Protocol of the Session on July 17, 2002

Erstens: Uns ist nicht neu, dass die SPD schon damals für eine Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe war. Das war schon damals deren Haltung.

Zweitens: Es ist auch klar, dass die baden-württembergischen Wohnungsbauverbände, auch die kommunalen Verbände die Fehlbelegungsabgabe lieber abgeschafft sehen würden. Dass die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe mit einem gewissen Bürokratieaufwand versehen ist, haben wir vor eineinhalb Jahren auch schon gewusst.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Was ist eigentlich neu? Neu ist eigentlich nur, dass Sie wieder versuchen, ein Stuttgarter Beispiel auf das ganze Land zu übertragen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Wider- spruch bei der SPD)

Das ist neu.

(Zuruf des Abg. Gaßmann SPD)

Der nächste Punkt: Wir haben die kommunalen Landesverbände gefragt. Das Ergebnis ist: Die kommunalen Landesverbände wollen gegenwärtig nicht auf diese Zweckentfremdungsabgabe verzichten,

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

sondern sie hätten gern ein unbürokratischeres Verfahren und würden es begrüßen, wenn das Wirtschaftsministerium in einer Umfrage prüfen würde, ob Verbesserungen möglich sind.

Mich wundert schon, dass Sie gerade in einer Zeit, in der Sie nicht müde werden, zu sagen, der Wohnungsmarkt entspanne sich nicht, sondern würde sich gerade anspannen, die Abschaffung fordern. Sie sprechen ja übrigens nicht ganz unbegründet von einer teilweisen Wohnungsnot. Mich wundert es, dass Sie ausgerechnet jetzt mit der Forderung nach Aufgabe der Zweckentfremdungsabgabe kommen. Das beißt sich.

(Beifall bei der FDP/DVP Abg. Drexler SPD: Das wird doch nicht angewandt!)

Alle Beteiligten wissen, dass es zwingende Gründe braucht, wenn diese Zweckentfremdungsabgabe fallen soll. Dies zeigt auch die Umfrage. Denn eines ist völlig klar: Es ist ein sozialpolitisches Steuerungsmoment, und es ist auch eine Frage von sozialpolitischer Gerechtigkeit, die Sie

doch immer im Munde führen. Deshalb wundert mich Ihre Forderung.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Letzter Punkt, abschließend: Eineinhalb Jahre sind gerade vergangen. Es ist nichts Neues eingetreten, was nicht schon damals vorgetragen wurde.

(Abg. Drexler SPD: Das Gesetz wurde nicht ange- wandt!)

Ich muss Ihnen sagen: Ich glaube nicht, dass es für diesen demokratischen Rechtsstaat von Schaden wäre, wenn die Haltbarkeitsdauer von Gesetzen, die wir verabschiedet haben, die Haltbarkeitsdauer von Schnittkäse überschreiten würde. Das müsste deutlich überschritten werden; denn die ist auf eineinhalb Jahre beschränkt. Wir sollten Gesetze, wenn wir sie einmal geschaffen haben, nicht einfach wieder kippen. Wir sollten vielmehr dem folgen, was das Wirtschaftsministerium sagt: prüfen. Die Kommunen wollen eine Untersuchung. Danach werden wir sehen, was dabei herauskommt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Abg. Drexler SPD: Niemand wendet das Gesetz an!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Diese Debatte zur Fehlbelegungsabgabe haben wir in der Tat schon im Februar 2001 geführt. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit darf ich auf die Position, die ich damals vertreten habe und die im Plenarprotokoll 12/103 nachzulesen ist, verweisen.

Ich möchte zur Begründung nur auf zwei Argumente eingehen, die von Herrn Gaßmann gebracht wurden.

