Protocol of the Session on June 19, 2002

Wir hätten zweitens die innovativen Handlungsmöglichkeiten der Zukunftsoffensive und der Projektförderung der Stiftung aus der Hand gegeben. Vor allem hätten wir nicht nach dem Prinzip „Vermögen gegen Vermögen“ handeln können.

(Abg. Drexler SPD: Stimmt gar nicht! Abg. Bir- zele SPD: Herr Pfister, Sie wollten doch selbst das Geld im Landeshaushalt haben!)

Deshalb ist dieser Antrag der SPD eine Luftnummer,

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

deshalb ist dieser Antrag von Propaganda gekennzeichnet: die Landesstiftung würde unnötiges Zeug produzieren. Dies ist erwiesenermaßen unsinnig. Sie wissen das, weil Sie in vielen Bereichen auch zugestimmt haben.

(Abg. Bebber SPD: Die einzige Luftnummer sind Sie! Mein Gott, das ist ja schrecklich! Abg. Fi- scher SPD: Warum haben Sie das selbst gewollt? Abg. Drexler SPD meldet sich zu einer Zwischen- frage. Glocke des Präsidenten)

Im Augenblick nicht.

Ihr Antrag, Herr Kollege Drexler, versucht, dieses Instrument der Politik des Landes kaputtzumachen,

(Lachen bei der SPD Abg. Drexler SPD: Lassen Sie mich doch eine Frage stellen! So ein Ge- schwätz, das glauben Sie ja selbst nicht!)

das Vermögen des Landes einer Bestimmung zuzuführen, die für die Zukunft den höchsten Ertrag verspricht: Bildung und Wissenschaft, Forschung und neue Technologien,

(Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Innovation und Zukunftssicherung. Es gibt keine bessere Investition, als in die Köpfe der jungen Generation zu investieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Zuruf: Aber jetzt! Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU Abg. Drexler SPD: Herr Kollege Haas, Sie sind doch befangen! Natürlich! Für Ihr schwach- sinniges Projekt! Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU: Wenn das ein schwachsinniges Projekt ist, müssen Sie in die Irrenanstalt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Oettinger, für Ratschläge altgedienter Fraktionsvorsitzender bin ich natürlich dankbar. Die Wahrscheinlichkeit allerdings, dass Sie einem Fraktionsvorsitzenden einer Oppositionspartei die richtigen Vorschläge machen, wie er den Regierungschef angreifen soll, ist doch ziemlich gering.

(Beifall bei den Grünen)

Darum würde ich sagen: Trinken wir lieber einmal ein Viertele. Das ist, glaube ich, die bessere Ebene für Ratschläge, für die ich dann wirklich auch dankbar bin.

Worum geht es heute eigentlich?

(Abg. Alfred Haas CDU: Das weiß kein Mensch! Große Heiterkeit Abg. Birzele SPD: Herr Haas hat wieder für sich gesprochen! Abg. Drexler SPD: Haas spricht dauernd für sich! Abg. Birzele SPD: Und verwechselt das mit der Allgemeinheit!)

Es geht heute um eine sehr wichtige Frage, nämlich darum, ob es gerechtfertigt ist, dass man sich tagespolitische Vorteile auf Kosten der politischen Substanz und der politischen Nachhaltigkeit erwirtschaftet. Haargenau darum geht es.

(Beifall bei den Grünen)

Ich möchte dazu aus der Europarede zitieren, die Herr Ministerpräsident Teufel anlässlich der 25. Plenarsitzung in Karlsruhe gehalten hat. Er sagte:

Warum hat denn der Bundesrat so viele Einspruchsmöglichkeiten bei Bundesgesetzen? Er hat sie deshalb, weil der dritte Teil „konkurrierende Gesetzgebung“ im Grundgesetz grundsätzliche Zuständigkeit der Länder und im Ausnahmefall und bei Begründung Zuständigkeit des Bundes im Laufe von 50 Jahren ausnahmslos, sprich zu hundert Prozent, zum Bund gegangen ist. Leidtragende waren die Landesparlamente. Sie haben die Gesetzgebungskompetenz verloren. Die Landesregierungen sind dafür durch Beteiligung im Bundesrat entschädigt worden. Aber das ist nicht der Föderalismus, den wir uns vorstellen. Wir wollen keinen Beteiligungsföderalismus in Deutschland, sondern einen Gestaltungsföderalismus.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig!)

Das Protokoll vermerkt: „Beifall bei allen Fraktionen“.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist auch richtig!)

Weiter führte er aus:

Es muss eine Diskussion beginnen über eine Korrektur der fatalen Entwicklung, die seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland einseitig zulasten der Länder die nach unserer Verfassung Staaten sind, Staatscharakter haben, nicht irgendwelche Regionen sind und vor allem zulasten der Länderparlamente erfolgt ist. Darum müssen wir uns gemeinsam innerstaatlich bemühen.

Das Protokoll vermerkt: „Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Kretschmann GRÜNE“.

