Protocol of the Session on June 20, 2002

(Zuruf von den Grünen: Es heißt ja auch so!)

darzustellen, dass ausreichende Maßnahmen getroffen sind und die Vermarktung verseuchter Futtermittel gestoppt werden kann, sind wir an diesem EU-Exportverbot vorbeigekommen.

(Abg. Walter GRÜNE: Wer ist die Chefin dieser Beamten?)

Schlimm ist es, dass die anfangs vermeintliche Konzentration des Nitrofen-Skandals auf Biobetriebe eigentlich die gesamte Biobranche in Verruf brachte. Bedenklich stimmt es auch, wenn ich sehe, mit welcher Mentalität Sie hier auftreten, Herr Walter: die Mentalität der idealisierenden Gutmenschen,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Abg. Dr. Birk CDU: Endlich sagt es mal einer! Abg. Kübler CDU: Zuhören, Herr Kollege Walter! Zu- ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

für die es unvorstellbar war, dass es auch in der Biobranche Raum für unkorrektes, laxes und kriminelles Verhalten gibt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der FDP/DVP Zurufe der Abg. Brigitte Lösch und Dr. Salomon GRÜNE)

Wenn man sich die einzelnen Vorkommnisse der letzten Monate in Erinnerung ruft, Herr Walter, dann muss man sogar feststellen

(Abg. Walter GRÜNE unterhält sich mit Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE)

Herr Walter, ich kann warten, bis Sie die Unterhaltung mit Ihrer Parteifreundin beendet haben.

(Abg. Walter GRÜNE: Das war ein Zwischenruf, der auf Sie gemünzt war! Gegenruf des Abg. Drautz FDP/DVP: Dann aber laut und nicht ver- deckt!)

Umso unverständlicher ist es, dass beispielsweise die so genannte Grünstempel-Ökoprüfstelle am 4. April 2002 ihre Kenntnisse über die Verunreinigung des Hallenbodens gar nicht weitergegeben hat und nicht darauf hingewiesen hat.

(Abg. Alfred Haas CDU: Skandal! Abg. Dr. Birk CDU: Der Rücktritt der Frau Künast ist fällig! Da ist jeder Tag zu viel!)

Ebenso muss man sich wundern, dass von der Bundesforschungsanstalt für Fleisch in Kulmbach, die der Ministerin direkt unterstellt ist, keine Informationen in ihr Haus gedrungen sind.

Dieser Schock des Nitrofen-Skandals so schlimm er auch ist hat, wie Sie vorhin selbst gesagt haben, auch etwas Gutes, nämlich dass man die mit den weichen Biosiegeln versehenen Produkte zukünftig vielleicht etwas genauer ins Visier nimmt, kritischer unter die Lupe nimmt.

Die ehrlich wirtschaftenden Ökobetriebe unterwerfen sich strengen Produktionsvorgaben. Sie werden es begrüßen, wenn man dieses weiche Biosiegel etwas kritischer betrachtet. Werden doch die mühsam aufgebauten Existenzen in dieser Branche man hatte ja einige Vorleistungen zu erbringen durch die sich bereits breit machenden Bioketten, die auf diesem weichen Biosiegel ihr Feld suchen, in größte Existenzgefahr gebracht.

Die größte Gefahr geht allerdings, denke ich, von der Agrarindustrie aus, von den Konzernen, die sowohl auf konventionelle als auch auf ökologische Weise produzieren. Dann kann man wirklich nicht immer garantieren, dass die unterschiedliche Fütterung in jedem Fall streng getrennt ist. Frau Ministerin Künast sollte wirklich einmal darüber nachdenken, ob sie mit ihrer Propagierung von „Billigbio“, nämlich des Biosiegels, ihr futuristisches Ziel

(Abg. Walter GRÜNE: So ein Quatsch!)

von 20 % Anteil der Bioproduktion an der Gesamtproduktion weiter betreiben will,

(Abg. Dr. Birk CDU: Illusionär! Abg. Walter GRÜNE: Das ist doch absoluter Quatsch!)

ob dies eine solide ökologische Politik ist.

(Abg. Dr. Birk CDU: Schaumschlägerei!)

Zu einer soliden ökologischen Politik gehört, wie Sie selber gesagt haben, auch das Handeln nach dem Grundsatz „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser“. Das müssen wir alle gemeinsam beherzigen. Das möchte ich hier im Sinne einer sachlichen Diskussion sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Zuruf von der SPD: Was heißt „sachlich“?)

Wir können das müssen wir uns vor Augen halten, und das hat auch Herr Teßmer im Ausschuss schon häufiger thematisiert noch so viele Gesetze machen;

(Abg. Teßmer SPD: Von Ihnen wollen wir nicht gelobt werden!)

im Zweifel erhöhen Sie nur die Bürokratie, die unsere Landwirte draußen belastet.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das passt aber nicht zu „Kontrolle ist besser“! Abg. Kübler CDU: Herr Palmer, nicht so vorlaut!)