Zum Ersten kam das Argument, die Kommunen würden nicht mitziehen. Herr Gaßmann, ich habe genau das Gegenteil dessen, was Sie aus Stuttgart zitierten, aus Freiburg gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Es ist schlicht und einfach so: Dort wurde gesagt, und das ist auch unsere Position: Die Fehlbelegungsabgabe ist ein sozialpolitisches Instrument, ist ein Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit, und zwar insbesondere in der derzeitigen Situation, in der die Mieten anziehen und Sozialwohnungen wieder knapp werden.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Gerade in dieser Situation, in der wir wenig Sozialwohnungen haben das liegt im Wesentlichen auch daran, dass das Land eine falsche Wohnungspolitik betreibt, weil das Land systematisch die sozialen Mietwohnungen vernachlässigt ,

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

müssen wir dafür sorgen, dass die sozialen Mietwohnungen gerecht verteilt werden.

(Abg. Hauk CDU: Falscher Adressat!)

Dafür brauchen wir dieses Instrument. Das ist Punkt eins.

Zum Zweiten: Sie sagen, das Aufkommen schrumpfe. Aus der Stadt Freiburg höre ich, dass das Aufkommen pro Jahr bei 330 000 € liegt. Wenn man die Verwaltungskosten davon abzieht, bleibt noch ein erklecklicher Betrag übrig, den die Stadt Freiburg im Haushalt braucht. Angesichts der Finanzlage der Kommunen können wir denen nicht einfach das Geld wegnehmen.

(Beifall bei den Grünen)

Die Stadt Freiburg will dieses Geld explizit haben und tritt für dieses Instrument ein.

(Unruhe)

Zum Dritten: das Argument mit der Vertreibungsabgabe. Ich habe mich auch da beim Wohnungsamt Freiburg kundig gemacht. Dort wurde mir gesagt: Dieses Argument trifft schlicht und einfach nicht zu. Die Freibeträge wurden deutlich erhöht. Das ist das Erste. Deshalb zahlen 90 % der Bewohner von Sozialwohnungen derzeit keine Fehlbelegungsabgabe. Es handelt sich also höchstens um einen Restteil von 10 %.

Jetzt schauen wir einmal, was diese Leute zahlen. Von diesen 10 % der Mieter in Sozialwohnungen zahlen etwa die Hälfte den Mindestsatz. Der Mindestsatz beträgt 25 Cent pro Quadratmeter. Bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung sind das im Monat also 25 €. Und das wollen Sie als Argument dafür nehmen, dass die Leute eine andere Wohnung, ein anderes Quartier suchen? Das kann nicht das auslösende Moment sein. Das ist sicherlich nicht die Ursache für eine Vertreibung.

Wir sagen: Diese Leute können das zahlen, zumal ja die Kappungsgrenze gilt. Die marktübliche Miete gilt als Obergrenze. Niemand zahlt für eine Sozialwohnung auch mit einer Fehlbelegungsabgabe mehr als die marktübliche Miete. Deshalb sticht das Argument der Vertreibungsabgabe nicht.

(Unruhe Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich will es dabei in aller Kürze bewenden lassen. Wir sehen derzeit keinen Handlungsbedarf.

Die SPD hat handwerklich bei ihrer Initiative einen Schnitzer gemacht. Sie hat am 1. Februar beantragt, die Kommunen zu fragen, wie sie zur Fehlbelegungsabgabe stehen. Am 2. Februar bringt sie dann einen Gesetzentwurf ein, in dem sie behauptet, die Kommunen seien dagegen. Das ist handwerklich nicht solide.

Wir meinen, man sollte erst einmal abwarten, was die Kommunen sagen, welche Stellungnahme von ihnen kommt. Danach können wir gerne darüber reden. Aber derzeit sehen wir keinen Handlungsbedarf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der FDP/DVP)

Bevor ich das Wort Herrn Minister Dr. Döring erteile, rufe ich noch einmal Punkt 4 der Tagesordnung auf:

a) von Mitgliedern des Rundfunkrats des Südwestrundfunks

b) von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Verwaltungsrats des Südwestrundfunks

Ich darf Ihnen die weiteren Ergebnisse der Wahl von Rundfunkratsmitgliedern bekannt geben: Auf Herrn Abg. Kretschmann entfielen 35 Stimmen, auf Frau Abg. Lösch 2, auf Herrn Abg. Oettinger entfiel eine und auf Herrn Abg. Walter ebenfalls eine Stimme.

Punkt 4 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Wir kommen zurück zu Punkt 6: