Protocol of the Session on February 6, 2002

(Staatssekretär Mappus)

Jetzt zu diesem berühmten Angebot.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Eine gespalte- ne Persönlichkeit!)

Entweder er hat eine gespaltene Persönlichkeit oder einen Zwillingsbruder. Ich habe jetzt einmal zu seinen Gunsten das Letztere angenommen. Es ist jedenfalls nicht in Ordnung.

Jetzt zu dem sagenhaften Angebot, das wir im letzten Jahr hatten, meine Damen und Herren. Da kam, zufälligerweise in der parlamentarischen Sommerpause, versteht sich, ein privates Unternehmen, das ein ganz tolles Angebot gemacht hat. Es hat gesagt: „Wenn ihr das ausschreibt und wir das machen dürfen, machen wir dort nicht nur den Regionalverkehr, sondern wir fahren quasi umsonst auch noch den Interregio mit. Für uns ist das alles kein Problem, denn wir sind privat und machen das effizient. Wir leisten für das gleiche Geld das Doppelte.“ Das hört sich zunächst einmal gut an.

Leider hat das gleiche Unternehmen noch zwei bescheidene Zusatzforderungen gestellt, damit es das machen kann. Erste Zusatzforderung: dass das Wagenmaterial dem neuen Bewerber von der Bahn überlassen wird. Es ist eigentlich ein ganz neues marktwirtschaftliches Denken, dass einem der härteste Konkurrent quasi noch das Wagenmaterial schenken soll.

Aber die zweite Forderung war die viel interessantere, nämlich dass, weil das Unternehmen das bundesweit machen wollte, der Bund jetzt muss ich schon für die Bundesregierung reden noch 2 Milliarden DM Anschubfinanzierung erbringen sollte. Es wurde gesagt, dann könne man das machen.

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Wenn Sie mir 2 Milliarden DM in die Hand drücken, dann fahre ich die Südbahn und die Schwarzwaldbahn auch ein Weilchen. Das war aber kein seriöses Angebot, und es ist kein Konzept dahinter. Insofern ist es einfach unseriös, wenn ein Anbieter kommt egal, wer und sagt: „Ich fahre den Regionalverkehr, und wenn ich den bekomme, fahre ich den Interregio noch umsonst mit“,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist der Unter- schied zum Bundesangebot!)

einmal ganz abgesehen davon, dass das Wagenmaterial und alles andere noch nicht einmal auf der Strecke sind. Da muss man einfach einmal die Karten auf den Tisch legen und das in aller Seriosität darlegen.

Interessant fand ich bei dem, was Sie, Herr Palmer, gesagt haben, schon, dass wir jetzt aus den Regionalisierungsmitteln entgegen der eigentlichen Zweckbindung unverschämterweise auch noch bereit sein sollen, quasi das Zwischenstadium an Südbahn und Schwarzwaldbahn zu finanzieren.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nur die zweitbeste Lösung!)

Ich kann nur Folgendes sagen: Wenn am Ende dieses Jahres der Interregio ausläuft und er läuft aus; die Bahn hat gesagt, ab Ende dieses Jahres werde sie den Interregio

nicht mehr fahren und wir bis dahin kein adäquates Angebot auf der Schiene haben,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Weil Sie nicht aus- geschrieben haben!)

heißt das auf gut Deutsch, dass auf der Südbahn und der Schwarzwaldbahn gar nichts mehr geht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Interesse von irgendjemandem ist, der hier in diesem Parlament sitzt. Aber genau deshalb wäre es notwendig gewesen, dass wir möglichst schnell Rechtssicherheit und vor allem das Geld dafür bekommen. Denn eines ist klar: Diese Linie haben wir bisher beschritten. Davon werden wir nicht abgehen. Bevor wir nicht die Zusage haben, dass wir zusätzliches Geld für die Übernahme des Interregios bekommen, werden wir den Interregio nicht übernehmen.

