Überweisung des Abschnitts II an den Wirtschaftsausschuss. – Sie stimmen dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist es so beschlossen.
a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Entwicklung der Unterrichtsversorgung – Drucksachen 13/371, 13/565
b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Unterrichtsversorgung und Stellensituation im Sonderschulbereich – Drucksache 13/1145
c) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Erhebung zum Unterrichtsausfall – Drucksache 13/639
d) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Unterrichtsausfall an baden-württembergischen Schulen – Drucksache 13/1017
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, die Kluft, die sich zwischen der Situation an unseren Schulen und Ihren Aussagen dazu auftut, wird immer peinlicher. Der Unterricht fällt inzwischen in einem Maß aus, dass alle bisherigen Rekordmarken übertroffen werden. Förder- und Ergänzungsstunden werden gnadenlos zusammengestrichen, und viele Klassen platzen aus allen Nähten.
Die PISA-Ergänzungsstudie hat gezeigt, dass die Personalsituation nirgends so prekär von den Schulleitungen eingeschätzt wird wie in Baden-Württemberg.
In 48,5 % der Schulen, also in fast jeder zweiten Schule, ist das Lernen der 15-Jährigen nach Angaben der Schulleitungen durch Lehrermangel oder fachfremden Einsatz von Lehrkräften beeinträchtigt.
Hilfe suchend in der Not wenden sich immer mehr Schulleitungen, Lehrkräfte und Eltern sowie Schülerinnen und Schüler an uns. Sie wenden sich an uns, weil sie zwar fast täglich neue Erfolgsmeldungen über ihre Pressestelle, Frau Schavan, vernehmen, aber der Glaube, dass sich an unseren Schulen in Baden-Württemberg wirklich entscheidend etwas verbessert, verloren gegangen ist.
Kein Schulleiter, keine Lehrerin, keine Mutter und erst recht nicht die Schüler glauben noch daran, dass sich unter Ihrer Amtszeit etwas ändert.
Als Sie im Bundestagswahlkampf groß auf Reisen waren, haben Sie überall in Deutschland, von Flensburg bis Friedrichshafen und von Plauen bis Pirmasens, verkündet: „Genug der Worte! Wir wollen Taten von der Bundesregierung sehen.“
(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Jawohl! – Abg. Seimetz CDU: Helau, helau, helau! – Abg. Döpper CDU: So ein Quatsch!)
Unsere drei Anträge und die dazugehörigen Stellungnahmen aus Ihrem Ministerium offenbaren die ganze Misere in der Schulpolitik, die Sie zu verantworten haben. Ich will vier Punkte herausgreifen.
Erstens: Die Unterrichtsversorgung ist so schlecht wie nie zuvor. Von Ihnen veranlasste Stichproben über den Unterrichtsausfall an baden-württembergischen Schulen ergaben, dass der Unterrichtsausfall an den meisten Schularten so hoch ist wie nie zuvor.
Unterrichtsausfall an Realschulen: ebenfalls 40 % mehr Unterrichtsausfall innerhalb eines Jahres. Unterrichtsausfall an Sonderschulen: eine Steigerung um 193 %.
Frau Schavan, eine Verdreifachung, das ist doch nicht in etwa gleich bleibend! Das wissen sogar diejenigen, die in Klasse 1 mit dem Rechnen beginnen.
Zweiter Punkt: Die Statistik zum Unterrichtsausfall soll abgeschafft werden, weil Ihnen die Ergebnisse nicht passen.
Wenn diese Zahlen über Unterrichtsausfall Ihrer Schulpolitik ein so erstklassiges Zeugnis ausstellen, wie Sie das darstellen, also ein Ruhmesblatt der Regierung sind, warum sollen dann in Zukunft keine Stichproben zum Unterrichtsausfall mehr gemacht werden?
Der Grund ist doch klar: Diese Zahlen sind ein Armutszeugnis für Ihre Politik, und deshalb sollen sie auch gar nicht mehr erhoben werden – getreu dem Motto: „Eine Statistik, die mir nicht gefällt, wird erst gar nicht mehr erstellt.“
Ich möchte Sie nun nicht für schwindende Steuereinnahmen Ihres Kollegen Finanzminister in Haftung nehmen. Aber wie beurteilen Sie folgende Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt, ausgestellt vom Bildungszentrum Reutlingen Nord?:
Sehr geehrte Frau Thumm, ich bescheinige Ihnen, dass in Klasse 8 c in der Zeit vom 1. Februar bis zum 17. Mai 2002 insgesamt 30 Unterrichtsstunden ausgefallen sind, die aus dem Stundenvolumen des Lehrerkollegiums nicht vertreten werden konnten.