Protocol of the Session on January 31, 2002

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Bregenzer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit dem Dank an die rund 15 000 Beschäftigten an den Hochschulen beginnen, deren Engagement, hohe Qualifikation, Einfallsreichtum und Wissenschaftsliebe die große Anerkennung begründen, die unsere Hochschulen im nationalen und internationalen Vergleich genießen. Ich möchte den Dank an die Studierenden aussprechen, die diese Angebote konstruktiv aufnehmen und an unseren Hochschulen zu einem kooperativen Klima beitragen. Dass wir bei der Zunahme der Zahl der Studierenden im Ländervergleich nur an achter Stelle liegen und dass wir mit 13 % Anteil Studierender aus anderen Bundesländern in den alten Bundesländern an letzter Stelle liegen, stellt uns nicht zufrieden und steht im Widerspruch zum guten Ruf unserer Hochschulen.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist umgekehrt auch ein Vorteil!)

Danken möchte ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wissenschaftsministeriums sowie dem Minister für die bisherige sachliche Zusammenarbeit trotz unterschiedlicher Positionen, und wir hoffen, dass das so bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der dritte Haushalt, in dem die Auswirkungen der Globalhaushalte der Hochschulen sowie des Solidarpakts zu spüren sind. Von Mal zu Mal wird deutlicher, dass die Handlungsmöglichkeiten des Parlaments enger werden. Der Einzelplan ist zwar immer noch über 1 000 Seiten dick, aber was wir bewegen können, verläuft in engen Grenzen. Verstärkt wird dies noch durch die gesetzlich verbriefte Autonomie der Hochschulen, die zu respektieren und auszubauen ist. Die Praxis des Ministeriums ist aber eine andere. Das ist ein aus den Hochschulen viel gehörtes Klagelied. Wenn trotz Verlagerungen von Kompetenzen und Aufgaben in acht Jahren nur zehn Beamten- und elf Angestelltenstellen das sind gerade mal 4 % gestrichen werden, kann das gar nicht anders sein. Wer im Ministerium einen Schreibtisch hat, der will arbeiten.

(Abg. Dr. Klunzinger CDU: Hoffentlich!)

Hoffentlich! Genau, Herr Klunzinger. Und er tut es auch! Und entsprechende Auswirkungen hat das dann auf die Autonomie der Hochschulen.

Richtigerweise hatte daher die FDP/DVP-Fraktion auf ihrer Klausurtagung Anfang Januar beschlossen, 35 Stellen im Ministerium mit einem k.w.-Vermerk zu versehen. Bei der Umsetzung dieses Beschlusses zerplatzte dieser allerdings wie eine Seifenblase.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Abwarten!)

Davon blieb ein winziges Tröpfchen übrig, ein Entschließungsantrag, der dem Minister das optimale Format für die Begründung aller Stellen liefert, für heute und in Ewigkeit.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sie haben ihn nicht abge- lehnt, Frau Kollegin!)

Nicht einmal unserem Antrag auf insgesamt 16 Stellen eine moderate, mit der Dynamik eines Ministeriums verträgliche Kürzung konnte man mehr zustimmen. Und dass der Minister die Notwendigkeit all seiner Stellen aufgrund Ihres Antrags begründen wird, das hat er in einem ersten Beispiel schon in der Finanzausschusssitzung mit Bravour gezeigt. Gratulation, Herr Minister!

Ein paar Bemerkungen zum Thema Haushaltsklarheit und -wahrheit:

Erstens: Langzeitstudiengebühren. Seit es sie gibt, werden sie in die Haushaltspläne nicht eingestellt, obwohl die Größenordnung inzwischen bekannt ist. Wer bei den Istzahlen der Vorjahre Einnahmen mit Ausgaben vergleicht, der stellt fest, dass offensichtlich einiges davon in den allgemeinen Haushalt fließt: 1999 mehr als die Hälfte, 2000 ein Drittel und so war im Ausschuss zu hören 2001 nur 7,5 von 9 Millionen €. Die Gebühren sollten eigentlich so war die Zusage zur Verbesserung der Lehre direkt in die Hochschulen fließen. Das sollten sich alle merken, die glauben, nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren würden sie von den Finanzministern weiterhin ihr Geld kriegen und das von den Studierenden noch obendrauf. Da kann ich nur sagen: Auf den großen Appetit von Finanzministern ist Verlass.

