Protocol of the Session on October 16, 2002

(Minister Dr. Döring)

diese nicht aufgegriffen werden, ist das nicht unsere Schuld oder unser Versäumnis. Vielmehr sind dann die Kirchen am Zug.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu, den Sie, Herr Witzel, in aller Deutlichkeit angesprochen haben: Umstrukturierung im Wirtschaftsministerium. Herr Kollege Dr. Glück, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie diese Umstrukturierung unterstützen. Sie führt natürlich dazu, dass wir eine größere Betrachtung von Querschnittaufgaben vornehmen können, nachdem wir eine Bündelung der erwähnten drei unterschiedlichen Bereiche vorgenommen haben. Die Ansprechpartner stehen Ihnen genauso zur Verfügung, wie das bisher bei jedem der Bereiche der Fall war.

Sie kritisieren die Mittel, die zur Verfügung gestellt werden. Es muss schon noch einmal darauf hingewiesen werden – Herr Dr. Lasotta und Herr Dr. Glück haben es angesprochen –: Dies ist eine Freiwilligkeitsleistung des Landes. Dagegen ist die andere Seite, der Bund, zu dieser Aufgabe verpflichtet. Der Bund kommt seiner Verpflichtung bei weitem nicht nach. Wir allerdings stellen an Freiwilligkeitsleistungen nach wie vor über 10 Millionen € zur Verfügung – nicht die Welt, aber immerhin. Ich meine, das sollte man auch anerkennen. Man sollte nicht mit dem Finger auf das Land zeigen, das im Bereich der Freiwilligkeitsleistungen nicht das erbringt, was man sich wünscht, und den Bund außen vor lassen, der seiner Verpflichtung bei weitem nicht nachkommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich komme zu einem anderen Punkt, der angesprochen worden ist. Ich hatte bei Ihrem Beitrag, Herr Witzel – vielleicht können Sie mir das nachher erklären –, ein bisschen den Eindruck, als würden Sie sagen: Das, was mit NROs passiert, ist gut, und das, was mit der Wirtschaft zusammen gemacht wird, ist nicht so gut. Das begreife ich nicht.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Sie haben nicht zugehört, was ich gesagt habe!)

Warum wird das, was wir mit Unternehmen, mit der Wirtschaft unseres Landes zusammen im Bereich Entwicklungshilfe machen, nicht auch als positiv bewertet? Ich bin für jede einzelne Anstrengung im Bereich der Ausbildung, der Umwelt und in vielen anderen Bereichen dankbar, die wir mit der Wirtschaft und mit Wirtschaftsorganisationen des Landes unternehmen können. Ich halte sie für genauso wertvoll wie die Anstrengungen mit anderen Organisationen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben – da liegen wir gar nicht auseinander –: Natürlich sind die Entwicklungspolitik und die entwicklungspolitische Zusammenarbeit für die Landesregierung nach wie vor wichtige Punkte. Lassen Sie uns einmal einige Themen aufzeigen, die wir angehen.

Von den 10,1 Millionen €, die es präzise sind, gehen etwa 40 % für inländische Bildungs- und Informationsarbeit sowie Programme und Projektförderung im Inland in die Pla

nung und die Umsetzung – 40 %, weil wir auch für eine Bewusstseinsbildung sorgen müssen.

Herr Kollege Schmiedel, Sie haben die Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden angesprochen. Heute Abend – ich kann nicht dort sein, weil ich an dieser Debatte im Landtag teilnehmen wollte, bevor Sie wieder kritisieren, dass ich nicht hier sei – findet in Aalen eine kommunale Zusammenarbeit Aalen–Hüttlingen–Ellwangen im Zusammenhang mit dem Projekt „Eine unteilbare Welt“ statt. Das wird also aufgegriffen, findet heute Abend bei Ihrem Parteifreund Pfeifle im Rathaus Aalen statt. Ich halte das für eine wichtige Maßnahme. Diese setzen wir fort. Sie sind doch alle – jeder Einzelne in seinem Wahlkreis – herzlich dazu eingeladen, solche kommunalen Aktivitäten anzuregen, mit auf den Weg zu bringen. Sie werden dabei mit Sicherheit vom Wirtschaftsministerium, vom Kultusministerium, von der Landesregierung insgesamt unterstützt. Zeigen Sie bei solchen Aktivitäten also nicht nur auf uns, sondern machen Sie es auch selbst. Sie sind dazu eingeladen, dies auch selbst zu machen.

