(Zuruf von der CDU: Damit Sie sich rechtskundig machen! – Gegenruf des Abg. Stickelberger: Ma- chen Sie das!)
Ich würde es für sachgerechter halten, wenn Sie Ihre Argumente zur Rechtsfindung Ihren Parteikollegen vermitteln würden und nicht in der Öffentlichkeit Pression auf die LfK ausübten. Das wäre der richtige Weg.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Pauli CDU: Sie sollten sich rechtskun- dig machen! – Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)
Jetzt komme ich gerne zum Thema „Thomas Hornauer“. Damit auch das klar ist: Ich habe eine sehr prononcierte Auffassung von dem, was ich gelesen habe, was uns da geboten wird. Aber ich bin nicht Abgeordneter der Opposition, sondern ich bin in der Regierung. Ich muss mich deshalb an die Vorgaben halten, die nach Recht und Gesetz zu beachten sind.
Ich gehe nachher noch auf Ihren Popanz mit der Gesetzesänderung ein. Lassen Sie mich das einfach kurz entwickeln.
dass, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Fall Hornauer geeignet ist, alles auszulösen, was man sich an negativen Diskussionen vorstellen kann. Sie haben alle Bestandteile, die die Boulevardpresse erfreuen: Sex, schrille Persönlichkeiten, Sekten.
Dass das eine unglaubliche öffentliche Aufmerksamkeit auslösen muss, ist völlig klar. Aber ich muss mich trotzdem an Recht und Gesetz halten. Dafür bin ich berufen, und darauf habe ich im Übrigen einen Eid geleistet.
Es geht darum, dass ein „Satellitenführerschein“ vergeben wird, nicht ein Kabelplatz. Es geht nicht um den Kabelplatz Baden. Der ist gerade an die neue Gesellschaft „Fernsehen in Baden“ erteilt worden. Der Kabelplatz Württemberg ist noch gar nicht ausgeschrieben.
Warum können wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Mediengesetz nicht einfach ändern? Das war die Frage, die die Kollegin Kipfer aufgeworfen hat. Sie sind übrigens gegenüber Ihrer Ankündigung in der Presseerklärung heute zum Antrag schon vorsichtiger geworden. Sie haben schon eine salvatorische Klausel aufgenommen und sprechen davon, was verfassungsrechtlich möglich ist.
Ich will Ihnen jetzt gerne sagen, warum wir gehindert sind, durchgreifende Veränderungen vorzunehmen.
Zunächst einmal infolge Europarecht: Herr Hornauer hat sich um eine Satellitenlizenz beworben. Damit ist das Programm nicht nur national, sondern auch europaweit empfangbar. Für ihn gilt wie für jeden Inhaber einer Satellitenlizenz uneingeschränkt die EU-Fernsehrichtlinie. Nach Artikel 2 a der Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten den freien Empfang von Fernsehsendungen zu gewähren und dürfen nicht deren Weiterverbreitung behindern. Nach Artikel 22 sind insoweit durch den Staat nur Maßnahmen zulässig, die gewährleisten – unsere Formulierung aus dem Landesmediengesetz –, dass Sendungen von Fernsehveranstaltern keine Programme enthalten, die die körperliche, geistige, sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen können, insbesondere solche, die Pornographie und grundlose schwere Gewalttätigkeiten darstellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Lizenzierungsentscheidung der LfK muss sich an dieser europarechtlichen Vorgabe orientieren. Deshalb ist der Spielraum allein schon von der europäischen Ebene her relativ gering.
Wir haben Artikel 5 des Grundgesetzes mit der Freiheit von Wort, aber auch mit der Freiheit von Bild.
Dieser Artikel 5 ist in einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts, das Kollege Pauli und Kollege Theurer völlig zu Recht zitiert haben, zu Beginn des privaten Rundfunks 1981 gründlich ausgelegt worden. Das Urteil vom 16. Juni 1981 hat Folgendes formuliert:
Das Lizenzierungsverfahren für private TV-Veranstalter darf neben der Überprüfung allgemeiner Voraussetzungen wie etwa Geschäftsfähigkeit oder Zuverlässigkeit des Antragstellers nur der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit dienen.
(Abg. Birgit Kipfer SPD: Zuverlässigkeit! – Abg. Stickelberger SPD: Zuverlässigkeit! – Abg. Bebber SPD: Das ist doch der Punkt! – Unruhe)
Wir haben das dann auch umgesetzt. In Baden-Württemberg setzt die Zulassung voraus, dass der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass er das Programm entsprechend der Zulassung unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften veranstalten und verbreiten wird. Diese Regelung entspricht exakt der Regelung in sechs anderen Bundesländern. Andere Länder, insbesondere norddeutsche, heben auf die Zuverlässigkeit ab.