Sie müssen ein Gesetz so machen, dass es auch anwendbar ist.

Beklagenswert ist die Tatsache, dass es einer Reihe von Krisen und Skandalen bedurfte, um die Notwendigkeit das sage ich jetzt als Erkenntnis eines lückenlosen Kontrollsystems zu erkennen. So kommen die von Frau Künast schon lange vorgesehenen Gespräche mit der Futtermittelindustrie, die das Thema Kontrolle zum Inhalt haben sollen, reichlich spät.

(Abg. Alfred Haas CDU: Bei der Frau kommt alles zu spät! Abg. Walter GRÜNE: Wann hat denn Herr Borchert die Gespräche geführt? Gegenruf des Abg. Kübler CDU: Bitte nicht unterbrechen! Heiterkeit bei den Grünen)

Bereits die Krise um BSE ging von den Futtermittelbetrieben aus. Die Krise des mit Antibiotika verseuchten Fischmehls ging ebenfalls von der Futtermittelindustrie aus. Nitrofen ist nun erneut ein Thema der Futtermittelindustrie. Ich denke, es wird Zeit, sich dieser Branche anzunehmen.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP Abg. Pfister und Abg. Drautz FDP/DVP: Nicht unterbrechen!)

Danke sehr, Herr Theurer. Ich denke, das gilt umso mehr, wenn man, wie Herr Walter das heute auch wieder thematisiert hat, sich als Krisenmanagerin im Lebensmittelbereich so vollmundig dargestellt hat.

(Abg. Hauk CDU: Versagen auf der ganzen Linie!)

So hat Frau Künast auch im Falle Nitrofen noch ihre Hausaufgaben zu machen. Von wegen „lückenlose Aufklärung“! Es gibt bis heute noch keine Informationen von den Betrieben, die in Malchin ihr Getreide abgeliefert haben. Wir wissen nicht, ob dort Probenziehungen tatsächlich stattgefunden haben.

(Abg. Walter GRÜNE: Lesen Sie eigentlich keine Zeitung?)

Ich will nun nicht weiter der Versuchung erliegen, nur Schuld zuzuweisen. Es darf kein Pardon mit krimineller Ignoranz geben, die ja den Nitrofen-Skandal verursacht hat. Das Fehlverhalten Einzelner aus der Futtermittelwirtschaft droht das Image der Agrarwirtschaft und der Bauern zu zerstören. Die gesperrten Betriebe sind völlig unverschuldet in diese äußerst schwierige Situation geraten. Sie wurden durch die Sperrung regelrecht an den Pranger gestellt und gebrandmarkt. Ihren mühsam aufgebauten Verbindungen zu den Marktpartnern in der Weiterverarbeitung und im Lebensmitteleinzelhandel droht jetzt die Zerstörung.

Wenig hilfreich war es hier, dass der Schweriner Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus nur aus ich möchte sagen Medieninteresse

(Abg. Alfred Haas CDU: Mediengeilheit!)

die Betriebe gesperrt hat. Die Betriebe mussten die Sperrung aus den Medien erfahren.

(Abg. Teßmer SPD: So ein Quatsch!)

Es gilt daher, als ersten Schritt die Untersuchungskapazitäten von Bund und Land weiter auszunutzen und die Kontrolle zu verschärfen. Es darf da keine weiteren Verzögerungen geben.

Was gilt es zu tun, um die Lebensmittelsicherheit in Zukunft zu gewährleisten?

(Zurufe von der CDU: Künast ablösen!)

Ein erster und richtiger Schritt ist, dass es nun eine offizielle Meldepflicht für die Lebensmittelhersteller geben muss,

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

damit sie die Störungen im Lebensmittelbereich nicht durch Rückrufaktionen vertuschen können.

Außerdem muss es für uns ein Ziel sein, die Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel innerhalb der Produktionskette sicherzustellen. Dazu sollten die Wirtschaft, die ja ein teilweise sehr intensives Eigenkontrollsystem hat, und der Staat miteinander synergetisch zusammenarbeiten. Wir wollen, dass für die Bevölkerung mehr Transparenz besteht, was Lebensmittel angeht. Wir wollen, dass sie mehr Sicherheit und noch mehr Informationen hat.

Der Entwurf des Verbraucherinformationsgesetzes, der nun als Schnellschuss vorliegt, hat noch viele Mängel und taugt dazu nicht. Wir wollen ein Verbraucherinformationsgesetz das steht außer Frage , aber nicht in der Form des Entwurfs, den Frau Künast im Vermittlungsausschuss präsentiert hat. Es muss sich seinen Namen verdienen, und es muss europäisch ausgerichtet sein. Das ist völlig klar. Wenn man den neuen Skandal mit Thailand im Auge hat, muss sich unser Verbraucherschutz zukünftig sogar weltweit im Rahmen der WTO bewegen.