Protocol of the Session on November 14, 2001

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: So machen wir es ja auch! – Abg. Alfred Haas CDU: Magerer Applaus!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rüeck.

Herr Präsident, verehrte Damen, meine Herren! Es ist verständlich, dass Verbraucherministerin Künast jetzt versuchen will, der Öffentlichkeit einen Nachweis für die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen zu liefern. Zum Beweis soll im Rahmen eines Projektwettbewerbs die so genannte Neuausrichtung der Agrar- und Verbraucherschutzpolitik der Bundesregierung anhand von 10, 12 oder 15 Modellregionen exemplarisch dargestellt werden.

Ziel soll sein: sichere, hochwertige und bezahlbare Lebensmittel und Transparenz bei Produktion und Vermarktung. Ziel soll sein, landwirtschaftliche Produktion und Umwelt miteinander in Einklang zu bringen. Ziel soll sein, jenseits der traditionellen Produktion neue Einkommensquellen zu suchen, zum Beispiel im Tourismus und im Angebot von Dienstleistungen für die Natur- und Landschaftspflege.

Frau Künast will also im Grundsatz genau das, was wir in Baden-Württemberg schon seit Jahren erfolgreich betreiben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Was soll man von einem Projektwettbewerb halten, der Neues verspricht, dabei aber lediglich die Ziele anstrebt, die bei uns im Land Baden-Württemberg schon lange erreicht worden sind?

(Beifall bei der CDU)

Baden-Württemberg hat seit langem eine herausragende und vor allem erfolgreiche Strukturpolitik für den ländlichen Raum betrieben und die Ökologisierung in der Landbewirtschaftung mit großem Erfolg und hohen finanziellen Mitteln durchgeführt,

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

und zwar praktikabel, wirksam, nachhaltig und vor allem mit den Bauern und nicht gegen die Landwirtschaft.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Sehr gutes Beispiel! Mit den Bauern!)

SchALVO, MEKA I und II und PLENUM sind hierfür EUweit anerkannte Beweise.

(Beifall bei der CDU)

Integrierter Pflanzenschutz und vielfältiges Einsetzen von Nützlingen in der Pflanzenbehandlung sind ein Markenzeichen baden-württembergischer Agrarpolitik, und das nicht erst, seit Frau Künast als Ankündigungsministerin durch die Lande zieht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Ist das Programm nur angekündigt, oder wird es durchgeführt?)

Dorfentwicklung und Strukturprogramm Ländlicher Raum – jetzt in einem fortgeschriebenen Programm zusammengefasst – haben in allen Regionen unseres Landes zu durchgreifenden Strukturveränderungen geführt und dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Arbeitsplätzen entstanden ist, und sie haben die gewaltigen Strukturveränderungen im Agrarbereich vor allem arbeitspolitisch und sozial abgefedert.

(Beifall bei der CDU)

Frau Künast will in großen Teilen jetzt genau das als neu verkaufen, was das Land Baden-Württemberg schon seit Jahren erfolgreich vormacht, und hinkt uns dabei nicht nur strukturpolitisch um Lichtjahre hinterher, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Künast will mit dem Projekt „Regionen Aktiv“ nichts wirklich Neues, nichts Weltbewegendes und auch nichts, wogegen wir Grundsätzliches einzuwenden hätten –

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

wäre da nicht die Verfahrensweise, nach der sich der Bund entgegen aller verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten über alle Verwaltungsebenen hinwegsetzt und eine direkte Förderung von Einzelmaßnahmen auf örtlicher Ebene vorantreibt.

(Abg. Fleischer CDU: Unglaublich!)

Kolleginnen und Kollegen, Regionalentwicklung ist Ländersache, und seit vielen Jahren bestehen über alle Parteigrenzen hinweg intensive Bemühungen, dem Subsidiaritätsprinzip in der EU Geltung zu verschaffen. Wie, meine Damen und Herren, soll dieses Ziel jemals erreicht werden, wenn der Bund und Frau Künast sich noch nicht einmal auf nationaler Ebene entsprechend verhalten?

Im landwirtschaftlichen Bereich gibt es mit der betreffenden Gemeinschaftsaufgabe seit Jahrzehnten ein bewährtes Förderungsinstrument, das die Mitspracherechte des Bundes und der Länder sicherstellt.