Aber in der Sache gehen alle Länder bei der Gesetzesauslegung in dieselbe Richtung: Es müssen erhebliche Gesetzesverstöße vorliegen, etwa gegen Strafrecht oder Jugendschutzbestimmungen, die erwarten lassen – also Prognoseentscheidung –, dass der Lizenzinhaber auch in Zukunft – das muss auch etwas voraussetzen; auch in Zukunft – Rechtsverstöße bei seinen Fernsehprogrammen begehen wird.
Damit ich Ihnen sagen darf, dass zwischen Gewähr und Zuverlässigkeit überhaupt kein Unterschied besteht, zitiere ich aus dem viel genannten „Hesse“ – einem führenden Lehrbuch für Rundfunkrecht; zweite Auflage, München 1999 – zur Parallelisierung dieser Regelungen. Da schreibt Hesse Folgendes:
Im Erlaubnisverfahren der Länder muss gewährleistet sein, dass der Antragsteller zuverlässig in dem Sinne sein muss, dass von ihm die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die Veranstaltung von Rundfunksendungen erwartet werden kann.
In der Fußnote zitiert der Autor ausdrücklich als Beleg die gleichen Bestimmungen in den Mediengesetzen der Länder, auch die von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein.
Es gibt gar keinen Unterschied zwischen unseren Regelungen – wir haben nur andere Formulierungen gewählt. Deshalb ist der Spielraum – ob uns das passt oder nicht – verdammt gering – ich bedauere dies –, zu einer Änderung des Landesmediengesetzes zu kommen.
Deshalb bitte ich Sie, in dieser Frage zwischen Wollen und Können der Regierung des Landes Baden-Württemberg zu unterscheiden. Sie haben das im Übrigen nicht anders gesehen; denn Sie haben anlässlich der Verabschiedung des Landesmediengesetzes im Dezember auch keinen Änderungsantrag gestellt. Deshalb habe ich in der Öffentlichkeit davon gesprochen, dass Sie von Änderungen des Landesmediengesetzes schwadroniert haben, die uns eben verwehrt sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Im Übrigen sind in Deutschland leider auch schon reine Sex-TV-Angebote lizenziert worden, etwa die Sender Beate Uhse TV und Playboy TV durch die Medienanstalt BerlinBrandenburg. Ich bedauere das, aber der Spielraum ist nun einmal gering, und er wird – ob man das will oder nicht – in Zukunft im Hinblick auf die zu erwartende Digitalisierung erst recht gering bleiben.
Die LfK hat nach dem Landesmediengesetz die Möglichkeit, durch Auflagen die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen und der notwendigen redaktionellen Freiheit im Programmangebot sicherzustellen, und sie kann die Lizenz entschädigungslos widerrufen, wenn Anordnungen in diesem Bereich nicht befolgt werden. Mit der letzten Mediengesetznovelle hat die Landesregierung den Bußgeldrahmen bei Jugendschutzverstößen auf 500 000 € verdoppelt, sodass entsprechende Ordnungswidrigkeiten hart bestraft werden können.
Die LfK muss aber ihre Lizenzierungsentscheidung, ob positiv oder negativ, sehr sorgfältig und mit gerichtsfesten Tatsachen begründen. Sie muss etwas Habhaftes in der Hand haben, damit sie mit ihrer Entscheidung vor Gericht bestehen kann. Deshalb ist, glaube ich, die überhaupt einzige Einfallspforte die Glaubwürdigkeit des Antragstellers, das heißt die Frage, ob man aus den unterschiedlichen Angaben von Herrn Hornauer einen gerichtsfesten Verstoß gegen die Zuverlässigkeit ableiten kann. Dies zu begründen, lieber Kollege Bebber, der Sie davon etwas verstehen, ist besonders schwierig.
Ich sage heute zu, dass ich mir die Entscheidung der LfK in Sachen Hornauer vorlegen lasse – das steht mir als Vertreter der Rechtsaufsicht zu – und daraufhin überprüfen werde, ob sie den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Insoweit werde ich also von der verbürgten Rechtsaufsicht Gebrauch machen. Ich kündige aber auch gleich an: Ich darf nicht inhaltlich prüfen. Dieses inhaltliche Prüfungsrecht steht dem Staatsministerium und dem Minister nicht zu; ich kann nur das formale Zustandekommen und den Abwägungsprozess der LfK überprüfen. Das werde ich nach der Entscheidung des Vorstands am 7. April 2003 auch tun.