Der dritte Punkt: Wir sehen einen Widerrufsvorbehalt bei Zuweisung analoger Übertragungskapazitäten vor. Das ist eine Weichenstellung für den Einsatz digitaler Zukunftstechnik im Rundfunk. Der Umstieg von der analogen auf die digitale terrestrische Rundfunkübertragung wird erleichtert. Einzelne Veranstalter sollen den Umstieg nicht blockieren können. Die Digitalisierung liegt im Interesse der Veranstalter und Verbraucher. Bis zum Jahr 2010 soll dieser Umstieg erfolgt sein.
Der vierte Punkt ist die Neugestaltung der Verbreitungsstrukturen in den §§ 18 ff. und die Absicherung der Regionalfenster in § 23. Durch die Verpflichtung des Kabelnetzbetreibers zur Berücksichtigung zusammenhängender Wirtschaftsräume bei der Gestaltung seiner Verbreitungsstrukturen wollen wir lokale und regionale Fernsehveranstalter im Land stärken. Ich betone ausdrücklich, dass die Verpflichtung für die Kabelnetzbetreiber auf das wirtschaftlich und technisch Zumutbare begrenzt wird. Deshalb werden die Kabelnetzbetreiber auch nicht über Gebühr belastet werden.
Wir sehen außerdem vor, die regionalen Fernsehveranstalter durch ergänzende Regelungen, die die Veranstalter bundesweiter Fernsehprogramme zur Aufnahme regionaler Fenster verpflichten, zu stärken. Das ist insofern relevant, als ein solches Fenster derzeit dem Rhein-Neckar-Fernsehen (RNF) bei RTL für den Großraum Mannheim zur Verfügung steht. Wir wollen durch diese Anpassung der gesetzlichen Grundlage in § 23 zum Beispiel RNF unterstützen.
Die Entwicklungsperspektiven für das Regionalfernsehen in Baden-Württemberg können damit insgesamt gesetzlich abgesichert werden.
Fünfter Punkt: Begrenzung der zu übertragenden Fernsehprogramme im Must-carry-Bereich, also im Vorrangbe
reich. Wir werden den Spielraum der Kabelnetzbetreiber erweitern. Die zwingend ins Kabel einzuspeisenden privaten Programme werden auf sechs begrenzt werden.
Im Non-must-carry-Bereich, also im Nicht-Vorrangbereich – das ist der sechste Punkt –, werden wir die gesetzliche Grundlage schaffen, um ein landesweites privates Fernsehangebot abzusichern, sofern es vorhanden ist. Wir halten es für die duale Struktur öffentlich-rechtlicher und privater Anbieter in Baden-Württemberg für wichtig, dass diese gesetzliche Nominierung vorhanden ist. Es ist eine Vorratsnormierung. Kein Mensch ist deshalb gezwungen, in seiner Frequenzplanung ein solches landesweites Privatfernsehen vorzusehen. Es ist auch ausdrücklich nicht im Must-carryBereich geregelt.
Die Neuregelung ist unabhängig von bestehenden Anbietern und erteilten Kabellizenzen. Es bestehen für alle Interessenten Chancen bei etwaiger Neubelegung eines Kabelplatzes durch Kabelnetzbetreiber bzw. bei Ausschreibung durch die LfK.
Ich möchte in aller Kürze fünf andere Änderungen dieser kleinen Landesmediengesetzesnovelle ansprechen:
Wir modifizieren das Besserstellungsverbot bei der Landesanstalt für Kommunikation, indem wir mehr Selbstverantwortung bei der LfK vorsehen und nur noch eine Benehmensregelung mit dem Staatsministerium beabsichtigen.
Wir streichen den Sitz der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft im Medienrat, weil sich diese Gewerkschaft aufgelöst hat, weil es diese Gewerkschaft nicht mehr gibt. Dabei greifen wir im Übrigen auch nicht in den Bestand des Medienrats ein, denn leider ist der bisherige Vertreter der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft vor einigen Monaten verstorben, sodass der Sitz im Augenblick obsolet ist.