Zweites Thema: Mittel der Landesstiftung und der Zukunftsoffensive. Es gibt keine Maßnahme, soweit sie in diesem Haushalt etatisiert ist, die unsere Zustimmung nicht findet, keine, die nicht geboten wäre, aber auch keine, die neu wäre oder nicht zu den ureigensten Aufgaben des Landeshaushalts gehörte. Die Informatikstudiengänge hatte das Kabinett schon Mitte 2000 beschlossen und standortgenau medienwirksam verkauft. Da gab es das Geld noch gar nicht. Parallelkurse sind das was der Name schon sagt , und der Bibliotheksausbau kann wohl kaum als freiwillige Aufgabe bezeichnet werden, wenngleich einem nach der Zeitungslektüre der letzten Tage schon Zweifel kommen können. Aber da die Landesregierung zur Finanzierung der 24-Stunden-Bibliothek in Karlsruhe auf gesetzlich geregelte Bundesmittel zurückgreift, straft sie sich ob ihrer Freiwilligkeit selbst Lügen. Übrigens kommt dieses Geld aus dem ordentlichen Bundeswissenschaftshaushalt, der in den letzten drei Jahren um 15,5 % gestiegen und zum umfangreichsten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geworden ist, während unser regulärer Wissenschaftshaushalt gerade mal wieder das Niveau von 1999 erreicht.

(Zuruf von der CDU: Wollen wir sparen oder nicht?)

Zum Dritten: Probleme gibt es auch aufgrund einer eher erfreulichen Entwicklung. Dem eigenen Drang und dem Willen der Politik folgend, haben die Hochschulen ihre Angebote internationalisiert. Jetzt kommen junge Leute aus dem

Ausland und finden bei uns keine Wohnung. Das ist doch kein Zustand, da muss doch etwas passieren. Die Hochschulen geraten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, denn ausländische Studierende brauchen Betreuung, Unterstützung, spezielle Angebote und vor allem Wohnraum, denn das ist die erste Studienvoraussetzung. Wir können sie doch nicht einladen und dann wieder nach Hause schicken. Zu Beginn des letzten Semesters ist dies mehrfach geschehen. Die Studentenwerke haben nicht nur Probleme, diese jungen Menschen unterzubringen. Sie haben auch einen gewaltigen Wohnungssanierungsberg vor sich.

Auf all dies gibt dieser Haushalt keine Antwort. Deshalb stellen wir Anträge zum Einstieg in Tutoren- und Betreuungsprogramme sowie für die Studentenwerke zur Sanierung der Wohnungen.

Glücklicherweise ist der Minister über seinen ursprünglichen Lösungsvorschlag der Mehrfachbelegungen von Zimmern hinausgekommen. Jetzt warten wir auf die Ergebnisse der eingerichteten Arbeitsgruppe. Da die Problematik drängt, hätten wir schon erwartet, dass wenigstens die Mifrifi eine Hausnummer dazu enthält. Dazu erwarten wir Ansätze im Nachtragshaushalt, ebenso zu der Notwendigkeit, die Pädagogischen Hochschulen unseres Landes für die notwendigerweise dringend erforderliche Zunahme von Studierendenzahlen fit zu machen. Wie sonst soll, Herr Wissenschaftsminister, Ihre Kollegin, die Kultusministerin, ihre Hausaufgaben machen können, für die in den nächsten Jahrzehnten ausscheidenden Lehrkräfte genügend Ersatz zur Verfügung zu stellen?

Zum Schluss komme ich noch einmal auf die FDP/DVP und ihre geplatzte Stellenstreichungsseifenblase zurück. Herr Pfister, Sie verstärken damit eine Entwicklung, die Ihnen als vom Volk Gewählter, für Hochschulpolitik Verantwortlicher und Liberaler kaum recht sein kann. Die Ministerialbürokratie verstärkt ihren Einfluss auf die Hochschulen. Die Regierung beglückt diese mit Sonderprogrammen, deren Zukunft oft ungewiss ist. Auch die Bibliotheksmisere hat darin ihre Begründung. All die Sonderprogramme, an denen sich die Universitäten mit Eigenbeiträgen beteiligen müssen, reduzieren die autonomen Entscheidungen der Gremien auf den Ausweg Bibliotheken, die dann ausgetrocknet werden. Das Parlament nickt im Wesentlichen ab. Dafür sind wir nicht gewählt worden.

