Protocol of the Session on December 12, 2001

Jetzt, Herr Palmer, Bundesstraßen/Landesstraßen. Auf beiden Ebenen haben wir einen Nachholbedarf, sowohl was die Erhaltung als auch was den Neu- und Ausbau betrifft. Aber im Gegensatz zum Bund haben wir im Land mit dem letzten Haushalt und mit dem jetzt in der Debatte befindlichen Doppelhaushalt Konsequenzen aus dieser Situation gezogen. Im Prinzip verlangen wir nichts anderes, als dass der Bund für die Bundesfernstraßen in Baden-Württemberg das Gleiche tut, was wir jetzt beim Landesstraßenbau gemacht haben.

Jetzt will ich Ihnen nur einmal eine ganz einfache Tatsache nennen. Nennen Sie mir ein anderes Bundesland – von 16 –, das keine einzige heutigem Standard entsprechende OstWest-Verbindung in Autobahnqualität hat. Außer BadenWürttemberg gibt es kein einziges.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Schleswig-Holstein!)

Wir haben nicht eine einzige Ost-West-Verbindung, die auf jeder Bahn mindestens drei Fahrspuren hat. Dann nützt mir das ganze Gerede, wir hätten zu viele Planfeststellungen oder dergleichen, nichts. Wir haben einen gewaltigen Nachholbedarf.

(Beifall bei der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Der kann nicht in drei Jahren entstanden sein!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen Sie sich einmal die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland an, und abstrahieren Sie einmal davon Bayern, Baden-Württemberg und von den neuen Bundesländern Sachsen und Thüringen. Wenn Sie das machten, stünden Sie doch im Bund noch viel katastrophaler da als jetzt. Da muss man doch wenigstens den Ländern, die noch ein klein wenig Wachstum haben, die ganz dringenden und unbedingt notwendigen Straßen gewährleisten. Sonst ist man nämlich schnell mit dem Schluss bei der Hand, zu sagen: Hier wird ganz bewusst torpediert, weil man das Wachstum beeinträchtigen möchte.

(Beifall bei der CDU)

Nun, Frau Abg. Schmidt-Kühner, noch ein paar Sätze zu Ihnen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Herr Scheuermann, in welche Himmelsrichtung verläuft denn die A 8?)

Alle Autobahnen mit geraden Zahlen verlaufen in OstWest-Richtung, und alle Autobahnen mit ungeraden Zahlen verlaufen in Nord-Süd-Richtung.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Sie haben doch gera- de gesagt, es gebe keine!)

Keine zweibahnige mit jeweils drei Spuren.

(Abg. Wieser CDU: So ist es!)

Jetzt, Frau Schmidt-Kühner, in aller Sachlichkeit noch ein paar Bemerkungen zu Ihnen.

Erstens: Kurz vor der Landtagswahl hat das zuständige Ministerium einen Zwischenbericht zum Generalverkehrsplan vorgelegt.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Neue Abge- ordnete!)

Ja, neue Abgeordnete. Aber ein neuer Abgeordneter wird sich ab und zu auch einmal mit einem alten Abgeordneten unterhalten müssen, sonst hätten wir überhaupt keine Kontinuität in der Politik.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Wir machen doch kein Fortbildungsprogramm!)

Also, die Vorlage eines Zwischenberichts ist, glaube ich, erledigt.

Jetzt weiter: planfestgestellte Maßnahmen. Wenn Sie die Stellungnahme der Regierung richtig gelesen haben, müssten Sie wissen, dass wir 56 planfestgestellte Maßnahmen haben, und immerhin sind 24 davon in das Zukunftsinvestitionsprogramm und in das Antistauprogramm eingegangen. Glauben Sie im Ernst, wir wären, wenn wir nicht den Druck der 56 planfestgestellten Maßnahmen gehabt hätten, jetzt mit 24 zum Zug gekommen? Wenn Sie das glauben, lasse ich Sie gern in diesem Glauben.

Letzte Bemerkung zur Maut, weil es sich dabei in der Tat um eine in die Zukunft wirkende Maßnahme handelt. Die CDU-Fraktion ist für diese Maut. Da brauchen wir uns nicht zu streiten. Allerdings haben wir dabei ein paar Bedingungen. Eine Bedingung ist, dass wir nicht einfach dem Speditionsgewerbe eine zusätzliche Last auferlegen, sondern dass wir uns bemühen, zu prüfen, wie wir hier einen Ausgleich schaffen können.

Jetzt sage ich zum Schluss nur eines: Es wird nicht gehen, die Maut voll für die Bundeskasse zu kassieren und nicht einmal vonseiten des Bundesverkehrsministers den Anspruch zu erheben, die Mittel ausschließlich für Verkehrsinvestitionen zu verwenden, und dann von Eichels Seite herumzufantasieren, ob man etwa die Kraftfahrzeugsteuer, die ausschließlich den Ländern zusteht, für Lkws senken könnte.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Diesen Kuhhandel, der auch noch zu unseren Lasten ginge, werden Sie uns ja hoffentlich nicht zumuten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Das ist ja ein Stauprogramm!)

