Protocol of the Session on December 12, 2001

(Abg. Fleischer CDU: Ja!)

Dann muss abgewogen werden.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es! – Abg. Kübler CDU: Er hat doch abgewogen!)

Sie haben eben nicht erläutert, warum Sie diesen Paragraphen nicht angewandt haben.

Ich habe gesagt, das ist eine Ermessensausübung, eine Abwägung.

Aber Sie müssen dazusagen, warum Sie so gehandelt haben, wie Sie gehandelt haben.

(Zuruf des Abg. Kübler CDU)

Ich habe Ihnen gesagt: Das ist eine Abwägung der berechtigten Interessen derer, die da beteiligt sind. Sie müssen ganz nah – das sagt Ihnen jeder Jurist – an die Überlegung herangehen, auch bei § 15 nur dann zu handeln, wenn es polizeilich präventiv geboten ist. Das ist der Punkt. Darüber darf man nicht leichtfertig hinwegstolpern, sondern man muss das wirklich gesetzestreu auslegen. Das ist das Gesetz, das hier im Landtag von Baden-Württemberg gemacht worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich komme jetzt zum nächsten Punkt.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Herr Minister, darf ich noch eine Frage stellen? – Glocke des Präsidenten)

(Minister Stächele)

Lassen Sie mich das ein bisschen ausführen, denn das sind ja doch Zusammenhänge, die man darstellen möchte.

Der nächste Punkt, der uns bei all den Vorgängen bewusst wurde und wieder sehr nachdenklich gemacht hat: die Sache mit den Pflanzenschutzmitteln. Fakt Nummer 1: Es ist mittlerweile ein europäischer Pflanzenschutzmittelmarkt entstanden. Dieser Markt hat folgende Eigenschaft: Immer mehr Firmen lassen ihre Produkte nicht mehr in Deutschland zu, sondern gehen ins Ausland. Im Ausland sind die Mittel allemal billiger. Wer im Ausland kauft, kann zumindest darauf vertrauen, dass, wenn er sich im EU-Raum befindet, nicht von vornherein von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist. Wenn dann das, was er im Ausland kauft, im Grunde mit dem, was bei uns eingesetzt wird, wirkungsgleich ist, kann er es auch anwenden.

Deswegen: Erstens noch mehr Sorgfalt beim Einkauf – ich begrüße kundige, aber auch verantwortungsbewusste Einkaufsgemeinschaften – und zweitens – auch das haben andere Redner schon angesprochen – dringend und drängendst eine europäische Harmonisierung.

Wir alle wissen: In Deutschland sind immer weniger zugelassene Mittel auf dem Markt. Ich mache Sie bei dieser Gelegenheit auf ein Problem aufmerksam, das uns alle noch sehr beschäftigen wird, wie wir nämlich den Feuerbrand bekämpfen, wenn das Plantomycin verboten ist. Ich habe Frau Künast deswegen angeschrieben. Wir brauchen dringendst Ersatz; denn sonst müssen wir im nächsten Jahr ganze Obstfelder niederbrennen. Die Bauern stehen da an der Wand – alle die rechtschaffenen Obstbauern, an die ich denke.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Also Problem Nummer 1: Bei uns sind immer weniger Mittel zugelassen. Es gibt ganze Bereiche, in denen man im Grunde nicht mehr handlungsfähig ist. Mit dem 1. Juli und der ab diesem Termin gebotenen Indikationszulassung hat sich das noch verschärft. Wir haben, um bei uns in BadenWürttemberg, nachdem wir doch sehr klein strukturiert sind, einzelne Kulturen erhalten zu können, mehr als 100 Ausnahmen zulassen müssen, um Existenzen zu sichern.

Zweitens müssen wir sehen, was sich auf dem europäischen Markt tut. Dort gibt es etwa 850 Pflanzenschutzmittel. Davon hat man bisher gerade einmal 13 Mittel als für europaweit anwendbar erklären können. Das ist im Grunde genommen den Bauern, die dringend Pflanzenschutzmittel brauchen, Steine statt Brot gegeben.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Nachher werde ich noch etwas zu Frau Künast sagen, mit der ich mich übrigens in einem interessanten Dialog auseinander setze. Es ist nicht so, dass ich da reinschlage. Das würde ich nie tun bei einer Dame.

(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Pfister FDP/DVP: Grätschen, nicht schlagen! „Grätschen“ heißt das!)

Ich kann Frau Künast nur eine dringende Empfehlung nach Berlin reichen – wir haben das gestern im Kabinett mit ei

ner Entschließung für den Bundesrat getan –: Schauen Sie, dass wir weiterkommen. Es ist erbärmlich. Es ist auch niederschmetternd, wenn wir vor Landwirten stehen, die wirklich nicht mehr ein noch aus wissen. Sie stehen vor einzelnen Landwirten, die Tränen in den Augen haben, weil sie nicht mehr weiterwissen,

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

wie sie jetzt Pflanzenschutzmittel bekommen sollen. Deswegen brauchen wir eine europäische Harmonisierung des Pflanzenschutzmittelrechts. Keiner hier im Haus wird doch bestreiten, dass das eine dringende Forderung ist. Wenn Frau Künast nach Stuttgart kommt und sagt, Herr Stächele solle reingrätschen, sage ich: Grätschen Sie rein in Brüssel! Grätschen Sie, Grätschen Sie!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich weiß auch, dass das in Brüssel schwierig ist.

