Protocol of the Session on March 26, 2003

Tatsache ist: Deutschland ist doch in Europa seit Jahren das Schlusslicht im Wachstum.

(Widerspruch und Lachen bei der SPD – Abg. Bir- zele SPD: Seit 1993! – Abg. Dr. Scheffold CDU: Was freut Sie so daran, Herr Birzele? – Abg. Schmiedel SPD: Seit Sie Finanzminister sind, sind wir im Land ganz hinten!)

Nein. Sehen Sie: Das ist ein weiteres Zeichen. Sie beherrschen die Grundrechenarten nicht.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Eben habe ich Ihnen doch vorgetragen, dass wir nicht nur nicht ganz weit hinten sind, sondern die zweitbesten Finanzen haben.

(Abg. Birzele SPD: Wachstum! Nicht Finanzen!)

Sie verstehen nichts. Es tut mir Leid, das feststellen zu müssen. Eben haben Sie das vorgeworfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Beim Wachstum waren wir in den letzten drei Jahren an der Spitze. In diesem Jahr sind wir nicht so gut.

(Abg. Birzele SPD: Schlusslicht! – Abg. Schmiedel SPD: Wo sind wir denn?)

Eine Tatsache ist doch, meine Damen und Herren, dass wir eine sehr stark exportorientierte Wirtschaft haben,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aha! Ist die Bundes- regierung nun daran schuld?)

dass bei uns die Banken zum Beispiel eine geringere Rolle spielen. Und Sie wollen die einzige Bank, die wir wirklich noch haben, auch noch verkaufen.

(Abg. Schmid SPD: Seien Sie doch einmal ehr- lich!)

Es ist eine Tatsache, dass die Banken und auch die Versicherungen bei uns eine geringere Rolle spielen. Das ist der Grund, warum wir vom Auf und Ab der Konjunktur noch etwas stärker betroffen sind als die anderen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Der Weltkonjunktur! – Abg. Schmid SPD: Seien Sie doch mal ehrlich!)

Langfristig – und für das Langfristige steht das Land Baden-Württemberg – sind wir mit unserer Wirtschaftspolitik und im Wirtschaftsergebnis die Besten, und wir werden das auch bleiben.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Langfristig sind wir alle tot, sagt Keynes!)

Lassen Sie mich jetzt noch ein Wort zu der Frage der Steuererhöhungen sagen. Sie haben doch tatsächlich die Stirn, zu sagen, in dieser Situation müsse man zur Haushaltssanierung die Steuern erhöhen. Das ist ein absoluter Unsinn. Zunächst einmal erkennen Sie die Unseriosität unserer Bundesregierung daran, dass sie bereits 2,5 Milliarden € aus angeblich zu erwartenden zurückfließenden Fluchtgeldern aus der Schweiz in ihren Haushalt eingestellt hat.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Ich halte so etwas für völlig unseriös. Tatsache ist, dass die Steuererhöhungen, die Sie auf Bundesebene planen, den Rest an Konjunktur noch abmurksen würden. Dadurch würde das Verbrauchervertrauen noch stärker zurückgehen, und es würde noch weniger investiert werden. Deswegen lehnen wir alle Steuererhöhungen ab.

Meine Damen und Herren, um noch einmal zusammenzufassen: Die Verschuldung ist viel zu hoch; das gebe ich Ih

(Minister Stratthaus)

nen gerne zu. Ich lasse mich allerdings nicht in eine falsche Ecke stellen: Sie ist immer noch niedriger als in 14 anderen Bundesländern.

Ich bitte Sie, dem Haushalt zuzustimmen, und würde mich freuen, wenn Sie in den kommenden Jahren an der großen Aufgabe, unseren Haushalt langfristig zu konsolidieren, mitarbeiten.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur zweiten Runde. Das Wort in der zweiten Runde erteile ich Herrn Abg. Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man der Kollegin Dederer eines nicht unterstellen kann, dann ist es mangelndes Selbstbewusstsein.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

Frau Dederer kann vor Kraft kaum laufen, sie ist die Jeanne d’Arc der Finanzpolitik, und in manchem hat sie auch einen sehr sachorientierten Ansatz.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Bitte keine Liebeserklä- rung!)

