Protocol of the Session on June 20, 2002

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Teßmer.

Herr Präsident, Herr Minister, Herr Staatsrat, meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass der Herr Staatsrat da ist; denn ich glaube, der Minister hat in puncto Gesundheit noch nie so viel Beratungsbedarf wie im Augenblick gehabt. Herr Beyreuther, munitionieren sie ihn einmal.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Herr Hauk, gehen Sie lieber in Ihren Wald, und sorgen dafür, dass das Holz wieder teurer wird.

(Lachen bei der SPD und den Grünen Zurufe von der CDU)

Sie haben allen Grund, anzufangen.

Ich möchte jetzt

(Zurufe von der CDU)

Anscheinend wollen Sie gar nichts hören.

(Abg. Hauk CDU: Wo bleibt die Sachlichkeit?)

Liebe Frau Kollegin, ich darf Ihnen ein ganz klein bisschen widersprechen. Wir wollten heute eigentlich über C12H7Cl2NO3, zu Deutsch „Nitrofen“, reden.

(Abg. Blenke CDU: Oh!)

Wir bereiten uns eben vor.

(Abg. Blenke CDU: Sehr gut!)

Ich hatte ein wenig das Gefühl, Sie haben die griechische Mythologie benutzt. Da hat man nämlich den Überbringer der schlechten Nachricht gesteinigt, nicht den Verursacher. Damit sollten wir jetzt aber langsam einmal anfangen; denn das ist nämlich der Sinn einer Debatte.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Herr Kollege Walter hat versucht, dies sehr deutlich zu machen. Es geht doch nicht um eine Krise der Landwirtschaft, ob ökologisch oder konventionell beides müssen wir schützen , sondern es geht um eine Krise der Gesellschaft. Es lohnt sich, Gifte so lange zu verdünnen, bis ein Grenzwert unterschritten wird, damit man sie entsorgen oder verkaufen kann. Es ging doch nicht um Nitrofen im Staub. Sie müssen sich überlegen, was es heißt, wenn der Wert von 0,01 Milligramm pro Kilogramm überschritten worden ist. Es muss sich also um Tonnen von Nitrofen gehandelt haben, die dort hineingelangt sind. Jetzt heißt es, dass nichts mehr erzeugt wird. Dabei weiß jeder, der sich ein bisschen informiert

(Zuruf von der CDU)

ich auch nicht , dass in Hessen jetzt noch jedes Jahr 550 Tonnen Nitrofen erzeugt werden. Wenn man fragt: „Was macht ihr damit?“, dann heißt es: „Das kommt nicht so in den Kreislauf.“ Als man gefragt hat, was die denn damit machen, hieß es: „Das geht in die anderen Pflanzenschutzmittel.“ Wer sagt uns denn, dass „unterwegs“ nicht auch etwas verschwindet? Jetzt so zu tun, als ob Herr Backhaus oder Mecklenburg-Vorpommern mit seiner uralten Halle daran schuld seien, ist zu einfach.

(Abg. Kiefl CDU: Ein großes Problem! Abg. Dr. Lasotta CDU: Künast!)

Frau Künast hat das, was sie konnte, korrekt gemacht.

(Abg. Hauk CDU: Genau! Das, was sie konnte! Weitere Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Al- fred Haas)

Herr Haas, Sie sind angeblich Gutachter, und angeblich haben Sie von irgendetwas eine Ahnung; ich weiß allerdings nicht, wovon. Sie müssen doch eines klar sagen: Die Kontrolle liegt bei den Ländern. Das ist so, und das wissen wir auch. Wenn die Kontrolle aber nicht funktioniert hat, dann ist etwas falsch gelaufen.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Wo hat sie nicht funk- tioniert?)

Ich sage es Ihnen gleich; das war eine wunderbare Vorlage, lieber Herr Kollege Oberbürgermeister.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Abgeordneter!)

Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung darf ich ein Zitat bringen.

