Protocol of the Session on April 17, 2002

(Widerspruch bei der CDU Abg. Dr. Lasotta CDU: Schauen Sie doch das Wahlergebnis an! Wer hat uns denn in der letzten Landtagswahl ge- wählt? Zuruf des Abg. Kübler CDU)

denn über 60 % der Bevölkerung unterstützen laut Meinungsumfragen in der Zwischenzeit die Lebenspartnerschaften, Herr Lasotta.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das hat nichts mit der Wahl zu tun.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Lebenspartnerschaftsgesetz baut Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ab und stärkt Verantwortungsgemeinschaften. Es regelt Rechte und Pflichten der Partner, beispielsweise die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung,

(Abg. Kübler CDU: Das hätte man auch anders re- geln können!)

und es gibt den eingetragenen Lebenspartnern den Status eines Angehörigen und ein eingeschränktes Sorgerecht auch für die Kinder der Partner. Darüber hinaus gilt das gesetzliche Erbrecht. Das sind alles verfassungsmäßige Rechte, die diese Menschen auch haben, weil sie gegenseitige Verantwortung übernehmen. Das ist von der Verfassung her völlig in Ordnung.

(Abg. Rech CDU: Dazu braucht man kein Gesetz!)

Die bisherige Rechtlosigkeit und die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften sind mit diesem Gesetz beendet, auch wenn der juristische Streit um die so genannte Homo-Ehe jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hoffentlich in die definitiv letzte Runde gegangen ist. Nachdem die Eilanträge von Sachsen und Bayern im Juli vergangenen Jahres in Karlsruhe abgelehnt wurden, versuchen nun die Ewiggestrigen weiterhin, das Lebenspartnerschaftsgesetz im Hauptverfahren über die Normenkontrollanträge zu kippen. Die Entscheidung in der Hauptsache wird noch mehrere Monate auf sich warten lassen, sie wird aber und da sind sich fast alle Fachleute einig

(Zuruf des Abg. Kübler CDU)

kaum Aussicht auf Erfolg haben,

(Abg. Kübler CDU: Hellseherin!)

da der Vorwurf vonseiten der CDU und der CSU, die Lebenspartnerschaft untergrabe den im Grundgesetz verankerten besonderen Schutz von Ehe und Familie, nicht stichhaltig ist. Das war schon im letzten Jahr nicht stichhaltig und wird auch in diesem Jahr nicht stichhaltig sein.

(Abg. Kübler CDU: Jetzt warten wir mal ab!)

Sie haben das schon letztes Jahr nicht kapiert. Ich habe eigentlich die Hoffnung aufgegeben, dass das anders wird.

Aber einmal sage ich es noch: Der traditionellen Ehe wird nichts weggenommen, wenn andere Lebensgemeinschaften gegenseitig gleiche Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Gesetz tangiert in keinem Punkt die Ehe. An der Angst, dass Ehe und Familie an Bedeutung verlieren könnten, sind nicht die Menschen schuld, die eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft eingehen, sondern dafür gibt es andere Ursachen. Es wäre gut, wenn Sie sich überlegten, weshalb viele junge Menschen, die heiraten, keine Kinder mehr bekommen. Das wäre ein Ansatzpunkt für eine konstruktive Diskussion, aber nicht diese Verweigerungspolitik, die Sie praktizieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD Abg. Dr. Lasotta CDU: Baden-Württem- berg hat die höchste Geburtenquote in der Bundes- republik!)

Jetzt zum nächsten Punkt, zum Thema Zuständigkeit. Wir haben schon bei der letztjährigen Debatte zur Klärung des Verfahrens zur Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft den Antrag eingebracht, das Verfahren auf kommunaler Ebene, also auf der Ebene der Städte und Gemeinden, zu regeln. Nach wie vor halten wir das Standesamt für den angemessenen Ort, eine eingetragene Partnerschaft zu begründen. Die Standesämter sind die kompetenten Behörden, um Personenstandsänderungen vorzunehmen

(Abg. Kübler CDU: Kommt bei mir nicht infrage!)

das gilt für traditionelle Eheschließungen wie für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Eine Ungleichbehandlung, wie sie jetzt das Ausführungsgesetz vorsieht, indem es in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden als zuständige Verwaltungsbehörden bestimmt, lehnen wir ab.

(Abg. Kübler CDU: Gute Entscheidung, Herr Mi- nister!)

Wir werden deshalb zu dem heute eingebrachten Gesetzentwurf Änderungsanträge vorlegen, die darauf zielen, die Standesämter als zuständige Behörde zu benennen. Das ist auch eine Forderung des Lesben- und Schwulenverbands und des Landkreistags. Genau das hat der Kollege Bebber vorhin gesagt, dass dies nämlich der Landkreistag befürwortet. Sie sehen das auch im Anhang zum Gesetzentwurf.

Personenstandsaufgaben gehören zum Bereich der Standesämter und nicht der Landkreisverwaltung. Letztlich sollte das Kompetenzargument die Landesregierung auch davon überzeugen, dass die untersten Behörden zuständig sind, weil sie auch die dafür ausgebildeten und qualifizierten Leute haben.

