Allerdings müssen die Parteien die Möglichkeit durch entsprechende Maßnahmen auch tatsächlich nutzen. Die Parteien in Baden-Württemberg haben dies bei der Bundestagswahl in sehr unterschiedlicher Weise getan. Unter den 34 baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten der CDU sind lediglich drei Frauen. Der Frauenanteil ist damit noch geringer als der hier bei der CDU-Landtagsfraktion.
Lassen Sie uns deshalb als eine gemeinsame Zielsetzung der heutigen Debatte festhalten: Wir müssen das Landtagswahlrecht ändern, um zu einem höheren Frauenanteil im Landtag zu kommen.
Meine Damen und Herren, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß jetzt einer Besuchergruppe aus Haslach im Kinzigtal unter der Leitung von Herrn Bürgermeister Heinz Winkler.
Die Stadtverwaltung mit Herrn Bürgermeister Winkler an der Spitze, die „Initiative Gedenkstätte Vulkan“, Schülerinnen und Schüler sowie die beteiligten Lehrkräfte der HansjakobRealschule, zahlreiche Bürgerinnen und Bürger und vor allem die Mitglieder des Fördervereins Dorfgemeinschaftshaus Bollenbach haben den Landtag bei der Vorbereitung und Durchführung der Gedenkfeier aus Anlass des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2002 in Haslach tatkräftig unterstützt.
Dafür möchte ich den anwesenden Gästen aus Haslach, stellvertretend für alle beteiligten Helferinnen und Helfer, noch einmal sehr herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt den Schülerinnen und Schülern der Hansjakob-Realschule, die die Gedenkfeier seinerzeit mit ihrem Gesang und mit ihrer Aktion „Ein Stein gegen das Vergessen“ mitgestaltet haben. Ich danke an dieser Stelle auch der Landeszentrale für politische Bildung, die diese Aktion mit den Schülerinnen und Schülern im Rahmen eines Wochenendseminars vorbereitet hat.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen bin ich schon stolz darauf, dass die Wahl meiner Fraktion – insbesondere der Damen in meiner Fraktion – auf mich als ihren Sprecher am ersten bundesweiten Frauenplenartag gefallen ist.
all denen danken, vor allem den Frauen, die die Idee vorangebracht haben, den ersten Frauenplenartag durchführen, auch wenn es nur ein halber ist, sodass wir insoweit bundesweit führend sind.
Ich möchte jetzt nicht so sehr Gesetzestexte herunterlesen, sondern sagen: Wenn man die Zwischenrufe hört und wenn man sich selbst fragt: „Warum darf ich heute bei der frauenpolitischen Debatte reden?“ – –
Herr Drexler, ich bin in mich gegangen: Das ist vielleicht deshalb der Fall, weil ich Gender Mainstreaming nicht nur auf den Lippen trage, sondern
bei sachlichen und personellen Entscheidungen verschiedentlich gezeigt und gesagt habe: im Zweifelsfall für die Frau.
Jetzt hätte es mir passieren können – ich habe es nicht gehört –, dass junge Leute gesagt hätten: „Aha, der Noll ist der Frauenversteher in der FDP/DVP-Fraktion.“
(Heiterkeit – Abg. Capezzuto SPD: Macho! – Zuruf von den Grünen: Aufhören! – Weitere Zurufe – Un- ruhe)
Genau das ist nämlich der Punkt: Sprache ist sehr verräterisch. Das stammt ja aus dem Sprachschatz der jungen Menschen, und das zeigt uns doch, dass wir uns nicht zurücklehnen dürfen, sondern dass wir in der Tat beides nach wie vor vorantreiben müssen: Einerseits brauchen wir da spezielle Frauenförderung, wo Defizite sind, aber andererseits müssen wir, in die Zukunft gerichtet, Gender Mainstreaming wirklich ernst nehmen.
Ich sage Ihnen: Ich bin wirklich froh, dass die Frauenpolitik von diesem ausschließlich defizitorientierten Modell – nämlich der Beseitigung von Nachteilen, was nach wie vor notwendig ist – hin zu einem zukunftsorientierten, in das allgemeine Denken integrierten, vorausschauenden Planen gekommen ist, um tatsächlich Chancengleichheit für Frauen und Männer hinzubekommen.
Ich sage auch: Gender Mainstreaming ist keine Entschuldigung dafür, dass man die aktive Frauenförderung – zum Beispiel jetzt, wo es eng wird bei den Kommunen: Frauenhäuser, Platzverweis – möglicherweise zurückfährt. Das darf nicht sein. Dazu stehen wir.
Wir haben – für Sie vielleicht nicht ganz nachvollziehbar – bewusst einen Antrag in diese Debatte mit eingebracht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen, Ihre Anträge sind sehr stark auf die Landesverwaltung und auf die staatliche Verwaltung konzentriert.
Das ist ja richtig so, Frau Kollegin Haußmann. Da, wo wir selbst Verantwortung tragen, können wir natürlich beispielhaft sein.
Aber wir wollten ganz konkret an einem speziellen Beispiel zeigen, wo Gender Mainstreaming die Chancen von Menschen beiderlei Geschlechts fördern könnte. Im Bereich des Gesundheitswesens können wir das ganz klar zeigen.
