Protocol of the Session on January 31, 2002

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen Abg. Bo- ris Palmer GRÜNE: Sehr richtig! Abg. Pfisterer CDU: Nicht unbedingt ein Qualitätsnachweis!)

Aber es war ein Qualitätsnachweis für Ihre Fraktion, die damals noch in der Lage war, über die Koalitions- und Fraktionsdisziplin hinaus selbstständig zu denken.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Frau Kollegin, ich war das!)

Globalhaushalte geben den Hochschulen mehr finanzielle Kompetenzen, über die Verwendung ihrer Mittel zu ent

scheiden, zu planen und eigene Schwerpunkte zu setzen. Dazu gehört das ist auch schon von einigen Seiten gesagt worden die Ablösung der Kameralistik durch eine kaufmännische Buchführung, zum Beispiel die Befreiung von der Auflage, zum Jahresende aufgelaufene Ausgabereste auszugeben, was zum bekannten „Dezemberfieber“ geführt hat. Neue Steuerungsinstrumente sind dazugekommen und werden Stück für Stück umgesetzt: die leistungsorientierte Mittelvergabe, die Kosten- und Leistungsrechnung und ein Controlling.

Wir Grünen unterstützen diesen Prozess und werden ihn auch weiterhin unterstützen, weil wir die Autonomie und die Freiräume der Hochschulen stärken wollen und ihnen eine entsprechende Verantwortung übertragen wollen.

(Beifall bei den Grünen)

Wichtig ist mir aber auch, zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu betonen und auf die Frage hinzuweisen: Wer steuert eigentlich mit den neuen Steuerungsinstrumenten? Das Parlament ist es sicher nicht. Und: Funktionieren die neuen Steuerungsinstrumente? Das Parlament weiß es jedenfalls nicht. Dabei geht es letztlich um die Frage nach der Transparenz und die Frage nach der Wahrnehmung von Verantwortung. Dazu gehören sowohl die Transparenz und die Verantwortung innerhalb der Hochschulen selbst als auch Transparenz und Verantwortung aufseiten des Landes.

Der Staat zieht sich derzeit aus der Detailsteuerung zurück, und das ist gut so. Wir müssen im Stuttgarter Landtag nicht und wir können es auch nicht, wenn wir ehrlich sind über eine bestimmte Funktionsstelle an der Universität Konstanz entscheiden. Aber die Politik bleibt verantwortlich für die Höhe der finanziellen Ausstattung der Hochschulen, und sie bleibt verantwortlich dafür, Ziele zu formulieren, entsprechend zu steuern und zu kontrollieren. Deshalb schlägt jetzt im Zuge der Reform der Hochschulhaushalte die Stunde des Parlaments. Genau hier fehlt es bislang an Verfahren und Informationen, damit das Parlament seine Haushaltsverantwortung und Steuerungsfunktion überhaupt wahrnehmen kann.

(Beifall bei den Grünen)

Wir wollen den Ausbau der Organisationsautonomie der Hochschulen. Wir wollen, dass das Ministerium ein entsprechendes neues Selbstverständnis entwickelt. Wir wollen aber auch, dass das Parlament ein neues Rollenverständnis entwickelt und seiner Verantwortung auch künftig nachkommen kann.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Wir werden deshalb Vorschläge machen, wie ein Berichtswesen aussehen kann, etwa ob und, wenn ja, in welcher Form Wirtschaftspläne, Struktur- und Entwicklungspläne der Hochschulen dem Landtag zur Verfügung stehen oder welche Daten aus dem Controlling das Parlament benötigt, um seine Funktionen wahrnehmen zu können.

Wir wollen gemeinsam klären, wie das Parlament bei der Formulierung von Zielvereinbarungen einbezogen wird, welche Auswirkungen Evaluationsergebnisse auf die Haushaltsansätze haben und wie die Indikatoren bei der leis

tungsorientierten Mittelvergabe bewertet und weiterentwickelt werden. Wir sehen unsere Aufgabe darin, diesen Prozess der Klärung der neuen Rolle des Parlaments in den nächsten Monaten voranzubringen.