43 % der Mittel fließen in Maßnahmen in den Entwicklungsländern. Ich halte es für richtig, dass wir auch vor Ort unterwegs sind. Das ist klar. Andernfalls wären die Maßnahmen, die wir durchführen, nicht besonders hilfreich. Da geht es um Restaurierungsarbeiten an verschiedenen wichtigen Einrichtungen, es geht um umweltpolitische Projekte, es geht um frauenpolitische Projekte, es geht um Ernährungsentwicklung und anderes mehr, die als viele Kleinmaßnahmen – darauf weist auch Kollege Dr. Glück immer wieder hin – wichtig sind. Dabei handelt es sich manchmal um Minimalbeträge, die aber vor Ort eine ganze Menge bewirken können. Dafür werden 43 % des Gesamtbetrags zur Verfügung gestellt.

17 % der Mittel wurden für die Förderung von Fach- und Führungskräften sowie Studierenden aus Entwicklungsländern durch die Vergabe von Stipendien, durch entwicklungsrelevante Forschung und Maßnahmen zur kulturellen Entwicklung eingesetzt.

Auch dies, denke ich, werden Sie für Maßnahmen halten, die wichtig und wertvoll sind. Diese wollen wir ganz selbstverständlich auch in der nächsten Zeit beibehalten.

Die Landesstiftung ist von Herrn Schmiedel oder Herrn Dr. Witzel angesprochen worden. Die Landesstiftung hat im November über eine Vorlage, wie wir eine Themenlinie „Entwicklungszusammenarbeit“ über die Stiftung mit den strengen Stiftungsregelungen, die dort herrschen, auf den Weg bringen können, zu entscheiden. Auch dies ist längerfristig angelegt, weil Sie auch zu Recht sagen, man könne das nicht in einem Jahr machen und im nächsten Jahr nicht mehr. Deswegen soll das eine längerfristige Maßnahme sein, die aus der Landesstiftung – –

(Abg. Zeller SPD: Was heißt das? Wie lange?)

Das wird natürlich jedes Mal neu entschieden werden. Sie wissen auch, dass man dies nicht über fünf, sechs, sieben Jahre hinweg machen darf. Aber der politische Wille dazu ist vorhanden. Ich bin mir sicher: Auch Ihre Mitglieder im Aufsichtsrat werden dem zustimmen, dass wir nicht sagen:

(Minister Dr. Döring)

„Jetzt machen wir es im Jahr 2002; in den Jahren 2003, 2004, 2005 machen wir es nicht mehr.“ Auch da sind Sie mit dabei und mit dazu eingeladen und aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das, was wir in der Landesstiftung machen, in den nächsten Jahren eine Fortsetzung finden kann.

Es ist doch überhaupt keine Frage, dass wir armutsorientierte Entwicklungspolitik für wichtig halten. Dass wir sie auch als Friedenspolitik verstehen, wie Sie es zu Recht angesprochen haben, ist auch vollkommen klar. Gehen Sie mit den Gesprächen, die Sie führen, auch auf die zu, die im Moment meinen, dass wir sie nicht berücksichtigen würden, und sagen Sie denen, dass wir auf ihre Vorschläge warten, damit wir diese auch konkret in die Tat umsetzen können.

Lassen Sie mich noch ein paar Länder ansprechen, in denen wir konkrete Maßnahmen durchführen. Größere Auslandsmaßnahmen – nicht die vielen kleinen im 1 000-, 2 000-€-Bereich – werden in neun Ländern durchgeführt: in Lateinamerika: Brasilien, Chile, Peru, Kuba; in Afrika: Ägypten, Malawi; in Asien: China, Vietnam und Indonesien. Wir haben Berufsbildungsprojekte der technischen Zusammenarbeit. Wir haben konzipierte Projekte im Bereich der Handwerkerförderung und -ausbildung. Wir haben einen Experten in Kairo, um diese Projekte voranzutreiben. Wir werden in der Holzverarbeitung, im Umweltschutz Maßnahmen fortsetzen, die wir vor einigen Jahren mit Ihnen gemeinsam beschlossen und auch begonnen haben.

