Protocol of the Session on April 17, 2002

Das Wort erteile ich Frau Abg. Queitsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wacker, ich war mir bei Ihrer Rede nicht ganz im Klaren, was Sie uns eigentlich sagen wollten. Einerseits waren Sie voll des Lobes und des Dankes und sehr zufrieden mit allem, gleichzeitig legen Sie aber in allerletzter Minute einen Antrag vor, von dem ich nur sagen kann, dass er ausgesprochen lasch ist.

(Abg. Wacker CDU: Stimmen Sie ihm zu?)

Wir werden dem Antrag zustimmen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Eines vermissen wir aber in dem Antrag, und das sage ich Ihnen ganz deutlich. Sie werden nicht konkret, es sind reine Lippenbekenntnisse. Und jetzt haben Sie festgestellt, dass Sie unbedingt noch etwas „nachbuttern“ müssen, damit Sie nicht ganz mit „abgesägten Hosen“ dastehen.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Abg. Wacker CDU)

Unkonkreter kann man einen Antrag fast nicht formulieren. Ich möchte jetzt für die SPD-Fraktion einige konkrete Maßnahmen ansprechen, weil ich der Auffassung bin, dass wir uns nicht auf dem Stand des bisher Erreichten ausruhen können, sondern weiter nach vorne schreiten müssen. Das hat nicht nur die PISA-Studie bewiesen. Wir hatten gerade einen Kindergarten-Elterntag und haben dabei festgestellt, dass trotz allem ein enormer Nachholbedarf vorhanden ist. Ich will gar nicht schlecht reden, was bisher gemacht worden ist. Nur, wir sind damit nicht zufrieden, sondern wir fordern Sie auf, gemeinsam mit uns konkreter zu werden und mehr zu fordern.

(Beifall des Abg. Zeller SPD)

Eine der Maßnahmen, die ich für ganz wichtig halte, ist die Sprachförderung im Kindergarten. In dieser Hinsicht ist Ihr Antrag auch nicht sehr genau, sondern das bleibt sehr verwaschen. Wir sind der Auffassung, wenn wir die Integration von Migrantenkindern fördern wollen, müssen wir dort anfangen, wo der Schlüssel zur Integration liegt, und der liegt nun einmal im Erlernen der deutschen Sprache.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Dazu müssen wir natürlich die Förderung im Kindergartenbereich entsprechend ausbauen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört die Frage der Gruppengrößen, aber auch der personellen Ausstattung der Kindertagesstätten. Ich sehe das am Beispiel meines Sohnes, der gerade eine Erzieherausbildung macht. Er hat gestern in seinem Bericht über ein Projekt geschrieben, dass es auffallend ist, wie sich Kinder mit großen Sprachbarrieren sofort in kleine Gruppen zurückziehen. Es ist dann natürlich sehr wichtig und notwendig, dass in den Kindertagesstätten die entsprechende personelle Grundausstattung vorhanden ist, um zu erkennen: Hier ziehen sich Kinder in kleine Nischen zurück. Wenn wir diese Kinder nicht rechtzeitig herausholen, dann bleiben sie immer in diesen Nischen und werden sich auch in der Grundschule ihre Nische suchen. Deswegen ist es wichtig, dass wir rechtzeitig die personelle Ausstattung und die Gruppengröße entsprechend anpassen.

Ein weiterer Punkt, der uns sehr wichtig ist, den Sie aber in Ihrem Antrag nicht ansprechen, ist die Sprachförderung von Müttern. Da reicht es nicht, dass vom Ministerium lediglich darauf verwiesen wird, es gebe ja freie Träger, die das anbieten. Wenn wir es mit der Sprachförderung von Müttern ernst meinen, dann müssen wir die Mütter dort abholen, wo sie sind, und sie sind dort, wo sie ihre Kinder hinbringen, das heißt in den Kindereinrichtungen. Dort muss ihnen die Möglichkeit geboten werden, ihre Sprachkenntnisse aufzufrischen, also gemeinsam im Umfeld ihrer Kinder zu lernen. Dann gibt es für diese Mütter nicht die Hemmschwelle, irgendwo in die Volkshochschule gehen zu müssen. Zu diesem Punkt müsste von Ihnen noch einiges gesagt werden, und das muss auch entsprechend finanziert werden.

(Beifall bei der SPD Abg. Wacker CDU: Das ist der entscheidende Punkt!)

Man muss natürlich den ganzen Bogen sehen. Von den Kindertageseinrichtungen geht es dann weiter in die Schulen. Dementsprechend brauchen wir auch mehr Ganztagsangebote, wir brauchen Ganztagsschulen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Haben wir doch!)

Wir haben welche, ja, und wir können uns natürlich immer auf dem Vorhandenen ausruhen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wir machen es!)

Sie machen es sehr langsam und immer nur schrittchenweise, wenn der Druck von draußen sehr groß wird.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Viel schneller als die SPD, die nicht einmal eine Ganztagsschule hinge- kriegt hat, als sie an der Regierung war!)

Eines habe ich in dem knappen Jahr, das ich hier im Landtag bin, doch gelernt: dass teilweise Äpfel mit Birnen verwechselt werden und gleichzeitig das sage ich jetzt einfach so wahnsinnig angegeben wird, wer was gemacht hat. Gehen Sie doch einmal hinaus in die Schulen, gehen Sie einmal ins Land und unterhalten sich dort mit den Leuten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen Abg. Kleinmann FDP/DVP: Da sind wir ja ständig! Abg. Seimetz CDU: Deswegen haben Sie ja auch die Mehrheit in diesem Land!)

