Protocol of the Session on May 15, 2002

Ich möchte noch einen dritten Aspekt benennen: die Frage der Kostenneutralität. Denn das wurde auch angesprochen. In Rheinland-Pfalz ich habe es vorhin schon gesagt; ich möchte es jetzt noch ein kleines bisschen deutlicher machen lernen ein Drittel aller Grundschüler über das ganze Land verteilt Französisch als Grundschulfremdsprache, und zwei Drittel der Grundschüler lernen Englisch. Es gibt über ganz Rheinland-Pfalz verteilt Verbünde, in denen jeweils die Schulträger, die Schulen und die Elternbeiräte über die Einführung von Englisch oder Französisch entscheiden. Das Ergebnis ist: Ein Drittel der Kinder in Rheinland-Pfalz lernt aufgrund dessen Französisch. Das ist mehr, als wenn hier nur in der schmalen Rheinschiene die Kinder Französisch lernen.

Deshalb bin ich dafür, dass Verbünde angeboten werden, dass man Akzeptanz fördernde Maßnahmen ergreift, dass man positiv damit umgeht und dass möglichst viele Schüler, und zwar mehr als nur an der Rheinschiene, in BadenWürttemberg mit der Grundschulfremdsprache Französisch beginnen. Wenn man das in Verbünden macht, in denen dann allerdings jedes Kind die eingeführte Grundschulfremdsprache lernen muss, ist dieses Modell kostenneutral.

Abschließend möchte ich noch ein Wort zu dem Problem der Noten sagen. Frau Kultusministerin Schavan, Professor

Baumert, der deutsche Leiter des PISA-Konsortiums, hat gesagt: „Noten korrumpieren die Kinder auf Dauer. Noten töten jede intrinsische Motivation. Kinder lernen dann für die Noten, Kinder schauen auf die Noten.“ Das heißt, durch Noten können eher Leistungsblockaden entstehen, als wenn man den Kindern zunächst einmal über positive Leistungsrückmeldungen, über eine Stärkung die Möglichkeit gibt, auch Erfolgserlebnisse aufzubauen. Das zeigt sich in allen Ländern, die bei PISA erfolgreich waren.

Wir sollten uns einmal konsequent und systematisch mit der frühen Notengebung auseinander setzen. Ich kenne die Diskussionen in Grundschulen. Ich weiß von Grundschullehrern, dass die Kinder in der Grundschule mit einer großen Freude lernen, dass sie Leistung erbringen wollen. In dem Augenblick allerdings, in dem mit der frühen Notengebung begonnen wird, schauen die Kinder nur noch auf die Noten. Dann wird nur noch für die Noten gelernt. Das halte ich für ein Problem. Wir wollen, dass ein System von Leistungsrückmeldungen entwickelt wird, ein System, das Kinder stärkt, das Leistung fördert und das auch in Deutschland bessere Schulleistungen nach sich zieht.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss vorausschicken, dass es sich bei meinem Beitrag um eine sehr persönliche Stellungnahme handelt, weil ich in meiner Fraktion nicht mehr für dieses Thema zuständig bin. Aber manche von Ihnen werden sich erinnern, dass ich parallel zur Ankündigung des Ministerpräsidenten auf Einführung der flächendeckenden Fremdsprache in der Grundschule für meine Fraktion einen Antrag „Englisch als Weltsprache“ eingebracht habe, weil mir dieses Thema schon damals sehr wichtig war.

Der Besuch des Schulausschusses im Elsass hat mir deutlich gemacht, dass in der Rheinschiene Französisch die angebrachtere Grundschulfremdsprache ist, ja, dass es sogar ein Teil baden-württembergischer Außenpolitik sein muss, Französisch in der Rheinschiene zu fördern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Frau Kollegin Rastätter, Sie haben in Ihrem ersten Beitrag gesagt, es habe nicht genügend Dialog stattgefunden. Das muss ich energisch zurückweisen. Es ist sehr frühzeitig informiert worden, es ist mit vielen Menschen gesprochen worden. Ich denke, das war ähnlich wie bei der Rechtschreibreform. Viele haben das Thema lange Zeit nicht ernst genommen und haben deshalb gedacht, sie müssten sich nicht darum kümmern. Das ist schade. Das Informationsdefizit besteht aber leider.

Nun steht heute in der „Stuttgarter Zeitung“ auch noch unterstützend: „Französisch als erste Fremdsprache macht Kinder schlauer.“ Auch ich bin dieser Meinung. Ich würde

deshalb Französisch durchaus sogar flächendeckend in Baden-Württemberg einführen, aber das hätte mit Sicherheit auch keinen Sinn. Denn wir müssen bedenken das haben wir heute Mittag bei dieser fast im Konsens geführten Diskussion vielleicht vergessen : Exakt in diesem Raum hat sich der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe gestern mit einer Zweidrittelmehrheit für Grundschulenglisch in Karlsruhe ausgesprochen. Wir haben außerdem aus der Region Stellungnahmen der Handwerkskammern.