(Abg. Hauk CDU: Könnten wir zum Thema kom- men?)

Seien Sie doch einen Moment ruhig! Sie diskutieren schon, bevor sie etwas gehört haben.

(Abg. Hauk CDU: Oberlehrer!)

Ich zitiere:

Neben Nitrofen sind in der am stärksten belasteten Probe auch die Pflanzenschutzmittel DDT und dessen Abbauprodukte Lindan, Methoxychlor, Simazin nachweisbar.

(Abg. Blenke CDU: Soll ich es vorlesen?)

Dieses Ergebnis spricht für eine Vermischung des Ökofuttergetreides mit belastetem Getreide aus konventionellem Anbau. Auch für DDT ist eine Höchstmengenüberschreitung nach Rückstandshöchstmengenverordnung in der am stärksten belasteten Probe festzustellen.

Wo habe ich das her? Aus einem Gutachten zur Verunreinigung.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Herr Haas, hören Sie jetzt einmal ein ganz kleines bisschen zu. Wenn es Ihnen dann wieder nicht passt, dann machen Sie einen Zwischenruf.

Das ist ein Gutachten zu dieser Nitrofen-Probe. Das finde ich hervorragend. Aber dieses Gutachten ist nicht von irgendeinem Land oder von irgendeiner Kontrollbehörde in Auftrag gegeben worden, sondern von einer Versicherung, weil diese bezahlen sollte. Da haben wir festgestellt: Nachdem bekannt war, was in dem Gutachten steht, hat keine zuständige Kontrollbehörde in einem Bundesland, kein Hersteller, kein Putenmäster, hat niemand darauf reagiert. Reagiert wurde erst, als es ein Skandal war. Man hätte nämlich schon etwas früher etwas tun können.

Jetzt darf ich Ihnen noch ein kleines zweites Zitat das ist noch kürzer vorlesen:

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln werden nicht als eine ernsthafte Gefahr angesehen. Produkte, deren Rückstände die gesetzlichen Höchstwerte überschreiten, werden in der Regel nicht beschlagnahmt. Die Verfahren bei Verstößen sind überaus schwerfällig, und es werden nur selten Verwaltungsverfahren eingeleitet. Das Feedback zwischen den einzelnen Kreisen ist unzureichend.

In Bayern so der Bericht würden die Warnmeldungen in Bezug auf Pflanzenschutzmittel in den meisten Fällen gar nicht weitergeleitet, da eine geringfügige Überschreitung der Rückstandshöchstmengen nicht als ein Gesund

heitsrisiko angesehen werde. Entsprechend der Einschätzung von Toxikologen betrachte das bayerische Ministerium in der Regel lediglich hundert- bis tausendfache Überschreitungen als gesundheitsgefährdend.

Und so jemand wie der Chef von Bayern will die Bundesrepublik regieren, wenn er nicht einmal seine eigene Kontrolle im Griff hat? Das ist ja gerade so, als wenn man dem Fuchs sagte: Pass auf die Hühner auf.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und Abgeord- neten der Grünen)

Ich muss Ihnen noch sagen: Dieses Zitat kommt nicht von einer Frau Künast, sondern von der EU-Kommission, die das Land Bayern und das Land Sachsen kontrolliert hat. Das heißt, das ist bekannt.

Ich habe dann die Reaktion der Bayerischen Staatsregierung oder gar des Ministerpräsidenten Stoiber gesucht. Es gibt dazu keine Reaktion.

(Abg. Alfred Haas CDU: Fünf Monate dauert das bei Künast!)

Herr Haas, was haben Sie gesagt? Sagten Sie: „Das stimmt so“, oder was haben Sie gesagt?

(Abg. Alfred Haas CDU: Fünf Monate dauert das bei Künast! Am 23. Januar habe ich ihr einen Brief geschrieben, am 18. Juni hat sie geantwortet! Zu- ruf von der SPD)