Protocol of the Session on December 19, 2001

250 Millionen DM, sagten Sie letzte Woche, sind dabei akut gefährdet, nicht als gemeinnützig anerkannt zu werden. Diese wollen Sie dann im Haushalt mitfinanzieren. „Prost, Mahlzeit!“ kann man da nur sagen.

„Tod in der Grauzone“ hieß ein Buch, das vor 20 Jahren Furore gemacht hat. Die Geschichte Ihrer Landesstiftung, das kann ich Ihnen sagen, bietet sich geradezu als zweiter Teil dieses Werks an.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Finanzminister, ich will Ihnen aber eines sagen: Wir bieten Ihnen die Mitarbeit an. Nach unseren Recherchen gibt es einen Ausweg. Es besteht nämlich sehr wohl die Möglichkeit, die Landesstiftung aufzulösen, also nicht nur rein juristisch mit 75 % Mehrheit, sondern so, dass es steuerpolitisch auch Sinn macht. Damit wäre dann gesichert, dass bei einer möglichen Veräußerung wenigstens die restlichen Beteiligungen der Stiftung ohne Restriktionen zu verwenden wären.

Bei einer solchen Lösung wären lediglich – das ist klar, weil dieser Fehler eben gemacht wurde – erstens die Erlöse aus dem Verkauf der EnBW-Anteile und zweitens der Wertzuwachs der Beteiligungen zwischen dem Zeitpunkt der Gründung der Landesstiftung und deren Auflösung weiterhin gemeinnützig zu verwenden. Mit dem Rest – das ist entscheidend –, den ganzen anderen Beteiligungen, könnte man dann neu anfangen und hätte nicht mehr den Murks am Hals, wie Sie ihn jetzt am Hals haben.

Ich fordere Sie auf, Herr Finanzminister, diese Möglichkeit ernsthaft zu prüfen. Ich versichere Ihnen schon jetzt: Wenn Sie diesen Weg gehen, werden wir ihn mittragen.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt zu dem, was der Herr Ministerpräsident vor einem halben Jahr in seiner Regierungserklärung so vollmundig angekündigt hat. Sie haben gesagt: „Wir schaffen die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Baden-Württemberg 2020.“ Da muss man einfach feststellen: Sie werden Ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Die Schwerpunkte, die wir im Haushalt setzen wollen, kommen bei Ihnen gar nicht oder nur rudimentär vor. Im Klimaschutz, in der Energie- und der Naturschutzpolitik glatte Fehlanzeige. In der Kinderbetreuung – darauf wurde schon hingewiesen –, bei den Familien, bei vorwärts weisenden Schulprojekten ebenfalls glatte Fehlanzeige.

Es ist ja schon ein Running Gag, meine Damen und Herren: Der Rücktritt von Umwelt- und Verkehrsminister Müller ist nicht nur wegen Philippsburg und Herrn Keil schon längst fällig, sondern auch weil er für die Umwelt zuständig ist – das weiß hier gar keiner mehr –

(Abg. Scheuermann CDU: Doch!)

und dort unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze agiert. Das wäre der eigentliche Grund für einen Rücktritt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Man könnte fast kalauern, dass er nicht nur keine Ziele formuliert, sondern auch noch unfähig ist, sie umzusetzen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grü- nen)

Ein einziges Mal hat er ein Ziel formuliert: in dem vor einem Jahr verabschiedeten Landesumweltplan. Dort wollte er noch die Verdoppelung des Anteils regenerativer Energieträger sowohl beim Primärenergieaufkommen als auch bei der Stromerzeugung bis zum Jahr 2010.

(Abg. Zeller SPD: Da hat er ja noch ein bisschen Zeit!)

Dort wollte er noch die Reduzierung der klimarelevanten CO2-Emissionen von derzeit 77 Millionen Tonnen im Jahr auf unter 65 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2010. Was ist herausgekommen? Von beiden Zielen haben Sie sich zwar noch nicht verbal, aber politisch völlig – ich wiederhole: politisch völlig – verabschiedet. Keine Mark im Haushalt, keine Mark von Ihnen, Herr Finanzminister, kein Wort von Ihnen, Herr Oettinger, kein Wort von Ihnen, Herr Pfister.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Für die regenerativen Energien, für die ressortmäßig ja nicht der Umweltminister, sondern Herr Döring zuständig ist,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aha!)

gab es im Jahr 2000 noch 9 Millionen DM, im Doppelhaushalt sind es jetzt noch 6 Millionen DM im Jahr. Man kann sagen: Es geht voran; noch zwei Jahre, dann sind wir auf null. Vielleicht wäre es sogar ehrlicher, diese Mittel ganz zu streichen.

Übrigens, nur zum Vergleich – Sie haben ja auch mit Zahlen aus NRW hantiert, Herr Oettinger –: Im gleichen Jahr 2000, wo es hier 9 Millionen DM gab, gab es in Bayern 58 Millionen DM und in NRW 92 Millionen DM. Wenn Sie die Forschung für die Solarenergie feiern, muss man einfach feststellen, dass die Solarenergie als Fördertatbestand bei Ihnen quasi überhaupt nicht mehr vorkommt. „Da tut der Bund ja genug“, werden Sie sagen. Und die Windenergie wird von Ihnen aktiv verhindert wie in keinem anderen Bundesland. Das sind die Tatsachen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Alles, aber auch restlos alles, was sich dann doch in Baden-Württemberg im Bereich regenerativer Energien tut, ist von der Bundesregierung angestoßen.

