähige, marktfähige Firmen in Mannheim und in unserem Bundesland, Firmen wie etwa Musikverlage, Gründungen in Feldern wie Ton- und Werbetechnik, fachlich ausgerichteter Finanzberatung oder Management von Konzerten und Veranstaltungen insgesamt.

Ich will Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, somit das Ziel der Popakademie und des Musikparks in wenigen Sätzen deutlich machen. Es geht nicht darum, dass hier ein paar Leute in einem schummrigen Stadtteil Mannheims auf einer E-Gitarre herumklampfen und sich gleich auch noch Studenten nennen dürfen. Es geht darum, in der sich mehr und mehr diversifizierenden Sparte „Musik und Popularmusik“ Talente auf wirtschaftlichem und musikalischem Gebiet zu fördern, nach strenger Vorauswahl die Begabtesten herauszufiltern und Personen und Produkte marktreif zu machen.

Ich habe verschiedene Fachleute gefragt: Ist es nicht so, dass in dieser Branche die großen Labels, die großen Namen alles zudecken? Meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger, immer heterogener. Und genau deshalb fächert sich auch der Musikgeschmack der

Menschen mehr und mehr auf. Das ist die große Chance der bisher Kleinen.

Nun habe ich mich gefragt: Ist die neue Popakademie ein Medium, um abgetakelten Künstlern neue Aufgaben für horrende Gehälter zu besorgen? Und ich habe mit Christoph Palmer, dem Architekten unserer neuen Popakademie, ausführlich auch diese Fragen besprochen. Ich kann Ihnen versichern: Weit gefehlt. Wir werden erstklassige Dozenten gewinnen, und dies zu sehr günstigen Honoraren. Und alle, die ich in diesem Zusammenhang kennen gelernt habe, sind hoch motiviert.

Der Leiter der Akademie, Herr Professor Udo Dahmen, zieht dieser Tage nach Mannheim. Er hat einen erstklassigen Namen in der Branche, und er versteht sich dennoch nicht als ein Star, der auf ein paar Tage vorbeikommt, um neben tausend anderen Dingen auch einmal eine Hochschule zu leiten. Herr Professor Dahmen, den ich persönlich kennen gelernt habe, wird sich mit seinem Team voll und ganz in Mannheim engagieren.

Meine Damen und Herren, um den Standort für die neue Landeseinrichtung gab es parteipolitische Diskussionen. Ich erinnere an die Behauptung des Kollegen Nagel von vor etwa zwei Jahren, die Akademie komme sicher nach Stuttgart anstatt nach Mannheim. Diese Behauptung fand Niederschlag in einem großen Artikel des „Mannheimer Morgens“. Herr Kollege Nagel wollte wieder einmal in Mannheim gegen die Schwarzen in Stuttgart schüren. Er hat sich mit seinen damaligen Behauptungen gründlich vergaloppiert und „vernagelt“. Auch dies bitte vergessen wir heute nicht, wenn wir dieses Thema diskutieren.

Zur Perspektive der Akademie: Ich meine, am Standort Mannheim können alle Strömungen aufgefangen werden, die in der Popularmusik als Wachstumsbranche zukunftsfähig sind. Schon in der allerersten Phase zeichnet sich ein riesengroßer Erfolg für die Akademie ab.

Mittlerweile höre ich sogar schon von Wünschen, Außenstellen einzurichten, etwa in Stuttgart. Hier ist die Linie klar: Diese Landeseinrichtung in Mannheim, der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs, ist eine Einrichtung für unser gesamtes Bundesland. Wir versprechen, daraus das Beste für unser ganzes Bundesland zu machen. Der Gesetzgebungsweg, den wir heute einleiten, gibt die rechtliche Grundlage.

Die Vorlage der Landesregierung überzeugt, und ich danke insbesondere Herrn Minister Dr. Palmer und dem Vorsitzenden meiner Fraktion sowie Georg Wacker und Werner Pfisterer für zahlreiche konstruktive Gespräche. Sie haben mit vielen anderen, auch in der Stadt Mannheim, hart am Thema gearbeitet. Genau das, Kollege Nagel, ist der Unterschied zwischen Stimmungsmache gegen Stuttgart und harter Arbeit für ein erstklassiges Zukunftsprojekt. Die einen polemisieren derart unqualifiziert, dass sie hier eigentlich sogar als Opposition abgewählt werden müssten, andere arbeiten hart und mit Erfolg am Erfolg.

