Protocol of the Session on March 27, 2003

Aber ich erkläre hier in aller Öffentlichkeit, dass ich es ablehne, diesen Brief überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, solange mir derselbe Herr in einer Strafanzeige unterstellt, mit krimineller Energie andere zu Diebstahl und Hehlerei angestiftet zu haben.

(Lachen bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN – Abg. Carla Bregenzer SPD: Ausgerechnet der! – Abg. Walter GRÜNE: So ein Witzbold!)

Und noch etwas: Der Lizenzbewerber kündigt an, eine Vision für ein ganz neues interaktives Programm zu haben. Was verbirgt sich dahinter? Der Sender soll sich über so genannte Call-in-Nummern finanzieren. In allen möglichen Programmflächen werden Zuschauer ermuntert, ihre Meinungen, Empfindungen und Grüße per Telefonnummer für 1,50 € kostenpflichtig zu äußern. Da kann man sich in der Tat viel vorstellen. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Insider erklären mir, dass es in einer Stunde etwa 20 000 kostenpflichtige Kontakte gibt. Es lässt sich also leicht ausrechnen, dass das pro Stunde 30 000 € an Einnahmen gibt. Hochgerechnet auf ein 24-Stunden-Programm sind das, grob geschätzt, eine halbe Million Euro Einnahmen pro Tag.

(Abg. Hofer FDP/DVP: In 20 Jahren kommt da ganz schön etwas zusammen!)

Die Lizenz ist also eine Lizenz zum Gelddrucken. Das hat der Bewerber wohlweislich erkannt. Es wäre übrigens ein Vorschlag für den Herrn Finanzminister, auch einen solchen Sender für die Landesregierung zu machen. Dann könnte er seinen Haushalt mühelos finanzieren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gut! Zum Verwaltungsumbau Call-Nummern! – Abg. Walter GRÜNE: Da ruft doch niemand an!)

Die Frage ist nur, was das noch mit Rundfunk zu tun hat. Während die Werbung im Rundfunk bis ins Detail geregelt ist, ist hier dem Abzocken Tür und Tor geöffnet. Herr Minister, ist das die mediale Zukunft in diesem Land? Ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Pauli.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist aber ein schwerer Job!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion hätte sich eine andere Entwicklung rund um B.TV, von der Insolvenz bis zu den aktuellen Vorgängen, gewünscht.

(Beifall bei der CDU)

Aber gerade deshalb sollten wir diese Vorfälle und die von Ihnen vorgelegten Anträge jetzt vom Boden unseres Rechtsstaates aus betrachten und gemeinsam überlegen, wie wir Schaden vom Medienstandort Baden-Württemberg abwenden können.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das ist schon zu spät!)

Wenig hilfreich ist es dabei, dass Vertreter der SPD in der Öffentlichkeit den fälschlichen Eindruck erweckt haben, dass wir hier im Landtag in ein laufendes Zulassungsverfahren

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

zur Verbreitung eines Programms über Satelliten eingreifen könnten.

(Abg. Drexler SPD: Sie machen das Medienge- setz!)

Weder der Landtag noch unser Ministerpräsident, noch unser Medienminister Dr. Palmer oder die Landesregierung können von Rechts wegen zum jetzigen Zeitpunkt in dieses Verfahren eingreifen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Aber wir können ein Mediengesetz machen!)

Die Überprüfung und Entscheidung, ob einem Bewerber dieser so genannte Medienführerschein erteilt werden kann, liegt zunächst allein bei der staatsfernen Landesanstalt für Kommunikation.

(Abg. Drexler SPD: Aufgrund des Mediengesetzes, das wir erlassen!)

Es verwundert schon sehr, dass Sie, verehrte Frau Kollegin Kipfer, jahrelang auf diese Staatsferne pochten, jetzt plötzlich aber fordern, das Staatsministerium solle es wieder richten.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Nein, überhaupt nicht! Wir wollen das Mediengesetz ändern! – Abg. Birgit Kipfer SPD: Wir wollen das Gesetz ändern!)

Herr Drexler, das Mediengesetz ist in großer Übereinstimmung dieses Landtags – –

(Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch gar nicht! Sie waren doch gar nicht dabei!)

Natürlich. Als einer, der knapp zehn Jahre lang dem Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation angehört hat, kann ich Ihnen versichern, dass der zunächst zuständige Vorstand der LfK, in der auch die SPD ausreichend vertreten ist, seine Entscheidung sorgfältig treffen wird.

(Abg. Drexler SPD: Aber aufgrund des Medienge- setzes!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung unseres Landes haben der Rundfunk- und Pressefreiheit einen hohen Stellenwert eingeräumt. Die Europäische Union hat die Rahmenbedingungen für Satellitenlizenzen festgelegt. Die Zulassungsvoraussetzungen im Landesmediengesetz von Baden-Württemberg entsprechen den Regelungen der anderen Bundesländer.

