Protocol of the Session on April 18, 2002

Deshalb muss die Wohnungsbauförderung mehr differenzieren. Das tut sie auch. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir das bei der letzten Haushaltsberatung gemacht haben. Sie muss nach regionalen Gebietseingrenzungen differenzieren, und sie muss lokal differenzieren. Sie muss auch den individuellen Förderungsbedarf zielgerichteter ausloten und wirklich fragen: Wo sind diejenigen, die nicht am freien Immobilienmarkt teilnehmen können, weil sie es einfach nicht schaffen? Denen muss zielgerichtet geholfen werden. Das haben selbst unsere Julis erkannt. Sie fordern: Macht das Möglinger Modell und Ähnliches. Da müssen wir ran, und wir dürfen nicht denen einen Zuschuss geben, die das gar nicht nötig haben. Wir müssen an diejenigen herangehen, die das wirklich brauchen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU Abg. Hillebrand CDU: So ist es!)

Das darf nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Das Geld haben wir nicht.

Meine Damen und Herren, wir müssen auch zielgerichteter nach der Art der nachgefragten Wohnungen vorgehen. Beides ist auf dem Weg. Beides ist an sich schon wieder Schnee von gestern, denn das steht schon im Wohnraumförderungsprogramm des Landes drin. Es muss aber weiter fortgeführt und ausgebaut werden. Ich bin keiner, der sich hier hinstellt und sagt: „Nur weil wir an der Regierung sind, ist alles in Ordnung“, sondern das Bessere ist der Feind des Guten. Wir müssen uns bemühen, die Dinge weiter vorwärts zu bringen.

Der Bund hat deshalb in ganz richtiger Weise, weil er das auch erkannt hat, für Verdichtungsräume im letzten Haushalt rund 9 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Wir von der FDP/DVP waren eigentlich sehr froh darüber, dass es gelungen ist wir haben uns nachhaltig darum bemüht; ich darf das auch für meine Person sagen , dass zu diesen 9 Milliarden € weitere 9 Milliarden € ohne Abstriche komplementär vom Land zur Verfügung gestellt worden sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Das haben wir nicht gegen den Wirtschaftsminister machen müssen, sondern er war sehr glücklich darüber, dass er beim Finanzminister eine Unterstützung dafür bekommen hat, dass da mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das hat immerhin ich gebe allerdings zu: von einer schmalen Ausgangsposition aus sind Prozentzahlen immer sehr hoch zu 34 % mehr Fördermitteln geführt. Nennen Sie mir einen Etatposten im Haushalt, der eine 34-prozentige Steigerung erfahren hat! Das hat dazu geführt, dass den 2 350 Eigentumsmaßnahmen nun immerhin 1 050 Mietwohnungen, die gefördert werden, gegenüberstehen.

Mein Fraktionsvorsitzender, dem ich das sehr gegönnt habe, hat mir gesagt: Als er mich als wohnungsbaupolitischen Sprecher in Freiburg beim Mieterbund vertreten hat, habe er für die FDP/DVP den meisten Beifall bekommen. Das hat mich gefreut, denn das ist nicht selbstverständlich.

Richtig ist, dass die SPD dafür noch mehr Geld im Haushalt wollte, im Gegensatz zu der hier nicht immer, aber hier realistisch eingestellten Fraktion GRÜNE. Aber was Sie gemacht haben, war das muss man an dieser Stelle einfach sagen keine seriöse Finanzierung. Wer rückläufige öffentliche Darlehen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zurückgezahlt werden und ständige Einnahmen für den Haushalt bringen, von heute auf morgen einfach verkauft, der macht für die Belastung der zukünftigen Generation nichts anderes, als wenn er Schulden aufnähme. Das ist überhaupt kein Unterschied. Der einzige Unterschied besteht darin, dass diese Finanzierung noch ein Stück teurer ist. Deshalb hat man das abgelehnt: weil Sie auf der einen Seite keine Kreditfinanzierung wollen, aber auf der anderen Seite Umwege, die nichts anderes als Kreditfinanzierungen sind.

