Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Ministerpräsidenten gehört. Der Landtag hat nun zu entscheiden, ob er die Zustimmung erteilt.
Wir kommen daher zur offenen Abstimmung über die Berufung von Frau Werwigk-Hertneck zur Justizministerin. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Zustimmung hat überwogen. Der Berufung von Frau Corinna Werwigk-Hertneck zur Justizministerin wurde mehrheitlich zugestimmt.
Nach Artikel 48 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg haben die Mitglieder der Landesregierung beim Amtsantritt vor dem Landtag den Amtseid zu leisten. Er lautet:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, Verfassung und Recht wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.
Frau Ministerin, ich bitte Sie, die rechte Hand zu erheben und die Worte zu sprechen: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Ab- geordneten der Grünen – Die Justizministerin nimmt Gratulationen entgegen. – Minister Dr. Dö- ring und Abg. Pfister FDP/DVP überreichen der Ministerin je einen Blumenstrauß. – Glocke des Präsidenten)
Aktuelle Debatte – Die sozialpolitische Schieflage in der Streichliste der Landesregierung und ihre Auswirkungen für die Menschen im Land – beantragt von der Fraktion der SPD
Das Präsidium hat die üblichen Redezeiten festgelegt: 40 Minuten Gesamtredezeit ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von der Landesregierung im Bereich des Sozialministeriums vorgesehenen Kürzungen sind nach unserer Meinung unsozial, weil sie vor allem stark benachteiligte Menschen in Baden-Württemberg treffen. Sie sind auch kommunalfeindlich, weil sie die Kommunen im Land mit dem Wegfall des Landeszuschusses mit den sozialen Problemen der Menschen in ihrer Kommune allein lassen.
Die Liga der freien Wohlfahrtspflege hat massive Kritik an der Landessozialpolitik geübt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nun nicht nur Kritik von uns, sondern, wie gesagt, im Zusammenschluss aller: der Diakonie, der Kirchen und der freien Träger. Der Vorsitzende der Liga sagte – Zitat –: Das Land ist kein verlässlicher Partner mehr bei der Gestaltung der sozialen Landschaft in Baden-Württemberg. Allein durch die Einsparungen, die jetzt vorgenommen werden sollen – sagt die Liga –, fallen ca. 800 Stellen für die wirklich Schwächsten in unserer Gesellschaft weg.
Ich will auf einige Streichungen besonders eingehen. Allein die Streichung der Mittel zur Kofinanzierung der Fördermaßnahmen des Europäischen Sozialfonds umfasst 3 Millionen €. Und durch das Sozialministerium werden nach der Kürzung bei den Fördermitteln für berufliche Eingliederung von Langzeitarbeitslosen von 5 Millionen € auf 2,5 Millionen €, nach den Streichungen in den Vorjahren von in der Zwischenzeit 16 Millionen € jetzt gerade noch 2,5 Millionen € für die Förderung von Langzeitarbeitslosen bereitge
stellt. Das heißt, Sie haben 85 % der Mittel in den letzten zwei Jahren gestrichen. Sie reden immer über Langzeitarbeitslose und über Arbeitslosigkeit, aber dort, wo Sie etwas tun können, machen Sie nichts, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.
Eine Streichung des Landesprogramms „Arbeit und Zukunft“ für Langzeitarbeitslose wäre ein fatales Signal in der Krisenzeit, es wäre gleichbedeutend damit, dass das Land sich aus der Weiterentwicklung des Arbeitsmarkts in einer politischen Situation zurückzieht, die für sozial schwache Menschen zu weiteren Härten und verstärkten Ausgrenzungen führen kann.
Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu dem Baden-Württemberg in der Bundesrepublik Deutschland den zweithöchsten Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat zu verzeichnen hat; nur in Bayern ist der Anstieg noch höher.
Weil Sie in Berlin einen Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ einführen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich Ihnen einmal, was in Ihrem Landtagswahlprogramm 2000 und im Koalitionsvertrag steht. Da hat Herr Teufel noch versprochen, die Landesarbeitsmarktprogramme fortzuführen. In Ihrem Jargon ist das, was Sie jetzt hier mit der Streichungsliste machen, ein glatter Wahlbetrug.
Der zweite große Bereich: Die Fördermittel für Sozialpsychiatrische Dienste werden um 2 Millionen € gekürzt und damit fast halbiert. Das ist nun wirklich ein ganz kritischer Punkt.
In unserem Land arbeiten 300 Fachkräfte in 65 Sozialpsychiatrischen Diensten. Sie erbringen Leistungen für 20 000 psychisch Kranke und seelisch behinderte Menschen, die sonst nicht gemeindenah versorgt werden können.
Die Liga und die Menschen, die sich um diese psychisch Kranken kümmern, sagen: „Durch die Kürzungen wird es zu einem massiven Personalabbau kommen.“
Bereits jetzt, Herr Kollege Haas, liegt der Eigenanteil der Träger bei 42 %. Wenn Sie diese Mittel weiter streichen, kann dieses gemeindenahe System nicht mehr aufrechterhalten werden.
In Baden-Württemberg besteht als wesentliches Element der ambulanten Versorgung psychisch Kranker ein flächendeckendes Netz von Sozialpsychiatrischen
Diensten.... Sie sind zentrale Einrichtungen im außerstationären gemeindenahen System psychiatrischer Versorgung.
Mit ihrer Geh-Struktur sind sie für ihre Klienten ein wichtiges Bindeglied zu den verschiedenen Versorgungs- und Hilfeangeboten.