Sagen Sie an dieser Stelle lieber nicht, wie es im Finanzausschuss geschehen ist, das passiere doch alles schon längst. Denn in den vergangenen beiden Jahren hat sich an dieser Stelle noch nichts bewegt. Mein Vorgänger als wissenschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion, unser heutiger Fraktionsvorsitzender Dieter Salomon, stand vor zwei Jahren an dieser Stelle und hat in einer ganz ähnlichen Weise an das Parlament appelliert, seiner Verantwortung in diesem Bereich nachzukommen und die Hochschulen sich nicht selbst zu überlassen.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Ein entsprechender Antrag, den die Grünen im Finanzausschuss damals gestellt haben, ist mit der Begründung abgelehnt worden: „Das tun wir doch schon alles.“ In Wirklichkeit sind wir an diesem Punkt aber bis heute keinen Schritt vorangekommen.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Sie im Regierungslager blockieren ja immer, indem Sie sagen: „Das tun wir doch schon alles.“

(Zurufe der Abg. Fleischer und Wieser CDU Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich glaube, Sie haben das Problem, was den Stellenwert dieses Parlaments angeht, bislang nicht wirklich erfasst.

(Abg. Wieser CDU: Sie haben die Rolle noch nicht richtig gelernt!)

Genau. Ich versuche gerade, Sie für das Problem zu sensibilisieren und werde auf Sie zukommen.

(Abg. Wieser CDU: Sie haben ein Rollenproblem! Sie müssen noch das Drehbuch lernen! Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Frau Lösch, Sie auch! Sie sind noch in der Probezeit! Sie haben noch einen Lehr- vertrag! Unruhe Glocke des Präsidenten)

Sie sehen, als Neue im Landtag scheint man richtig provozieren zu können.

Einen Moment, Frau Bauer, bitte. Meine Damen und Herren, lassen Sie doch bitte diese Zwischendiskussion, sonst ist die Rednerin, Frau Bauer, nicht zu verstehen.

Bitte schön, Frau Bauer, fahren Sie fort.

Sie sehen, als Neue im Landtag habe ich nicht nur aktuelle Zahlenwerke gewälzt und in den Details gegraben, sondern auch alte Protokolle gelesen, zum Beispiel über die letzte Haushaltsdebatte zu diesem Thema. Dabei bin ich auf einen zweiten interessanten Punkt gestoßen, an dem es bis heute keinen Schritt vorwärts gegangen ist. Da habe ich gelesen, dass ein Abgeord

neter namens Pfister von der FDP/DVP damals gefordert hat

(Abg. Stickelberger SPD: Wie heißt der?)

ich muss Ihnen zitieren, was Sie gesagt haben; das hat mich so gefreut :

(Heiterkeit bei den Grünen Zuruf des Abg. Wie- ser CDU)

... Herr Minister,

ich zitiere Herrn Pfister

ich sage das hier in aller Deutlichkeit : Wenn Kompetenzen von oben nach unten verlagert werden, muss das in der Zukunft selbstverständlich auch Konsequenzen beim Personalbestand oben haben. Sonst wird die Rechnung nicht aufgehen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP Zurufe von den Grünen)

... Das Parlament muss dann selbstbewusst sein

so haben Sie weiter gesagt

und darauf achten, dass im Gegenzug zu der größeren Autonomie auch bei der Kultusbürokratie ein Personalabbau stattfindet.

(Beifall des Abg. Wieser CDU Abg. Pfister FDP/ DVP: Alles richtig!)

Finde ich auch. Als ich das gelesen habe, habe ich mich sofort an die Schlagzeilen erinnert, die Sie vor wenigen Tagen produziert haben. In der Zeitung stand dick und fett: „FDP fordert: 35 Stellen abbauen im Wissenschaftsministerium“.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Habe ich heute auch ge- sagt!)

Was haben Sie den Mund voll genommen! Wir haben im Finanzausschuss hoffnungsvoll darauf gewartet, dass Sie einen entsprechenden Antrag stellen. Aber es kam nichts umsonst, Ihre Schlagzeilen waren wohl heiße Luft.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Ja, klar.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Haben Sie dem Entschlie- ßungsantrag zugestimmt, ja oder nein?)

Wir haben einen eigenen Antrag eingebracht, und wir werden ihn auch heute wieder einbringen. Sie bekommen Gelegenheit, Ihren Worten konsequent auch Taten folgen zu lassen.

(Beifall bei den Grünen)

Anstatt Ihre Ankündigung in Politik zu gießen, haben Sie einen Antrag mit der CDU formuliert, der lediglich besagt, das Ministerium solle Organisationsentwicklung für eine moderne Verwaltung betreiben.

(Abg. Reichardt CDU: Das war gut so!)