(Abg. Fleischer CDU: Aber Sie wissen, wie das aussieht!)

Nur erhebt sich die Frage, inwieweit ich in Deutschland große Ankündigungen vor der Kamera mache und mir in Brüssel eine blutige Nase hole. Das muss ich irgendwann einmal einigermaßen ausgeglichen haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Scheuermann CDU: Jawohl!)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, zur Zukunft des HQZ. Sie sagen, man könnte das neue Zeichen von Frau Künast verwenden.

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Dann kämen wir doch genau dorthin, wohin wir nicht wollen. Wir wären dann nämlich in der großen Masse.

(Abg. Teßmer SPD: Eben nicht!)

Überlebenschancen kann es für Landwirte in kleinstrukturierten Bereichen wie in Baden-Württemberg nur geben,

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Regional!)

wenn der Verbraucher begreift, dass die flächendeckende Landbewirtschaftung mit der Grünlanderhaltung und der Pflege der Kulturlandschaft nur dann möglich ist, wenn es hier bei uns tatsächlich Produzenten gibt, die entsprechende Erzeugerpreise erzielen.

(Abg. Teßmer SPD: Da sind wir einig!)

Deswegen brauchen wir nicht nur ein Qualitätszeichen, sondern auch ein Herkunftszeichen. Aber jetzt beginnt ein Problem, Frau Kipfer: Wenn wir die Herkunft alleine herausstellen, haben wir nach jetzigem Stand in Brüssel wohl gar keine Chance; denn Brüssel lastet uns an, dass wir mit dieser herausgehobenen Herkunftsbezeichnung möglicherweise mit Wettbewerbsfragen kollidieren. Also muss ich die Qualität halten und damit die Herkunft verbinden und das mit einem Zeichen sichtbar machen, das für BadenWürttemberg ausgewiesen ist und an das sich der Verbraucher halten kann.

Machen Sie doch das HQZ nicht schlecht! Das HQZ – ich komme selbst aus einer Obstbauregion und weiß, wie das damals bei der Einführung war – fordert einiges; die integrierte Produktion ist nicht nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Drautz FDP/DVP: So ist es!)

Wenn Sie sich die Kriterien genau anschauen würden, würden Sie feststellen, dass sich Landwirte deutlich verpflichtet haben. Denken Sie einmal nicht an die Sünder, sondern denken Sie an die Tausende, die da mitmachen und dafür Sorge tragen, dass das HQZ eine besondere Qualifizierung ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Aber ich habe bei manchen den Eindruck: Sie waren immer gegen das HQZ, und alles was kommt, muss auf das HQZ abgeladen werden.

(Widerspruch der Abg. Birgit Kipfer SPD)

Ich habe damals mit großem Unverständnis gesehen, wie man BSE dem HQZ in die Schuhe schieben wollte. Das alles ist Quatsch. Das HQZ ist eine besondere Qualifizierung, deren besondere Qualitätsmerkmale nachweisbar sind und an die sich Tausende halten.

Jetzt kommt der nächste Punkt. Wenn ich eine besondere Qualifizierung für ein Produkt habe, brauche ich auch eine besondere Kontrolle. Wenn dann die Kontrollen Ergebnisse zeitigen, ist das schlüssig und konsequent und muss so sein. Die, die keine Ergebnisse haben möchten und die Ergebnisse scheuen – ich bin ja froh, dass Ergebnisse kommen, wenn es Sünder gibt –, können keine Qualifizierung und kein HQZ bekommen. So einfach ist das.

Nun bin ich gern bereit, darüber zu diskutieren, wie wir die Kontrollarchitektur für das HQZ weiterentwickeln können. Damit sage ich nicht, dass das HQZ bisher nichts war. Wir haben uns – Sie waren mit dabei, als das HQZ eingeführt wurde, und Sie haben es auch mitgetragen – zunächst einmal auf die eigenbetriebliche Kontrolle verständigt. Wir haben uns darauf verständigt, dass es Zweitkontrollen von Verbänden gibt, und wollen jetzt – das ist das Entscheidende –, weil wir einfach sehen, dass Erfahrungen gesammelt und das System weiterentwickelt werden soll, im Grunde eine dritte Ebene, eine staatliche Kontrolle, darüber bauen, die wiederum mit Stichproben eingreift und dafür Sorge trägt, dass alle HQZ-Regeln so angewandt werden, wie sie vorgegeben und vorgeschrieben sind, damit sich der Verbraucher darauf verlassen kann.

Wenn man aber eine solche Weiterentwicklung durchführt, soll man bitte schön nicht sagen: Seht ihr, sie entwickeln weiter, also war bisher alles nichts. Das HQZ ist gut und wird gut bleiben. Es ist ein Markenzeichen für BadenWürttemberg und muss deswegen auch gesichert in die Zukunft gebracht werden, weil wir es brauchen.