Sie haben Recht, Herr Witzel: Die Zahl der Wohnungsbindungen im öffentlichen sozialen Wohnungsbau ist rückläufig. Es werden weniger Wohnungen nachgebaut, als Belegungsbindungen frei werden.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Wesentlich weniger! Das ist das Problem!)

Deshalb hat man auch im Wohnraumförderungsprogramm erstmals gesagt: Wir wollen Belegungsrechte stärker fördern. Wir wollen, dass die Kommunen sagen: „Gebt uns die Wohnung, und wir bestimmen die nächsten zehn Jahre, wer hineinkommt.“ Nur und da kommt die Brücke zum Thema „allgemeiner Wohnungsbau“ , da machen die Eigentümer nicht mit. Sie sind doch alle an der Basis und wissen, dass der Eigentümer sagt: „Ich lasse mir von der Kommune für dieses Nasenwasser mit Verlaub gesagt doch nicht vorschreiben, wen ich zehn Jahre lang in die Wohnung hineinnehme.“ Denken Sie doch ein bisschen praktisch und realistisch. Wenn Sie eine Wohnung hätten, würden Sie nicht viel anders denken.

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Wir sind deshalb der Meinung, dass die Förderung von selbst genutztem Wohnraum weiterhin Vorrang haben soll. Darin stimmen wir bei den Anhörungen mit nahezu allen Verbänden überein, weil dieser schmale Bereich der Förderung von Wohneigentum in sich noch einigermaßen verständlich und plausibel ist. Wenn wir da die Hälfte wegnehmen und diese Mittel in den Mietwohnungsbau stellen, dann haben wir zwei halbe Baustellen. Das bringt überhaupt nichts. Deshalb, meine Damen und Herren, gibt es überhaupt keinen anderen Weg. Denken Sie an die BSEKrise: Da wurden Tierärzte bis zum Gehtnichtmehr eingestellt, und das Geld hat dabei überhaupt nicht mehr gezählt. Wenn sich der Mietwohnungsbau tatsächlich zu einem Problem verdichtet, wird die Politik auch hier sehr schnell handeln und mehr Geld zur Verfügung stellen müssen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie könnten auch schon handeln, bevor es zum Problem wird! Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Bestätigung der Politik, heißt das!)

Lassen Sie mich jetzt noch etwas zum zweiten Teil sagen, denn mich hat Ihre Abgrenzung gestört. Gehen Sie bitte einmal von folgender Realität aus: Die Wohnraumversorgung in Deutschland erfolgt in der Zwischenzeit fast ausschließlich durch private Investoren. Bund, Länder und Kommunen sowie auch die Versicherungsgesellschaften haben sich weitestgehend aus der Immobilie zurückgezogen. Der soziale Wohnungsbau hat gegenwärtig Sie haben vorhin von 40 % gesprochen noch einen Anteil von 7 % am gesamten Wohnungsbaubestand. 7 %! Es waren einmal 20 %. Gehen Sie einmal davon aus, dass es nach allem, was wir hören der Bund will seine Schulden im Jahr 2004 zurückführen , überhaupt nicht realistisch ist, anzunehmen, dass sich dies wesentlich verändert. Selbst wenn sich der Anteil auf 9 % erhöht, ist das Problem immer noch das gleiche, dass nämlich zu 91 % privat in den Wohnungsbau investiert wird.