(Abg. Drexler SPD: Das kann man verschärfen!)

Frau Kipfer, hier sind allenfalls redaktionelle Unterschiede bei den norddeutschen Ländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen zu verzeichnen.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen sind bei uns in § 13 des Landesmediengesetzes niedergelegt. Ein Veranstalter muss nach § 13 Abs. 2 Nr. 6 die Gewähr dafür bieten, „dass er das Programm entsprechend der Zulassung und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften veranstalten und verbreiten wird“. Das heißt, von der LfK wird eine Prognose über die Zuverlässigkeit erwartet.

Damit die Rundfunk- und die Meinungsfreiheit aber nicht von vornherein unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, kann eine Zulassung eben nur dann versagt werden, wenn aufgrund von konkret vorliegenden Tatsachen zu erwarten ist, dass der Betreiber bei der Programmveranstaltung Rechtsverstöße begeht.

Wir als Gesetzgeber haben jüngst bei der Novellierung des Landesmediengesetzes den Jugendschutz im Rundfunkstaatsvertrag gestärkt. Hier wurden die Bußgelder für Verstöße gegen den Jugendschutz verdoppelt.

Ich rate dazu, dass wir erstens der Kontrollfunktion der LfK einiges zutrauen. Zweitens rate ich, dass wir die Anregungen der SPD-Fraktion über eine Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen in unserem Medienrecht in dem für die Medienpolitik in Baden-Württemberg zuständigen Ständigen Ausschuss gründlich besprechen.

(Abg. Drexler SPD: Dann wird es zu spät sein!)

Die CDU-Landtagsfraktion ist jederzeit gesprächsbereit, wenn es darum geht, den Jugendschutz effektiv zu stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Ju- gendschutz! Das ist kein Jugendschutzthema! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Es geht um die Zuver- lässigkeit, nicht um den Jugendschutz! Es ist eine Frage der Seriosität!)

Das Wort erhält Herr Abg. Theurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Freiheit der Medien – dazu gehört auch die in Artikel 5 des Grundgesetzes niedergelegte und geschützte Rundfunkfreiheit – ist für Liberale ein hohes Gut. Dasselbe gilt auch für die unternehmerische Freiheit und auch für die Unabhängigkeit der Landesanstalt für Kommunikation.

Nach dem vom Landtag verabschiedeten Landesmediengesetz entscheidet der Vorstand dieser unabhängigen Landesanstalt für Kommunikation, ob Thomas Hornauer den beantragten „Medienführerschein“, also die Lizenz für die Ausstrahlung des Satellitenfernsehens über Astra, erhält oder nicht. Die Voraussetzungen dafür sind in erster Linie persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Von dem Investor und Lizenznehmer werden also lediglich ein polizeiliches Führungszeugnis und die notwendige Finanzierung verlangt. Beides scheint im konkreten Fall vorzuliegen, bzw. der Vorstand der LfK muss prüfen, ob es vorliegt.

Das heißt also: An die Zuverlässigkeit sind auch auf der Grundlage von zwei Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus den Jahren 1981 und 1991 strenge Maßstäbe angelegt worden, sodass es hier mit Sicherheit nicht um eine Entscheidung nach Willkür und schon gleich gar nicht um eine Sittenprüfung gehen kann. Im Gegenteil: Es ist engstens geregelt, dass, wenn nicht eine Vorstrafe von mindestens einem Jahr vorliegt, eine Verweigerung der Lizenz wahrscheinlich vor den Gerichten scheitern würde. Da das Bundesverfassungsgericht hier auch grundsätzliche Ausführungen gemacht hat, ist zu bezweifeln, ob durch eine Novellierung und Verschärfung des Landesmediengesetzes, wie sie die SPD-Fraktion hier gefordert hat, überhaupt eine Lizenzvergabe an Herrn Hornauer hätte verhindert werden können oder in Zukunft verhindert werden könnte.

Wenn wir jedes Mal, meine Damen und Herren, bei einer Einzelfallentscheidung der Landesmedienanstalt das Landesmediengesetz ändern, untergraben wir im Grunde genommen das von uns gewählte System einer staatsfernen Lizenzvergabe

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

und eines staatsfernen Rundfunks. Ich denke, das sind die Grundfesten, auf die wir uns geeinigt haben.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Was Herr Hornauer in seinem Schlafzimmer oder sonst wo macht und ob er das filmen lässt, geht uns alle nichts an. Das ist seine Privatangelegenheit. Uns Liberalen liegt es aber generell nicht, die moralische Keule zu schwingen. Wer sich nachts durch das Fernsehprogramm zappt, wird auf vielen sonst durchaus seriösen Sendern und Kanälen

(Abg. Bebber SPD: Das ist doch überhaupt nicht das Thema! Total daneben! – Abg. Carla Bregen- zer SPD: Thema verfehlt! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Das ist wieder typisch FDP!)