Was Sie mit der Landesstiftung machen, ist genau das: das Landesparlament schwächen.

(Abg. Drexler SPD: Natürlich!)

Das ist der erste wichtige Vorwurf, den ich Ihnen bei dieser Konstruktion mache. Das Parlament bekommt sein Budgetrecht im Kern entzogen bei einer gewaltigen Summe, nicht nur bei irgendeiner kleinen Summe, sondern bei einer Summe, die weit höher ist als die so genannte freie Spitze, über die hier bei Haushaltsberatungen verhandelt wird. Das so genannte Königsrecht, nach dem wir entscheiden, was mit den Mitteln des Landes geschieht, wird in einem ganz relevanten Bereich diesem Parlament entzogen.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Genau darum geht es!)

Das ist die erste grundsätzliche Kritik an Ihrer Konstruktion.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zweitens: Haushaltspolitik unterliegt strengen Normen und Regeln, zum Beispiel denen der Haushaltsklarheit und der Haushaltswahrheit, Herr Kollege Oettinger. Ein ganz entscheidendes Element dabei ist, dass wir Haushaltsberatungen im Lichte der Öffentlichkeit durchführen. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger draußen im Land nachvollziehen, ob wir die Verpflichtung der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit einhalten und ob wir in ihren Augen eine richtige Politik machen oder nicht. Das ist eine ganz entscheidende Grundlage des Demokratieprinzips.

Wenn die Mittel, die diese Stiftung vergibt und die damit diesem öffentlichen Vorgang entzogen sind, weit höher sind als die freien Mittel, über die wir hier verfügen, dann schwächen Sie das Landesparlament nachhaltig. Ihre Kritik, die Sie in Ihrer Europarede geäußert haben dass alles auf den Bund übergegangen sei , hat keine Glaubwürdigkeit, wenn Sie in Ihrem eigenen Land durch eine solche Konstruktion Ihr eigenes Parlament schwächen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Drittens: Schon diese formalen Gesichtspunkte sind ein schwerwiegender Einwand gegen Ihre Lösung. Was aber besagt das Haushaltsrecht eigentlich materiell? Materiell

bedeutet Haushaltsrecht, dass dieses Parlament bei knappen Mitteln die Mittel sind immer knapp; derzeit sind sie so knapp wie noch nie die Möglichkeit hat, Prioritäten zu setzen. Es ist der Sinn der Haushaltsberatungen, dass wir darüber beraten, wofür wir Geld ausgeben und wofür nicht, und dass wir dies in freier Entscheidung und unter Berücksichtigung dessen tun, was die Erfordernisse des Landes uns aufgeben.

Auch dies wird durch jene Konstruktion in ganz fataler Weise unterlaufen. Das Parlament kann ja nur noch global den Vorgaben dieser Stiftung zustimmen und nur nach deren Kriterien: steuerbegünstigt, neue Projekte, Freiwilligkeit.

(Abg. Drexler SPD: Gemeinnützigkeit!)

Wenn wir nun einmal davon ausgehen, dass es logischerweise nichts Gemeinnützigeres geben kann als ein Parlament, das die Steuermittel der Bürgerinnen und Bürger verwaltet, dann sind dies alles Projekte, die jedenfalls nicht zum Kernbestand der Landespolitik gehören. Sonst würden sie nämlich im Haushalt stehen.

Wissen Sie, auch ich hätte Hunderte von tollen Ideen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Was? Abg. Alfred Haas CDU: Bringen Sie doch mal welche! Weitere Zurufe von der CDU)

Aber die meisten davon erblicken aus zwei Gründen nicht das Licht der Öffentlichkeit: entweder weil sie in der Praxis leider nicht funktionieren oder weil das Geld dazu fehlt. Das ist das Entscheidende. Deswegen sind auch Ihre einzelnen Projekte im Großen und Ganzen nicht zu kritisieren. Entscheidend ist, ob Sie bei der Haushaltslage, die wir heute haben Sie wollen die Nettonullverschuldung bis zum Jahr 2006 erreichen , in der Lage sind, dieses hohe Ziel zu erreichen, wenn diese Mittel statt zur Schuldentilgung für Projekte ausgegeben werden, die man dann umsetzt, wenn man Geld übrig hat, aber nicht, wenn es an allen Ecken und Enden klemmt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn die Wiese nicht in Ordnung ist, hat es keinen Sinn, Orchideen säen zu wollen. Das ist ein ganz falscher Ansatz der Haushaltspolitik.

Dazu kommt, dass die Stiftung logischerweise immer nur Projekte beschließen kann. Diese Projekte, zum Beispiel im Hochschulbereich, verursachen, wenn sie auslaufen, natürlich Folgekosten. Entweder muss man dann dauernd neue Projekte auflegen das wollen Sie offensichtlich, wenn Sie dauernd neue Erlöse in die Stiftung einbringen , oder es schlägt irgendwann doch auf den Haushalt zurück, und dann machen wir hier alle große Augen und wissen nicht, wie wir die Probleme bewältigen sollen.