Wir haben aber, um dem Bund entgegenzukommen, auch gesagt: Für die Übergangsphase, die es zwingenderweise geben wird, werden wir aus Regionalisierungsmitteln woher auch sonst? das Geld herausholen, um das Wagenmaterial ich sagte es vorhin: ein Aufwand von 50 Millionen € zu beschaffen. Die Finanzierung der zwei Übergangsjahre, wenn wir in der Zwischenzeit bestellen müssen, bei wem auch immer, wird pro Jahr etwa 20 Millionen bis 30 Millionen € kosten. Auch das müssen wir zwischenfinanzieren. Wenn wir einen Privaten auf die Strecke holen, müssen wir uns etwas bezüglich der Tarifierungsprobleme und anderem einfallen lassen. Auch das wird ordentlich Geld kosten.

Insofern, meine Damen und Herren, kann man uns beim besten Willen nicht vorwerfen, wir arbeiteten nicht konzeptionell an dem Thema. Aber ich sage es noch einmal: Wir brauchen nur einen Gesetzesbeschluss, der übrigens keinen Pfennig kostet, dass wir die Zuständigkeit haben, und wir brauchen die 200 Millionen DM oder 100 Millionen €, allerdings bitte nicht mit diesem Taschenspielertrick, dass man zuerst 1 Milliarde DM abzieht, um dann großzügigerweise 200 Millionen DM für den Interregio draufzusatteln und zu sagen: „Aber mit 800 Millionen DM weniger könnt ihr den Interregio mit fahren.“ So billig bitte nicht, sondern mit netto 200 Millionen DM oder 100 Millionen € mehr. Dann machen wir das ruck, zuck und schreiben sofort aus, sobald die gesetzliche Grundlage da ist. Deshalb kann ich Sie, Herr Palmer, nur bitten, auch wenn es bei Rot und Grün im Gebälk ordentlich knirscht, sowohl in Berlin wie auch hier das lässt sich ja unschwer hören : Machen Sie mit Schmidt oder anderen einfach einmal Ihren Einfluss in Berlin geltend. Tun Sie das und das Land Baden-Württemberg wird dies dann sofort umsetzen zum Wohle der Bürger und für den weiteren Erfolg des Regionalverkehrs.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Das Ministerium hat zu den Anträgen Drucksache 13/645 und Drucksache 13/703 inzwischen Stellungnahmen abgegeben, die Ihnen vorliegen.

(Stellv. Präsident Birzele)

Der Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 13/645, ist ein Berichtsantrag und durch die Aussprache erledigt.

Abschnitt I des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/703, ist ebenfalls ein Berichtsantrag und damit erledigt.

Begehren Sie Abstimmung über Abschnitt II des Antrags?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wird mit dem Ent- schließungsantrag erledigt!)

Wird als erledigt betrachtet.

Dann rufe ich nunmehr den Entschließungsantrag aller Fraktionen dieses Hauses, Drucksache 13/719, auf. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? Einstimmig so beschlossen.

Damit haben wir Tagesordnungspunkt 3 abgeschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:01 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:00 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Abg. Frieder Birzele u. a. SPD Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften Drucksache 13/644

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung und fünf Minuten für die Aussprache je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Ich erteile das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs Herrn Abg. Birzele.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit unserem Gesetzentwurf Drucksache 13/644 wollen wir dem allgemeinen Grundsatz zum Durchbruch verhelfen, dass Gewählte sich auf eine möglichst breite Basis stützen können sollen. Ich glaube, es ist unumstritten, dass es bei jeder Funktion gut ist, wenn das Wahlgremium mit mehr als der Hälfte der Mitglieder jemanden in eine solche Funktion wählt.

Deshalb sehen alle Hochschulgesetze als allgemeine Regelung für Wahlen vor, dass im ersten und zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen zu erreichen ist und erst im dritten Wahlgang, wenn eine solche Mehrheit in den vorhergehenden Wahlgängen nicht erreicht wurde, zwischen den beiden Bewerbern mit der höchsten Stimmenzahl eine Stichwahl stattfindet.

Unverständlicherweise haben die Hochschulgesetze eine Spezialregelung bei den so genannten gebundenen Wahlen vorgesehen, das heißt, wenn ein Verfahren vorliegt, bei dem das Wahlgremium nicht entsprechend eigener Ent

scheidung wählen kann, sondern bei dem ein Vorschlag abgestimmt ist. Bestes Beispiel dafür ist die Wahl des Rektors bzw. des Präsidenten. Hier muss der Wahlvorschlag mit dem Wissenschaftsministerium abgestimmt sein, und dann kann das Gremium aus bis zu drei Bewerberinnen/Bewerbern auswählen.