Wir regeln „Das Ding“ mit dem SWR, und wir sichern die so genannten Lernradios kapazitätsrechtlich ab.
Schließlich sehen wir umfangreiche Anpassungen im Datenschutz vor. Änderungen des Landespressegesetzes sind davon ebenfalls erfasst. Ich glaube aber, dass die Änderungen des Datenschutzrechts so spezifisch sind, dass ich sie Ihnen nicht im Einzelnen vorzustellen brauche.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir bekennen uns auch mit dieser Novelle zum privaten Rundfunk in unserem Land, indem wir die Rechtsgrundlage für eine verbesserte regionale und landesbezogene Berichterstattung des Privatfernsehens schaffen. Darüber hinaus stärken wir die Position der regionalen und lokalen TV-Anbieter, die auch bei einer Neuordnung der Kabelnetzstrukturen im Land weiterhin angemessen im Kabel Berücksichtigung finden müssen.
Wir wenden uns gegen die Medienbeteiligungen von Parteien und verschärfen die Vorschriften zur Zulassung von Bewerbern für TV- und Radiolizenzen. Diese Maßnahmen dienen dem Schutz der Meinungsvielfalt und der Unabhängigkeit unserer Radio- und Fernsehsender im Land.
Schließlich stärken wir den Jugendschutz, indem wir den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zügig im Land umsetzen und die notwendigen Folgeänderungen im Landesmediengesetz vornehmen.
Ich freue mich auf eine sachliche Beratung unseres Gesetzentwurfs im Ständigen Ausschuss und bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Abg. Kipfer ist bereit, das ihr bereits erteilte Wort zurückzustellen, damit zunächst die Rednerin der CDU-Fraktion, Frau Abg. Dr. Gräßle, sprechen kann.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind Zeugen gewesen, wie die Opposition, Rot und Grün, in den vergangenen Wochen versucht hat, diese kleine Novelle des Mediengesetzes zu zerreden. Wir sind Zeugen gewesen, wie Sie durch die bedauerliche Insolvenz von B.TV versucht haben, auch den Medienstandort Baden-Württemberg zu zerreden.
Wenn es sein muss, zerreden Sie den Medienstandort Baden-Württemberg bis zur Selbstbeschädigung. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Medienlandschaft zurzeit stark in Bewegung ist, und das ist vorrangig eine Folge der rotgrünen Wirtschaftspolitik.
(Widerspruch bei der SPD und den Grünen – Abg. Fischer SPD: Was hat das jetzt mit dem Gesetz zu tun?)
Deren große Schwäche wirkt sich gerade in der Werbung und im Handel aus; denn gerade die leben von einer florierenden Wirtschaft, und das vermissen unsere Medienunternehmen.
Die Insolvenz von B.TV ist bedauerlich und ein schwerer Rückschlag für die baden-württembergischen Medienschaffenden und für die gesamte Medienpolitik in diesem Land. Aber ich kann die klammheimliche Freude, die man zwischen den Zeilen liest, nicht verstehen. Insbesondere kann ich sie für den Standort Ludwigsburg nicht verstehen, und ich kann sie auch nicht verstehen angesichts der hochinteressanten Arbeitsplätze, die gerade der Medienbereich generiert.
(Zurufe von den Grünen, u. a.: Welche klamm- heimliche Freude? Für was? – Abg. Walter GRÜ- NE: Bitte eine sachliche Debatte!)
Wir sehen, dass die Landesregierung versucht, in schwierigen Zeiten Gestaltungskraft zu zeigen. Sie ist mit großem Schwung und Elan daran gegangen, gerade jetzt Kreativität
zu beweisen und Chancen zu ergreifen. Eine dieser Chancen ist das Reisefernsehen, um das es heute ja auch noch gehen soll. Das Reisefernsehen ist auch eine große Chance für Baden-Württemberg, aber es ist bereits jetzt in großem Umfang bekrittelt worden.