Da ergeben sich dann natürlich Ansätze für begleitende außenwirtschaftliche Maßnahmen. Meine Damen und Herren, das können Sie kritisieren. Ich stehe aber dazu, dass wir bei unseren Entwicklungshilfemaßnahmen und entwicklungspolitischen Maßnahmen mit berücksichtigen, wie die Hilfe, die wir dort leisten, womöglich mittel- und langfristig dann auch der baden-württembergischen Wirtschaft zugute kommen kann. Ich halte es für einen richtigen Ansatz, wenn wir das auch im Blickfeld haben. Ich denke nicht, dass man es kritisieren kann, wenn wir sagen: Der erste Ansatz ist der Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe in den betroffenen Ländern, den Kollege Dr. Lasotta angesprochen hat. Mittelfristig sollte es die Möglichkeit der Zusammenarbeit auch im Blick auf Vorteile für die baden-württembergische Wirtschaft geben. Das ist doch ein vernünftiger Ansatz. Diesen Ansatz wollen wir in den nächsten Jahren fortsetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich kann hier keiner sagen – und das wird auch hoffentlich niemand tun –, wie wir mit der finanziellen Ausstattung in den nächsten Jahren fortfahren werden. Ich muss Ihnen aber auch deutlich sagen: Sie können bei dem Einsparvolumen, das von Ihnen allen ja gefordert wird, nicht einzelne Bereiche ausnehmen. Ich habe niemanden gehört, der gesagt hat, man müsste nicht die Nettonullverschuldung bis 2006 tatsächlich schaffen. Das heißt: Sie alle stehen hinter dem Ziel, die Verschuldung zu reduzieren. Wenn dies dann in dermaßen großem Ausmaß erfolgen muss, dann können Sie, bei aller Wertschätzung, bei aller Notwendigkeit, nicht einzelne Bereiche von vornherein ausnehmen und sagen: „An der Stelle aber auf keinen Fall.“ Wenn Sie das an einer Stelle ma

chen, dann müssten Sie eine Vielzahl von anderen Bereichen mit der gleichen Berechtigung ebenfalls sehen. Deswegen muss man ehrlicherweise sagen: Ich kann nicht garantieren, dass wir in den Jahren 2003 und 2004 die Entwicklungspolitik mit Mitteln in demselben Umfang – der zugegebenermaßen gering genug ist – ausstatten können. Das muss man zum großen Bedauern aller, aber einfach aufgrund der gegebenen Situation auch dazusagen.

Ich will einen Gedanken aufgreifen, der von den Kollegen aus den Regierungsfraktionen – nicht heute hier, sondern an anderer Stelle – schon einmal angesprochen worden ist, der auch von den Vertretern der Oppositionsfraktionen angesprochen wurde: Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn Sie von Ihrer Seite aus die Bereitschaft mitbringen, dass sich Vertreter aus jeder Fraktion – einer oder zwei; das möge Ihnen überlassen bleiben – zum Jahreswechsel – entweder im ersten Quartal 2003 oder noch in diesem Jahr – einmal mit etwas mehr Zeit mit uns im Wirtschaftsministerium zusammensetzen, damit wir die Möglichkeit haben, die Gesamtmaßnahmen, die wir quer über mehrere Ministerien hinweg – Herr Dr. Glück, danke für den Vorschlag; ich bin übrigens gar nicht wild darauf, dass das dann in meinem Ministerium wäre, aber es sollte wirklich gebündelt werden; ich meine, dass das ein sinnvoller Vorschlag ist – durchführen, anzuschauen, und dass Sie Ihre Vorschläge dort auch einbringen können, sodass wir uns dann für die nächsten zwei, drei Jahre eine Gesamtkonzeption vornehmen können.