Sie haben die Mehrheit in diesem Land, und darauf können Sie sich natürlich jetzt ausruhen. Aber so üppig ist sie auch wieder nicht, und wir haben ganz schön aufgeholt. Ich kann Ihnen versichern, wir werden das nächste Mal noch mehr aufholen, und dann werden Sie sich wirklich schwarz wundern, wie es dann in diesem Land ausschaut.

(Beifall bei der SPD Zurufe von der SPD Abg. Fleischer CDU: Dann sollten Sie die Jugend von Blau-Weiß trainieren, wenn sich das alles so durchsetzt! Unruhe)

Mein lieber Kollege Fleischer, ich kann Ihnen sagen, wer die Jugend von Blau-Weiß trainiert. Dort bin ich ja zweite Vorsitzende, wie Sie wissen.

(Abg. Fleischer CDU: Deshalb frage ich Sie ja! Sie sprechen gegen Ihre Interessen! Sehr vereinsfeind- lich!)

Das ist nicht vereinsfeindlich. Wir haben dort sehr viele ehrenamtliche Helfer. Ich kann Ihnen aber auch sagen, was wir in den Sportvereinen dringend brauchen: Da brauchen wir noch mehr Unterstützung vom Land. Wir brauchen beispielsweise auch eine

(Abg. Fleischer CDU: Wo soll denn die Zeit für die Schüler herkommen, überhaupt noch im Verein tätig zu sein? Davon haben Sie keine Ahnung! Unruhe Glocke der Präsidentin)

Herr Fleischer, entschuldigen Sie! Ich habe Sie schon für etwas intelligenter gehalten. Das muss ich ganz ehrlich sagen.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um mehr Ruhe.

Wir haben in Freiburg und Sie müssten Freiburg eigentlich kennen eine Gesamtschule, an der auch bis nachmittags Unterricht gehalten wird. Die Kinder ich weiß nicht, in welchen Sportvereinen sie sonst noch sind sind auch bei uns, die haben also Zeit. Was soll denn das Märchen, dass die Sportvereine keine Kinder mehr hätten? Das ist doch nur Schwachsinn. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich.

(Beifall bei der SPD Abg. Fleischer CDU: Natür- lich! Die trainieren dann nachts!)

Ich kann es nicht ändern. Wenn Sie einen solchen Unsinn glauben, dann ist das halt Ihr Problem. Gehen Sie einmal dorthin, schauen Sie sich einmal bei uns um. Dann sehen Sie, dass auch Kinder aus einer Gesamtschule in Sportvereine gehen.

(Abg. Fleischer CDU: Ich spreche von Ganztags- schulen!)

Ganz wichtig und dringend notwendig finde ich und das möchte ich besonders erwähnen , den Flickenteppich aufzuräumen, den wir, was die Betreuungsangebote anbelangt, über das ganze Land hinweg haben. Es muss wirklich verlässliche Angebote geben, eine verlässliche Grundschule, eine verlässliche Ganztagsschule.

(Abg. Fleischer CDU: Eben! Von der spreche ich!)

Auch Jugendsozialarbeit muss verlässlich eingerichtet werden. Überlegen Sie sich doch einmal, wie schwer sich Eltern von Migrantenkindern tun, wenn sie diesen ganzen Flickenteppich überblicken wollen. Ich erlebe das bei uns, und wir erleben das in allen anderen Städten und Gemeinden. Es ist unheimlich schwierig, wenn ich Probleme mit der deutschen Sprache habe, mir dann herauszusuchen, wo ich welches Angebot abfragen kann, welches Angebot für mein Kind geeignet ist. Wir brauchen deshalb im Grunde genommen eine bessere Übersicht über das, was im Land geboten wird und wohin sich die Eltern wenden können.

Dazu haben Sie noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Da es aber hieß, man sollte heute in den Debatten nicht zu lange reden, will ich mit einem geflügelten Wort schließen. Es gibt ja das geflügelte Wort: „Ein Gramm Taten wiegt mehr als ein Kilo Worte.“ Ich fände es schön, wenn die CDU-FDP/DVP-Landesregierung und die beiden Regierungsfraktionen ihren Worten endlich einmal Taten folgen lassen würden. Wir wären bereit, diese Taten dann auf die Waage zu legen, und zwar nicht als Leichtgewicht wie Sie.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich erteile Herrn Abg. Kleinmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Liberalen bekennen uns zum Prinzip der Integration und auch zu den daraus folgenden Anforderungen an den Staat einerseits und die Gesellschaft andererseits. Aber Anforderungen gelten natürlich auch für diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer zu uns gekommen sind und weiter zu uns kommen werden.

Unser Ziel ist die Bildung einer Verantwortungsgemeinschaft zwischen Einheimischen und Zugewanderten mit einer gemeinsamen Identifikation. Dies ist in erster Linie eine gesellschaftliche Aufgabe, der sich auch weite Teile unserer Gesellschaft annehmen. Es ist aber auch, meine Damen und Herren, eine Aufgabe staatlicher Integrationspolitik, deren Ziel es sein muss, zu einer gleichberechtigten

(Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Jetzt ist es gut, Sie haben genug geredet.

(Abg. Margot Queitsch SPD: Sagen Sie das bitte Herrn Fleischer!)

Aber jetzt rede ich.

(Zurufe von der SPD)

In der Kirche wird der Pfarrer auch nicht unterbrochen, Frau Queitsch.