Das Mediengesetz weist uns auf einen Trend in der Medienpolitik hin, nämlich auf die Verspartung des Fernsehens. Diese Verspartung wird kommen. Es ist ein ungemein reizvolles Zukunftsfeld, und ich freue mich, dass wir hier in Baden-Württemberg gerade auch mit der Zuteilung von Kabelplätzen auch Perspektiven dafür bieten.
Was sind die Voraussetzungen, um so einem Projekt zum Erfolg zu verhelfen? Es sind die Reichweiten. Es ist eines der Ziele der vorliegenden Novellierung, die Wirtschaftlichkeit der privaten Sender durch größere Reichweiten sicherzustellen.
Das, was die Opposition ziemlich dümmlich „Lex B.TV“ nennt, ist in Wahrheit der Versuch, einer anderen neuen Entwicklung im Medienmarkt zu begegnen, nämlich dem Verkauf des Kabelnetzes der Deutschen Telekom an einen US-Investor. Die Amerikaner sind weit weg von uns. Die Amerikaner sind so weit weg von uns, dass sie unsere Vielfaltsüberlegungen und unsere Landesinteressen nicht unbedingt zur Kenntnis nehmen wollen oder müssen. Aber das Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es, Landesinteressen auch in diesem Bereich zu wahren. Das heißt, wir müssen und wollen die Geschäfte der neuen Kabelbetreiber zulassen. Aber wir wollen sichern, dass unsere Identität erhalten bleibt und unsere Landesinteressen gewahrt werden.
Deswegen stellen wir in dieser Novellierung sicher, dass das private landesweite Fernsehprogramm auch außerhalb der Region Stuttgart im Kabel auftaucht und auftauchen wird, dass aber für den Non-must-carry-Bereich festgelegt wird, dass es dort auftauchen soll. Das ist sehr sinnvoll. Das zeigt, dass die Landesregierung entschlossen ist, die wirtschaftliche Basis unserer Medienpolitik zu sichern. Es zeigt, dass man mit kleinen Schritten wirklich erstaunlich viel erreichen kann.
Viel Krawall haben Sie, Frau Kipfer und Herr Walter, mit der Forderung nach der Neuausschreibung der B.TV-Lizenz für die Region Stuttgart gemacht. Sie wissen, dass die Lizenz in der Insolvenz besonders geschützt ist. Deswegen wissen Sie natürlich auch, dass es glatter Rechtsbruch wäre, wenn man es denn so täte.
Jawohl. – Dann müssen die Lizenzen natürlich auch neu ausgeschrieben werden. Das wissen Sie auch. Deswegen ist es natürlich völlig sinnlos, B.TV und den kleinen Erfolg, den es vielleicht noch gibt, jetzt niederzureden, diesen Erfolg schon einmal vorsorglich kaputtzumachen, um hinterher zu sagen: Jetzt habt ihr hier wieder nichts zustande gebracht.
Ich möchte dieses Verfahren wirklich infrage stellen. Es macht keinen Sinn, so vorzugehen. Es macht auch keinen Sinn, gerade in der Medienpolitik, einem höchst sensiblen Feld, mit den großen Schuhen wie der Elefant im Porzellanladen herumzutrampeln.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Lizenz ausgeschrieben wird. Aber dazu gibt es ja auch Verfahren. Es ist eine Dreimonatsfrist auf Abhilfe einzuräumen.
Nur dann, wenn Sie eine gravierende Veränderung der Betreiberstruktur oder im Programm haben, haben Sie die Wahl. Sonst gilt die Lizenz bis 2005, und zwar nicht, weil wir das wollen, sondern weil das Vergabeverfahren dies so vorsieht. Wir beteiligen uns nicht daran, den Sender mit Endzeitgerede vollends zu Grabe zu tragen.
Dieser Krawall sollte wohl eine andere wichtige Neuerung dieser Novellierung übertönen, nämlich die Regelung, den Einstieg von Unternehmen, die von Parteien beeinflusst sind, im Hörfunk- und Fernsehbereich zu verhindern.