Das Wort erhält Herr Minister Müller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zunächst einmal möchte ich sagen: Wenn man über Mobilität spricht, dann ist es keine Schande, auch über Straßenbau zu sprechen. Die Straße ist noch immer der Verkehrsträger, über den 85 % des Verkehrs abgewickelt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Röhm CDU: Bravo! – Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Ich glaube, es ist absolut legitim, bei einem Thema, das in der Öffentlichkeit eine derart große Rolle spielt, wirklich einmal über die Straße zu sprechen und nicht nur über die Schiene, auch wenn wir mehr Geld für den Schienenverkehr als für den Straßenbau ausgeben. Das darf man einfach anmerken.

Zum Zweiten will ich darauf verweisen: In der Tat sind die Bundesfernstraßenprobleme die größeren. Deswegen möchte ich mich auch damit befassen. Wir haben auch Probleme im Landesstraßenbau, aber wir haben gelernt und sind dabei, zu verbessern.

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

In der Zeit, in der ich Minister bin, sind die Mittel im Landesstraßenbau mehr als verdoppelt worden. In drei Jahren wurden sie mehr als verdoppelt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und die Schulden auch! Die zahlen wir später, Herr Minister! – Gegenruf des Abg. Hauk CDU: Das ist doch nicht wahr!)

Nein, die Schulden haben sich in dieser Zeit nicht verdoppelt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die Schulden für den Straßenbau verdoppeln sich! Aber sicher!)

Nein. – Ich kann nur sagen: Im Bund hatten wir ja jetzt jedes Jahr einen neuen Verkehrsminister. Ich bin einmal gespannt, ob ich in dieser Legislaturperiode noch einen vierten Verkehrsminister erlebe. Wenn Herr Bodewig behaupten könnte, dass die Mittel für den Bundesfernstraßenbau in seiner Amtszeit oder in der Amtszeit seiner Vorgänger verdoppelt worden seien, dann würde ich sagen: Voilà, das ist eine Leistung. Aber das, was wir gemacht haben, das ist nun tatsächlich eine Leistung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Bebber SPD und Kretschmann GRÜNE)

Ich will mich im Prinzip mit zwei Komplexen befassen: erstens mit bestimmten Stichworten, die in der öffentlichen Diskussion immer wieder kommen. Da ist das Stichwort „Prioritätenliste des Landes“. Da ist das Stichwort „Spatenstichpolitik“, da ist das Stichwort „Schubladenpläne“. In einem zweiten Komplex will ich mich kurz einmal mit dem Geld befassen. Denn um das Geld geht es im Straßenbau halt ganz wesentlich.

Zur Prioritätenliste des Landes: Meine Damen und Herren, wohin ich komme, höre ich: Die Probleme liegen nicht darin, dass wir zu wenig Geld haben, sondern darin, dass das Land angeblich die falschen Prioritäten setzt. Das sagt der SPD-Abgeordnete im Wahlkreis X genauso wie der im Wahlkreis Y und der im Wahlkreis Z, und überall liegt es scheinbar nicht daran, dass wir zu wenig Geld hätten, sondern daran, dass irgendeine Landesregierung es versäumt hätte, sich gerade für dieses Projekt auszusprechen.

Jetzt sage ich einmal, von allem anderen abgesehen – ich komme gleich noch auf ein paar Details –, schon rein von der Logik her ist das so: Wenn ich Wünsche für 100 DM habe, aber bloß 10 DM habe, dann liegt mein Problem darin, dass mir 90 DM fehlen, aber nicht darin, dass ich mich innerhalb der 10 DM für das eine oder das andere Projekt entschieden habe.

(Abg. Bebber SPD: Ihr drückt euch vor der Ver- antwortung! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜ- NE)

Nein, nein. Ich komme auf das Thema Verantwortung gleich zu sprechen, Herr Bebber. Dazu kann ich Ihnen ein paar saubere Sachen auf den Tisch des Hauses legen, bei denen Sie sich wundern.

Ich sage zunächst einmal nur: Von der Logik her können Sie ein Finanzproblem nicht durch ein Prioritätenproblem ersetzen wollen. Das wäre Ihnen lieb. Sorgen Sie für das Geld, und geben Sie uns den Spielraum, dass wir Prioritäten setzen können. Dann werden wir diese auch setzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Die ruhige Hand! Die ist zu ruhig!)

Schauen wir uns jetzt einmal die Realität der neuen Bundesregierung an. Die neue Bundesregierung hat vier Entscheidungen getroffen, und an allen vier Entscheidungen hat sie das Land Baden-Württemberg nicht beteiligt.

Erstens: Investitionsprogramm 1999 bis 2002. Das war eine formale Beteiligung von wenigen Arbeitstagen.

Zweitens: Antistauprogramm. Die Ergebnisse sind uns über die Presse mitgeteilt worden.

(Abg. Alfred Haas CDU: Über die „Bild“-Zeitung! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Die „Bild“-Zeitung war es damals. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern. Damals habe ich einen Zwischenruf von der SPD bekommen, ich solle keine „Bild“Zeitung lesen. Das war das Einzige.