Eines ist klar, Herr Noll: Wir merken doch ganz genau, dass die kleinen, wohnortnahen Pflegeheime nie entstehen würden, wenn wir nur auf Subjektförderung setzen würden.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Warum denn? – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist eine Aussage, die nicht stimmt!)
Deswegen brauchen wir einen guten Mix. Lassen Sie uns privates Kapital akquirieren. Wir haben viele private Träger, die ohne Förderung tätig sind, während es andere gibt, die mit einer Förderung vielleicht tätig würden.
Über die Höhe kann man sprechen, lieber Herr Hauk. – Deswegen werden wir im nächsten Vierteljahr gemeinsam mit den Fraktionen, den kommunalen Trägern, dem Landespflegerat und den Menschen vor Ort darüber reden, wie wir mit dem Geld, das wir haben, eine solche Förderung etwas unbürokratischer und noch gezielter betreiben können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Hauk CDU)
Es gibt auch freie und private Träger, die finanzielle Förderung erhalten, lieber Herr Hauk. Wir wollen hier die Pluralität bewahren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir ist folgendes Thema am wichtigsten. Denn ich bin ganz sicher, dass wir die Pflegeheimförderung und den Ausbau im stationären und im ambulanten Bereich in den nächsten Jahren auch finanziell gemeinsam auf den Weg bringen. Meine größte Sorge in diesem Bereich ist, ob wir in fünf oder in zehn Jahren noch genügend Pflegekräfte, genügend helfende Hände haben. Deswegen müssen wir alles tun, um junge Menschen zu motivieren, den Pflegeberuf als Beruf und vor allem als berufliche Perspektive zu erkennen. Deswegen haben wir ja eine Werbekampagne mit dem Titel „Berufe mit Sinn“ auf den Weg gebracht. Wir wollen das Image des Pflegeberufs verbessern. Allein in den drei Monaten, seit wir die Werbung geschaltet haben, haben wir schon über 22 000 Kontakte in diesem Bereich gehabt. Wir gehen an Schulen. Wir machen Öffentlichkeitsveranstaltungen und werben für diesen Bereich. Das ist ganz wichtig. Das heißt, auch in der Gesellschaft muss der Beruf der Pflegefachkraft noch ein höheres Image erhalten. Daran arbeiten wir.
Herr Präsident, ich halte meine zehn Minuten fast ein, weil ich ja gehorsam bin. Nur noch einen Satz zum Schluss.
Ja, die Regierung wird immer gebeten, sich ebenfalls an die vereinbarte Redezeit zu halten, Herr Hauk.
Wenn wir in die Zukunft blicken, werden wir auch im Bereich der Pflege feststellen, dass Kooperation und Flexibilität wichtiger sind denn je. Wir brauchen eine Zusammenarbeit von Professionellen, von Ehrenamtlichen sowie eine Vernetzung in diesem ganzen Bereich.
Wenn ich über das Ehrenamt spreche, möchte ich zum Schluss doch noch einen ganz kleinen Schlenker in Richtung Berlin machen. Trotz aller Sparmaßnahmen, die natürlich auch in Berlin notwendig sind, ist es schon bedenklich, wenn der Zuschuss für die Zivildienstleistenden jetzt auch noch um 100 Millionen € – vor fünf Jahren waren es 225 Millionen DM – zurückgefahren werden soll.
Das würde bedeuten, dass es entweder noch weniger Zivildienstleistende geben wird – früher waren es einmal 140 000, dann 110 000 und dann 90 000 – –
Wir sollten wirklich auch heute noch einmal sagen: Wir müssen uns darüber klar werden, dass das System nicht mehr bezahlbar wäre, wenn die Zivildienstleistenden, die Behinderten- und Altenpflegearbeit leisten, wegfallen würden. Deshalb sollten wir ernsthaft überlegen, und zwar ohne große Emotionen, sondern unter Abwägung aller Argumente, ob wir nicht irgendwann dazu kommen müssen und dies deshalb propagieren sollten, statt Wehrdienst und Zivildienst ein allgemeines Dienstjahr einzuführen, damit sich die jungen Menschen ein Jahr in die Gesellschaft einbringen. Ich weiß, das ist ein langer Weg, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, wieder einmal dafür zu werben.
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weiter erteile, sehe ich mich durch die verschiedenen Anfragen des Herrn Ministers veranlasst, noch einmal etwas zur Geschäftsordnung zu sagen.