Ich habe eine dpa-Meldung aus Berlin vom 15. April dieses Jahres. Es gab eine Anfrage der PDS zum Wohnungsbau. Dreimal dürfen Sie raten, warum die PDS in Berlin anfragt? Sie weiß die Antwort bereits, sie will sie nur noch einmal hören. Der Bund fährt die Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau weiter deutlich zurück. Aus der Anfrage

der PDS geht hervor, dass der Bund hierfür im Jahr 2001 rund 814 Millionen € ausgegeben hat, im Jahr zuvor waren es noch 1,08 Milliarden €. In diesem Jahr sehe der Finanzplan den Angaben zufolge noch knapp 695 Millionen € und im Jahr 2003 noch knapp 563 Millionen € vor. Das berichtete die Bundestagspressestelle am Dienstag. Die Behauptung, die Mittel würden generell steigen, stimmt doch nicht. Der hohe Anteil der privaten Investitionen wird weiterhin Realität bleiben. Deshalb kann die Politik, wenn sie zielgerichtet in den sozialen Wohnungsbau investieren will, nicht sagen: „Das eine ist unser Thema, das andere ist es aber nicht.“ Das andere muss unser Thema bleiben.

Wir können hoffen Glaube, Liebe, Hoffnung , dass die Konjunktur wieder ansteigt. Die allgemeine Baukonjunktur hinkt dem immer ein, zwei Jahre hinterher. Warum soll die Konjunktur nicht steigen? Darauf können wir doch hoffen. Der Aktienboom, der ungeheuer viel Anlagenkapital abgezogen hat, geht zu Ende. Möglicherweise fließt von diesem Kapital wieder etwas in den Mietwohnungsbau. Auch die Bereitschaft der Mieter, mehr Eigentumswohnungen zu erwerben, wächst eindeutig. Das weiß jeder Fachmann. Der angespannte Mietwohnungsmarkt, der insgesamt ärgerlich ist, lässt Anleger natürlich hoffen. Deshalb kann man schon davon ausgehen, dass sich die Situation etwas verbessert.

Im Übrigen hat der Verband der Deutschen Makler für Grundbesitz, Hausverwaltung und Finanzierungen erklärt, die einzige Gefahr, die gesehen werde, liege bei den Banken und bei den Bundespolitikern. Ich lasse einmal die Banken weg; das ist ein ganz wichtiges Thema, wir kennen Rating usw. Das will ich nicht weiter ausführen. Aber bleiben wir einmal bei der Politik. Man kann die Sorge der Bauwirtschaft verstehen: Denke ich an die Politiker in Berlin in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.

(Abg. Kübler CDU: Richtig!)

Die in den letzten Jahren auf Bundesebene verabschiedete Änderung der Rahmenbedingungen ist alles andere als investitionsfreundlich. Ich zähle das auf. Über jede einzelne Maßnahme könnte man noch reden, aber bei der Summierung dieser Maßnahmen darf man sich doch nicht wundern, dass viele private Investoren schlicht und einfach die Lust verloren haben, noch in Immobilien zu investieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Die einzelnen Maßnahmen sind: Einschränkung der Verrechnungsmöglichkeiten der Vermietung und Verpachtung und der Verlustrechnung, Reduzierung der Neubau-AfA, rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist. Es „stärkt“ das Vertrauen, wenn man etwas rückwirkend verlängert. Das Vertrauen in das langlebige Gut Immobilie ist für einen Investor das Wichtigste.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber das wurde rückwirkend verändert.

Weiter: Aufhebung des Rohkostenabzugs bei selbst genutztem Wohnungseigentum, Aufhebung der Möglichkeit, Erhaltungsaufwendungen bei Wohngebäuden auf mehrere Jahre zu verteilen, Halbierung des Sparerfreibetrags, Anhe

bung der Einkommensgrenze bei den Eigenheimzulagen, Erhöhung der Grunderwerbsteuer,

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Absenkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen von 30 auf 20 %. Neulich hat Herr Gaßmann in einer Veranstaltung gesagt: „Liebe Leute, regt euch nicht auf, das merkt doch keiner, wir haben doch in den letzten Jahren nie mehr als 20 % gehabt.“ Da frage ich mich, warum das geregelt werden muss.

(Beifall bei der FDP/DVP Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Die Psychologie spielt bei Investoren eine große Rolle.