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie man sich in einem solchen Bereich, in dem man sich in den Grundlinien, dass die Hilfe, dass die Unterstützung, dass die Förderung, dass die Hilfestellung notwendig ist, einig ist, auseinander dividieren lassen kann. Deswegen meine ich: Es wäre sinnvoll, wenn wir uns zu einem solchen Treffen verständigen würden. All diejenigen, die Interesse haben, daran mitzuwirken, sind eingeladen, dies tatsächlich zu tun, damit wir ein Konzept haben, das auf mehrere Jahre angelegt ist, damit wir nicht in einem halben Jahr – ich sage das gar nicht uneigennützig – wieder eine Debatte haben, in der man sich in Dreieinhalb-Minuten-Beiträgen gegenseitig sagt, was man eigentlich mehr und besser machen sollte. Dieses Angebot gilt ausdrücklich. Ich lade Sie dazu ein.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf Ihre weiteren Beiträge.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Döring, ich finde Ihr Angebot gut, und ich denke, wir sollten dieses Thema nicht zwischen den Fraktionen zerreden, sondern wir sollten es produktiv behandeln. Trotzdem ist es wichtig, dass ich jetzt noch ein paar Punkte richtig stelle.

Zum Ersten zu dem Argument, Entwicklungszusammenarbeit sei beim Land eine Freiwilligkeitsaufgabe und beim Bund eine Pflichtaufgabe und der Bund sollte erst einmal et

was tun. Ohne Zweifel hat das Land einiges getan. Wir müssen aber auch der Ehrlichkeit halber sagen: Die Leistungen des Landes in der Entwicklungszusammenarbeit sind in den letzten Jahren mächtig zusammengeschmolzen. 1995 waren es 44 Millionen DM, und 2002 sind es etwa 12 Millionen DM. Das Land hat also die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit kräftig reduziert, gerade in den letzten Jahren, während es auf Bundesebene gelungen ist, das Ganze in den letzten Jahren etwas anzuheben. Das heißt natürlich nicht, dass der Bund genug getan hat, aber dort ist zumindest eine gewisse Trendwende geschafft. Das darf ich einfach zum ersten Punkt sagen.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Verhältnis zwischen der Public Private Partnership bzw. der Außenwirtschaft einerseits und Projekten der NGOs andererseits. Herr Döring, Sie haben mich falsch verstanden, wenn Sie behaupten, ich wollte mich nur für die NGOs einsetzen. Ich habe anfangs klar gesagt: Es gibt viele Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Vorteile für beide Seiten haben und die den Interessen unseres Landes und auch den Interessen der armen Menschen in den so genannten Entwicklungsländern nützen. So etwas wollen wir vorantreiben. Da habe ich überhaupt nichts dagegen. Public Private Partnership ist eine Sache, die ihren Sinn macht, wenn sie gut durchgeführt wird, aber sie ist nicht das Allheilmittel. Wir brauchen auf der anderen Seite ergänzend auch noch die basisorientierten, armutsorientierten Projekte. Meine Kritik bezog sich nur darauf, dass es in der Koalitionsvereinbarung heißt – ich darf noch einmal zitieren –:

Wir werden uns dabei stärker auf die Zusammenarbeit mit den Kirchen und den Nichtregierungsorganisationen konzentrieren.

Kaum ist die Tinte trocken, werden die Gelder am Ende des Jahres auf null gefahren. Das wollte ich kritisieren, und das möchte ich hier noch einmal scharf und deutlich kritisieren. Ich höre es gerne, wenn Sie sagen, die Kirchen sollen jetzt einmal Vorschläge machen; dann werden wir gemeinsam suchen, ob wir Geld dafür finden. Ich fasse das als eine Zusage auf, dass Sie versuchen, von der kompletten Streichung dieser Mittel wegzukommen.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Sei- metz CDU: Einsamer Beifall!)

Meine Damen und Herren, das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Glück.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Grünen enthält einen Beschlussteil.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Überweisung an den Ausschuss!)

Jetzt will ich eigentlich nicht, dass der nur abgelehnt wird. Herr Witzel, ich würde empfehlen, dass wir den Antrag zurückstellen,

(Abg. Drexler SPD: Ausschussüberweisung!)

bis das vom Minister angeregte Gespräch im Ministerium stattgefunden hat.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Guter Vorschlag!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags. Kann ich davon ausgehen, dass Abschnitt I durch die Aussprache erledigt ist? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

Wie soll mit Abschnitt II des Antrags verfahren werden?

(Abg. Schmiedel SPD: Stellen wir zurück! Zurück- stellen war doch der Antrag! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Überweisung an den Ausschuss!)

Überweisung des Abschnitts II an den Wirtschaftsausschuss. – Sie stimmen dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist es so beschlossen.