Nur: Ich glaube, mit den Vorwürfen „Schweinerei“ und „kein Verantwortungsgefühl“ werden wir uns gegenseitig bei dem ernsten Thema nicht gerecht.

Wie ist die Lage Baden-Württembergs? Wir machten im letzten Jahr und machen in diesem Jahr 2 Milliarden € neue Schulden, davon, ganz vereinfacht, 1 Milliarde € konjunkturbedingt

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

und 1 Milliarde € strukturell bedingt; das ist der entscheidende Punkt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Das heißt: Wenn wir, egal, wann und durch wen in der Bundespolitik veranlasst, wieder zu einem Wachstum der Wirtschaft in Deutschland von zwei und mehr Prozent kommen und dadurch auch die Steuerströme wieder in alte Stärken geraten könnten, geht unser strukturelles Defizit vielleicht um 1 Milliarde € zurück – wirtschaftlich bedingt, konjunkturell bedingt –, aber es bleiben 2 Milliarden DM bzw. 1 Milliarde €, die wir, mal weniger, mal mehr, trotz aller Sparbemühungen seit zehn Jahren Jahr für Jahr neu aufnehmen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr richtig!)

Deswegen gehen wir mit drei großen Themen, mit drei großen Baustellen jenseits der kleineren Baustellen, über die man streiten, in vielem einig sein kann – Respekt, die Grünen haben der großen Mehrzahl unserer Kürzungsvorschläge zugestimmt –, in die Aufgabe hinein, dass im Lauf der nächsten Jahre für das ganze Jahrzehnt und nachhaltig die Struktur des Haushalts in Richtung Nullverschuldung gehen

kann. Mit Wirtschaftswachstum und mit unseren Maßnahmen kommen wir diesem Ziel entscheidend näher. Im Rahmen unserer landespolitischen Kompetenzen handeln wir nachhaltig und in einer Dimension, in der hier noch nicht gehandelt worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Baustelle Nummer 1: die 275 Millionen € im Besoldungsbereich.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Das ist bisher noch eine globale Minderausgabe, die zu konkretisieren ist. Wir haben ja mit dem BLEK-Programm – Bund-Länder-Einsparkommission – vor Jahren eine pauschale Vorgabe erstrebt, aber nicht erreicht. Ich war in Sorge, wir waren in Sorge, ob wir Ihnen, den Kollegen im Landtag, in der zweiten und dritten Lesung noch immer nur die Überschrift „Spare 275 Millionen €“ oder auch die Ausfüllung vorlegen können. Ich bin froh darüber, dass wir jetzt Gewissheit haben. Es wird und kann gelingen, es muss gelingen,

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

in diesem Jahr konkret diese 275 Millionen € einzusparen.

(Beifall bei der CDU)

Der erste Baustein dafür ist das Weihnachtsgeld. Wir kürzen nicht auf null, wie es ver.di will. Wir behalten ein nennenswertes Weihnachtsgeld als Sonderzuwendung bei. Wir gehen von 86 % eines Monatsgehalts auf 65 % zurück und befinden uns damit auch im Vergleich zu wichtigen Branchen der Wirtschaft nicht am Ende, sondern im hinteren Mittelfeld. Der Beamte in Baden-Württemberg bekommt auch in Zukunft eine faire Vergütung für eine gute Leistung, wie generell – ich komme nachher darauf zurück – unser Ziel sein wird, im Interesse der Gewinnung von guten Köpfen in Baden-Württemberg, der jungen Generation, als Arbeitgeberland auch in Zukunft durch eine faire, leistungsorientierte Vergütung wettbewerbsfähig zu sein.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Rückgang des Weihnachtsgelds von 86 auf 65 %: Jeder Prozentpunkt bringt 7 Millionen €. Daher sparen wir 147 Millionen € ein.

Der zweite Baustein ist das Urlaubsgeld. Wer mit vielen Beamten gesprochen hat und für deren Interessen sensibel ist, erkennt: Wenn es einen Punkt gibt, der von vornherein weitgehend akzeptiert worden ist, dann ist es der, dass das Urlaubsgeld in seiner bisherigen Dimension nicht mehr benötigt wird,