Also: Wer rhetorisch gegen die Diskriminierung von Lesben und Schwulen ist und dies haben die CDU und die CSU in letzter Zeit immer wieder versichert ,

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Nicht nur rhetorisch!)

der sollte sich nicht gegen deren Gleichberechtigung stellen, sondern mit uns dafür Sorge tragen, dass es auch in unserem Land, in Baden-Württemberg, eine transparente und einheitliche Regelung zur Eintragung einer Lebenspartnerschaft als familienrechtliches Institut gibt.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD Abg. Küb- ler CDU: Unnötig wie ein Kropf, diese Diskussi- on!)

Meine Damen und Herren, es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. Sie stimmen der Überweisung zu.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 3 abgeschlossen. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:57 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:00 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen.

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes Drucksache 13/548

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport Drucksache 13/868

Berichterstatter: Abg. Wacker

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

(Abg. Hauk CDU: Die Grünen kämpfen heute sehr frauenstark für ihr Gesetz!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute findet die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE statt. Mit diesem Gesetzentwurf das nur zur Erinnerung beantragen wir, Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer im Schulgesetz zu verankern. Gleichzeitig fordern wir, den Ethikunterricht ab der ersten Klasse auszubauen; denn Ethik ist bislang erst ab der achten Klasse Ersatzfach.

Dabei ist es unser erklärtes Ziel, den wertevermittelnden Unterricht an den Schulen insgesamt zu stärken. Denn Werteerziehung ist selbstverständlich im Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule insgesamt verankert. Werteerziehung muss in allen Fächern stattfinden und darf sich selbstverständlich nicht nur auf ein Fach beschränken. Aber das Fach Ethik hat einen besonderen Stellenwert; denn im Fach Ethik können auch philosophische Fragen behandelt werden. Dort findet eine vertiefte Wertereflexion statt. Es werden lebenskundliche Fragestellungen und The

men behandelt, und es wird Unterstützung, Lebensbegleitung für Kinder gegeben.

Selbstverständlich beinhaltet Ethikunterricht auch Religionskunde. Gerade für Schülerinnen und Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, ist es besonders wichtig, bereits ab der ersten Klasse Religionskunde zu haben, das heißt, nicht nur etwas über das Christentum, die unsere Kultur prägende Religion, zu erfahren, sondern auch über andere Weltreligionen.

Weil wir Grünen die Werteerziehung durch ein Wahlpflichtfach Ethik stärken wollen, wird aus unserer Sicht gleichzeitig auch der Religionsunterricht gestärkt. Insofern, Herr Staatssekretär Rau, ist es völlig abwegig, uns zu unterstellen, wir wollten mit unserem Gesetzentwurf womöglich gar eine neue Säkularisierungsdebatte starten.

Selbstverständlich bleibt die besondere, die hervorragende Stellung des Faches Religion auch künftig erhalten, auch wenn wir Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer im Schulgesetz verankern. Denn die Einmaligkeit des Schulfachs Religion resultiert ja daraus, dass Religion als Unterrichtsfach im Grundgesetz verankert ist und dass dies das einzige Fach ist, das einen bekenntnisgebundenen Unterricht vorsieht. Das heißt, auch Glaubensinhalte sind Gegenstand des Unterrichts. Das ist in allen anderen Fächern wegen der weltanschaulichen Neutralität der Schule nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Gesetzgeber Ethik durchaus verpflichtend für alle Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, als Ersatzfach an den Schulen einführen kann. Das Ersatzfach Ethik muss dann aber gleichwertig mit Religion ausgestaltet werden. Allerdings steht es dem Gesetzgeber auch frei, Wahlpflichtfächer einzuführen, also Ethik auch als Wahlpflichtfach auszugestalten. Insofern, meine Damen und Herren, ist es keine rechtliche Frage, sondern eine politische Entscheidung, ob Sie Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer wollen oder nicht.

Wir Grünen stellen fest: Es gibt mittlerweile einen breiten Konsens darüber, dass Ethik als Unterrichtsfach ausgebaut werden soll, und zwar bereits ab der Klasse 1. Auch die Kirchen, die sich noch vor einigen Jahren dafür ausgesprochen haben, dass Ethik als Ersatzfach erst ab Klasse 8 unterrichtet wird, nämlich dann, wenn die Religionsmündigkeit der Schüler einsetzt, sagen mittlerweile: Wir wollen auch, dass der Ethikunterricht bereits in den unteren Jahrgangsklassen eingeführt wird. Der Landeselternbeirat hat bereits vor zwei Jahren Ethikunterricht ab Klasse 1 gefordert, der Städtetag dazu haben Sie die Vorlage hat unseren Gesetzentwurf ausdrücklich begrüßt und gesagt, er unterstütze diesen Gesetzentwurf mit dem Inhalt, Ethik als Wahlpflichtfach einzuführen und ab der ersten Klasse auszubauen. Auch die Lehrerverbände haben mittlerweile ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht, unter anderem gerade vor einer Woche der Verband Bildung und Erziehung.