diese historische Chance für ein modernes Zuwanderungsgesetz jetzt nicht allein aus taktischen Gründen zu verspielen.
(Lebhafter Beifall bei der FDP/DVP, der SPD und den Grünen – Abg. Teßmer SPD: Das ist vernünf- tig! – Weitere Zurufe von der SPD und den Grü- nen, u. a. Abg. Capezzuto SPD: Ampelkoalition!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war ja eine regelrecht herzerfrischende Rede des Herrn Pfister. Ich habe mich allerdings gewundert, warum er immer nur in Richtung von SPD und Grünen geblickt hat.
Er hätte eigentlich in Richtung CDU schauen müssen, um sie mit seinen leidenschaftlichen Appellen zu überzeugen.
Jedenfalls ist der von der Bundesregierung jetzt vorgelegte Gesetzentwurf zur Zuwanderung ein Meilenstein, ein historischer Wurf auf dem Weg in das Einwanderungsland Deutschland. Das Gesetz ist die Voraussetzung – eine Tatsache, die in der Gesellschaft inzwischen auf breite Mehrheit und Anerkennung stößt –, dieses Einwanderungsland endlich zu gestalten und die Einwanderung zu steuern.
Der erste Grundgedanke ist: Wir brauchen Einwanderung. Wir brauchen sie nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus demographischen Gründen. Damit muss ich den Aussagen von der SPD auch ein bisschen widersprechen. Das demographische Element ist durchaus gewollt in diesem Gesetz mit angelegt.
Der zweite Grundgedanke: Wir brauchen Integration. Wir müssen Integration deutlich stärken und fördern. Deshalb ist mit diesem Entwurf zum ersten Mal ein Rechtsanspruch auf Integration festgelegt. Das ist ein wesentlicher Fortschritt. Denn wer von Integration redet, darf nicht schlicht mit dem „Sanktionsknüppel“ drohen, sondern muss zunächst einmal das Angebot schaffen, damit Integration auch wahrgenommen werden kann.
Der dritte Grundgedanke: Die Zuwanderung hoch qualifizierter Kräfte in dieses Land ist notwendig. Sie darf auf der anderen Seite aber nicht gegen den menschenrechtlich begründeten Schutz der Flüchtlinge ausgespielt werden. Das ist der dritte Grundgedanke dieses Gesetzes, und deshalb ist es so gut.
Gerade jetzt, nach dem 11. September, ist es notwendig, an diesem Vorhaben festzuhalten. Man darf deshalb nicht – so, wie ich es bei Ihnen, Herr Heinz, wahrnehme – den Rückwärtsgang einlegen.
Gerade nach dem 11. September brauchen wir das Signal, dass wir an der Idee einer weltoffenen Gesellschaft festhalten und dass wir sie weiterentwickeln.
Das Verblüffende ist ja, dass die Zustimmung zu diesem Gesetzesvorhaben aus allen gesellschaftlichen Bereichen kommt, und sie kommt aus allen Parteien, auch aus Ihrer. Ich finde es wirklich verblüffend, wie Sie angesichts dieser Stimmen, die von allen Seiten kommen, geradezu auf einen fundamentalistischen Konfrontationskurs einschwenken.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das versteht kein Mensch! – Zurufe von der CDU)
Heute Morgen wurden schon viele Zitate und Beispiele unterstützender Stimmen gebracht. Ich kann noch ein paar hinzufügen.
Der Sprecher des Städtetags Baden-Württemberg, Manfred Stehle, warnt in der Zeitung vor einer Blockade des Gesetzes im Bundesrat und sagt, damit würde man vor allem den Interessen der Städte im Südwesten nicht gerecht.
Die Kirchen begrüßen das Zuwanderungsgesetz. Die Wirtschaft begrüßt das Zuwanderungsgesetz, ganz besonders der Mittelstand. Selbst der Wirtschaftsflügel der CDU begrüßt das Vorhaben.
Klaus Bregger, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung, ist heute Morgen schon erwähnt worden. Er sagt – in der Zeitung nachzulesen –:
Die Interessen der Wirtschaft bei nach wie vor bis zu 2 Millionen offenen Stellen in Deutschland werden von unserer Parteispitze nach wie vor nicht genügend berücksichtigt.
Im selben Tenor der Bund der Selbstständigen, die IHK, Frau Süssmuth, Herr Geißler. Selbst Ihr Koalitionspartner geht in einer ganz amüsanten Weise auf Distanz.
Da fragt man sich natürlich: Warum machen Sie von der FDP/DVP das? Wie können Sie eigentlich zusammen in der Regierung bleiben, wenn Sie so einen Spagat leisten müssen?
Ich glaube – das muss ich jetzt an die Adresse der FDP/ DVP sagen –, es war eine schöne Rede, aber es war eine Schaufensterrede. Es nutzt nichts, hier eine Inszenierung aufzuführen, wenn Sie nicht Ihren eigenen Partner in der Regierung überzeugen.
Wenn wir mit dem Gesetz vorankommen wollen, brauchen wir die Unterstützung aus Baden-Württemberg. Bleiben Sie einmal hart, gehen Sie nicht in die Knie, überzeugen Sie Ihre Regierung davon, dass Baden-Württemberg im Bundesrat mitmachen muss.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bestimmungen unseres Ausländerrechts sind zum Teil veraltet. Sie passen nicht mehr in die Zeit. Das gilt besonders für den Punkt, dass wir heute keine Möglichkeit haben, im Einzelfall zu sagen: „Dich wollen wir.“ Man darf ruhig auch noch dazusagen: „Dich wollen wir, weil wir dich brauchen können.“ Daran ist nichts Schlechtes. Eine solche Möglichkeit haben wir im bestehenden Recht nicht. Man hat sich diese Möglichkeit bisher offenbar aus dem Grund nicht geleistet, weil man Angst hatte, Angst vor nicht erwünschtem Zuzug. Ich darf auch das etwas deutlicher ausdrücken: Angst davor, dass die Falschen kommen. Ich sage auch dazu: Dies zu verhindern ist nur unvollkommen gelungen. Das wird gar niemand bestreiten. Aber, meine Damen und Herren, der Schluss kann nicht sein, dass man sich auf Dauer ein Instrument der kontrollierten, der gesteuerten, der begrenzten Zuwanderung selbst versagt.