Protocol of the Session on December 12, 2001

Thema Lkw-Maut: Da verweise ich auf das Beispiel der Schweiz. Die Einnahmen aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, die höher ist als die in Deutschland sein wird, wird zu zwei Dritteln ausschließlich für den Bau der NEAT verwendet – das sind die neuen Alpentransversalen: zwei Tunnel für den Güterverkehr in der Schweiz. Zwei Drittel werden dafür verwendet, ohne dass auch nur ein Franken davon in den Straßenbau gesteckt würde. Ein Drittel erhalten die Kantone, die damit machen können, was sie wollen.

Das Prinzip, das wir in Berlin verfolgen, ist nicht ganz so gut. Wir hätten für die Schiene gerne mehr herausgeholt.

Für uns war es schmerzlich, dass die Hälfte direkt für die Autobahnen verwendet wird – aber meinetwegen; das reicht dann auch. Daran gibt es überhaupt nichts herumzukritteln.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Nun zur Verteuerung. Sie haben ja offenbar immer noch gute Kontakte zum Speditionsgewerbe. Man könnte fast meinen, Sie seien der parlamentarische Arm dieser Branche. Sie beschweren sich über die Verteuerung.

(Abg. Hauk CDU: Das komische Hemd, das Sie anhaben, ist auch – –! Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Guck erst in den Spiegel!)

Zurzeit ist ein Lkw ähnlich billig zu mieten wie ein Taxi. Das Speditionsgewerbe ist bisher steuerlich mit Sicherheit nicht überbelastet. Das Entscheidende an dieser Lkw-Maut ist doch, dass sie wettbewerbsneutral ist. Im Gegensatz zu dem, was Sie bei den Wettbewerbsbedingungen verbrochen haben, ist sie wettbewerbsneutral. Der ausländische Spediteur muss bezahlen. Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund, an der Höhe herumzudoktern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss zur Schuldenpolitik. Ich stelle noch einmal fest – ich habe es mir aufgeschrieben –: Sie haben 1997 damit begonnen, ein Sonderprogramm für den Straßenbau aufzulegen, anfänglich mit 75 Millionen DM, mittlerweile sind das 105 Millionen DM jährlich – rein kreditfinanziert. Jetzt legen Sie noch einmal 100 Millionen DM drauf, davon stammen 30 Millionen DM aus Abführungen, die wir sonst im Haushalt zur Verfügung hätten. Das sind insgesamt 205 Millionen DM. Zwei Drittel des Straßenbauetats kommen aus Fremdetats. Das ist Schattenwirtschaft; es sind Schattenhaushalte, die hier aufgemacht werden. Weil Sie sich nicht trauen, zuzugeben, dass Sie das Nullverschuldungsziel nicht erreichen, lagern Sie die Kosten aus.

(Abg. Alfred Haas CDU: Sie schaffen es sowieso nicht!)

Wir bauen keine neuen Straßen mit neuen Schulden. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Sie erhöhen Steuern! So kann man es machen! Steuern erhöhen und Staus produzieren! – Abg. Herrmann CDU: Sie produ- zieren Staus! – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Beim Antrag Drucksache 13/392 handelt es sich um einen Berichtsantrag. Ich gehe davon aus, dass er mit dieser Beratung erledigt ist. – Sie stimmen dem zu.

Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunkts angelangt.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:30 Uhr und weise darauf hin, dass jetzt unmittelbar im Anschluss im Eugen

Bolz-Saal die 5. Sitzung des Ständigen Ausschusses stattfindet.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:28 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:29 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE – Gesetz zur Änderung der Landkreisordnung des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 13/471

b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung der Landkreisordnung des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 13/472

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung der Gesetzentwürfe je fünf Minuten, für die Aussprache über die beiden Gesetzentwürfe fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

(Abg. Hauk CDU: Herr Präsident, sollten wir nicht lieber vertagen? Das Interesse scheint nicht so hoch zu sein!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir warten noch auf ein paar CDU-Bürgermeister. Wenn Ihnen, Herr Kollege Hauk, das recht ist, ist das kein Problem.

Meine Damen und Herren, die Gewaltenteilung hat sich in unserem Land seit Jahrzehnten bewährt. Sie ist ein Grundprinzip unserer Demokratie. Gewaltenteilung heißt auch: Niemand darf sich selbst kontrollieren. Dieser Grundsatz wird auch von niemandem infrage gestellt. Deshalb meine Frage: Warum macht man dann bei diesem Beispiel „Bürgermeister im Kreistag“ eine Ausnahme? Der Interessenkonflikt liegt doch auf der Hand.

(Zuruf des Abg. Heinz CDU)

Ja, auch ein ehemaliger Bürgermeister muss so etwas einmal aushalten.

