Protocol of the Session on December 12, 2001

Artikel 3

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für Baden-Württemberg

Hier ist in Nummer 1 ein redaktioneller Fehler enthalten. In der Mitte dieser Nummer 1 soll das Wort „eingefügt“ gestrichen werden. Wer dem Artikel 3 mit dieser redaktionellen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Artikel 4 bis 6

Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 12. Dezember 2001 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Ausführung wohnungsrechtlicher Gesetze (AGWoG)“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz wurde einstimmig zugestimmt.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD – Verordnungen zum Schutz der Mieter vor Umwandlungsspekulation und zum Erhalt von Wohnraum in Groß- und Universitätsstädten des Landes – Drucksache 13/463

dringlich gemäß § 57 Abs. 3 GeschO

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion bei gestaffelten Redezeiten.

Das Wort erhält Herr Abg. Gaßmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Respekt vor dem Parlament hätte eigentlich geboten, dass die Landesregierung ihre Entscheidung, welche Städte in die Gebietskulisse aufgenommen werden bzw. darin verbleiben, nicht gestern schnell getroffen hätte, sondern die Beratungen des Parlaments am heutigen Tag abgewartet hätte. Vielleicht hätten sich neue Erkenntnisse ergeben. Aber es wurde nicht abgewartet.

Während bis 1996, als Sozialdemokraten für die Wohnungsbaupolitik in diesem Land mit Verantwortung getragen haben, noch 70 Städte in der Gebietskulisse der Verordnung waren, die den Wohnungsbestand schützen und vermehrten Mieterschutz bei der Umwandlung von Mietwohnungen gewährleisten soll, sind es jetzt gerade noch fünf Städte, nämlich vier Universitätsstädte und neuerdings auch wieder Mannheim, die in die Verordnung aufgenommen werden sollen. Begründet wird dies, zumindest in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums von gestern, damit, dass es bestimmte Städte so gewollt hätten.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Der Landesregierung wäre gut angestanden, wenn sie die Gesetzeslage richtig gelesen hätte. Dort heißt es nämlich:

Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete zu bestimmen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist.

Dort steht nichts davon, dass die Landesregierung nur abfragen soll, welche zufällige Gemeinderatsmehrheit in einer Stadt gerade der Auffassung ist, dass diese Verordnung sinnvoll oder überflüssig ist.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Sonst, meine Damen und Herren von der CDU und von der Landesregierung, sind Ihnen die Entscheidungen der Gemeinden auch nicht sehr wichtig.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Ich habe zum Beispiel nicht gehört, dass Sie inzwischen gegen die Neue Messe seien, weil der Gemeinderat von Filderstadt inzwischen eine andere Meinung zur Messe hat als Sie.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU – Abg. Drautz FDP/DVP: Das ist aber weit hergeholt!)

Hier wird also ein Popanz aufgebaut, um sich vor der Sachentscheidung zu drücken.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie hätten klären müssen, wie die Wohnungsversorgung in den Städten aussieht, und hätten dann entscheiden müssen. Ich kann Ihnen sagen, dass es zumindest in den Großstädten und in den Universitätsstädten, wegen denen wir auch den Antrag gestellt haben, schlimm ist.

Ich möchte einige Beispiele aus Stuttgart bringen. Ich habe gehört, dass in Stuttgart ein ganzes Stockwerk eines Pflegeheims leer steht, weil die Pflegekräfte, die man anwerben will, in Stuttgart keine Wohnung finden.

Ich höre und lese auch in der Zeitung, dass jemand, der in Stuttgart ein Inserat aufgibt, weil er eine Wohnung zu vermieten hat, darauf 150 bis 200 Zuschriften erhält – 150 bis 200 Bewerber.

Wenn ich die Wohnungsinserate in den Stuttgarter Zeitungen studiere, sehe ich, dass keine Wohnung mehr unter 15 DM pro Quadratmeter angeboten wird. Die Spanne bei den Mietpreisen geht bis gegen 20 DM pro Quadratmeter.