(Abg. Fischer SPD: Es wurde nicht beschlossen, dass als erste Fremdsprache Englisch kommen soll, sondern nur, dass es einheitlich sein soll!)

Gut. Die Handwerkskammern hier in der Region bitten dringend darum, dass auch die Hauptschüler Französisch lernen die Grundschüler ohnehin. Die IHK tendiert inzwischen aber zu Englisch. Die Demonstration heute vor dem Rathaus zielte unter anderem auch auf Englisch für alle. Wenn wir dem folgen würden, hätten wir morgen noch mehr Demonstranten, die Französisch wollen. Also alles so lassen, wie es ist? Ich denke, es ehrt die SPD, dass sie sich zu dieser Erkenntnis durchgerungen hat. Aber ich habe die große Sorge, dass sich der Sprachenkrieg, der im Moment leider auszubrechen droht, dadurch nicht befrieden lässt.

Deswegen möchte ich ein Zweites aus dem angesprochenen Artikel in der „Stuttgarter Zeitung“ zitieren. Herr Bleyhl warnt ich zitiere : „Wenn die Eltern Stimmung gegen Französisch machen, dann werden die Kinder nicht erfolgreich sein.“ Ich möchte hinzufügen: Das wäre bei Englisch genau dasselbe.

Nun ist es so, dass wir von der Grundschule sprechen. In der Grundschule, meine Damen und Herren, wird die grundlegende Einstellung eines Menschen zum Lernen überhaupt geprägt. Das Klima, das dort herrscht, bildet die Ausgangsbasis, wie gern man lernt, wie gern man sich auch im übrigen Leben weiterbildet. Ich stelle mir das außerordentlich schwierig vor, wenn der Gemeinderat, die Industrie- und Handelskammer und ein großer Teil der Eltern meinen, das, was dort gemacht werde, sei nicht in Ordnung. Das wird am Frühstückstisch und beim Abendessen transportiert, und die Kinder bekommen dann mit: Das, was in der Schule passiert, ist nicht in Ordnung. Das wäre aus meiner Sicht ein völlig falsches Signal.

Ich bin aber auch nicht der Meinung, dass man sagen kann: „Wir machen es so, wie es die Eltern wollen.“ Sie alle wissen auch, dass ich nicht diejenige bin, die sich von einem bisschen Wind umblasen lässt. Vielmehr kann ich sehr wohl hinstehen, wenn ich etwas für richtig halte. Mein Fraktionsvorsitzender nickt; er weiß das.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Aber ich bitte doch ernsthaft zu prüfen, ob man angesichts der Finanzproblematik, die darüber steht und die man nicht umgehen kann, in ganz Baden-Württemberg unter folgenden drei Bedingungen einen gewissen Freiraum gewähren könnte:

Die erste Bedingung: Dadurch dürfen keine zusätzlichen Klassen entstehen. Die zweite Bedingung: Es muss eine

Lehrkraft vorhanden sein. Die dritte Bedingung sie ist wichtig :

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Die Eltern müssen in Kauf nehmen, dass ihre Kinder für den richtigen Anschluss eventuell weitere Wege zur weiterführenden Schule gehen müssen.

Ich bitte darum, diesen Weg noch einmal ernsthaft zu prüfen, weil ich nicht glaube auch wenn hierfür heute Mittag eine große Mehrheit zu bestehen scheint , dass sich das Problem durch eine mehrheitliche Beschlussfassung in diesem Saal regeln lässt. Es wird weiter bestehen. Mir ist Bildung ein zu wertvolles Gut, als dass sie durch starres Verhalten auf beiden Seiten beeinträchtigt werden darf.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir müssen einen gangbaren Weg suchen, der auch finanzierbar ist. Ich prophezeie, wenn man diese Möglichkeit tatsächlich einräumen würde, wären es nur sehr wenige Fälle, bei denen dies zum Tragen käme. Ich habe heute Morgen eine Wette mit dem Kollegen Wieser abschlossen: In spätestens fünf Jahren haben wir in der Rheinschiene zu mindestens 80 % Grundschulfranzösisch. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE Abg. Ursula Haußmann SPD: Um was haben Sie gewettet?)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Debatte ist damit beendet.

Punkt 3 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Gesetz zum Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland Drucksache 13/951

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 11. Dezember 2001 Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Sechsten Staatsvertrages zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages und des Mediendienste-Staatsvertrages (Sechster Rund- funkänderungsstaatsvertrag) Drucksachen 13/577, 13/897

Berichterstatter: Abg. Mack

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Palmer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nach drei Punkten Weißbrot kommt ein Punkt Schwarzbrot auf die Tagesordnung. Bei diesem Punkt Schwarzbrot kann man es eigentlich nur relativ kurz machen. Ich will dies versuchen.

