Protocol of the Session on December 13, 2001

(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Was haben Sie denn für eine Vorstellung? – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Lieber Kollege Teßmer, ich frage Sie: Wenn ein Ermittlungsverfahren zum Abschluss kommt, die Staatsanwaltschaft über zwölf Jahre Freiheitsstrafe beantragt hat und dann dieser Rechtsstaat sein Urteil spricht,

(Abg. Fischer SPD: Es sind doch neue Dinge he- rausgekommen!)

was ist daran so kritikwürdig?

(Abg. Birzele SPD: Die Umstände!)

Die Umstände, gut. Wenn Sie die Umstände erwähnen, Herr Kollege Birzele, dann sollten wir differenziert darauf eingehen.

(Abg. Schmiedel SPD, Heike Dederer GRÜNE u.a.: Dann tun Sie es doch!)

Sie sollten bitte unterscheiden, was Straftaten sind, worüber Fakten ermittelt werden, und abwarten, bis ein Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens vorliegt, bevor Sie mit Spekulationen, Mutmaßungen und Unterstellungen arbeiten. Das ist nicht seriös.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Sie sind nicht ganz bei Trost! Das ist unglaublich!)

Nun wurde in der Replik der Einwand, dass 1996 nichts getan worden sei, wiederholt; deshalb habe man in diesen vier oder fünf Jahren vieles unterlassen. Der Einwand ist berechtigt, wenn er zutrifft. Die Frage ist doch nur – ich habe auch nur Informationen aus den Medien entnommen, Herr Kollege Maurer –, ob es zutrifft, dass Rechnungen von Herstellern vorgelegt wurden, die es in dieser Zeit nicht gab, und erst dann aufgrund dieser ersten Faktenerkenntnisse sofort der Rechtsstaat gehandelt hat, nämlich innerhalb einer Woche die Verhaftung vorgenommen hat. Das ist doch die entscheidende Frage. Hätte man 1996 diese Fakten erkannt, wäre der Einwand natürlich berechtigt,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Man hat sie erkannt!)

wenn man dann nicht gehandelt hätte.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Man hat sie doch er- kannt!)

Aber wir müssen hier auch die Rolle der Wirtschaftsprüfer ins Auge nehmen. Da sind Wirtschaftsprüfer unterwegs gewesen. Die Wirtschaftsprüfer stempeln mit Testat und ihrer Unterschrift. Sie haben die Maschinen angeblich gesehen. Sie waren sogar in fernen Ländern und haben festgestellt, dass diese Maschinen existieren. Wie können Sie dann den Beamten dieses Landes einen Vorwurf machen? Da schließt man messerscharf, „dass nicht sein kann, was nicht sein darf“ aus dem Ergebnis und will unbedingt die Verbindung zur Politik herstellen und den Justizminister belasten. Das ist Ihre Absicht, die dahinter steht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Teßmer SPD: Entlastet haben Sie ihn aber auch nicht!)

Das ist auch nicht unsere Aufgabe, Herr Kollege Teßmer. Da kann ich nur dem Kollegen Theurer Recht geben: Es gibt in einem Rechtsstaat eine Gewaltenteilung, wo jeder seine Aufgaben selbstständig und unabhängig wahrzunehmen hat. Das ist die Aufgabe einer Demokratie.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Die Kollegin Dederer hat von ungehinderten Telefonaten gesprochen. Jetzt will ich einmal aus der Sicht eines Anwalts in diesem Rechtsstaat sprechen. Wir haben drei Rechtspflegeorgane: Das eine ist das Gericht, das Zweite sind die Staatsanwälte und das Dritte sind die Verteidiger. Wenn Sie so undifferenziert öffentlich verkünden: „Da wird einem Angeklagten ein Privileg ermöglicht. Er darf sogar telefonieren, man höre und staune“,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Quatsch! – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

dann kann ich Ihnen sagen: Das ist ein Anspruch in einem Rechtsstaat, und jedes Rechtspflegeorgan, das in der Verteidigung aktiv ist, würde sich dagegen verwahren, wenn Sie einen solchen Unsinn hier verzapfen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Darum geht es doch gar nicht!)

Ich halte es Ihnen zugute,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Darum geht es doch gar nicht! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Es geht doch nicht ums Telefonieren, Herr Reinhart!)

dass Sie als Finanzbeamtin hier sprechen, Frau Dederer. Aber wenn Sie Ihre Rolle als Finanzbeamtin hier so betonen, frage ich Sie: Was machen Sie eigentlich mit den ehemaligen Kollegen, die Sie hier alle pauschal darstellen, als wären die Finanzbeamten in diesem Staat Beamte, die nach dem Motto

(Beifall bei der CDU – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Quatsch!)