Dieser Interessenkonflikt liegt insbesondere so lange auf der Hand, solange es keine direkte Volkswahl für Landräte gibt. Es ist doch offensichtlich, meine Damen und Herren, dass eine gegenseitige Abhängigkeit entsteht, beispielsweise bei der Rechtsaufsicht. Der Landrat führt die Rechtsaufsicht über die Bürgermeister, also auch über einen Bürgermeister, dessen Stimme er bei seiner nächsten Wahl womöglich wieder braucht.

Die Konstellation ist doch die: Der Bürgermeister soll als Kreisrat den Landrat kontrollieren, und der Landrat kontrolliert die Kreisräte in ihrer Funktion als Bürgermeister. Das klingt schon absurd und ist absurd, aber leider Realität.

Ich habe das in diesem Jahr selbst erfahren, als wir uns als Gemeinderatsfraktion an einen Landrat gewandt haben. Das Ergebnis war: Wir haben zwar Recht bekommen, aber nicht Recht erhalten. Das Recht wurde sozusagen verbogen, damit man als Landrat dem Bürgermeister nicht wehtut. Das ist die Realität, der wir uns heute stellen müssen. So kann die Gewaltenteilung einfach nicht funktionieren.

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Ja, Herr Landrat, jetzt bleiben Sie doch einmal ruhig. Diesen Konflikt, Herr Schneider, gilt es einfach aufzulösen, und Ihnen ist bisher auch nichts Vernünftiges dazu eingefallen.

Oder nehmen wir das Thema Kreisumlage. Der Bürgermeister hat in dieser Funktion einen Eid geleistet, und er hat auch einen Eid als Kreisrat geleistet. Jetzt kommt er natürlich in die Zwickmühle, wenn es darum geht, ob die Kreisumlage erhöht wird, weil der Kreis mehr Geld braucht, oder ob sie gesenkt wird, weil das eigentlich für ihn in seiner Kommune besser ist.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Also ein Eid war ein Meineid!)

Da stellt sich doch die Frage, ob dem Bürgermeister sein Hemd oder seine Hose näher ist, und in den meisten Fällen wird er sich für seine Kommune entscheiden. Ich habe dafür Verständnis, aber er ist einfach in einer Zwickmühle, und ich denke nicht, dass wir das als Gesetzgeber auch noch unterstützen sollten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Kiefl CDU: Der Bürgermeister lässt nie die Hose herunter! – Ge- genruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Nur mit ei- nem langen Hemd!)

Jetzt kommt, Herr Kiefl, von Ihrer Seite immer das Argument, man dürfe nicht einen ganzen Berufsstand aus dem Kreistag ausschließen.

(Abg. Kiefl CDU: Jawohl!)

Ich frage Sie nur: Warum haben wir dann die Regelung, dass jemand, der im Landtag sitzt, von der Position eines Amtmanns an aufwärts nicht mehr im Ministerium arbeiten kann? Ein Amtmann ist ja nicht gerade die oberste Sprosse der Karriereleiter in einem Ministerium. Das heißt, in diesem Fall sieht man den Interessenkonflikt, aber bei Bürgermeistern im Kreistag will man ihn nicht sehen.

(Abg. Oettinger CDU: Das ist aber ein Unter- schied! – Abg. Hauk CDU: Kreistag und Gemein- derat sind doch kein Parlament!)

Das widerspricht sich doch.

(Beifall bei den Grünen)

Aber Herr Hauk, Sie wissen doch genau, dass die Machtstrukturen in der Konstellation Landrat/Bürgermeister de facto viel mehr miteinander verquickt sind.

(Abg. Hauk CDU: Das sind doch auch Organe! – Abg. Oettinger CDU: Herr Kollege, Sie sind auch schon besser gewesen! Das ist doch peinlich!)

Herr Kollege, Sie dürfen doch jetzt nicht mit dem Formalen kommen, sondern Sie müssen sehen, wie es de facto läuft. Es ist doch einfach so, dass dann, wenn einer Amtmann im Ministerium ist, dies letztendlich weniger bedeutet, als wenn ein Bürgermeister im Kreistag sitzt. Das ist doch einfach die Realität.

(Abg. Oettinger CDU: Herr Salomon, schütteln Sie nicht so den Kopf! – Abg. Pfister FDP/DVP: Darü- ber freut er sich!)

Jetzt ist es doch so, Herr Oettinger – ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen –, dass Sie einen Basisbeschluss in der Tasche haben. Den haben Sie sicherlich mitgebracht. Den werden Sie hier 1 : 1 umsetzen. Deswegen reden wir heute auch darüber. Wir wollen Ihnen die Chance geben, diesen Parteitagsbeschluss so zeitnah wie noch nie umzusetzen. Wir hoffen, Sie lassen Ihre Basis nicht im Stich. Denn sonst müssten Sie das auf dem nächsten Parteitag erklären.

(Abg. Oettinger CDU: Krokodilstränen!)

Und dann könnten Sie nicht mit den formalen Argumenten kommen, die Sie jetzt mir gegenüber äußern.