(Abg. Teßmer SPD: Das wird doch damit nicht be- endet! Das bleibt doch!)

Sinnvoll wäre es gewesen, wenn Frau Künast den Kahlschlag im Agrarbereich durch Herrn Eichel nicht widerspruchslos hingenommen hätte.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Walter GRÜNE)

Sinnvoll wäre es gewesen, die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe aufzustocken, bei der EU eine Komplementärfinanzierung zu erreichen und diese dann den Ländern für die ohnehin geplanten Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Fleischer CDU: Das ist der richtige Weg! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Dieses Modellprojekt der Bundesregierung ist im Gegensatz zu unseren bewährten Programmen in keiner Weise ausgereift. Es greift zu kurz, und, meine Damen und Herren, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein agrarpolitisches Feigenblatt entstehen soll, damit nicht schon vor der nächsten Bundestagswahl, wann auch immer sie jetzt stattfinden mag, das Scheitern der grünen Agrarpolitik eingestanden werden muss.

(Abg. Walter GRÜNE: Oh!)

Die vom Bund vorgesehenen Fördermaßnahmen entsprechen bzw. überlappen sich

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

mit Maßnahmen, die vom Land – zum Teil mit Kofinanzierungsmitteln der EU und des Bundes – seit langem angeboten werden. Die Ausschreibung des Bundes lässt zudem im Unklaren, wie in diesem Rahmen Doppelförderung und daraus folgende Sanktionen der EU vermieden werden können.

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend feststellen, dass Baden-Württemberg – und das ist statistisch

einwandfrei belegt – bei der ökologischen Nahrungsmittelproduktion und bei der Entwicklung gleichwertiger Strukturen in den ländlichen Räumen in der Bundesrepublik Deutschland, ja sogar EU-weit an der Spitze liegt. Der Wettbewerb „Regionen Aktiv“ fällt deshalb als echte Unterstützung oder Erneuerung kaum ins Gewicht, geschweige denn ist er Alternative oder wenigstens Ergänzung zu unseren Landesprogrammen. Er hat kaum Auswirkungen, und eigentlich lohnt es sich überhaupt nicht, darüber einen politischen Streit anfangen zu wollen, wie es die Fraktion GRÜNE in diesem Haus wohl vorhat.

Meine Damen und Herren, wie heißt es so schön: „Und das Gute liegt so nah.“ Es liegt nämlich hier bei uns in BadenWürttemberg. Deswegen werden wir die Landesregierung darin bestärken, die bereits beschrittenen Wege weiterzugehen, allerdings ohne die von Frau Künast beabsichtigte Gängelung der Länder.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Bravo! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD – Abg. Walter GRÜNE: „Gängelung der Länder“! Die landwirtschaftliche Kompetenz der CDU ist aber auch weiß Gott wo geblieben!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Teßmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Vielleicht reden wir jetzt einmal ein bisschen über das Programm und nicht darüber, was irgendjemand falsch gemacht haben soll.

(Abg. Capezzuto SPD: Bravo! – Weitere Zurufe)

Herr Haas, gehen Sie zum TÜV, dort können Sie Blödsinn machen, aber nicht hier!

(Heiterkeit – Abg. Alfred Haas CDU: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

Ich möchte ganz kurz einen Satz dazu sagen, worum es hier überhaupt geht. Da gibt die Bundesregierung – übrigens nicht nur für agrarische Belange – für drei Jahre freiwillig 9 Millionen DM plus 10 000 DM für Planungskosten in die Länder, und das stolze Baden-Württemberg sagt: „Von Rot-Grün nehmen wir nichts.“

(Abg. Walter GRÜNE: Genau!)

Diese komische, eigenartige Handlungsweise haben Sie im Wissenschaftsressort nicht verfolgt. Als das Bundesbildungsministerium unsere beruflichen Schulen unterstützt hat, hat es nicht geheißen: „Nach der Verfassung ist das nicht richtig.“ Da hieß es: „Geld muss her!“ Jetzt sollten wir einmal ganz vorsichtig Tacheles reden.

Punkt 1: Wir müssen – das ist das Schlimme – in Konjunktiven reden, denn heute läuft der Bewerbungstermin des Programms aus.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Moment, Sie wären doch froh, wenn Sie eines gekriegt hätten, Frau Gurr. Also, so geht es nicht.