Verantwortung tragen wir Parlamentarier für die Grundfrage, wie unsere Hochschullandschaft in der Zukunft aussehen soll, was wo in welchem Umfang auf- und ausgebaut werden soll und wohin es sich entwickeln soll, damit auch die künftigen Studierwilligen freie Studien- und Berufswahl sowie gute Chancen haben. Die Hochschulen machen mit ihren Struktur- und Entwicklungsplänen im Moment die notwendigen Hausaufgaben. Es kann nicht in unserem Interesse sein, dass sich damit nur das Ministerium beschäftigt, zustimmt oder ablehnt und wir von ferne zuschauen. Es wird unsere Aufgabe sein, in den nächsten Monaten hier im Parlament mitzuwirken.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Opposition, Frau Kollegin Bregenzer, wird nicht widersprechen können, wenn ich sage: Baden-Württemberg ist das hochschulreichste Land in der Bundesrepublik. Sie wird nicht widersprechen können, wenn ich sage: Baden-Württemberg hat mit die besten Hochschulen in der Republik. Und sie wird nicht widersprechen können, wenn ich sage: Baden-Württemberg ist das reformfreudigste Bundesland. Das Zentrum für Hochschulentwicklung spricht davon, dass wir das liberalste Hochschulgesetz in der Republik haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das alles sind Messlatten dafür, dass wir diesen Kurs im Haushalt 2002/03 fortsetzen wollen. Wir werden dies dadurch tun, dass der Anteil der Wissenschaftsausgaben und der Forschungsausgaben am Gesamthaushalt mit diesem Einzelplan steigen wird. Das wird dadurch deutlich, dass die Mittel für die zentrale Forschungsförderung dazu gehören das Forschungsschwerpunktprogramm und der Forschungspool zum ersten Mal seit 1993 wieder steigen werden, und zwar in einer Größenordnung von etwa 3,8 Millionen €, also ganz beachtlich. Aber das ist auch notwendig, weil wir ja den Wissenschaftsstandort BadenWürttemberg insgesamt stärken wollen und stärken müssen.

Meine Damen und Herren, all denjenigen, die mit der Bildungspolitik nicht so viel am Hut haben, aber mehr mit der Wirtschaftspolitik, möchte ich sagen: Gerade auch ein Wirtschaftspolitiker muss dieser Stärkung des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg zustimmen, weil allein rund 30 % der in den letzten Jahren in Baden-Württemberg neu entstandenen Arbeitsplätze direkt oder indirekt aus Forschungsvorhaben und Forschungsprogrammen und in der Folge von Investitionen in Arbeitsplätze im Hochtechnologiebereich entstanden sind. Deshalb bleibt es dabei: Wissenschaft und Bildung sind nicht nur Werte an sich, sondern Wissenschaft und Bildung sind die soziale Frage des 21. Jahrhunderts, an der sich letzten Endes auch entscheidet, ob dieses Land Baden-Württemberg in der Zukunft Chancen hat, vorne sein wird und moderne Arbeitsplätze schaffen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Abg. Fleischer CDU: Sehr richtig!)

Wenn ich Ihnen die Zahlen vortrage, wiederhole ich gebetsmühlenhaft, dass all die Steigerungen und all die Millionenbeträge nicht möglich gewesen wären, hätten wir nicht die Zukunftsoffensive III und nicht auch eine Landesstiftung auf den Weg gebracht. 35 % aller Mittel aus der Landesstiftung werden exklusiv für Forschungsförderung und für die Schlüsseltechnologien zur Verfügung gestellt. Erst in den letzten Wochen konnten Sie zur Kenntnis nehmen, dass rund 240 Millionen € für den Ausbau der Universitäten im Bereich der Bioforschung bzw. für Erweiterungen von Fachhochschulen und Berufsakademien zur Verfügung gestellt worden sind; der Kollege Pfisterer hat darauf zu Recht hingewiesen.

Aber in der Wissenschafts- und Forschungspolitik geht es nicht nur um Quantitäten; es geht auch um Qualitäten. Es

geht darum, dass die inhaltliche Reformpolitik der vergangenen Jahre auch in Zukunft konsequent fortgesetzt werden muss. Was gehört dazu?

Zum Ersten gehört dazu, dass der Wettbewerb zwischen den Hochschulen gestärkt werden muss. Wo, meine Damen und Herren, steht eigentlich geschrieben, dass sich dann, wenn fast alle Bereiche unseres öffentlichen Lebens einer Wettbewerbssituation ausgesetzt sind, die Bildungssysteme einem solchen Wettbewerb nicht stellen sollen?

