Auch wir Liberalen sind für die Sicherung eines selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderungen und für die Entlastung der Eltern.
Wir Liberalen sind uns darüber einig, dieses Ziel durch eine Neuordnung des Steuer- und Transferleistungsrechts, genannt Bürgergeld, zu erreichen.
Damit bin ich beim zweiten Punkt. Wenn wir dieses gemeinsame Ziel, zu dem ich hier öffentlich stehe, verwirklichen wollen, dann müssen wir es an der Stelle machen, wo es hingehört, nämlich entweder in einem Leistungsgesetz oder noch besser im Bürgergeld und, was die Rente betrifft, in der Rentensystematik, aber wir dürfen die Erreichung dieses Ziels nicht wieder in bewährter Manier auf andere abdrücken, nämlich auf die kommunale Ebene.
Damit bin ich beim zweiten Kritikpunkt. Sie haben also hoffentlich gehört, ich bin für die Bekämpfung der Altersarmut und für diese Bedarfsgrundsicherung.
Nein. Aber der Weg, den Sie beschreiten, ist im Prinzip falsch. Übrigens, schon die Tatsache, dass Sie die Information über die Grundsicherung den Rentenversicherungsträgern auferlegen, und zwar als Pflicht, zeigt, dass Sie im Prinzip diese zwei Ebenen nicht sauber ordnungspolitisch trennen, sondern das total vermischen.
Deswegen bleibt diese Grundsicherung natürlich im Sozialhilfebereich und damit auch mit dem Makel der Sozialhilfe behaftet. Da können Sie sagen, was Sie wollen. Im Prinzip ist die Grundsicherung nichts anderes als Sozialhilfe, weil nämlich auch da Einkommensgrenzen gelten – das ist noch gar nicht gesagt worden –, nämlich 100 000 € pro Jahr.
Entschuldigung. Dann habe ich in der Eile nicht zugehört. – Diese Grenze ist sehr hoch. Jedenfalls haben wir im Prinzip keine Neuordnung, wie wir sie uns vorstellen, im Sinne einer Bekämpfung der verschämten Altersarmut und der Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Wer wollte da dagegen sein?
Ich sage Ihnen: Eltern von Kindern mit Behinderungen sollten wir bei allen Problemen, die sie im Gegensatz zu anderen Eltern bewältigen müssen, die es auch schwer haben, aber normalerweise wissen, man kann ungefähr damit rechnen, dass mit 18 Jahren die Verantwortung auf die Kinder selber übergeht, ein Stück weit entlasten. Dieses Ziel sollten wir, glaube ich, gemeinsam verfolgen.
Der Weg scheint uns falsch. Jetzt standen wir vor der Abwägungsproblematik: Wollen wir diese älteren Menschen und diese Menschen mit Behinderungen quasi als Geiseln nehmen und sagen: „Weil uns der Weg nicht richtig erscheint, werden wir dem nicht zustimmen“? Vielleicht wissen es viele nicht, aber Baden-Württemberg hat dem Gesetz im Bundesrat zugestimmt, sodass es eigentlich fast müßig ist, darüber zu diskutieren. Vielmehr sind wir jetzt tatsächlich gezwungen, dieses Gesetz umzusetzen. Wir wollen sehr darauf achten, dass die Versprechungen, die gemacht worden sind, wonach die Kosten voll erstattet werden,
eingehalten werden. Das werden wir einfordern. Aber eines muss man schon sagen: Der Streit entzündet sich ja an den unterschiedlichen Schätzungen. „Schätzen kann fehlen“, sagt man im Schwäbischen. Möglicherweise liegen beide Seiten falsch.
Die einen überziehen es. Aber selbst wenn die Schätzungen in etwa stimmen, werden in der derzeitigen Situation, wenn Sie sagen, nach zwei Jahren werde es korrigiert, die Landkreise bzw. die kommunale Ebene auf jeden Fall in Vorfinanzierung treten müssen.