(Minister Dr. Christoph Palmer)

Wir müssen zum einen, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr umsetzen. Diese Richtlinie möchte die Vereinheitlichung von Rechtsregeln im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs regeln; das ist ja europaweit auch sinnvoll. Ziel dieser Richtlinie ist es, Rechtssicherheit für die Anbieter und einen effektiven Schutz für die Verbraucher zu gewährleisten. Deshalb soll jeweils das Recht des Landes gelten, in dem der entsprechende Sender, in dem der entsprechende Betreiber seinen Sitz hat.

Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates ist sowohl in Bundes- als auch in Landesrecht zu überführen. Der Bund hat diese Überführung bereits am 9. November 2001 durch ein Bundesgesetz erledigt. Die Länder müssen nun bis 30. Juni dieses Jahres einen Staatsvertrag ratifizieren. Ich muss sagen, dass bei der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie keinerlei Handlungsspielraum, zumindest kein nennenswerter Handlungsspielraum, besteht, Veränderungen durchzuführen. Das ist das eine.

Das andere sind Änderungen des Rundfunkrechts. Wir schlagen Ihnen im Kreis der Länder anstelle der vor einigen Jahren einmal angedachten großen Reform der Medienordnung in der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Anpassungen im Bereich des Rundfunkrechts vor. Diese möchte ich in aller Kürze vorstellen.

Es handelt sich zum einen um eine Präzisierung, eine Verschärfung der medienkonzentrationsrechtlichen Bestimmungen. Bisher besteht eine Bestimmung im Medienrecht, wonach bei 28,5 % eine vorherrschende Meinungsmacht auf das Mediengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland angenommen wird. Von dieser Interpretation der 28,5 % kommt man nun ab und zieht die Grenze dabei gebe ich zu: genauso willkürlich wie die letzte Grenze in Zukunft bei einem Anteil von 25 % aller Sender, die sich in einer Hand befinden. Es handelt sich also um eine gewisse Verschärfung der medienkonzentrationsrechtlichen Bestimmungen.

Aber man muss hinzufügen: Nach typisch deutscher föderaler Kompromissart wird diese Bestimmung von 25 % wieder durchbrochen, indem es Anrechnungsmöglichkeiten gibt. So werden Regionalfenster mit 2 % und Sendezeiten für Dritte, die vorgesehen werden, mit 3 % nicht angerechnet, sodass der Anteil nicht bei 25 % sein Bewenden hat, sondern in Richtung 30 % gehen kann.

Die zweite substanzielle Veränderung im Rundfunkrecht der Länder wird sein, dass wir ARD, ZDF und Deutschlandradio ermächtigen, die analoge terrestrische Versorgung schrittweise einzustellen. Die analoge terrestrische Versorgung hat schon derzeit nur noch eine eingeschränkte Bedeutung. Nur 8 % aller Haushalte sind noch Empfänger über die Antenne nach herkömmlicher analoger terrestrischer Verbreitung. Wir werden davon ausgehen können, dass ein solcher Empfang ab den Jahren 2008 bis 2010 nicht mehr möglich ist. Die Anstalten haben in Zukunft die Möglichkeit, schrittweise auf die digitale terrestrische Versorgung umzustellen. Die digitale terrestrische Versorgung

wird dann auch den Empfang von ca. 20 Programmen ermöglichen.

Eine dritte Veränderung betrifft die Verbesserung der Rechte für die Landtage. Eine Bestimmung, die wir in Baden-Württemberg seit ungefähr zehn Jahren praktizieren, wonach der Landtag über die Haushaltssituation und die Strukturentscheidungen der Anstalten informiert wird, wird nun bundesweit umgesetzt. Das bedeutet für uns keine Veränderung, keine Neuerung, für manch anderes Land aber sehr wohl. Deshalb ist diese Bestimmung jetzt auch in den Staatsvertrag aufgenommen worden. Für uns hat diese Veränderung nur eine praktische Auswirkung, nämlich dass wir unseren Standard bezüglich des ZDF etwas zurücknehmen können, weil wir ansonsten eine doppelte Berichterstattung gegenüber dem Landtag vornehmen würden.

Ich darf Sie im Namen der Landesregierung herzlich um Zustimmung zum Gesetz zum Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland bitten. Es ist nicht der ganz große medienpolitische Wurf geworden, den man sich vor einigen Jahren vorgestellt hat. Aber es ist eine notwendige Anpassung des Medienrechts an die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland.

Wir sollten ihn deshalb im Ausschuss noch einmal eingehend beraten, und in der nächsten Plenarrunde können wir ihn dann vermutlich auch einvernehmlich verabschieden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)