Auf Wunsch der CDU-Fraktion hat das Präsidium beschlossen, für die Tagesordnungspunkte 2 und folgende die geltende Geschäftsordnung zugrunde zu legen. Herr Kollege Wieser hat dies mitbeschlossen. Es ist ein Wunsch des Präsidiums, dass bei Aktuellen Debatten nach der ersten Runde der Minister bzw. die Ministerin spricht, damit eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Regierung stattfinden kann. Genau so habe ich die Wortmeldungen berücksichtigt.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig! Völlig in Ord- nung! – Abg. Capezzuto SPD zur CDU: Wie wäre es mit einer Entschuldigung? – Abg. Kretschmann GRÜNE: So genanntes lebenslanges Lernen! – Abg. Wieser CDU: Man ist immer lernbereit!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man über die Perspektiven älterer Menschen spricht, muss man sich auch bewusst sein, dass dies ein Thema ist, das mehrheitlich die Frauen betrifft, weil sowohl bei den älteren Menschen die Frauen einen stärkeren Anteil haben als auch – das ist schon angesprochen worden – unter den Pflegenden vor allem Frauen sind. Herr Minister Repnik, es wird nicht genügen, eine Imagekampagne zur Gewinnung von Pflegefachkräften zu betreiben, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass dieser Beruf so ausgeübt werden kann, dass nicht nur das rein Technische und die Dokumentation ihren Platz haben, sondern dass die Pflegekräfte auch wieder einen gewissen Raum für menschliche Zuwendung bekommen,
Wir haben schon festgestellt: Es gibt bei den älteren Menschen keine einheitlichen Gruppen. Da sind die ganz fitten Menschen, und genauso gibt es schwer Kranke. Wir haben
die Altersarmut, und wir haben ältere Menschen mit gut gepolsterten Konten. Genau das ist aber auch der Grund, weshalb wir uns dafür stark machen, die Steuergelder nicht mit der Gießkanne auszustreuen und zum Beispiel keine Objektförderung zu betreiben, sondern zur Subjektförderung zu kommen. Herr Minister Repnik, Sie malen da das Gespenst an die Wand: Dann fielen mehr Menschen in die Sozialhilfe. Wenn sie da hineinfallen, dann sind sie ja genau das Ziel der Subjektförderung.
Wer meint, wenn man nun aufteilte und das Geld nicht mehr allen gäbe, sondern denen, die es wirklich brauchen, und wenn man den anderen zumutete, aus ihrem Vermögen auch ihr Alter zu sichern, dann wäre keine wohnortnahe Versorgung mehr gegeben, der hat sich das Ganze noch nicht realistisch vorgestellt. Glauben Sie eigentlich, dass begütertere Menschen dann Tourismus betreiben? Nein. Die wollen auch vor Ort wohnen und werden ihr Geld dann auch dort anlegen, wo sie zu Hause sind.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Auf Mallorca! Marbella oder Schwäbisch Hall?)
Wir müssen die Strukturen angehen. Ich finde es gut, dass das Thema der Beratungsstellen angesprochen worden ist. Da ist sehr viel Nützliches entstanden. Aber da steht sehr vieles nebeneinander, was man auch koordinieren könnte.
Vielleicht ist es in der Zeit der Finanzknappheit auch eine Anregung, dort wieder straffere Strukturen und klarere Linien zu schaffen.
Der Aspekt der Familie ist wichtig. Ich kämpfe in meiner Fraktion immer dafür, dass nicht nur gesagt wird: „Familie ist da, wo Kinder sind“, sondern: „Familie ist da, wo Generationen füreinander eintreten.“
In der Familie wird sehr viel Pflege geleistet, und dazu müssen wir die Familien auch weiterhin imstande halten. Der andere Aspekt ist aber, dass nach wie vor auch sehr viele Kinder von Großeltern betreut werden. Ihre Zahl nimmt zwar ab, weil die Großmütter heute oft auch noch ihren eigenen Beruf haben, aber ich weiß aus eigener Erfahrung: Da wird sich sehr häufig abgesprochen, wer wann arbeitet und wer sich wann um die Kleinen kümmert. Insbesondere den Großvätern kommt eine ganz besondere Bedeutung zu:
Da Väter heute selten zu Hause sind, bieten wenigstens die Großväter für ihre Enkel eine männliche Identifikationsfigur.
Gleichwohl müssen wir älteren Menschen zugestehen, dass sie – auch aus Gründen der Freiheit und ihrer Freiräume – weit häufiger in Single-Haushalten leben. Dafür müssen wir aber auch eine Möglichkeit der Begegnung bieten. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen: Auch da braucht der Staat nicht alles zu organisieren, sondern er muss fördernd im Hintergrund stehen, und das muss nicht unbedingt Geld kosten. Das kann auch bedeuten, man bietet eine Veröffentlichung im Amtsblatt an, oder man stellt einen städtischen Raum zur Verfügung, der sowieso da ist.
Ich möchte als Beispiel, weil das gerade heute in der Zeitung stand, die Stadt Gerlingen ansprechen. Da wird ein Netz für Senioren geknüpft. Im Internationalen Jahr der Behinderten plant man eine Rallye mit Rollstühlen, die, wohlgemerkt, von Jugendlichen und Ehrenamtlichen zusammen mit älteren Menschen veranstaltet wird. Es gibt ein Aktivitätenforum, für das die Stadt eine Halle zur Verfügung stellt, damit alle Vertreter der Seniorenarbeit ihre Arbeit an Informationsständen darstellen können. Und es gibt – das fand ich besonders interessant – eine Arbeitsgruppe „Anerkennungskultur“, die einfach auch einmal die Wertschätzung der Gesellschaft für pflegende Angehörige und für alle, die sich im ganz weiten Feld des Ehrenamts für ältere Menschen engagieren, herausstellt.