Dass der Wirtschaftsminister dies auch gesehen hat, hat er mir zumindest im April 2000 geschrieben. Das war der „April-Döring“. Er hat geschrieben:

Aus den von Ihnen genannten Gründen werde ich dem Ministerrat vorschlagen, die Stadt Stuttgart weiter in der Gebietskulisse der Sechsten Verordnung... zu belassen.

Zwei Monate später – das war dann der „Juni-Döring“ – wurde Stuttgart aus der Verordnung herausgenommen.

Ich möchte auch noch zitieren, was wichtige Entscheidungsträger in Stuttgart dazu sagen, zum Beispiel der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 9. November. Dort heißt es, dass Stuttgart mit dem Problem der großen Wohnungsnachfrage allein nicht mehr fertig wird.

Und in der „Mieterzeitung“ vom Dezember 2001, also gerade zwei Wochen alt, schreibt Schuster:

Sinkende Neubaufertigstellungen einerseits und steigende Nachfrage andererseits, insbesondere auch durch zuziehende Arbeitskräfte, haben zu einem wieder angespannten Wohnungsmarkt in der Landeshauptstadt geführt.

Dies alles scheint bei Ihrer Beschlussfassung und Ihrer Entscheidungsfindung nicht mehr zu gelten. Während Sie – wir haben vorhin darüber gesprochen – den Wohnungsbau drastisch heruntergefahren haben – wir haben in diesem Jahr die niedrigsten Neubauzahlen seit Kriegsende –, gehen Sie jetzt auch noch an den Bestand. Jetzt soll erlaubt sein, dass aus den Wohnungsbeständen Gewerberäume gemacht werden. Ich sage Ihnen: In der Konkurrenz zwischen Wohnung und Gewerbe wird die Wohnung unterliegen;

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

denn der Wohnungsmieter kann keine so hohe Miete zahlen wie ein gewerblicher Mieter, der Wohnungsmieter hat Kündigungsschutz und der gewerbliche nicht, und der Wohnungsmieter ist abends im Haus und der gewerbliche Mieter in der Regel nicht. Deswegen ist es wirklich unverständlich, dass Sie die Verordnung in den Großstädten – ich nenne Stuttgart, Karlsruhe und Ulm, wo es ähnliche Wohnungsprobleme gibt – nicht wieder eingeführt haben.

Noch etwas: Es geht auch um den Schutz der Mieter vor einer Kündigung bei Eigenbedarf. Lassen Sie mich aus dem Schreiben einer älteren Frau vorlesen, von dem, glaube ich, der Wirtschaftsminister eine Durchschrift bekommen hat. Da heißt es:

Ich, 83 Jahre, als geborene und langjährige Stuttgarterin soll nun wegen Wohnungsumwandlung nach stolzen 28 Jahren aus meiner Wohnung raus. Ich muss Platz machen für andere Personen, und wo bleibe ich?

Es gibt viele solche Briefe. Sie brauchen nur die Zeitung aufzuschlagen; dann sehen Sie, dass die Spekulation mit Mietwohnungen seit einem Jahr, seit Sie die Verordnung aufgehoben haben, die den Mietern einen erweiterten Kündigungsschutz einräumte, wieder drastisch angezogen hat.

Da frage ich mich: Wem nützt das, was Sie da machen? Es nützt einer Minderheit von Spekulanten, so will ich einmal sagen, die jetzt mit alteingesessenen Mietern Geschäfte machen, die die Mieter vertreiben und damit Geld machen. Es nützt vielleicht auch wenigen Hauseigentümern, die künftig ihre Wohnungen als Gewerberäume vermieten können. Aber es nützt nicht der Mehrheit in den Städten, und das sind zum Beispiel in Stuttgart immerhin 70 %.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zum Zweckentfremdungsverbot machen. Es wird ja behauptet, das Zweckentfremdungsverbot habe gar keine Auswirkung. Der Wohnungsbericht der Stadt Stuttgart weist aus, dass in den letzten Jahren durch das Zweckentfremdungsverbot 6 800 Wohnungen neu entstanden sind, die sonst nicht entstanden wären, weil eben die Zweckentfremder die Auflage bekommen haben, Ersatzwohnraum zu schaffen.