„Karibikurlaub, Unternehmen Auto bezahlen lassen und alle korrupt und korrumpierbar“ arbeiten? Das ist nicht in Ordnung.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sie stellen Persil- scheine aus! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Sie sind ja völlig ahnungslos!)

Zum Persilschein komme ich gerade, den Sie hier als Einwand bringen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Aber das ignorie- ren Sie doch!)

Wissen Sie, ich halte es für gut – das ist übrigens auch Aufgabe der Presse –, wenn die Presse Fakten, die sie hat, darstellt. Dagegen gibt es überhaupt keine Einwände. Aber ich verlange von Ihnen eine Differenzierung. Wenn Fakten gegen diesen einen Finanzbeamten auf dem Tisch sind, wird dieser Rechtsstaat ein Ermittlungsverfahren einleiten. Das ist jetzt geschehen. Diese Sachen werden untersucht, und die Staatsanwaltschaft muss ein Abschlussergebnis vorlegen.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Warum erst jetzt? Das ist die Frage!)

Nur, hören Sie auf mit Vorverurteilungen. Das ist genau das, was dem Rechtsstaat schadet. Davon sollten Sie Abstand nehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Döpper CDU: Wolfgang, Kompliment, das war gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, wir erleben hier einen unerhörten Vorgang. Hier werden in Spekulationen Vorwürfe in den Raum gestellt, die, wenn sie zutreffen, eindeutig einen Straftatbestand erfüllen. Anders, sehr geehrter Herr Kollege Maurer, kann es ja gar nicht sein, nachdem Sie hier behauptet haben, dass Behördenleiter Einfluss genommen hätten. Das haben Sie hier behauptet.

(Abg. Maurer SPD: Ich habe zitiert!)

Das haben Sie pauschal behauptet. Sie haben Zeitungsberichte zitiert;

(Abg. Maurer SPD: Ja!)

aber wenn Sie Erkenntnisse haben, dass es so ist, bitte ich Sie, die entsprechenden Strafanzeigen zu stellen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Anderes bringt hier nichts. Das ist genau der Unterschied zwischen einem rechtlich klaren rechtsstaatlichen Verfahren, wo die Menschen mit klaren Beschuldigungen konfrontiert werden und wo sie die Möglichkeit haben, sich auch zu verteidigen, und wo dann unabhängige Gerichte ein Urteil fällen, und einer Diskussion hier, wo pauschal, ohne dass Namen genannt werden, ohne dass Beweise vorgelegt werden, im Dunkeln und Trüben gefischt wird und damit praktisch insgesamt die baden-württembergische Verwaltung, vor allem die Steuerverwaltung, in Misskredit gebracht wird. Ich halte das nicht für richtig. Dieser Generalverdacht gefällt mir überhaupt nicht.

Sie haben darauf hingewiesen, dass die Anfänge des Verfahrens in die Zeit vor 1996 zurückreichen. Es ist ja auch schon vom Kollegen Reinhart angesprochen worden, dass es zu jener Zeit sehr wohl Ermittlungen gab. Ich bin fest davon überzeugt, dass die baden-württembergischen Behörden verhindert hätten, dass es weitergeht, wenn sie es hätten können, vor allem, wenn sie es gewusst hätten, und wenn sie es gewusst oder geahnt hätten, hätten sie es verhindert, wenn sie es hätten beweisen können. Das Problem war doch, dass es nicht beweisbar war. Das ist der entscheidende Punkt.

(Abg. Birzele SPD: Das ist doch Unsinn, Herr Theurer!)

In einer Forderung, Herr Kollege Maurer, bin ich völlig mit Ihnen einig: Sollte es tatsächlich Versäumnisse bei den Finanzbehörden gegeben haben, bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft,

(Abg. Birzele SPD: Aber Sie sind doch fest davon überzeugt!)

ist es selbstverständlich richtig –

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Wenn um Milliarden beschissen wird, muss es Versäumnisse gegeben haben!)

und das erwarten wir auch vom Finanzminister und von der Landesregierung –, dass dem nachgegangen wird. Der FDP/DVP-Fraktion ist es auch wichtig, dass die Wirtschaftskriminalität bekämpft wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dass das schwierig ist, haben wir in diesem Bereich gesehen. Hier wurde ein Lügengebilde, ein weltweites Betrugsimperium aufgebaut, das von den Wirtschaftsprüfern und von den Steuerprüfern nicht durchschaut wurde. Als es durchschaut wurde, meine Damen und Herren, wurden die Hauptverantwortlichen angeklagt und vor Gericht gestellt.

(Abg. Teßmer SPD: Nebelwerfer!)