Argumentiert wird bei den Hochschulgesetzen mit dieser Regelung, dass deshalb das allgemeine Wahlprinzip „Mehrheit in den ersten beiden Wahlgängen“ nicht angewendet werden könne. Dieses Argument ist jedoch falsch, denn wir haben auch in anderen staatlichen Bereichen solche Wahlsysteme, beispielsweise bei der Wahl der Landräte. Hier muss der Wahlvorschlag mit dem Innenministerium abgestimmt sein. Dann wird dem Kreistag ein abgestimmter Wahlvorschlag unterbreitet. Selbstverständlich gilt auch dort die Regelung, dass in den ersten beiden Wahlgängen jeweils die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht werden muss.

Wenn eine solche Regelung nicht gilt und auch, wie das Wissenschaftsministerium Hochschulen gegenüber mitgeteilt hat, von den Hochschulen nicht eingeführt werden darf, kann es zu den etwas unerfreulichen Ergebnissen kommen, dass beispielsweise bei drei Bewerbern der erste Bewerber elf Stimmen erzielt, der zweite Bewerber zehn Stimmen, der dritte Bewerber neun Stimmen und dann der erste Bewerber im ersten Wahlgang mit elf Stimmen gewählt ist, obwohl er nur rund ein gutes Drittel der Stimmen erreicht hat.

Deshalb halten wir diese Regelung für änderungsbedürftig. Wir sollten auch für solche so genannten gebundenen Wahlen das allgemeine Wahlprinzip, das im Hochschulrecht niedergelegt ist, anwenden. Übrigens, meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, wäre dies auch ein Beitrag zur Deregulierung, denn das Ganze können Sie umsetzen, indem Sie überflüssige Absätze streichen.

Der zweite Punkt unseres Gesetzentwurfs befasst sich mit der Stellvertretung. Beim Universitätsgesetz ist die Stellvertretungsmöglichkeit gerade für kleinere Gruppen weggefallen. Dies hat sich als sehr unerfreulich bei der Aufrechterhaltung der Kontinuität der Arbeit in den Selbstverwaltungsgremien erwiesen. Gerade bei kleinen Gruppen, gerade bei Gruppen wie Studenten, bei denen ein häufiger Wechsel vorkommt, sollte über eine Stellvertretungsmöglichkeit gesichert sein, dass die Gruppierung vertreten ist, dass der Informations- und Entscheidungsprozess kontinuierlich durchgeführt werden kann. Deshalb schlagen wir vor, die Stellvertreterregelung wieder einzuführen so, wie es vor der Novellierung der Hochschulgesetze war und bei den anderen Hochschulbereichen, in denen es bisher keine solche Stellvertreterregelung gegeben hat, eine solche Stellvertreterregelung vorzusehen.

Letzte Bemerkung, weil ich gefragt worden bin, warum dies nicht ein Gesetzentwurf der Fraktion, sondern ein Gesetzentwurf von Abgeordneten ist: Ich wollte wieder einmal darauf aufmerksam machen, dass wir nach der Geschäftsordnung auch als Abgeordnete die Möglichkeit haben, Gesetzentwürfe einzubringen.

(Beifall bei Abgeordneten des ganzen Hauses)

Wir wollten damit gerade den beiden Regierungsfraktionen signalisieren, dass das ein Gesetzentwurf ist, dem sie durchaus zustimmen können. Wir wollten bewirken, dass nicht das Schwert oder die Schere im Kopf schon angesetzt wird, wenn bei einem Gesetzentwurf „SPD“ gelesen wird. Wenn Sie den Gesetzentwurf anschauen, sehen Sie: Er ist von lauter honorigen Leuten unterschrieben worden. Infolgedessen hoffen wir auch auf eine Annahme durch die Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der SPD Abg. Pauli CDU: Wir wer- den es wohlwollend prüfen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Professor Klunzinger.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt nicht schimpfen, gell!)