Leider ist meine Redezeit knapp bemessen – ich nehme gerne zur Kenntnis, dass die Kollegin Berroth hier natürlich das Prä hat –, deshalb kann ich nur ganz kurz verschiedene Aspekte, die aber exemplarisch auch für andere Berufsfelder sind, darlegen. Ich bitte Sie einfach, für die Verbreitung dieses Antrags und der Stellungnahme der Landesregierung zu sorgen, denn ich glaube, auch damit könnten wir dafür sorgen, dass wir an manchen Stellen, zum Beispiel im Krankenhausbereich, wo Gender Mainstreaming bisher noch nicht eingeführt worden ist, durch Best-Practice-Darstellung tatsächlich ein Stück weit vorankommen.
Insgesamt ist der Stellungnahme des Sozialministeriums zu unserem Antrag zu entnehmen, dass der Anteil von Frauen in den ärztlichen Berufen deutlich gestiegen ist. Doch ein Satz muss einem schon zu denken geben – aber das ist schon typisch für die Karrierechancen von Frauen in allen Bereichen –:
Bei den Hochschulassistenzen und Habilitationen ist der Frauenanteil nach der Untersuchung im Laufe der vergangenen 20 Jahre dagegen kaum angestiegen. Bei den Professuren blieb der Frauenanteil weitgehend konstant.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss uns schon zu denken geben. Wir sind auf dem Weg der Einbeziehung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes in die leistungsbezogene Mittelzuweisung an die Universitäten. Das ist völlig richtig, aber es wird nicht ausreichen.
Arbeitslosigkeit ist im Ärztebereich sicherlich nicht das ganz große Thema, aber selbst da lässt sich zeigen, dass insbesondere Frauen verstärkt von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Nur 3,2 % der Ärzte sind arbeitslos, aber 7,9 % der Ärztinnen. Das gilt für eine kleine Datenbasis, deswegen klingt die Zahl sehr hoch. Insgesamt hängt das eben auch damit zusammen, dass Frauen nach einer Familiephase häufig einen Teilzeitarbeitsplatz suchen und dieser ihnen aus bestimmten organisatorischen Gründen nicht angeboten wird. Deswegen freut es mich sehr, dass es mit dem Sinsheimer Teilzeitmodell ein Modell gibt – es gibt sicherlich viele Modelle –, bei dem sich zwei oder drei Ärztinnen oder Ärzte einen Arbeitsplatz teilen und damit eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf praktizieren können.
Das Fazit lautet: Insgesamt wurde festgestellt, dass die Vorteile die Nachteile deutlich überwiegen. Das ist Gender Mainstreaming, wie ich es mir vorstelle: dass ganz praktisch gezeigt wird, dass der Arbeitgeber natürlich einen Vorteil davon hat, wenn er Teilzeitmöglichkeiten schafft und Frauen die Chance gibt, im Betrieb weiter mitzuarbeiten.
Bei der fachärztlichen Weiterbildung hat man strukturelle Probleme für Frauen, die nur in Teilzeit arbeiten, beseitigt. Es wird noch einige Zeit dauern, bis das in der Tat dazu führt, dass auch im Bereich der Weiterbildung teilzeitbeschäftigte Ärztinnen stärker berücksichtigt werden können.
Jetzt komme ich zum ambulanten Bereich. Da ist das Ungleichgewicht zwischen der Zahl niedergelassener Ärzte und der Zahl niedergelassener Ärztinnen noch sehr viel ausgeprägter. Das hängt ein Stück weit auch mit unserem überbürokratisierten Gesundheitswesen zusammen.
Das ist ein Thema, wo wir bei Bürokratie auch einmal den Gender-Mainstreaming-Ansatz haben müssen. Ich will nur zwei Beispiele nennen.
Das eine Beispiel: In überversorgten Planungsbereichen – davon gibt es viele – gibt es eigentlich keine Zulassung für eine teilzeitarbeitswillige zusätzliche Ärztin. Es gibt zwar, weil man gemerkt hat, dass da Korrekturbedarf besteht, Ausnahmeregelungen. Diese sind aber so kompliziert, dass leider in der Stellungnahme zu dem Antrag steht, dass davon sehr wenig Gebrauch gemacht wird.
Das zweite Beispiel: Wenn eine niedergelassene Ärztin aufgrund Erziehungszeit vielleicht nur in Teilzeit ihre Praxis ausübt, dann sinkt in den darauf folgenden Jahren, wenn sie in ihre Praxis zurückkehrt, ihr Budget automatisch, weil das immer nach den vorvergangenen Jahren berechnet wird. Also auch da sind Gender-Mainstreaming-Ansätze im Bürokratieabbau notwendig. Das, denke ich, wäre eine wichtige Erkenntnis.
Der Anteil von Ärztinnen in Führungspositionen ist zwar im Land im Krankenhausbereich, im universitären Bereich gestiegen, aber insbesondere – ich habe es schon gesagt – bei den Professorenstellen nicht in ausreichendem Maß. Deswegen glaube ich, dass wir dieses Mentoring-Programm, das das Land initiiert hat – das hat mir besonders gut gefallen –, möglichst breit weitertragen sollten. Das hat einen schönen Namen: MUT. Ich würde uns allen wünschen, dass wir mehr „MUT“ige Entscheidungen an allen Stellen treffen, um die Chancengleichheit von Männern und Frauen ein Stück weit zu verbessern.