Ferner wurden beschlossen: Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 2 auf 3,5 % und ein asymmetrisch ausgestaltetes Mietkündigungsrecht. Das ist kein Problem. Ich gebe dem Kollegen ja auch Recht: Ein Vermieter hat damit in aller Regel keine Probleme, weil er eh einen Zeitraum von sechs Monaten hat, bevor er neu vermietet. Ich stimme auch zu, dass man der Mobilität zuliebe bei Mietern kurze Kündigungsfristen haben soll, aber man muss auch berücksichtigen, wie das psychologisch wirkt und welches Streitpotenzial entsteht. Es gibt viele Leute, die noch investieren wollen und sagen: „Ich will mein Geld investieren, mich aber nicht herumstreiten.“ Das ist ein Grund.

Schließlich muss ich, weil das vorhin gesagt worden ist, fragen: Wer denkt denn daran? Natürlich denkt man daran, die Eigenheimzulage zu verändern. Alle Fachleute sagen: ein Wahnsinn. Aber darauf wird gesagt: Moment, wir machen ja etwas ganz Gerechtfertigtes. Wir stellen fest das als Beispiel , dass ein Quadratmeter Grund und Boden in Stuttgart und das wird bei aller Wohnraummobilisierung so bleiben, denn das entscheidet bei der gegenwärtigen Knappheit der Markt teurer ist als ein Quadratmeter Grund und Boden beispielsweise in Aulendorf. Warum kriegen also alle die gleiche Eigenheimzulage? Wir müssen doch, wie ich schon vorhin sagte, zielgerichteter fördern, das heißt, in Stuttgart sollten die Leute mehr Eigenheimzulage bekommen als in Gebieten, in denen die Baugrundstücke günstiger sind. Wenn Sie das so machen, ist es gut. Aber Sie haben vor, einen anderen Weg einzuschlagen.

(Abg. Schmiedel SPD: Woher wissen Sie, was wir machen?)

Sie wollen die Eigenheimzulage in Stuttgart belassen und sie in Aulendorf verschlechtern. Das ist ein Unterschied.

(Abg. Schmiedel SPD: Wissen Sie das durch einen Geheimagenten?)

Ich weiß das, weil ich die Diskussion verfolgt habe.

Die Bemühungen, Wohnraum in die Altersvorsorge zu bringen, waren ja glücklicherweise noch erfolgreich. Aber jeder weiß doch, dass dies völlig unzureichend ist. Schwellenhaushalte denken Sie nicht an unsere Einkommen, denn wir liegen ja alle über der Schwelle, sondern an die Schwellenhaushalte müssen so lange anfinanzieren, dass sie gar nicht mehr in der Lage sind, das zurückzuzahlen, bis sie die Ruhestandsregelung beanspruchen können. Das muss verbessert werden.

Jetzt komme ich zum letzten Punkt das ist auch ein beliebtes Thema : Natürlich müssen wir nicht nur neu bauen, Herr Witzel, sondern auch in den Wohnungsbestand investieren.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Das ist ein sehr wichti- ger Gedanke!)

Der Wohnungsbestand wird das Thema der nächsten Jahre sein.

(Abg. Schmiedel SPD: Das sagen Sie jedes Jahr!)

Nur: Wenn Sie demjenigen, der investieren soll, sagen, er dürfe diese Aufwendungen aber steuerlich nicht auf die Jahre verteilen, wie Sie das machen, bewirken Sie nichts anderes, als dass eine solche Investition schlicht und einfach auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Das muss sofort geändert werden.

Deshalb sage ich noch einmal an dieser Stelle, weil Sie das trennen wollten, Herr Schmiedel: Da mache ich nicht mit. Bei einer Wohnungsbauförderung im öffentlichen Bereich sind wir uns über manches einig. Wer aber den allgemeinen Wohnungsbau so niederfährt, wie Sie das in den letzten Jahren gemacht haben, und sich dann auf das Trümmerfeld stellt und auf andere deutet, der ist in höchstem Maße unglaubwürdig.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Döring.