Wir alle haben die Popakademie gewollt und begrüßen daher jeden Schritt auf dem Weg, der sie uns näher bringt. Wir begrüßen übrigens auch, dass mit der Änderung des Filmakademiegesetzes anerkannt wird,

dass es auch an baden-württembergischen Hochschulen weibliche Lehrkräfte und Studierende gibt – war das alte Gesetz doch durchgehend in der männlichen Form abgefasst.

Mit der Entscheidung für Mannheim als Standort einer Popakademie ist Klarheit geschaffen worden, die man begrüßen oder bedauern kann – auf jeden Fall sind damit alle Spekulationen beendet. Unberücksichtigt dabei ist allerdings die Empfehlung der Arbeitsgruppe zur Förderung der Popkultur, die vorgeschlagen hatte, eine Außenstelle bei der Jazzund Rockschule in Freiburg einzurichten. Während der Plenarsitzung in Freiburg hatte ich darüber hinaus vorgeschlagen, im Sinne der Vernetzung an weiteren Standorten im Land Dependancen einzurichten, die jeweils mit einem speziellen Angebot das Gesamtkonzept zum Tragen bringen sollen. Diesen Gedanken bringe ich hiermit nochmals ein.

Ich komme jetzt zur Finanzierung: Sie wollen von den Studierenden Gebühren erheben – die Gewerkschaften haben übrigens dagegen Bedenken erhoben, die ich teile –, weil das Studium an der Popakademie besonders teuer sei. Können Sie erklären, warum es teurer als zum Beispiel an der Filmakademie oder an Musikhochschulen sein soll? Und können Sie bitte darlegen, wie hoch der Anteil der Studiengebühren an der Gesamtfinanzierung sein wird. Die bisher gewährten Landesmittel für die Popmusikförderung, die ja nicht sehr üppig waren, sollen zur Grundfinanzierung herangezogen werden. Bleibt dann noch etwas für die Popmusikförderung außerhalb der neuen Akademie? Es sollen unter anderem in Aussicht gestellte Projektmittel von knapp 400 000 € dazukommen. Was sind das für Projektmittel? Werden auch in diesem Fall wieder Mittel der Landesstiftung herangezogen?

Nächstes Thema – von mir auch in Freiburg angesprochen –, der Abschluss: Was heißt es für die Absolventen, Bachelor der Popakademie Baden-Württemberg zu sein? Bedeutet es auch die Möglichkeit eines Einstiegs in den öffentlichen Dienst? Dabei denke ich gezielt an den Musikunterricht in Schulen. Ich hatte die Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer für den Bereich Popmusik angemahnt. Ist vorgesehen, dass die künftigen Bachelors der Popakademie im Musikunterricht eingesetzt werden, oder ist an eine Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Musiklehrerinnen und -lehrern gedacht, und wie sieht es in einem solchen Fall mit der Studiengebühr aus?

Es sind also noch eine Reihe von Fragen offen, die im Interesse der von uns allen gewünschten Popakademie bis zur Verabschiedung des Änderungsgesetzes geklärt werden müssen. Ich fasse sie noch einmal zusammen: die Vernetzung, die Finanzierung, die Frage, was der Abschluss „Bachelor“ in diesem Fall außer einem Wandschmuck bedeutet, und die Musiklehrerausbildung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Neben der Filmakademie wird die neu gegründete Popakademie in Mannheim im Gesetz verankert. Die Gründung der Popakademie ist ein wichtiges Projekt der Landesregierung. Es stärkt den Wirtschaftsstandort in einem wichtigen Bereich der Medienindustrie. Der große Zulauf, den die Popakademie erfährt, zeigt, wie nötig die Gründung war. Der Erfolg war nur möglich, weil die Rock

stiftung Baden-Württemberg, das Land und die Stadt Mannheim gemeinsam mit privaten Sponsoren eng zusammengearbeitet haben. Die Popakademie ist Teil der IT- und Medienoffensive des Landes.

Besonders erfreulich ist das Lob von der Opposition. Der SPD-Bundestagsabgeordnete – ein Sohn der Stadt, wenn auch nicht einer der „Söhne Mannheims“ – und frühere Mannheimer Kulturbürgermeister Lothar Mark stellt fest: „Die Landesregierung hat damit den besonderen Charakter Mannheims als historische und aktuelle Musikstadt anerkannt.“

Auf der Homepage der Popakademie heißt es: „Zwei Studiengänge bilden das Herz der Popakademie Baden-Württemberg, die zum Wintersemester 2003/04 ihre Pforten in Mannheim eröffnet: Popmusikdesign und Musikbusiness.“ Damit wird es erstmals in Deutschland eine grundständige Ausbildung für diesen Bereich geben, die mit dem Bachelor der Popakademie abgeschlossen werden kann.