Schon das ist heute nicht mehr zumutbar. Außerdem ist für die sächlichen und die Personalkosten kein Ausgleich vorgesehen. Deswegen nehmen wir die Kritik sehr ernst.
Das Gesetz ist beschlossen. Wir haben ihm im Bundesrat nur knirschend zugestimmt, obwohl wir das Ziel für richtig
halten. Wir werden das Gesetz in den weiteren Beratungen begleiten und versuchen, auf Landesebene den Weg, den die kommunale Ebene einvernehmlich mit uns besprochen hat, umzusetzen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich verrate Ihnen nichts Neues, wenn ich sage, dass sich die Grünen in der Koalition immer für die neue Grundsicherung ausgesprochen haben, dass wir es sehr begrüßen, dass das Grundsicherungsgesetz jetzt verabschiedet worden ist, und dass wir sehr gern diesem Ausführungsgesetz zustimmen werden.
Auf die Gründe dafür ist Frau Kollegin Haußmann vorhin eingegangen. Der Hauptgrund ist, dass man alten Leuten, die in verschämter Armut leben, einen Schritt entgegenkommt, da viele keine Sozialhilfe beantragen, weil sie Angst haben, dass ihre Kinder zum Unterhalt herangezogen werden.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache über den Gesetzentwurf der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Grundsicherungsgesetzes und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes –, Drucksache 13/1436, beendet.
Der Gesetzentwurf wird zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss und federführend an den Sozialausschuss überwiesen. – Es ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Multimediaoffensive für die Schulen – Drucksache 13/372
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Veröffentlichung der PISA-Studie ist ein Jahr alt, und schon beginnt sie wieder in Vergessenheit zu geraten. Zur Erinnerung: 95 % der deutschen Lehrer haben einen Computer zu Hause. Damit gehören wir zur Spitzengruppe in Europa;
72 % der deutschen Lehrer verfügen zu Hause über einen Internetanschluss. Auch damit liegen wir über dem EUDurchschnitt. Aber nur 25 % nutzen einen solchen Anschluss auch in der Schule.
44 % der deutschen Schüler nutzen den Computer täglich zu Hause. Aber nur magere 3 % nutzen ihn täglich in der Schule. Damit belegen wir den vorletzten Platz unter den Ländern, die in der PISA-Studie untersucht wurden.
Jetzt noch eine Information, die im Zusammenhang mit der Multimediaoffensive an Schulen eine nicht unwesentliche Rolle spielt: 60 % der deutschen Schüler spielen überwiegend mit dem Computer. Damit liegen wir im europäischen Vergleich im oberen Viertel. Vor allem sind es die Jungen, die sich zum Zeitvertreib besonders mit Reaktionsspielen beschäftigen.
Fazit der PISA-Studie: In der Nutzung von Computer und Internet haben deutsche Schüler besonders wenig Erfahrung.
Meine Damen und Herren, die Multimediaoffensive der Landesregierung kommt mir vor wie die Ankündigung von Aggressivfußball ohne eine Sturmspitze.
Im Jahr 2000 wurde auf dem Landesparteitag der CDU eine Multimediaoffensive beschlossen – berauscht vom Milliardenerlös aus dem Verkauf der EnBW-Anteile. Jeder Schüler ab Klasse 7 sollte einen Laptop erhalten. Im Entwurf des Haushaltsplans 2002/03 fanden sich schließlich noch rund 50 Millionen €. Kultusministerin Schavan gab die neue Marschrichtung vor: Medienecken in den Klassenzimmern, für jeweils zehn Schüler einen PC.
Als es bei den Haushaltsberatungen zum Schwur kam, versagte ihr die Regierungsfraktion die Gefolgschaft und ließ sie im Regen stehen.
1997 hat das Land den Sachkostenbeitrag um umgerechnet rund 12,5 Millionen € erhöht, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre Schulen mit multimediafähigen Computern und mit Netzwerken auszustatten.