Wir alle wissen, dass mehr Wettbewerb in aller Regel auch mehr Qualität und mehr Leistung bedeutet. Deshalb haben wir bereits eine Evaluationsagentur in Mannheim auf den Weg gebracht, die auch die Aufgabe hat, nicht im stillen Kämmerlein, sondern auch nach außen für jeden erkennbar deutlich zu machen, welche Hochschule besonders gut ist, welche nicht so gut ist und welche vielleicht nur befriedigend ist. Dem entspricht ja auch die Gestaltung unserer Haushalte, die zunehmend durch eine leistungsorientierte Mittelzuweisung geprägt werden.

Es gibt also für eine Universität oder Hochschule nicht einfach global und pauschal einen bestimmten Betrag nach Kopfzahl, sondern dann, wenn es eine Hochschule schafft, in besonderer Weise Frauenförderung zu betreiben oder die Studenten innerhalb der Regelstudienzeit zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss zu bringen, wird diese Hochschule nach dem Prinzip der materiellen Interessiertheit besser ausgestattet. Ich halte das für den richtigen Weg, um den Wettbewerb zu fördern.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, steht selbstverständlich die Forderung in der Zwischenzeit ist sie ja auch in der Koalitionsvereinbarung enthalten nach Abschaffung der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen. Sie kennen dieses überbürokratische Monstrum, das jetzt endgültig abgeschafft werden muss und auch abgeschafft werden wird.

Wenn wir dadurch ein weiteres Wettbewerbselement erhalten haben werden, ist meines Erachtens auch die Zeit reif für die generelle Einführung von Studiengebühren. Ich will zunächst, dass in dem Hochschulrahmengesetz von Frau Bulmahn eine Studiengebühr nicht verboten wird.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Das will ich ausdrücklich nicht; ich lasse mir da nichts vorschreiben.

Ich will zum anderen, dass eine Studiengebühr eingeführt wird, die von vornherein auch nicht annäherungsweise in dem Verdacht steht, einen sozialen Numerus clausus darzustellen.

(Abg. Zeller SPD: Soziale Auslese! Abg. Carla Bregenzer SPD: Wie wollen Sie das denn machen? Wie machen Sie das? Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Da müssen Sie sich aber etwas einfallen lassen!)

Ich möchte auch, dass die künftige Studiengebühr die Langzeitstudiengebühr, die wir im Augenblick haben, ersetzt,

(Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

und ich möchte selbstverständlich, Frau Bregenzer, dass zumindest Teile der neu zu erhebenden Studiengebühr wirklich bei den Hochschulen ankommen, um auf diese Weise eine Qualitätsverbesserung unserer Hochschulen zu erreichen.

Deshalb ist unser Vorschlag ich bringe ihn zum wiederholten Mal vor , eine Studiengebühr im Sinn einer nachlaufenden Studiengebühr einzuführen, das heißt einer Studiengebühr, die nicht während des Studiums, sondern wegen des „sozialen Numerus clausus“ erst dann entrichtet werden muss, wenn ein entsprechendes Einkommen vorhanden ist.

Internationalisierung der Wissenschaften, neue konsekutive Studiengänge Stichwort Master-Ausbildung, Stichwort Bachelor-Ausbildung : Meine Damen und Herren, in der Zwischenzeit gibt es bei jedem fünften Studiengang in Baden-Württemberg die Möglichkeit, ihn entweder mit dem Bachelor- oder mit dem Master-Grad abzuschließen. Das ist eine beachtliche Entwicklung, die kein anderes Bundesland vorweisen kann. Auf diese Weise ist also ein wichtiger Beitrag auch zur Internationalisierung gegeben.

Globalhaushalte sind angesprochen worden. Dabei bleibt es. Das haben wir alle gemeinsam gewollt. Wenn Sie sich die Haushalte ansehen, werden Sie feststellen, dass die Vielzahl der Titelgruppen früher waren das sehr viele systematisch zurückgegangen ist. Viele Bereiche werden also nicht mehr direkt vom Ministerium verwaltet. Das heißt, Autonomie, Wettbewerb und Leistung sind der ich sage jetzt nicht: der rote gelbe Faden,

(Abg. Stickelberger SPD: Stimmt schon!)