(Abg. Hauk CDU: Das ist nicht wahr!)

Herr Döring hat gesagt: Wir finanzieren doch nicht dem Oberstudienrat noch seine Solaranlage auf dem Dach. Das hat der Ex-Oberstudienrat Döring gesagt.

(Heiterkeit der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Nach der Methode „Wenns der Bund finanziert, brauchen wir nichts zu machen“ scheint hier der ganze Haushalt gestrickt zu sein. Dabei ist es doch ganz anders. Allein durch das 100 000-Dächer-Programm sind in den letzten drei Jahren ca. 300 Millionen DM nach Baden-Württemberg geflossen und aus dem Marktanreizprogramm „Regenerative Energien“ nochmals ca. 70 Millionen DM. Das ist nicht

nur für diejenigen schön, die investiert haben, sondern – jetzt kommt es, Sie Obermittelstandsförderer – damit werden Milliardeninvestitionen für den Mittelstand und damit für Arbeitsplätze in Baden-Württemberg ausgelöst. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wenn man dann noch dazunimmt, was die Biogasverordnung für den ländlichen Raum bedeutet, wenn man dazunimmt, dass ein Landwirt, der sich eine Biogasanlage baut, tatsächlich ein zusätzliches Einkommen von durchschnittlich 15 000 Euro – nicht wahr, Herr Kiefl? – hat, dann sind das keine Peanuts, sondern dann ist das ein relevanter Einkommensbestandteil, und dann kann man nur sagen: Auch dafür machen Sie nichts. Das nehmen Sie billigend in Kauf. Danke schön, dass Sie es zumindest nicht verhindern wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Nicht anders sieht es übrigens im Bereich Klimaschutz aus. Ob der gelingt, hängt unter anderem ganz wesentlich davon ab, ob in den nächsten Jahren im Gebäudebestand Energieeinsparungen und Wärmedämmmaßnahmen in nennenswertem Umfang umzusetzen sind. Ich sage es Ihnen gleich: So, wie Sie es machen, gelingt es Ihnen sicher nicht. Wie auch? Nach 14,5 Millionen DM für zinsverbilligte Darlehen im Energiesparprogramm Altbau in diesem Jahr stehen nächstes Jahr und im Jahr darauf nur noch 13,1 Millionen DM dafür zur Verfügung. Sie wollen jetzt wahrscheinlich wissen, ob das viel oder wenig ist. Ich nenne Ihnen einmal eine Vergleichszahl: In Nordrhein-Westfalen standen im Jahr 1999 exakt 386 Millionen DM dafür zur Verfügung. Ich glaube, wenn man diese Vergleichszahlen liest, dann ist alles geschwätzt.

(Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU)

So richtig absurd wird es erst im Bereich Naturschutz, meine Damen und Herren. Gerdi Staiblin war ja bekannt für den Satz: Der Naturschutz ist der größte Feind der Landwirtschaft.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das hat sie nie gesagt! – Abg. Fischer SPD: Der Haas ist wieder da! Vorhin war er nicht da!)

Willi Stächele, der sich mittlerweile verabschiedet hat, schickt sich an, die jovialere Ausgabe von Gerdi Staiblin, sozusagen die bauernverbands- und festzelttaugliche Variante zu werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Interessant ist dabei eines: Für den Satz „Mir gebet nix“ muss man ja hier im Land einen gewissen Respekt aufbringen. Den habe ich auch. Aber der Satz „Mir nemmet nix,

(Heiterkeit der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

weil es von der bösen Tante Künast kommt“, der ist landsmannschaftlich eher untypisch, so kann man wohl sagen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die PLENUM-Idee, die Vermarktung landwirtschaftlich hochwertiger Produkte mit Tourismus und Naturschutz stärker miteinander zu verzahnen, für die Sie in den letzten Jahren den Geldbeutel immer fest zugeknöpft hatten, außer bei einem Projekt im Allgäu, hat sich jetzt Frau Künast zu Eigen gemacht. Sie hat dazu einen bundesweiten Wettbewerb ausgeschrieben. Er heißt „Regio aktiv“. Aber was macht unser Landwirtschaftsminister? Er weist die nachgeordneten Behörden an, sich nicht aktiv an der Ausarbeitung von Wettbewerbsbeiträgen zu beteiligen. Es ist einfach unglaublich, was in diesem Land geschieht. Da kann man nur froh sein, dass sich die Regionen nicht davon abbringen ließen, sich trotzdem zu bewerben. 19 Regionen haben dies getan, drei sind in die engere Auswahl gekommen – trotz unseres Landwirtschaftsministers. Glückwunsch von unserer Seite!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein ganz wichtiger Schwerpunkt bei den anstehenden Beratungen wird für uns logischerweise – wie auch schon in den vergangenen Jahren – der Bereich Schule, Kinder und Familie sein. So lobenswert es ist – – Da lobe ich jetzt mal den Herrn Oettinger.

(Abg. Birzele SPD: Der hört es gar nicht! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Der ist mit Lob von Ihnen un- begrenzt belastbar!)

Nein, das war zu früh. Ich bin einen Absatz verrutscht. Er wird jetzt nicht gelobt.

So lobenswert es ist, dass Sie in den kommenden zwei Jahren noch einmal zusätzliche Lehrer einstellen, so muss doch auch eindeutig festgehalten werden, dass sich dadurch die Unterrichtsversorgung noch nicht verbessert.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Wenn überhaupt!)

Es wird lediglich der Status quo gehalten.