Nach dem Nationaltheater und dem Landesmuseum für Technik gibt es nun eine weitere Infrastruktureinrichtung für die zweitgrößte Stadt des Landes.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Förderung der Popular- und Jugendmusik in Baden-Württemberg“ haben wir bereits diskutiert. Wir sind uns mit der Arbeitsgruppe im Ziel einig, dass die Popmusik entsprechend ihrer kulturellen Bedeutung und ihrer Bedeutung für Jugendliche stärker berücksichtigt werden muss. Wir unterstützen deshalb mit Nachdruck die Förderung, den Ausbau und die Vernetzung bestehender Einrichtungen und Strukturen sowie eine Verbesserung des regionalen Angebots. Auch die verstärkte Einbindung in den Schulunterricht leistet zur Förderung der Popmusik einen wichtigen Beitrag.

Wir haben – zu einem Zeitpunkt, als zumindest offiziell noch keine Entscheidungen gefallen waren – deutlich gemacht, dass es wichtiger ist, sich in der Nachwuchs- und Breitenförderung zu engagieren als in der Spitzenförderung. Deshalb kritisieren wir, dass die Landesregierung die falschen Konsequenzen aus diesem Bericht zieht, nämlich eine Popakademie für jährlich 55 Studierende an einem zentralen Standort zur Spitzenförderung zu gründen. Denn bei der Konzeption der Popakademie stellt sich nach wie vor die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Studiengangs Popmusikdesign.

Beim Studiengang Musikbusiness sehen wir zwar den Bedarf; allerdings bestätigen hier auch Insider und Experten, dass für die Vermittlung der vorgesehenen Studieninhalte keine Akademie gegründet werden muss. Dieses Angebot hätte durchaus an bereits existierenden Einrichtungen unterbreitet werden können.

An unserer differenzierten Kritik hat sich nichts geändert, denn bei der Breiten- und Nachwuchsförderung in der Popmusik – Schwerpunkt des Kommissionsberichts und unser Hauptanliegen – haben wir bislang leider keine Erfolgsmeldungen vernommen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu den Anträgen der Landesregierung vom 17. und 18. März 2003 – Zugehörigkeit von Mitgliedern der Landesregierung zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Drucksachen 13/1891, 13/1892, 13/1912

Berichterstatter: Abg. Herrmann

Sie nehmen Kenntnis von der Beschlussempfehlung.

(Abg. Birzele SPD: Nein, wir stimmen zu! – Abg. Bebber SPD: Wir stimmen zu, Frau Präsidentin!)

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Birzele SPD zur CDU: Was? Das betrifft doch Mitglieder der Lan- desregierung! Ihr pennt! – Weitere Zurufe – Unru- he)

Enthaltungen? – Diese Beschlussempfehlung ist mehrheitlich angenommen.

(Abg. Birzele SPD: Bei Gegenstimmen der CDU! – Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU: Wir haben doch alle zuge- stimmt! – Anhaltende Unruhe)

Punkt 9 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu der Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 5. März 2003 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten; hier: Mitteilung der EU-Kommission „Die Rolle der Universitäten im Europa des Wissens“ – Drucksachen 13/1861, 13/1865

Berichterstatterin: Abg. Dr. Monika Stolz

Die Beschlussempfehlung lautet, von der Mitteilung des Ministeriums Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu.

Damit ist Punkt 10 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 24. Februar 2003 – Gemeinschaftsaufgabe Ausbau und Neubau von Hochschulen; hier: Anmeldungen des Landes zum 33. Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) – Drucksachen 13/1837, 13/1876

Berichterstatterin: Abg. Margot Queitsch

Die Beschlussempfehlung lautet, von der Mitteilung des Ministeriums Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu.

Damit ist Punkt 11 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsausschusses zu verschiedenen Eingaben – Drucksachen 13/1864, 13/1899, 13/1900, 13/1901, 13/1902

Gemäß § 96 Abs. 5 der Geschäftsordnung stelle ich die Zustimmung entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss fest. –